Arbeitsblatt: Peter Bichsel: Jodok lässt grüssen

Material-Details

Textverständnis
Deutsch
Leseförderung / Literatur
7. Schuljahr
3 Seiten

Statistik

112064
2150
22
21.02.2013

Autor/in

Flurina Cathomas
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

Downloads Arbeitsblätter / Lösungen / Zusatzmaterial

Die Download-Funktion steht nur registrierten, eingeloggten Benutzern/Benutzerinnen zur Verfügung.

Textauszüge aus dem Inhalt:

Peter Bichsel Jodok lässt grüssen Von Onkel Jodok weiss ich gar nichts, ausser dass er der Onkel des Grossvaters war. Ich weiss nicht, wie er aussah, ich weiss nicht, wo er wohnte und was er arbeitete. Ich kenne nur seinen Namen: Jodok. Und ich kenne sonst niemanden, der so heisst. Der Grossvater begann seine Geschichten mit: „Als Onkel Jodok noch lebte oder mit „Als ich den Onkel Jodok besuchte oder „Als mir Onkel Jodok eine Maulgeige schenkte. Aber er erzählte nie von Onkel Jodok, sondern nur von der Zeit, in der Jodok noch lebte, von der Reise zu Jodok und von der Maulgeige von Jodok. Und wenn man ihn fragte: „Wer war Onkel Jodok, dann sagte er: „Ein gescheiter Mann. Die Grossmutter jedenfalls kannte keinen solchen Onkel, und mein Vater musste lachen, wenn er den Namen hörte. Und der Grossvater wurde böse, wenn der Vater lachte, und dann sagte die Grossmutter: „Ja, ja, der Jodok, und der Grossvater war zufrieden. Lange Zeit glaubte ich, Onkel Jodok sei Förster gewesen, denn als ich einmal zum Grossvater sagte: „Ich will Förster werden, sagte er, „das würde den Onkel Jodok freuen. Aber als ich Lokomotivführer werden wollte, sagte er das auch, und auch, als ich nichts werden wollte. Der Grossvater sagte immer: „Das würde den Onkel Jodok freuen. Aber der Grossvater war ein Lügner. Ich hatte ihn zwar gern, aber er war in seinem langen Leben zum Lügner geworden. Oft ging er zum Telefon, nahm den Hörer, stellte eine Nummer ein und sagte ins Telefon: „Tag, Onkel Jodok, wie gehts denn, Onkel Jodok, nein, Onkel Jodok, ja doch, bestimmt, Onkel Jodok, und wir wussten alle, dass er beim Sprechen die Gabel runterdrückte und nur so tat. Und die Grossmutter wusste es auch, aber sie rief trotzdem: „Lass jetzt das Telefonieren, das kommt zu teuer. Und der Grossvater sagte: „Ich muss jetzt Schluss machen, Onkel Jodok und kam zurück und sagte: „Jodok lässt grüssen. Dabei hatte er früher immer gesagt: „Als Onkel Jodok noch lebte, und jetzt sagte er schon: „Wir müssen unsern Onkel Jodok mal besuchen. Oder er sagte: „Onkel Jodok besucht uns bestimmt, und er schlug dabei aufs Knie, aber das sah nicht überzeugend aus, und er merkte es und wurde still und liess dann seinen Jodok für kurze Zeit sein. Und wir atmeten auf. Aber dann begann es wieder: Jodok hat angerufen. Jodok hat immer gesagt. Jodok ist derselben Meinung. Der trägt einen Hut wie Onkel Jodok. Onkel Jodok geht gern spazieren. Onkel Jodok erträgt jede Kälte. Onkel Jodok liebt die Tiere liebt Onkel Jodok geht mit ihnen spazieren bei jeder Kälte geht Onkel Jodok mit den Tieren geht Onkel Jodok verträgt jede Kälte verträgt der Onkel Jodok d-e-r O-n-k-e-l J-o-d-o-k. Und wenn wir, seine Enkel, zu ihm kamen, fragte er nicht: „Wieviel gibt zwei mal sieben, oder: „Wie heisst die Hauptstadt von Island?, sondern „Wie schreibt man Jodok? Peter Bichsel Jodok lässt grüssen Jodok schreibt man mit einem langen und ohne CK, und das Schlimme an Jodok waren