Arbeitsblatt: Kunstgeschichte übersicht

Material-Details

Kunstgeschichte im Abriss
Bildnerisches Gestalten
Anderes Thema
9. Schuljahr
1 Seiten

Statistik

108732
1358
17
19.12.2012

Autor/in

Sabine Halter
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

Downloads Arbeitsblätter / Lösungen / Zusatzmaterial

Die Download-Funktion steht nur registrierten, eingeloggten Benutzern/Benutzerinnen zur Verfügung.

Textauszüge aus dem Inhalt:

ÜBERBLICK ÜBER DIE EUROPÄISCHE KUNSTGESCHICHTE PRÄHISTORISCHE KUNST JÜNGERE ALTSTEINZEIT 35000 10000 v. Chr. FRÜHE HOCHKULTUREN MESOPOTAMIEN 3000 330 v. Chr. JUNGSTEINZEIT 8000 5000 v. Chr. ÄGYPTEN 3000 30 v. Chr. GRIECHENLAND 1100 100 v. Chr. ANTIKE Geometrische Kunst 1000 700 v. Chr. Archaische Kunst 700 480 v. Chr. Klassische Kunst 480 323 v. Chr. Hellenismus 323 34 v. Chr. RÖMISCHE KUNST 400 v. Chr. 400 FRÜHCHRISTLICHE KUNST 200 600 BYZANTINISCHE KUNST 400 1400 KAROLINGISCHE KUNST 750 950 MITTELALTER ROMANIK 950 1200 GOTIK 1150 1500 RENAISSANCE 1420 1600 Italien: Frührenaissanse 1420 1500 Hochrenaissance 1500 1530 Manierismus 1530 1600 Norden: Spätgotik 1420 1500 Renaissance 1500 1600 BAROCK 1600 1750 Frankreich, Süddeutschland: Rokoko 1730 1780 NEUZEIT 19. JAHRHUNDERT Klassizismus 1750 1850 Romantik 1800 1860 Realismus 1830 1870 Historismus 1840 1900 Impressionismus 1860 1900 Jugendstil 1890 1910 20. JAHRHUNDERT Expressionismus 1905 1920 Kubismus 1906 1925 Konstruktivismus 1913 1933 Funktionalismus 1919 1933 Internationaler Stil 1933 1960 Surrealismus ab 1920 Abstrakter Expressionismus 1940 1960 Pop Art 1960 1975 Postmoderne ab 1972 Dekonstruktivismus ab 1985 Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 1 von 19 PRÄHISTORISCHE KUNST (35 000 5000 v. CHR.) Keine dekorative, sondern praktische Funktion. Eingebunden in rituelle und kultische Handlungen dient sie der Lebensbewältigung. Im Jungpaläolithikum (jüngere Altsteinzeit, 35 000 10 000 v. Chr.) Höhlenmalereien in S-Frankreich und N-Spanien (u.a. Lascaux, Altamira): naturalistische Tierdarstellungen (evtl. Jagdmagie) [Abb. 1]. Kleine stilisierte menschliche Plastiken aus Stein, Ton, Elfenbein: Fruchtbarkeitsidole [Abb. 2]. Abb. 1 Urrind, ca. 15 000 v. Chr., Höhle von Lascaux, Frankreich Abb. 2 Venus von Willendorf, 30 000 25 000 v. Chr., Kalkstein, Wien Im Neolithikum (Jungsteinzeit, 8000 5000 v. Chr.) durch Übergang zur Sesshaigkeit Beginn von Kunsthandwerk und Architektur. Im 4. Jahrtausend v. Chr. Beginn der Megalithkultur (Bauten aus großen Steinen) in Malta und Westeuropa: Dolmen (Grabbauten), Menhire (hohe, stelenartige Steine), Kromlechs (Steinkreise) als Bestandteile von Kultanlagen [Abb. 3]. Abb. 3 Stonehenge, 2100 2000 v. Chr., Salisburyebene, England KUNST IN MESOPOTAMIEN (3000 330 v. CHR.) Im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris entwickeln sich die ersten frühen Hochkulturen. Verschiedene Stadtstaaten wechseln sich als Kunstzentren ab. Zwischen 10 000 und 8000 v. Chr. erstmals planmäßiger Anbau von Getreide, Bewässerungsanlagen, befestigte Städte (Jericho), um 7000 v. Chr. Erfindung von Keramik und Viehzucht, seit 4000 v. Chr. Handel mit Ägypten, um 3000 v. Chr. Entstehung der Keilschri. In Sumer mit der Hauptstadt Uruk entstehen im 4./ 3. Jahrtausend v. Chr. Stufenpyramiden (Zikkurate [Abb. 4]) und rundplastische Göerbilder; in Akkad (2340 2200 v. Chr.) Reliefs (z.B. die Siegesstele des Königs NaramSin); in Babylonien unter Hamurabi im 2. Jahrtausend v. Chr. Palastanlagen Abb. 4 Zikkurat in Ur, ca. 2100 v. Chr., mit Tonnengewölben; in Assyrien (1000 600 v. Chr.) Reliefdarstellungen Sumer historischer Ereignisse und Jagden. ÄGYPTISCHE KUNST (3000 30 v. CHR.) Altes Reich 2660 2160 v. Chr. Mileres Reich 2040 1660 v. Chr. Neues Reich 1550 1085 v. Chr Die ägyptische Kultur ist in allen Formen geprägt vom Totenkult: die Seele des Toten gilt solange als unsterblich wie der Körper erhalten bleibt (durch Mumifizierung und zusätzliches steinernes Abbild). Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 2 von 19 r h t k u r: Grabanlagen: für Priester und Beamte kastenförmige Mastabas, für Pharaonen im Alten Reich Pyramiden [Abb. 5], im Mileren Reich Felsengräber (besserer Schutz vor Grabräubern). Im Neuen Reich entstehen verschiedenen Goheiten geweihte, große Tempelanlagen (z.B. Amuntempel in Karnak, 1500 1200 v. Chr.). Abb. 5 Pyramiden des Cheops, Chephren und Mykerinos, ca. 2650 v. Chr. Gise i d a e e i: Einerseits Abbilder der Verstorbenen, andererseits Kultbilder der Goheiten [Abb. 6]. Über Jahrtausende gleichbleibende strenge Darstellungsprinzipien: starrer, blockhaer, orthogonaler Auau mit frontaler Ausrichtung, Kopf naturnah, aber unbewegt. Ausnahme: die sogenannte Amarnakunst unter Amenophis IV (nannte sich Echnaton), hier stärkere Vermenschlichung und Naturnähe. Abb. 7 Wandbild aus dem Grab der Königin Nefertari, 1295 1225 v. Chr., Theben a e e i: an den Wänden der Grabräume; schildert das irdische Leben der Verstorbenen, um dieses ins Jenseits mitzunehmen [Abb.7]. Auch hier herrscht seit dem Alten Reich ein strenger Regelkanon, der nicht verändert werden dure: oberstes Gebot ist Deutlichkeit und Unmissverständlichkeit, alles muss in einer charakteristischen Ansicht gezeigt werden (ägyptisches Profil); Bedeutungsperspektive. Abb. 6 Sitzstatue des Königs Chephren, ca. 2500 v. Chr., Diorit, Kairo GRIECHISCHE KUNST (1100 100 v. CHR.) Entwickelt sich aus der minoischen (auf Kreta) und der mykenischen Kultur. Haupthemen: einerseits Kult der Götter und Veranschaulichung ihrer Mythen, andererseits das Bild des Menschen. Geometrische Kunst (1000 700 v. Chr.): Frühphase, nach dem linearen Schmuck ihrer Keramik benannt, seit 8. Jhd. Kleinplastik aus Ton, Stein und Bronze. Archaische Kunst (700 480 v. Chr.): r h t k u r: Beginn des Tempelbaus aus Stein, u. a. nach der Säulenform unterscheidet man die dorische, die ionische und die korinthische Ordnung [Abb. 8]. Abb. 8 Griechische Säulenordnungen i d a e e i: Beginn der monumentalen Skulptur. Kuros: stehende, o lebensgroße nackte Jünglingsstatue, einen Go oder Athleten darstellend; noch blockhae, symmetrische Geschlossenheit des Körpers, die aber durch angedeutete Schristellung und das sogenannte „archaische Lächeln gemildert wird [Abb. 9]. Kore: weibliches Gegenstück (Göin oder Weihefigur),aber stets bekleidet. Abb. 9 Kuros aus Tenea, ca. 570 v. Chr., Marmor, München a e m l r i: schwarzfiguriger Stil, schematische Darstellung mythologischer Szenen, Figuren in schwarzer Silhouee auf rotem Grund, Binnenzeichnung eingeritzt. Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 3 von 19 Klassische Kunst (480 323 v. Chr.): Grundlage ist der Glaube an eine wohlgeordnete Welt mit einer arithmetisch ausdrückbaren Harmonie. r h t k u r: Erweiterung der Tempelbezirke, z.B. Akropolis in Athen mit Parthenon [Abb. 10] und Erechtheion. Profane Bauten: Markthallen, Sportanlagen (Gymnasien) und Theater. Grundriss des Parthenon: 1 Pteron (Säulenkranz); 2 Pronaos (Vorhalle); 3 Cella; 4 Kultbild der Athena Parthenos; 5 Adyton (Allerheiligstes); 6 Opisthodom (Rückhalle) i d a e e i: Hauphema ist die anatomisch genaue Darstellung des menschlichen Körpers in Ruhe und Bewegung (Göer oder Athleten). Es wird keine Abb. 10 Parthenon, ca. 450 v. Porträtgenauigkeit angestrebt, sondern die Verkörperung eines idealiChr., Akropolis, Athen sierten Menschentyps. Bevorzugtes Material ist Bronze, die meisten Statuen wurden aber im Lauf der Zeit eingeschmolzen und sind nur durch römische Marmorkopien erhalten. Wichtigste Bildhauer: Phidias, Myron, Polyklet. Letzterer entwickelt die klassische Körperhaltung des Kontraposts (Standbein, Spielbein Schräglage des Beckens, Gegenbewegung im Schulterbereich) [Abb. 11]. Abb. 11 Polyklet: Doryphoros (Speerträger), ca. 440 v. Chr., Marmor (röm.Kopie), Rom a e e i: Monumentalmalerei nicht erhalten, Vasenmalerei: rotfiguriger Stil; Hintergrund schwarz bemalt, Silhouee der Figur ausgespart, Binnenzeichnung mit Pinsel ausgeführt. Auch hier lebendigere und lebensnahe Gestaltung des Menschen [Abb.12]. Abb. 12 Kleophon-Maler: Abschied des Kriegers, ca. 440 v. Chr., Weinkrug, München Hellenistische Kunst (330 30 v. Chr.): Wichtige Neuerungen nur in der i d a e e i: Figur wird bewegt, dynamisch, öffnet sich in den Raum; heige Mimik und Gestik haben nicht mehr das ideale Maß zum Ziel, sondern die Darstellung von Gefühlen und Empfindungen [Abb.13]. Alltagsszenen werden darstellungswürdig. O wird das artistische Darstellen von dramatischen Effekten wichtiger als der Inhalt. Abb. 13 Hagesandros, Athenodoros und Polydoros von Rhodos: Laokoon und seine Söhne, zw. 175 und 50 v. Chr., Marmor (röm. Kopie), Vatikan RÖMISCHE KUNST (ca. 4. JHD. v. 4. JHD. n. CHR.) Entwickelte sich aus der griechischen und der etruskischen Kunst. Hauptaufgaben: Verherrlichung des Kaiserhauses, Repräsentation des Staates. r h t k u r: Weiterentwicklung des griechischen Tempels (neu: ausschließliche Betonung der Frontseite). Neue Typen von Profanbauten: Forum (als Zentrum des gesellschalichen Lebens), Basilika (Gerichts- oder Markthalle), Therme (Badeanlage), Amphitheater (für bis zu 60 000 Personen). Durch die Anwendung des Wölbungsbaus beträchtliche Vergrößerung der Raumhöhen und Spannweiten. Durch Erfindung des betonartigen Gussmauerwerks kann ein relativ preiswerter Baukern hergestellt werden, der nur noch mit Marmor verkleidet wird. Starke Vorliebe für dekorative Gestaltung (vor allem bei Innenausstaung durch Mosaik und Stuckarbeiten).Neu: gewaltige Ingenieurbauten in hochentwickelter Abb. 14 Pont du Gard, 1. Jhd. v. Chr., Aquädukt, Ziegeltechnik (Aquädukte, Brücken, Fernstraßen) [Abb.14]. Nimes, Frankreich Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 4 von 19 i d a e e i: Seit 1. Jhd. v. Chr. realistische Porträtstatuen und Büsten, unter Augustus tri wieder Idealisierung ein, die individuelle Charakterisierung bleibt aber Hauptanliegen [Abb.15]. Historische Relieilder zeigen naturnah und detailreich Szenen aus Krieg und Staatsleben (z.B. auf der Trajanssäule in Rom, 114): propagandistische Funktion der Kunst. Abb. 15 Statue des Augustus, 20 17 v. Chr., Marmor, Rom a e e i: Bei Ausgrabungen in den vom Vesuv verschüeten Städten Pompeji und Herculaneum wurden viele Wandmalereien gefunden. Sie zeigen außerordentliche Naturnähe und Körperlichkeit bei der Wiedergabe von Menschen (vor allem mythologische Szenen) und einen Hang zum Illusionismus bei (durch geschickt eingesetzte Licht- und Schaenwirkung) täuschend echt gemalten Scheinarchitekturen und Landschasausblicken [Abb.16]. Abb. 16 Wandbild im Triclinium der Villa der Mysterien, ca. 60 v. Chr., Pompeji FRÜHCHRISTLICHE KUNST (200 600) Die von den Anhängern der christlichen Religion in der Spätantike vorerst geheim, nach der offiziellen Anerkennung des Christentums im Jahr 313 öffentlich geschaffene Kunst setzt in ihren Formen die römische Kunst vereinfacht fort, alleiniger Inhalt ist aber Christus und seine Lehre. r h t k u r: Als Beginn des Kirchenbaus entsteht die Basilika aus der gleichnamigen römischen Marktund Gerichtshalle [Abb.17]. Sie hat einen Vorhof (Atrium), eine Vorhalle (Narthex), der eigentliche Kirchenraum besitzt ein erhöhtes Mielschiff mit eigenen Fensterreihen (Obergaden) über den Säulenreihen, die die TrenAbb. 17 San Apollinare Nuovo, 493 525, Ravenna, Italien nung zu den niedrigeren und schmäleren Seitenschiffen bilden; er ist meist querschifflos, im Osten befindet sich eine halbkreisförmige Nische (Apsis) mit dem Altar. Der Glockenturm (Campanile) ist meist ohne Verbindung zur Basilika. Baptisterien (Tauirchen) werden o als (vom antiken Rundtempel abgeleitete) Zentralbauten errichtet. a e e i: Die heidnisch-antike Formensprache wird auf das Wesentliche vereinfacht. Der Inhalt wird wichtiger als die formale Gestaltung. In Katakombenmalereien und vor allem Wandmosaiken werden zeichenha Menschen mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik sowie christliche Symbole wie Fisch, Kreuz, Weinstock, etc. gezeigt. Auf die Darstellung des Raumes wird zugunsten eines durchgehenden Goldgrundes verzichtet. BYZANTINISCHE KUNST (400 1400) Nach der Spaltung des Römischen Reichs in West- und Ostrom um 330 durch Kaiser Konstantin I. wird Byzanz oder Konstantinopel (das heutige Istanbul) zur Hauptstadt des Oströmischen Reiches. Hier lebt die antike Kunst unter Einbeziehung orientalischer Einflüsse stärker weiter. Die byzantinische Kunst wird schließlich von den süd- und ostslawischen Völkern (vor allem Russland) übernommen. Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 5 von 19 r h t k u r: Im Gegensatz zum Langbau in der frühchristlichen Kunst setzt sich hier der Zentralbau, der sich auf die Mie eines kreisförmigen oder vieleckigen Grundrisses konzentriert und von einer Kuppel dominiert wird, durch [Abb. 18]. Abb. 18 Anthemios von Tralles und Isidoros von Milet: Hagia Sophia, 532 537, Istanbul, Türkei a e e i: Themen: Christus als Weltenherrscher (Pantokrator), Goesmuer Maria, biblische Szenen. Stark sinnbildhaer Charakter der Darstellungen: symmetriebetont, flächig, linear; strahlen feierliche Strenge aus (auch betont durch Goldgrund). Ikonen: bemalte Holztafeln, die selbst zum Gegenstand des Goesdienstes wurden und jahrhundertelang formal nicht verändert werden duren. Das Mosaik kommt zu einer nie wieder erreichten Blüte, vor allem in Ravenna (Italien), das damals Sitz des byzantinischen Stahalters war [Abb. 19]. Abb. 19 Christus Pantokrator, ca. 1100, Mosaik, Daphni, Griechenland KAROLINGISCHE KUNST (750 950) Nachdem in den Wirren der Völkerwanderungszeit (ca. 350 650) ein allgemeiner kultureller Niedergang stagefunden hat, versucht Karl der Große an seinem Hof in Aachen antike Kunsraditionen wiederaufzunehmen und sie mit germanischen Kunstformen zu verschmelzen. r h t k u r: Sowohl der Zentralbau wird wiederaufgenommen (Pfalzkapelle Karls des Großen, Aachen, ca. 800), als auch der Typ der Basilika weiterentwickelt: auf der Portalseite wird o ein Westwerk errichtet, ein meist dreitürmiger, vorgelegter Querbau mit mehrstöckigem Mielraum, der zum Kircheninneren geöffnet ist (Herrscherloge). i d a e e i: Vor allem religiöse Kleinplastik (Reliquienschreine, Kelche, Bucheinbände) aus