Arbeitsblatt: Regenwald

Material-Details

75 Seiten als Hintergrundinformationen für Lehrer.
Biologie
Oekologie
6. Schuljahr
75 Seiten

Statistik

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23.12.2013

Autor/in

Rolf Steinmann
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Info-Center • Allgemeine Informationen Verteilung Klima Merkmale Schichtung Regenwald-Typen • Ökosystem tropischer Regenwald Biomasse Boden Humus Stoffkreislauf Wasserhaushalt • Vielfalt in tropischen Regenwäldern Art-Entstehung Pflanzen Insekten Wirbeltiere • Zerstörung tropischer Regenwälder Geschichte Ausmaß Flächenverluste Artenverluste Ursachen Landverteilung Viehzucht Soja Palmöl Orangen Kaffee und Kakao, Holzeinschlag Rohstoffe Agrartreibstoffe Folgen Klima Klimawandel Genetische Armut Regenwaldapotheke Regenwaldschutz Vegetarische Ernährung Fairer Handel Verzicht auf Tropenholz Recyclingpapier Menschen im tropischen Regenwald Die Yanomami Die Penan Tierwelt der Regenwälder Kolibris Vogelspinnen Papageien Faultiere Gorillas Siamangs Pflanzenwelt der Regenwälder Tropenhölzer Bromelien Würgefeige Orchideen Nutzpflanzen Banane Feige Ingwer Vanille Zimt Tagua • • • • Der tropische Regenwald Warum heißt der Regenwald Regenwald? Die Antwort lautet ganz einfach: weil es im Regenwald viel regnet. Der Begriff tropischer Regenwald umfasst nicht nur die klassischen, dauerfeuchten Tieflandregenwälder, sondern viele andere Arten von Wäldern, wie zum Beispiel Trockenwälder, Überschwemmungs- und Mangrovenwälder. Damit die klassischen dauerfeuchten Tieflandregenwälder entstehen können, müssen in etwa die folgenden klimatischen Voraussetzungen gegeben sein: • das ganze Jahr muss es warm sein mit wenig schwankenden Temperaturen von etwa 23C bis 27C, • es gibt keine Jahreszeiten mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter, sondern das Jahr wird eingeteilt in Regen- und Trockenzeit, • es muss sehr viel regnen, mindestens drei Mal so viel wie in Berlin, das heißt, die jährlichen Regenmengen erreichen mindestens 2000 Millimeter, • die Luft ist warm und feucht, häufig bildet sich Nebel, • die Verdunstungsrate liegt unter der abgegangenen Regenmenge, das heißt, es regnet mehr als Wasser anschließend wieder verdunstet. Extreme der Natur Die höchsten Regenmengen wurden in Indien im Bundesstaat Mehalaya gemessen: 13.000 Millimeter pro Quadratmeter und Jahr. Der trockenste Ort der Welt liegt in Ägypten, wo nur 300 Millimeter Regen pro Quadratmeter pro Jahr fallen. Weiterhin beeinflussen Gebirgsketten, Meeresströmungen, Winde und Böden wo tropische Regenwälder entstehen können. Die klassischen dauerfeuchten Tieflandregenwälder gibt es im westlichen Amazonien und im östlichen Kongobecken. Bäume wohin das Auge blickt Bäume dominieren das Bild eines tropischen Regenwalds. Zwar gibt es Baumarten in tropischen Regenwäldern, die ihre Blätter zu bestimmten Zeiten vollständig abwerfen, ähnlich wie unsere einheimischen Laubbäume im Winter. Doch die meisten Baumarten sind immergrün, das heißt, sie werfen ihre Blätter nicht alle auf einmal ab, sondern sie ersetzten ihre alten Blätter nach und nach. Wo gibt es tropische Regenwälder? Tropische Regenwälder gibt es seit etwa 60 Millionen Jahren auf der Erde. Vor 8‘000 Jahren waren noch 60 Millionen Quadratkilometer der eisfreien Landfläche von Wäldern bedeckt, heute sind noch 40 Millionen Quadratkilometer übrig, schätzt die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) in einem Bericht aus dem Jahr 2010 (Global Forest Resources Assessment, FRA 2010). Mit 18 Millionen Quadratkilometern liegt knapp die Hälfte aller Wälder in den Tropen, wobei nicht die ganze Fläche der Tropen von Wäldern bedeckt ist. Die Tropen Weltweite Verteilung tropischer Regenwälder: Die Erdflächen zwischen den Wendekreisen werden gemeinhin als Tropen bezeichnet. Die grünen Flächen zeigen die gegenwärtige Verteilung tropischer Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen Amazonien, Kongo-Becken und