die beiden O. Man konnte sie nicht mehr hören, den ganzen Tag in der Stube des Grossvaters die von Joodook. Und der Grossvater liebte die von Jooodoook, und sagte: Onkel Jodok kocht grosse Bohnen. Onkel Jodok lobt den Nordpol. Onkel Jodok tobt froh. Dann wurde es bald so schlimm, dass er alles mit sagte: Onkel Jodok word ons bosochon, or ost on goschotor Monn, wor roson morgon zom Onkol. Oder so: Okoljodok word onsbosochon orost ongoschotor mon woroson mor gonzomonkol. Und die Leute fürchteten sich mehr und mehr vor dem Grossvater, und er begann jetzt sogar zu behaupten, er kenne keinen Jodok, habe nie einen gekannt. Wir hätten davon angefangen. Wir hätten gefragt: „Wer war Onkel Jodok? Es hatte keinen Sinn mit ihm zu streiten. Es gab für ihn nichts anderes mehr als Jodok. Bereits sagte er zum Briefträger: „Guten Tag, Herr Jodok, dann nannte er mich Jodok und bald alle Leute. Jodok war sein Kosename: „Mein lieber Jodok, sein Schimpfwort: „Vermaledeiter Jodok und sein Fluch: „Zum Jodok noch mal. Er sagte nicht mehr: „Ich habe Hunger, er sagte: „Ich habe Jodok. Später sagte er auch nicht mehr „Ich, dann hiess es „Jodok hat Jodok. Er nahm die Zeitung, schlug die Seite „Jodok und Jodok – nämlich Unglück und Verbrechen – auf und begann vorzulesen: „Am Jodok ereignete sich auf der Jodok bei Jodok ein Jodok, der zwei Jodok forderte. Ein Jodok fuhr auf der Jodok von Jodok nach Jodok. Kurze Jodok später ereignete sich auf der Jodok von Jodok der Jodok mit einem Jodok. Der Jodok des Jodoks, Jodok Jodok, und sein Jodok, Jodok Jodok, waren auf dem Jodok tot. Die Grossmutter stopfte sich die Finger in die Ohren und rief: „Ich kanns nicht mehr hören, ich ertrag es nicht. Aber mein Grossvater hörte nicht auf. Er hörte sein ganzes Leben lang nicht auf, und mein Grossvater ist sehr alt geworden, und ich habe ihn sehr gern gehabt. Und wenn er zum Schluss auch nichts anderes mehr als Jodok sagte, haben wir zwei uns doch immer sehr gut verstanden. Ich war sehr jung und der Grossvater sehr alt, er nahm mich auf die Knie und jodokte Jodok die Jodok vom Jodok Jodok- das heisst: „Er erzählte mir die Geschichte vom Onkel Jodok, und ich freute mich sehr über die Geschichte, und alle, die älter waren als ich, aber jünger als mein Grossvater, verstanden nichts und wollten nicht, dass er mich auf die Knie nahm, und als er starb, weinte ich sehr. Ich habe allen Verwandten gesagt, dass man auf seinem Grabstein nicht Friedrich Glauser, sondern Jodok Jodok schreiben müsse, mein Grossvater habe es so gewünscht. Man hörte nicht auf mich, so sehr ich auch weinte. Aber leider, leider ist diese Geschichte nicht wahr, und leider war mein Grossvater kein Lügner, und er ist leider auch nicht alt geworden. Ich war noch sehr klein, als er starb, und ich erinnere mich nur noch daran, wie er einmal sagte: „Als Onke Jodok noch lebte, und meine Grossmutter, die ich nicht gern gehabt habe, schrie ihn schroff an: „Hör auf mit deinem Jodok, und der Grossvater wurde ganz still und traurig und entschuldigte sich dann. Da bekam ich eine grosse Wut – es war die erste, an die ich mich erinnere – und ich rief: „Wenn ich einen Onkel Jodok hätte, ich würde von nichts anderem mehr sprechen! Peter Bichsel Jodok lässt grüssen Und wenn das mein Grossvater getan hätte, wäre er vielleicht älter geworden, und ich hätte heute noch einen Grossvater, und wir würden uns gut verstehen.