Holz, Elfenbein, Silber, Gold, Edelsteinen (z. B. Tassilokelch, ca. 780, Sti Kremsmünster, Oberösterreich). a e e i: In klösterlichen Schreibstuben entstehen Buchillustrationen zum Alten und Neuen Testament, wobei sich von der Spätantike übernommene, räumlich-körperhae Darstellungsformen mit germanisch-ornamentalen Elementen mischen. KUNST DER ROMANIK (950 1200) Erster einheitlicher europäischer Stil, verschmilzt Elemente der römischen und der germanischen Tradition miteinander. r h t k u r: Weiterentwicklung der meist dreischiffigen Basilika. Hauptkennzeichen: dicke, wehrhae Mauern, blockhae, massive Formen, gedrungene Türme, kleine Fenster [Abb.20]. Das Querschiff durchschneidet das Mielschiff vor dem Chor und gibt dem Grundriss die Form eines griechischen Kreuzes (in Deutschland o doppelchorige Anlagen mit zweitem Querschiff und Chor im Westen, z. B. St. Michael in Hildesheim, 1001 1033). Abb. 20 Dom zu Speyer, 1024 1106 Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 6 von 19 Das jochgebundene System [Abb.21]: das unter der Kreuzung von Miel- und Querschiff entstehende Quadrat (Vierung) ergibt die Maßeinheit für die übrigen Raumabschnie ( Joch). Der Chor und die beiden Arme des Querschiffes entsprechen meistens einem Joch, das Mielschiff ist meist 3 4 Joche lang. Die Seitenschiffe sind halb so breit wie das Mielschiff, dadurch können einem großen quadratischen Mielschiffjoch jeweils zwei kleine Abb. 21 Grundriss einer romaquadratische Seitenschiffjoche zugeordnet werden. Dadurch können nischen Basilika jetzt erstmals seit der Antike große Räume wieder überwölbt werAbb. 22 Tonnengewölbe (a) und den: über jedem einzelnen Joch wird ein Kreuzgratgewölbe (entsteht durch die rechtwinklige Kreuzgratgewölbe (b) Durchdringung zweier Tonnengewölbe [Abb. 22]) errichtet, über die versteien Grate und Bögen werden die enormen Schubkräe des Gewölbes direkt auf die Pfeiler (bei den großen Mielschiffjochen) und Säulen (bei den kleinen Seitenschiffjochen) abgeleitet. Diesen Wechsel zwischen Pfeilern und Säulen nennt man Stützenwechsel. Über der Vierung wird meist ein mächtiger Turm errichtet. Unter dem Chor befindet sich o eine Krypta (unterirdische Kirche, die das Grab eines Heiligen oder Märtyrers enthält). Die Portalseite ist außen durch vielfältige Steinmetzarbeiten plastisch reich durchgebildet. Die Portale verengen sich in den dicken Mauern stufenweise nach innen (Stufenportal). Romanische Kirchen in Österreich: Ruprechtskirche, Wien; Dom von Gurk, Kärnten; Dom von Seckau, Steiermark. i d a e e i: Keine eigenständige Kunstgaung, dient primär dem Schmuck des Kirchenbaus. Vor allem am „Gewände des Stufenportals und im Tympanon (halbkreisförmiges Feld über der Tür) befinden sich zahlreiche Reliefdarstellungen, die in sinnbildhaer Vereinfachung biblische Szenen zeigen [Abb. 23]. Vollplastische Darstellungen sind selten, zumeist als Kruzifix (z.B. Gerokreuz, 970, Kölner Dom). Abb. 23 Christus in der Glorie, ca. 1180, Relief auf der Fassade von St. Trophime, Arles, Frankreich a e e i: Höhepunkt der Buchmalerei. Enwicklung vom Abbild zum Sinnbild: starke Stilisierung, Flächigkeit, Verzicht auf Raumtiefe, betonte Umrisslinien, ausdrucksstarke Gebärdensprache, symbolische Funktion von Farben (Goldgrund) und Größenverhältnissen (Bedeutungsperspektive) [Abb. 24]. Abb. 24 Verkündigung, ca. 1150,Buchmalerei aus einer schwäbischen Evangelienhandschrift, Stuttgart KUNST DER GOTIK (1150 1500) Ursprung liegt in Nordfrankreich, in Deutschland und England beginnt sie um 1200, in Italien besteht sie in abgewandelter Form nur vom Ende des 13. bis zum Beginn des 15. Jhds., nördlich der Alpen bleibt sie bis ins 16. Jhd. lebendig. r h t k u r: Typ der Basilika wird zur Kathedrale weiterentwickelt. Das rundbogige Kreuzgratgewölbe wird vom spitzbogigen Kreuzrippengewölbe [Abb. 25] abgelöst: von den Rippen und Gurtbögen werden die Schubkräe über gebündelte, an Wand und Pfeiler aufgesetzte Halbsäulen (Dienste) ins Fundament abgeleitet. Zusätzlich nehmen außen an der Mielschiffwand ansetzende Strebebögen die Dach- und Gewölbelast auf und leiten sie an die ans Seitenschiff angesetzten Strebepfeiler ab. Diese Elemente bilden ein konstruktives Skele, das es ermöglicht, die zwischen den Kräebahnen liegenden Wandflächen fast zur Gänze in riesige Glasfenster aufzulösen. Dadurch ergibt sich ein in die Höhe strebender, leichter und schwereloser Raumeindruck, die farbigen Glasfenster ergeben eine mystische Lichtwirkung. Damit entspricht die Kathedrale ihrer damaligen theologischen Definition als „himmlisches Jerusalem. Abb. 25 Das Wirken der statischen Kräe am Mielschiff einer gotischen Kathedrale (schematische Darstellung) Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 7 von 19 Der Grundriss [Abb. 26] zeigt eine Auflösung der klaren romanischen Raumabschnie und eine Vereinheitlichung des gesamten Innenraums. Der Spitzbogen im Kreuzrippengewölbe ermöglicht ein Abgehen vom quadratischen Joch, das Querschiff wird verkürzt. Die letzte Konsequenz dieser Entwicklung sind die deutschen Hallenkirchen des 14./15. Jhds., die durch die gleiche Höhe der Seiten- und Mielschiffe den basilikalen Bautyp zugunsten eines einheitlichen Saalbaus auflösen. Abb. 26 Grundriss der Kathedrale Notre Dame Die Fassaden [Abb. 27] sind durch Portale, von Reims, 1210 beg., Frankreich fast lebensgroße Steinfiguren, die großen Fenster (durch das „Maßwerk gegliedert) und die „Königsgalerie plastisch stark durchgeformt. Zahlreiche Fialen (Miniaturtürmchen) und Wimperge (Ziergiebel über Fenstern und Portalen) verstärken den optischen Eindruck des Aufwärtsstrebens. Besonders in England gibt es Sonderformen der Gotik wie den Decorated Style (Mie 13. bis Mie 14. Jhd.) und den Perpendicular Style (Mie 14. bis Ende 15. Jhd.).Die wichtigsten Kathedralen sind die von Chartres (1194 1260), Reims (beg. 1210), Amiens (beg. 1220), Salisbury (1220 1260), sowie der Kölner Dom (1248 1322). Beispiele aus Österreich (fast ausschließlich Hallenkirchen): Stephansdom, Maria am Gestade, Wien. Abb. 27 Kathedrale Notre Dame von Reims, 1210 beg., Frankreich i d a e e i: Ist im Wesentlichen noch Bauplastik, löst sich aber allmählich aus ihrer Architekturgebundenheit und verselbständigt sich zur vollrunden Freiplastik. Die biblischen Figuren sind gelöster und bewegter und werden von einem S-förmigen Schwung geprägt (Typ der „Schönen Madonna); sie werden in die irdische Vorstellungswelt hereingeholt und sollen den Betrachter unmielbar durch starke Gefühlsäußerungen ansprechen [Abb. 28]. Im deutschsprachigen Kulturraum des 15. Jhds. bildet der aus Holz geschnitzte, aulappbare Flügelaltar mit reliefartig angeordneten religiösen Szenen einen Höhepunkt der Bildhauerkunst ,z.B. Michael Pacher (1435 1498) Hochaltar von St. Wolfgang, Oberösterreich, 1471 1481; Veit Stoß (1445 1533): Marienaltar, Marienkirche Krakau, Polen, 1477 1489). Abb. 28 Gruppe der Heimsuchung, Maria und Elisabeth, 1225 1245, Westportal der Kathedrale von Reims, Frankreich a e e i: Die Maler wenden sich nun mit genauer Beobachtungsgabe der Wirklichkeit zu: Menschen werden in natürlich-bewegter