Südost-Asien. Definitionsgemäß werden die Teile der Landoberfläche als Tropen bezeichnet, die sich zwischen den Wendekreisen des Krebses im Norden (2327 nördlicher Breite) und des Steinbocks im Süden (2327 südlicher Breite) befinden. Trope, stammt aus dem Griechischen und bedeutet Wechsel, Wendung oder Drehung. Die eisfreie Landfläche der Erde beträgt 130 Millionen Quadratkilometer. Die Tropen nehmen mit 48 Millionen Quadratkilometern rund 36 Prozent der eisfreien Landfläche der Erde ein. Weltweite Verteilung tropischer Regenwälder: Die Erdflächen zwischen den Wendekreisen werden gemeinhin als Tropen bezeichnet. Die grünen Flächen zeigen die gegenwärtige Verteilung tropischer Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen Amazonien, Kongo-Becken und Südost-Asien. Wie viel Regenwald gibt es? Die meisten tropischen Regenwälder gibt es in den drei großen Regenwaldregionen der Erde, das sind Amazonien in Südamerika, das Kongo-Becken in Afrika und Südost-Asien. Zusammen verfügen sie über 13,4 Millionen Quadratkilometer tropische Regenwälder, was einem Drittel der gesamten Waldfläche der Erde entspricht (The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, FAO 2011). Die drei Regenwaldregionen bilden den weltumspannenden Lebensraum tropischer Regenwald. Im Gegensatz zum Braun der Savannen und Hellbraun der Wüsten kennzeichnet tiefes Grün den äquatorialen Gürtel aus tropischen Regenwäldern. Die FAO berechnet die Fläche tropischer Regenwälder Offizielle Angaben zur Größe der weltweiten Waldfläche stellt die FAO bereit. Die Ergebnisse werden veröffentlicht, sei es im jährlich erscheinenden Waldbericht, dem sogenannten State of the World Forests, in den Berichten des Global Forest Resources Assessment (FRA) oder im Bericht zum Zustand der tropischen Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen der Erde (The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, 2011). Die in den FAOBerichten veröffentlichten Flächenangaben werden geschätzt und berechnet. Amazonien Die tropischen Regenwälder im Einzugsgebiet des Amazonas erstrecken sich über eine riesige Fläche von 8 Millionen Quadratkilometern. Amazonien ist damit die größte der drei Regenwaldregionen der Erde. Weit mehr als die Hälfte davon, nämlich 5,2 Millionen Quadratkilometer, entfallen allein auf Brasilien. Danach kommen Peru mit 680‘000, Kolumbien mit 600‘000 und Bolivien mit 570‘000 Quadratkilometern tropischer Regenwälder. Zum Vergleich: Deutschland hat eine Fläche von 357‘000 Quadratkilometern. Weitere Länder mit tropischen Regenwäldern in Amazonien sind Ecuador, Französisch-Guayana, Guayana, Surinam und Venezuela. Kongo-Becken Die zweitgrößte Regenwaldregion der Erde liegt im Einzugsgebiet des Kongo in Afrika. Im Kongo-Becken gibt es 3 Millionen Quadratkilometer tropische Regenwälder, allein die Hälfte davon in der Demokratischen Republik Kongo gefolgt von Angola mit 580‘000 Quadratkilometern. Weitere Länder mit tropischen Regenwäldern in Afrika sind Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Kamerun, Liberia, Madagaskar, Nigeria, Republik Kongo, Sierra Leone, Togo, Uganda, Ruanda, Burundi und Gabun. Südost-Asien Große Vorkommen tropischer Regenwälder gibt es auch in SüdostAsien, das mit 2,4 Millionen Quadratkilometern die drittgrößte Regenwaldregion der Erde ist. Das Land mit den größten Vorkommen tropischer Regenwälder in Südost-Asien ist Indonesien mit 950‘000 Quadratkilometern, dahinter kommen Myanmar mit 320‘000 und PapuaNeuguinea mit 290‘000 Quadratkilometern. Weiterhin gibt es tropische Regenwälder in Südost-Asien in Kambodscha, Malaysia, Philippinen, Sri Lanka, Thailand, Vietnam, Laos und Brunei. Weitere Länder mit tropischen Regenwäldern Kleine Reste tropischer Regenwälder gibt es noch in Indien, im Norden Australiens, auf Madagaskar und einigen Inseln im Tropengürtel. Auch in Mittelamerika gibt es tropische Regenwälder in den folgenden Ländern: Belize, Costa-Rica, Guatemala, Honduras, Kuba, Mexiko, Nicaragua, Panama, Große