Haltung körperha dargestellt, ihr Mienenspiel und ihre Gebärdensprache geben Gefühlsregungen wirklichkeitsnah wieder. Der flache Hintergrund romanischer Bilder wird von zunehmend wahrnehmungsgetreuerer Raumdarstellung (Innenraum, Landscha, Stadtansicht) abgelöst. Neben der Freskomalerei gewinnt die Tafelmalerei zunehmend Bedeutung; die Erfindung der Ölmalerei erlaubt feinere Farbabstufungen und begünstigt das Streben nach Naturnähe. Der Höhepunkt wird in Italien bereits im 14. Jhd. erreicht (Gioo di Bondone, 1266 1337) [Abb. 29]. Kennzeichen der gotischen Malerei nördlich der Alpen, die erst mit dem 15. Jhd. beginnt und sich zum Teil bis ins 16. Jhd. hält, ist eine ausschnihae Wiedergabe des Geschehens, in dem genau beobachtete Einzelheiten besonders herausgearbeitet werden. Hier beginnt sich auch das Porträt als neue Bildgaung durchzusetzen (Hubert van Eyck, 1370 1426; Jan van Eyck, 1390 1441; Hieronymus Bosch, 1460 1516). Abb. 29 Gioo di Bondone: Beweinung Christi, ca. 1305, Fresko, Padua, Italien Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 8 von 19 KUNST DER RENAISSANCE (1420 – 1600) In Italien, das die Gotik nie vorbehaltlos übernommen hat, besinnt man sich im 15. Jhd. auf die eigene nationale Vergangenheit, die durch die antiken Bauwerke überall präsent ist „rinascitá Wiedergeburt (der Antike). Geprägt durch die Ideen des Humanismus macht sich der Mensch seine historische und gegenwärtige Situation bewusst und empfindet sich als Individuum. Das Bürgertum emanzipiert sich, gelangt durch das sich entwickelnde Handels- und Bankwesen zu Reichtum und beginnt, Kunst als Bestandteil intellektueller Bildung zu begreifen, zu fördern und zu sammeln (Beispiel: die Florentiner Familie Medici). Die Künstler, nun nicht mehr ausschließlich auf kirchliche Auräge angewiesen, gelangen zu größerem Selbstbewusstsein, werden von Handwerkern zu Gelehrten und betrachten ihre Werke als persönliche, intellektuelle Schöpfungen. r h t k u r: Angestrebt wird Klarheit, Überschaubarkeit, harmonische Ausgewogenheit der Bauglieder untereinander und im Verhältnis zum Ganzen. Angeregt durch das Studium antiker Proportionslehren werden regelmäßige geometrische und stereometrische Formen bevorzugt, der Grundriss aus den einfachen Figuren Quadrat und Kreis entwickelt; der basilikale Langbau nähert sich dem Ideal des Zentralbaus an, z. B. in den Florentiner Kirchen von Fillipo Brunelleschi (1377 1446) [Abb. 30]. Abb. 30 Fillipo Brunelleschi St. Spirito, beg. 1433, Florenz, Italien Der Profanbau gewinnt Bedeutung: neue Bautypen sind a) der Stadtpalast (z.B. Palazzo Rucellai, Florenz, ca. 1460, erbaut von Leone Baista Alberti, 1407 1472) mit einfachem quaderförmigem Baukörper, dessen Fassade durch Gesimse (waagrechte, vorspringende Mauerstreifen) und Pilaster (aufgesetzte, leicht erhabene Wandpfeiler) gegliedert ist und b) die ländliche Villa (vor allem von Andrea Palladio, 1508 1580, entwickelt, der maßgeblich die Architektur der folgenden Jahrhunderte in England und den USA beeinflusste). Beispiele in Österreich: der Schweizerhorakt der Wiener Hourg; Schloss Porcia in Spial/Drau, Kärnten. i d a e e i: Der Rückgriff auf antike Vorbilder führt zur allseitigen Durchmodellierung der freistehenden Skulptur und der Verteilung der Körpermassen im Kontrapost. Durch Arbeit nach lebendem Modell wird individueller Ausdruck erreicht, durch Anatomiestudium perfekt der Wirklichkeit nachgebildete Darstellungen des menschlichen Körpers. Der bedeutendste Bildhauer ist Michelangelo Buonaroi (1475 1564) [Abb. 31], die wichtigsten Themengebiete sind Standfigur und Bildnisbüste, Reiterstandbild aus Bronze (Gaamelata, 1447 1453, Padua, von Donatello, 1386 1466), und das Wandgrabmal. Abb. 31 Michelangelo Buonaroi David, 1504, Marmor, Florenz, Italien a e e i: Frührenaissance (1420 1500): Durch die Entwicklung der Zentralperspektive (ein geometrisches Raumdarstellungssystem, in dem alle in der Natur parallel laufenden Linien im Bild in einen Fluchtpunkt zusammengeführt werden) kann erstmals die Erzeugung des Eindrucks von Raumtiefe auf der zweidimensionalen Bildfläche konstruiert und wissenschalich begründet werden [Abb. 32]. Religiöse Themen dienen o nur noch als Vorwand für die Darstellung des menschlichen Körpers, die unmielbar von der antiken Skulptur angeregt ist: feine Abstufungen von Licht und Schaen modellieren die plastischen Formen heraus. Komplizierte Überschneidungen und Verkürzungen verstärken noch den wirklichkeitsnahen Eindruck. Abb. 32 Piero della Francesca:Verkündigung, 1460 1470, Mischtechnik auf Holz, Perugia, Italien Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 9 von 19 Hochrenaissance (1500 1530): Durch gründliches Naturstudium Entwicklung zusätzlicher Methoden zur Erfassung der Tiefenräumlichkeit: Luperspektive (mit zunehmender Entfernung nimmt die Deutlichkeit eines Gegenstandes ab, daher wird der Vordergrund kontrastreich dargestellt, der Hintergrund löst sich in einem atmosphärischen Dunstschleier sfumato auf) und Farbperspektive (warme Farben scheinen vor-, kalte zurückzutreten; die Farbintensität Abb. 33 Leonardo da Vinci: Das letzte nimmt mit zunehmender Entfernung ab). Miels Abendmahl, 1595 1498, Fresko, Mailand, geometriebetonter Kompositionsschemata Italien (Dreieck, Kreis, Halbkreis) wird ein harmonischer, ausgewogener Bildauau angestrebt, man forscht nach der Gesetzmäßigkeit von Proportionen und entwickelt Harmonielehren. Zunehmende Idealisierung. Wichtige Maler: Leonardo da Vinci (1452 1519) [Abb. 33], Raffael Santi (1483 1520), Tizian (1476/77 1576). Im Norden bewirkt zu Beginn des 16. Jhds. der italienische Einfluss die zunehmende Kenntnis der perspektivischen Konstruktion, sowie die Vereinfachung der Komposition. Es erhält sich aber die Freude an Einzelheiten und an leidenschalich erregter Handlung. Albrecht Dürer (1471 1528) entwickelt Zeichnung und Aquarell zu eigenständigen Kunstgaungen und perfektioniert Holzschni und Kupferstich [Abb. 34], Albrecht Altdorfer (1480 1538), Hauptmeister der Donauschule, begründet die reine Landschasmalerei. Eine Sonderstellung nimmt Pieter Brueghel d. Ä. (1530 -1569) ein, in Abb. 34 Albrecht Dürer: Adam dessen gleichnishaen Bildern sich die Sien und Bräuche des einfachen Volkes und der und Eva, 1504, bäuerlichen Welt spiegeln. Manierismus (1530 1600): Die persönliche Schaffensfreiheit des Künstlers tritt gegenüber Regeln und Traditionen in den Vordergrund. Man setzt sich über die Harmoniegesetze der Renaissance hinweg und sucht spannungsreiche Gegensätze, Übertreibungen, Erregtheit und Verzerrungen. Wichtige Maler: Tintoretto (1518 1594), El Greco (1541 1614). KUNST DES BAROCK (1600 1750) Sie ist eng verbunden mit der Gegenreformation und der absolutistischen Staatsidee. Als Repräsentationskunst dient sie dem Prunk der wieder erstarkenden katholischen Kirche und dem fürstlichen Goesgnadentum; somit ist sie an das Papsum, die spanisch-habsburgische Monarchie und das französische Königstum gebunden. r h t k u r: Vereinigt sich mit Malerei, Bildhauerkunst und Gartengestaltung zum Gesamtkunstwerk. Vor allem im Sakralbau wird aus der ruhigen Statik der Renaissance stürmische Dynamik, die Fassaden verwandeln sich in plastische Gebilde, deren Teile sich konkav einziehen und konvex vorwölben, Bewegung teilt sich durch auf- und abschwingende Giebelkonturen mit, Gesimse laden weit aus und „verkröpfen sich durch das Hinwegführen über senkrechte Mauervorsprünge [Abb. 35]. Der Grundriss verkompliziert sich, der Kreis wird durch das bewegtere Oval verdrängt, Ellipsen durchdringen sich, die Seitenschiffe werden durch ausbuchtende Kapellen ersetzt. Höhepunkt der Raumkomposition ist die zum Rund oder Vieleck gewordene Vierung mit einer mächtigen Kuppel. Zentrum dieser Auffassung des Barock ist Italien und Süddeutschland. Abb. 35 Johann Bernhard Fischer von Erlach: Karlskirche, 1716 1737, Wien Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 10 von 19 In Frankreich und im protestantischen Norden (England, Holland) setzt sich eine gemäßigte Form durch, der Barockklassizismus, der sich nach dem Vorbild Palladios enger an Muster der Antike und Renaissance anlehnt; ihn kennzeichnen klare Gliederung der Bauteile und Hervorhebung des Fassadenmielteils durch Vorbauten in der Art griechischer Tempelfronten. Die Idealform des Barockschlosses ist die symmetrische Dreiflügelanlage, gegliedert in Hauprakt und untergeordnete Seitentrakte (z.B. Schloss Versailles bei Paris, Schloss Belvedere in Wien) [Abb. 36]. Innen wird durch große Abb. 36 Johann Lukas von Hildebrandt: Oberes Belvedere, 1720 1724, Wien Kristallspiegel die Illusion endloser Räumlichkeit hervorgerufen. Die Gartenbaukunst vollendet die architektonischen Vorstellungen in aufwendigen Park- und Brunnenanlagen. Wichtige Baumeister sind in Italien Francesco Borromini (1599 1667), im deutschsprachigen Raum Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656 1723): Karlskirche und Schloss Schönbrunn, Wien; Johann Lukas von Hildebrandt (1668 1745): Schloss Belvedere, Wien; Jakob Prandtauer (1660 1726): Sti Melk. i d a e e i: Einerseits architekturgebundene Skulpturen mit vornehmlich dekorativer Funktion, andererseits Freiplastik als eigenständige Kunstgaung. Vorliebe für leidenschasbeherrschte Themen wie Heldentum, Schmerz, religiöse Verzückung. Die seelische Erregung äußert sich in dramatischer, raumausgreifender Gestik und kontrastreicher Lichtund Schaenwirkung. Häufig verwendete Form ist die „Figura serpentinata, eine sich schraubenförmig nach oben drehende Figur. Wichtigster Bildhauer ist Gian Lorenzo Bernini (1598 1680), dessen perfekt ausgeführte Marmorskulpturen vollends in Bewegung geraten zu sein scheinen [Abb. 37]. Abb. 37 Gian Lorenzo Bernini: David, 1623, Marmor, Rom Abb. 38 Andrea Pozzo: Allegorie auf das Missionswerk der Jesuiten, 1661 1694, Deckenfresko von San Ignazio, Rom a e e i: Wichtiges Betätigungsfeld ist die illusionistische Deckenmalerei in Kirchen und Schlössern als Teil des barocken Gesamtkunstwerks: Architekturelemente werden täuschend echt, in extremer perspektivischer Verkürzung scheinbar bis in den Himmel fortgesetzt; Engelsgestalten, Heilige und allegorische Figuren mit pathetischer Gestik und in dramatischer Bewegtheit bevölkern die Bildfläche (z.B. die Fresken von Andrea Pozzo, 1642 1709, in Rom und im Gartenpalais Liechtenstein in Wien, 1705) [Abb. 38]. Die Tafelmalerei entwickelt sich national sehr unterschiedlich. In Italien überwindet Michelangelo Caravaggio (1573 1610) die Idealisierung der Hochrenaissance und besinnt sich auf größere Wirklichkeitsnähe, indem er religiöse Motive unter Zuhilfenahme von Modellen aus dem einfachen Volk wie Alltagsszenen erscheinen lässt und miels seiner Hell-dunkelMalerei dramatische Lichteffekte erzielt. So wie in Spanien (wichtigster Maler: Diego Velasquez, 1599 1660) waren auch in Flandern, der früheren südlichen Provinz der Niederlande (dem heutigen Belgien), die unter spanisch-habsburgischer Herrscha stand, die Kirche und der königliche Hof die wichtigsten Auraggeber. Peter Paul Rubens (1577 1640) steigert seine religiösen und mythologischen Darstellungen zu dynamisch-erregten Kompositionen von höchster Dramatik, wobei der nackte Körper in seiner sinnlichen Üppigkeit und extremen Bewegtheit meist eine Hauptrolle spielt [Abb. 39]. Abb. 39 Peter Paul Rubens: Raub der Töchter des Leukippos durch die Dioskuren Castor und Pollux, 1617, Öl auf Leinwand, München Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 11 von 19 Abb. 40 Jan Vermeer: Die Goldwägerin, um 1665, Öl Leinwand, Washington In der protestantischen Nordprovinz der Niederlande, in Holland, vergibt die bilderfeindliche kalvinistische Kirche keine Auräge mehr. Die wachsende Kaura des kunstinteressierten Bürgertums regt jedoch eine um so reichere Gemäldeproduktion an, sodass sich schließlich die Künstler unter dem scharfen Webewerb auf bestimmte Themen und Bildgaungen spezialisieren müssen: Landschasbild (vor allem Seestück), Stillleben (ordnet Alltagsgegenstände zu harmonischen Kompositionen), Porträt (vor allem Rembrandt Harmensz van Rijn, 1606 1669), Interieur (zeigt Innenräume in intim-privater Atmosphäre, z.B. Jan Vermeer van Del, 1632 1675) [Abb. 40], Genre- oder Sienbild (zeigt Alltagsszenen oder volkstümliche Bräuche). In Frankreich orientiert sich der Barock mehr an Antike und Renaissance, ausgewogene Komposition, Würde, Gemessenheit und Klarheit wird angestrebt (Barockklassizismus; Nicolas Poussin, 1593 1665). Österreichische Barockmaler: Daniel Gran (1694 1757): Deckenfresko in der Nationalbibliothek Wien; Paul Troger (1698 1762): Fresken im Sti Melk; Franz Anton Maulbertsch (1724 1796). Der ausklingende Barock bildet in Frankreich, Süddeutschland und Venedig die Sonderform des graziös-verspielten Rokoko (1730 1780); hier hat die Malerei vor allem dekorative Funktion. Hauphemen sind die galante höfischaristokratische Gesellscha in Tanz und Spiel, sowie erotische Szenen (Jean Antoine Waeau, 1684 1721). KUNST DES 19. JAHRHUNDERTS Mit der Französischen Revolution 1789 geht die barocke Staatsidee des Absolutismus und das höfische Rokoko unter. Danach beginnt eine neue, bürgerliche Zeit, in der auch politische, wirtschaliche und soziale Spannungen auf die Kultur einwirken. Der Widerstreit der Meinungen, die allgemeine Unruhe führt in der Kunst zur Entwicklung unterschiedlicher Richtungen, die nun an die Stelle bisheriger Epochen oder Stile treten. r h t k u r: Klassizismus (1750 1850) Orientiert sich noch konsequenter als der Barockklassizismus am antiken Vorbild. Kennzeichnend sind klare, blockhae Formen, sparsame Verwendung von Ornamenten, von Kreis und rechtem Winkel bestimmte Grundrisse. Wichtiger Vertreter sind Karl Friedrich Schinkel (1781 1841) und Leo von Klenze (1784 – 1864) [Abb. 41]. Unter Kaiser Napoleon zu Beginn des 19. Jhds. wird der Klassizismus zu einem eleganten, teils geradezu luxuriösen Stil (Empire), der sich durch geradlinige Strenge und Feierlichkeit auszeichnet und auch Formen der altägyptischen Kunst aufgrei. Abb. 42 Gofried Semper: Burgtheater, 1874 1888, Wien Abb. 41 Leo von Klenze: Glyptothek, 1816 1834, München Historismus (1840 1900) Scha für die zahlreichen neuen Bauaufgaben, die sich aus der Entwicklung der kapitalistischen Gesellscha ergaben, keine eigenen neuen Formen, sondern grei auf Stilmiel der Vergangenheit zurück. Zunächst werden die einzelnen Gebäude noch in für ihre Bestimmung als passend erachteten Stilen gestaltet. Paradebeispiel: die Prachtbauten der Wiener Ringstraße, u. a. baut Heinrich Ferstel (1828 1883) die Votivkirche im gotischen Stil, Theophil Hansen (1813 1891) das Parlament im Stil des Klassizismus und Gofried Semper (1803 1879) das Burgtheater im Stil der italienischen Hochrenaissance [Abb. 42]. Später werden willkürlich historische Formelemente unabhängig von der Funktion eines Baus zu dessen Dekoration benutzt. Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 12 von 19 Eine Ausprägung des Historismus, der das Bild vieler Städte im deutschen Sprachraum prägt, ist die Architektur der „Gründerzeit: die relativ kleine Oberschicht des durch die Industrialisierung zu Reichtum gelangten Großbürgertums lässt sich zur Repräsentation des erreichten Wohlstandes prunkvolle, an Adelspaläste erinnernde Wohnhäuser errichten. Gleichzeitig entstehen an den Stadträndern Zinskasernen für die stark wachsende Zahl der Arbeiter, deren pompös-historisierende Fassaden in krassem Widerspruch zur ärmlichen Innenausstaung stehen. Die Ingenieurkonstruktionen: Die mit den Architekten in Webewerb tretenden Bauingenieure versuchen, die neuen Bauaufgaben Warenhaus, Fabrikshalle, Bahnhof, etc. unter dem Gesichtspunkt von Zweckmäßigkeit und Wirtschalichkeit in der Industriegesellscha angemessener Form zu erfüllen, indem sie die neuen Baustoffe Gusseisen, Stahl und Beton einsetzen. Die neuartigen Konstruktionsweisen werden vorerst noch hinter antikisierenden Steinfassaden „versteckt, erst nach und nach erkennt man deren ästhetische Qualität. Bahnbrechend: Joseph Paxton (1803 1865) errichtet für die Weltausstellung 1851 den Kristallpalast aus vorgefertigten, demontierbaren Bauteilen (Eisenskele und Glastafeln) ohne tragende Mauern [Abb. 43]. Gleichzeitig entsteht in den USA als Folge des rapiden Bevölkerungswachstums und der zunehmenden Bodenknappheit in den Ballungszentren die Hochhausarchitektur („Schule von Chicago). Zunächst noch als Backsteinbauten errichtet, kann durch die Anwendung der Stahlskelebauweise die Geschoßanzahl vervielfacht werden. Abb. 43 Joseph Paxton: Kristallpalast, 1851 (1936 durch Wichtigster Architekt: Louis Henry Sullivan (1856 1924). Brand zerstört), London Jugendstil (1890 1910): Richtet sich gegen den Historismus und das Vordringen der Industrie mit ihren standardisierten Massengütern, strebt nach künstlerischer Durchgestaltung des Lebens. Kennzeichen: dem Pflanzenreich entlehnte, stilisierte Linienornamente. In Spanien entwir Antonio Gaudí (1852 1926) bizarre, an Pilze erinnernde Bauten, in Österreich entwickelt sich eine strengere Variante, in der Kreis und Quadrat als Formelemente dominieren. Wichtigstes Beispiel ist das Sezessionsgebäude, 1898 von Joseph Maria Olbrich (1867 1908) erbaut. Dessen Lehrer, Oo Wagner (1841 1918), überwindet den Jugendstil bald und übernimmt als erster Architekt auch Bauaufgaben, die bisher von Bauingenieuren übernommen wurden (Stadtbahnstationen). Er propagiert einen neuen „Nutzstil, dessen Formen sich aus Zweck, Material und Konstruktion ergeben [Abb. 44]. Abb. 44 Oo Wagner: Kirche am Steinhof, 1902 1907, Wien i d a e e i: Auch hier ist von 1750 1850 der Klassizismus vorherrschend: formal an antiken Harmonievorstellungen orientiert, dominieren umrissbetonte, ruhig-glae Formen und fließende Bewegungen. Inhaltlich wird ein literarisches Programm umgesetzt, das nur von einem Publikum mit klassischer Bildung verstanden werden kann. Wichtiger Vertreter: Bertel Thorvaldsen (1768 1844). Eine völlig andere Auffassung vertri der bedeutendste Bildhauer der zweiten Jahrhunderthäle, Auguste Rodin (1840 1917): er formt die menschliche Gestalt frei durch, indem er Einzelheiten der Anatomie, bzw. Kleidung vergröbert und die Oberfläche zerklüet; damit und mit der „Momenthaigkeit seiner Motive steht er dem Impressionismus nahe. Teile seiner Skulpturen belässt er zuweilen im Rohzustand, um die Vorstellungskra des Betrachters anzuregen [Abb. 45]. Abb. 45 Auguste Rodin: Der Kuss, 1886, Marmor, 180 150 120 cm, Paris Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 13 von 19 a e e i: Klassizismus (1780 1830) Auf Deutschland und Frankreich beschränkt. Durch Ausgrabungen (Pompeji) und archäologische Forschungen ins Blickfeld gerückt, werden Harmonie und Ausgewogenheit der Antike zum künstlerischen Ziel. Kennzeichnend ist die Betonung der Linie; der formalen und kompositorischen Einfachheit entspricht ein weitgehender Verzicht auf malerisch-sinnliche Effekte und die Beschränkung auf eine kühle Farbigkeit. In Frankreich beteiligen sich die Künstler (vor allem Jaques Louis David, 1748 1825) aktiv an der Französischen Revolution, in ihren Gemälden drückt sich die Gesinnung des französischen Bürgertums aus [Abb. 46]. Abb. 46 Jaques Louis David: Der Schwur der Horatier, 1784, Öl/Leinwand, Paris Abb. 47 Caspar David Friedrich: Der Wanderer über dem Nebelmeer, 1817/18, Öl Leinwand, Hamburg Romantik (1800 1860) Ist weniger Bezeichnung eines Stils als einer Geisteshaltung, die sich vor allem in Deutschland und England durchsetzt. Die Maler der Romantik betonen das Gefühlsmäßige, Wunderbare, Märchenhae und Phantastische, fühlen sich dem als ursprünglich empfundenen Mielalter verwandt und sind meist geprägt von einer tiefen Religiosität sowie einer intensiv erlebten Beziehung zur Natur, die nicht objektiv wiedergegeben, sondern als Spiegelung eines Seelenzustandes interpretiert wird. Wichtige Vertreter sind in Deutschland Caspar David Friedrich (1774 1840) [Abb. 47], in England der Künstlerbund der Präraffaeliten, die vor allem Themen aus der nationalen Literatur, Geschichte und Sage verarbeiten. Eine Sonderstellung nimmt Francisco de Goya (1746 1828) ein, der obwohl er als Porträtist am spanischen Hof beschäigt ist ungeschminkt die dekadente höfische Gesellscha darstellt und das Abgründige im Menschen phantastisch und dämonisch zum Ausdruck bringt. Realismus (1830 1870) Im Gegensatz zum Naturalismus, der die äußere Wahrheit eines Gegenstandes durch dessen möglichst detailgetreue Wiedergabe anstrebt, sucht der Realismus nach der inneren Wahrheit eines Motivs, das dabei wichtiger ist, als die Art seiner Darstellung. Gustave Courbet (1819 1877), auch sozial engagiert, macht erstmals den Alltag von Arbeitern und Bauern zum Bildgegenstand, wobei er durch Spachteln und Kratzen die herkömmliche Gläe der Maloberfläche verwir [Abb. 48]. Abb. 48 Gustave Courbet: Die Kornsieberinnen, 1853, Öl auf Leinwand, Nantes Abb. 49 Claude Monet: Impression, Sonnenaufgang, 1873, Öl auf Leinwand, Paris Impressionismus (1860 1900) Vor allem von französischen, auch deutschen Malern entwickelt, die ihr Interesse ausschließlich auf die Oberfläche, die äußere Erscheinung der alltäglichen Dinge richten. Vorläufer sind in England William Turner (1775 1851), in Frankreich Camille Corot (1796 1875), die in Abkehr von der historisierenden Ateliermalerei mit überkommenen Malregeln brechen und im Freien, vor dem Motiv arbeitend nur noch die Natur als Lehrmeisterin anerkennen. Das Licht und seine Reflexe werden zum Hauphema, die Farbpalee hellt sich auf. Der Versuch, einen flüchtigen Eindruck (Impression) festzuhalten, führt zu einer spontanen Malweise, die Farbe wird nicht mehr in vielen Lasurschichten übereinandergelegt, sondern alla prima auf die Leinwand gesetzt. Die Häufung kurzer, fleckhaer, vielfarbig schillernder Pinselstriche führt zu einem vibrierenden Gesamteindruck, der die Konturen der Gegenstände auflöst. Wichtige impressionistische Maler: Edouard Manet (1832 1883) und Claude Monet (1840 1926) [Abb. 49]. Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 14 von 19 In mancher Hinsicht bereiten Maler aus dem impressionistischen Umfeld die Malerei des 20. Jahrhunderts vor: Paul Cézanne (1839 1906) zerlegt die Naturformen in rhythmisch angeordnete Farbflächen, überwindet die seit der Renaissance unumstriene perspektivische Raumdarstellung und gilt somit als Vorläufer des Kubismus [Abb. 50]. Vincent van Gogh (1853 1890) und Paul Gauguin (1848 1903) bereiten mit ihrer gefühlsbetonten Farbgebung, die sie zur Steigerung der Ausdruckskra einsetzen, den Expressionismus vor. Die allgemeine Verschiebung des Interesses vom Gegenstand selbst auf dessen malerische Behandlung (bedingt auch durch die Erfindung der Fotografie) ist einer der Wege, die zur ungegenständlichen Malerei führen. Abb. 50 Paul Cézanne: Mont Sainte-Victoire, ca. 1898, Öl auf Leinwand, Baltimore Jugendstil (1890 1910) Die Vorliebe für das Dekorative, das Verwenden floraler Ornamente, die Dominanz der Linie, die Kombination naturalistischer mit ungegenständlichen Bildpartien beeinflusst unter anderem Wassily Kandinsky, der aus diesen Anregungen später die gegenstandslose Malerei entwickelt (siehe Der Blaue Reiter) Bedeutendster österreichischer Maler: Gustav Klimt (1862 1918). KUNST DES 20. JAHRHUNDERTS r h t k u r: Funktionalismus Das 1919 von Walter Gropius (1883 1969) gegründete Bauhaus, die bedeutendste Kunstschule des 20. Jahrhunderts, ist geistiges Zentrum des Funktionalismus, dessen Ziel es ist, das konstruktive Gerüst in seinem ästhetischen Wert ausdrücklich zur Schau zu stellen und die Form aus der Funktion abzuleiten. Die eigentlich tragenden Stützen werden nach innen verlegt, die Außenwand aus Glas und Stahl wird lediglich als Haut vorgehängt und verleiht dem Gebäude trotz seiner blockhaen Form den Eindruck von lichtdurchfluteter Leichtigkeit. 1933 wird das Bauhaus von den Nationalsozialisten geschlossen, Gropius, Ludwig Mies van der Rohe (1886 1969) und Andere emigrieren in die USA, wo sie die Ideen der „Schule von Chicago zum Internationalen Stil weiterentwickeln [Abb. 51]. Kennzeichen sind klare, kubische Blöcke, Skelebauweise, Verwendung von Beton, Eisen und Glas, das Fehlen sichtbarer Träger, der Verzicht auf Ornamentik. Weitere wichtige Architekten: Frank Lloyd Wright (1869 1959) und Le Corbusier (1887 1965). Nach dem zweiten Weltkrieg werden die Ideen des Bauhauses von zweit- und driklassigen Baumeistern verwässert, die These vom Primat der Funktion wird als Vorwand dafür verwendet, Gestaltungsfragen für überflüssig zu erklären, um möglichst billige, rein zweckmäßige Einheitsbauten zu errichten. Abb. 51 Ludwig Mies van der Rohe: Seagram Building, 1954 1958, New York Postmoderne (ab 1972) Ihre Vertreter (Charles Moore, geb. 1925, in Österreich Hans Hollein, geb. 1934) versuchen, dieser Monotonie eines falsch verstandenen Funktionalismus entgegenzuwirken, setzen sich über alle Gebote der Klassischen Moderne hinweg und beleben ihre Bauwerke miels einer Symbiose unterschiedlicher Stilformen und Materialien mit spielerischen, ironisierenden Zügen [Abb. 52]. Abb. 52 Charles Moore: Piazza d‘Italia, 1975 –1980, New Orleans Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 15 von 19 Dekonstruktivismus (ab 1985) Gestalterische Methode ist das Auseinandernehmen normalerweise geschlossener Raumstrukturen. Durch Kombination unterschiedlicher Materialien, Asymmetrien, die Vermeidung rechter Winkel, Verzerrungen und Verschachtelungen erwecken dekonstruktivistische Bauten den Eindruck des Improvisierten, Zufälligen, Desolaten. Sie sollen im städtischen Bereich existierende Spannungen nicht verdecken, sondern bewusst veranschaulichen. Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des Dekonstruktivismus war die Wiener Architektengruppe COOP Himmelblau [Abb. 53]. Abb. 53 COOP Himmelblau: Dachausbau Falkestraße 6, 1987, Wien i d a e e i: Vier wesentliche Punkte unterscheiden sie von der Bildhauerei der Vergangenheit: 1. Die einfachen und klaren Formen der prähistorischen und außereuropäischen Kulturen bilden einen neuen Bezugspunkt. 2. Neue Materialien (Stahl, Kunststoff) und neue technische und maschinelle Bearbeitungsmethoden. 3. Die Abbildfunktion wird weitgehend (Henry Moore, 1898 1986) oder völlig (Jean Tinguely, 1925 1991) aufgegeben. 4. Der Umraum der Plastik wird mit einbezogen (Marcel Duchamp, 1887 1968; Duane Hanson, geb. 1925). Abb. 54 Henry Moore: Liegende Frau, 1938, Stein, London Abb. 55 Jean Tinguely: Eva Aeppli und die Bürger von Calais, 1989, Eisen, Fundstücke, Elektromotoren, Zürich Moores zentrales Thema ist zwar der Mensch, er vereinfacht dessen Körperformen jedoch bis zum Äußersten, durchbricht sie und scha so Durchblicke und Hohlräume [Abb. 54]. Tinguely „baut Plastiken als Collagen unterschiedlichster Materialien und bezieht dabei Bewegung und Geräusche mit ein [Abb. 55]. Duchamp erklärt Gebrauchsgegenstände zu Kunstwerken, indem er sie unverändert auf Sockel montiert und ausstellt („ready mades) und so die geistige Unbeweglichkeit des ausschließlich traditionsorientierten Museumsbesuchers hinterfragt [Abb. 56]. Abb. 56 Marcel Duchamp: Fahrrad-Rad, 1913, Mailand Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 16 von 19 Hanson stellt lebensgroße, aus Fiberglas „hyperrealistisch nachgebildete Menschen mit originaler Kleidung und realen Accessoires ohne Sockel oder sonstigen Hinweis auf ihren Kunstcharakter in den Raum und bezieht so die Umgebung in ihre Wirkung mit ein [Abb. 57]. Diese raumgebundene Richtung der Bildhauerei wird gegen Ende des Jahrhunderts weiterentwickelt zur Rauminstallation, die Licht, Musik und neue Medien wie Video einschließt. Abb. 57 Duane Hanson: Frau mit Einkaufswagen, 1969, Fiberglas, Polyester, Aachen Malerei: Expressionismus (ca. 1905 1920) Stammt vom lateinischen expressio (Ausdruck). Die Bildgestaltung soll vom unmielbaren Ausdruck der seelischen Verfassung des Künstlers durchdrungen sein. Um sich in ihrer revolutionären Haltung gegenseitig zu unterstützen, schließen sich die Expressionisten zu Künstlergruppen zusammen. Die französischen Fauves (Wilden) unter der Führung von Henri Matisse (1869 1954) verzichten auf plastische Wirkung, verwenden reine Farben ohne Licht- und Schaenmodellierung in großen Flächen nebeneinander und messen der Farbe größere Bedeutung zu als der Form. In Deutschland gründen unter anderen Ernst Ludwig Kirchner (1880 1938) [Abb. 58], Erich Heckel (1883 1970) und Emil Nolde (1867 1956) Die Brücke (1905). Sie wollen bürgerliche Wertvorstellungen, Traditionen und Akademismus überwinden und die menschliche Psyche mit all ihren elementaren Gefühlen zu einem eindringlichen, zuweilen schockierenden Ausdruck bringen, indem sie schroffe Farb- und Formgegensätze zu absichtsvollen Disharmonien führen. Der Blaue Reiter vertri ab 1912 einen stärker auf formale Probleme konzentrierten, romantischeren Expressionismus, der eher die Farbharmonie und die Reduktion der Form zum Ziel hat. Die Mitglieder des Blauen Reiter unterscheiden sich stark voneinander und entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen: Paul Klee (1879 1940) nimmt in seiner sehr individuell geprägten Malerei Elemente des Surrealismus und Konstruktivismus auf, Wassily Kandinsky (1866 1944) löst sich immer stärker vom Naturvorbild, versucht die bildnerischen Elemente ähnlich zu verwenden wie die Musik die Töne, und gelangt über das teils freie, teils geplante Spiel mit Farben und Formen zur völlig ungegenständlichen Malerei (der Begriff ist abzugrenzen von der abstrakten Kunst, die einen realen Gegenstand zum Ausgangspunkt hat und diesen abstrahiert; lateinisch abstrahere wegziehen) [Abb. 59]. Einzelgänger unter den Expressionisten sind der Norweger Edvard Munch (1863 1944), der schon am Ende des 19. Jhds. Themen wie Angst, Krankheit, Eifersucht behandelt, der Deutsche Max Beckmann (1884 1950), in Österreich Egon Schiele (1890 1918) und Oskar Kokoschka (1886 1980). Abb. 58 Ernst Ludwig Kirchner: Liegender Akt vor Spiegel, 1910, Öl Leinwand, Berlin Abb. 59 Wassily Kandinsky: Entwurf 2 zu Komposition VII, 1913, Öl Leinwand, München Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 17 von 19 Kubismus (ca. 1906 1925) Der Name stammt vom lateinischen cubus (Würfel). In seiner ersten Phase, dem analytischen Kubismus, wird der Bildgegenstand in Anlehnung an Cézanne in seine Grundformen (Würfel, Kegel, Pyramide, Zylinder, Kugel) zerlegt, wobei der Maler durch Veränderung seines Standortes verschiedene Ansichten desselben Gegenstandes simultan in einem Bild darstellt. Die Bildgestaltung gehorcht dabei einer inneren, konstruktiven Logik, bei der die Proportionen und die reale Farbe des Gegenstandes keine Rolle spielen und keine Räumlichkeit mehr vorgetäuscht wird. In seiner zweiten Phase, dem synthetischen Kubismus werden rein ungegenständliche Formen auf der Leinwand zur Erscheinung eines neu entstehenden Bildmotivs zusammengesetzt, wobei auch die Technik der Collage herangezogen wird. Wichtigste Maler: Pablo Picasso (1881 1974) [Abb. 60] und Georges Braque (1882 1963). Dem Kubismus verwandt ist der Futurismus (ca. 1909 1915; kommt vom lateinischen futurum Zukun), dessen Vertreter (hauptsächlich Umberto Boccioni, 1882 1916) künstlerische Traditionen bekämpfen, sich für Technik, moderne Maschinen, Krieg und Geschwindigkeit begeistern und in ihren Bildern Bewegung, Tempo und zeitliche Abläufe darstellen. Abb. 60 Pablo Picasso: Les Demoiselles d‘Avignon, 1907, Öl /Leinwand, New York Konstruktivismus (ca. 1913 1933) Eine in Russland entstandene, später vor allem auf die Ästhetik des Bauhauses wirkende Spielart der ungegenständlichen Kunst, die bevorzugt der Geometrie entstammende Formen wie Gerade, Rechteck, Dreieck oder Kreis nach kompositorischen Grundsätzen auf der Bildfläche anordnet, wobei die Farbigkeit stark reduziert wird. Hauptvertreter: Kasimir Malewitsch (1878 1935), Piet Mondrian (1882 1944) [Abb. 61]. Abb. 61 Piet Mondrian: Komposition mit Rot, Gelb und Blau, 1928, Öl Leinwand, Ludwigshafen Surrealismus (ab ca. 1920) Ca. 1915 entsteht die literarisch-künstlerische Bewegung des Dadaismus, die durch Einsatz des Absurden, des scheinbar Sinnlosen, des Zufälligen Anti-Kunst produzieren möchte, um damit die überkommenen Wertvorstellungen der bürgerlichen Kultur anzugreifen. Daraus und durch den Einfluss von Sigmund Freuds Entdeckung des Unbewussten entsteht der Surrealismus (französisch sur réalité über der Wirklichkeit), der vertraute Erfahrungswerte und Sehgewohnheiten in Frage stellt, Träume, Phantasien, Vorahnungen, Rauscherlebnisse und hypnotische Zustände als Quelle künstlerischer Eingebungen nutzt. Bildelemente und Gegenstände, die im Alltagsbewusstsein nicht zusammenpassen, werden miteinander kombiniert. Dabei werden Arbeitstechniken des Automatismus entwickelt, die es ermöglichen, unter Zuhilfenahme des Zufalls, spontan, ohne gedankliche Vorarbeit und Kontrolle innere unbewusste Zustände möglichst direkt auf die Leinwand zu bringen. Wichtige Maler: Joan Miró (1893 1983), Max Ernst (1891 1976) [Abb. 62], René Magrie (1898 1967), Salvador Dalí (1904 1989). Abb. 62 Max Ernst: Ödipus Rex, 1922, Öl Leinwand, Paris Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 18 von 19 Abstrakter Expressionismus (ca. 1940 1960) In den USA entstandene Kunstrichtung, die den surrealistischen Automatismus fortsetzend ein ungegenständliches Darstellen von Empfindungen und Stimmungen zum Ziel hat. Sie räumt dem von der Gestik und Motorik des Künstlers bestimmten Malvorgang selbst den Vorrang ein, weshalb sie auch Action painting genannt wird. Wichtige Maler sind Jackson Pollock (1912 1956) [Abb. 63] und Willem de Kooning (geb. 1904); eine meditative Variante des Abstrakten Expressionismus, das Colour field painting, vertri Mark Rothko (1903 1970). Abb. 63 Jackson Pollock: Echo, 1951, Emailfarbe Leinwand, New York Pop art ca. 1960 1975) Vom englischen popular (populär). Versteht sich als Reaktion auf die ungegenständliche Malerei, möchte die Grenze zwischen Kunst und Leben aueben, betont den Bildinhalt, indem sie die banale Alltagswelt der modernen Konsumgesellscha für darstellenswert erklärt und sich stark an der Ästhetik der Werbung und des Comicstrip orientiert. Wichtigste Vertreter: Andy Warhol (1928 1987), Roy Lichtenstein (geb. 1923) [Abb. 64]. Abb. 64 Roy Lichtenstein: M-Maybe (A Girl‘s Picture), 1965, Magna Leinwand, Köln Malerei der Gegenwart In den letzten 2 Jahrzehnten des 20. Jhds. herrscht eine noch nie dagewesene Stilvielfalt. Konstruktive Tendenzen (Neo-Geo) stehen neben expressionistischen (Neue Wilde), Fotorealismus neben Graffiti. Der das Jahrhundert prägende Gegensatz von gegenständlicher und ungegenständlicher Kunst ist aufgehoben, o im Werk eines einzelnen Künstlers (Paradebeispiel: Gerhard Richter, geb. 1932 [Abb. 65, 66]). Abb. 65 Gerhard Richter: Gebirge (Himalaja), 1968, Öl Leinwand, Privatbesitz Abb. 66 Gerhard Richter: O.T., 1984, Öl Leinwand, Privatbesitz e e ü s l r s h A s r c s o m n: Nachdem die Fotografie und der Film zu eigenständigen Kunstgaungen geworden sind, wird seit den 60er Jahren versucht, der Kunst neue Betätigungsfelder zu erschließen: einerseits werden in handlungsorientierten Konzepten (Aktionismus, Happening, Performance) die Grenzen zum Theater fließend, andererseits werden neue Medien wie Video und Computer eingesetzt, um die von Fernsehen, Druckmedien und Internet geprägten Wahrnehmungsgewohnheiten künstlerisch zu nutzen. Kunstgeschichte Mag. Alexander Borek Seite 19 von 19