Antillen (mit den Hauptinseln Kuba, Jamaika, Hispaniola und Puerto Rico), Kleine Antillen (Trinidad Tobago, Martinique, Barbados etc.) und Bahamas. Gibt es in Europa tropische Regenwälder? Nein, in Europa ist es zu kalt, es regnet zu wenig und die Temperaturen schwanken zu stark im Verlauf von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. In Europa gibt es unsere typischen Laub- und Nadelwälder. Allerdings gibt es in einem Teil Frankreichs tropische Regenwälder, doch dieser Teil liegt auf einem anderen Kontinent, in Südamerika, vier Grad nördlich des Äquators am Atlantik. Französisch-Guayana heißt das Land, und es wird als Überseedepartment Frankreichs bezeichnet, die Menschen hier sprechen Französisch und bezahlen mit dem Euro. Das Land ist zu 98 Prozent von Wald bedeckt, das meiste davon, nämlich 96 Prozent, sind weitgehend unberührte tropische Regenwälder. Kein anderes Land der Welt besitzt prozentual gesehen so viel Regenwald wie Französisch-Guayana. In Kourou, der zweitgrößten Stadt des Landes, befindet sich das Europäische Raumfahrtzentrum. Welches Klima herrscht im Regenwald? Feucht und warm, so lässt sich das Klima im tropischen Regenwald beschreiben. Die Temperaturen liegen das ganze Jahr über konstant bei etwa 25C, die Sonne steht mittags hoch am Himmel, wodurch sie eine enorme Verdunstungskraft entwickelt und es viel regnet. Anhand der Regenmengen wird das Jahr in den Tropen in Trocken- und Regenzeiten eingeteilt. Es gibt keine klassischen Jahreszeiten mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter wie wir sie kennen. Der Tagesablauf im tropischen Regenwald Der Wetterbericht für den tropischen Regenwald lautet für jeden der 365 Tage im Jahr ähnlich: Nebelfelder lösen sich rasch am Morgen auf, gegen Mittag wird es heiß. Der Regenwald heizt sich auf und speichert die Energie der Sonne der Regenwald als Sonnenbatterie. Dann ziehen erste Wolken auf. Am frühen Nachmittag wird es sehr schwül, die Wolken verdichten sich und am späten Nachmittag gibt es wolkenbruchartigen Regen begleitet von Blitz und Donner der Regenwald als Regenmacher. Gegen Abend können sich Nebelfelder bilden, die Nacht wird frisch mit Temperaturen um 21C. Langsam gibt der Regenwald die gespeicherte Sonnenenergie wieder ab. Das ist ein typischer Tagesablauf im tropischen Regenwald. Regenwald (Französisch-Guayana, 2004) Warum regnet es so viel im Regenwald? Oder warum sind die Regenmengen am Äquator so hoch? Die starke Sonneneinstrahlung führt zur Erwärmung der feuchten Luft direkt über dem Äquator. Diese Luft steigt auf, kühlt ab und gibt dabei die überschüssige Feuchtigkeit in Form von Regen wieder ab. Die abgekühlte und jetzt trockene Luft fließt in großer Höhe beidseits des Äquators in Richtung der Wendekreise. Dort sinkt sie ab, hier ist es trocken, und es bilden sich Wüsten wie zum Beispiel die Sahara. Im bodennahen Bereich der Wendekreise wird die Luft von Passatwinden erfasst, über den Ozeanen wieder mit Feuchtigkeit beladen und zurück in Äquatornähe transportiert. Der Kreislauf kann dann von neuem beginnen. Dieses System funktioniert nur dort, wo zu beiden Seiten des Äquators annähernd gleich große Landmassen vorhanden sind: in Südamerika und Afrika. Regenmengen ein Vergleich zwischen Berlin und Cayenne: Dargestellt sind die durchschnittlichen monatlichen Regenmengen der in den Tropen (Französisch-Guayana) gelegenen Stadt Cayenne (grün) und Berlin (rot). Cayenne liegt 4,8 Grad nördlich des Äquators, Berlin 52,5 Grad nördlich. Pro Jahr fallen in Cayenne etwa 3‘300 Millimeter Regen, in Berlin sind es 590 Millimeter. In Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guayana, gibt es zwischen August und November eine große Trockenzeit. Gegen Februar und März gibt es dann nochmals eine etwas trockenere Periode, den sog. kleinen Sommer im März. Zu den Angaben für die Regenmenge: Die Regenmenge wird in Litern pro Quadratmetern oder Millimeter (mm) Wasserhöhe angegeben. Das heißt, wird auf einer Fläche von einem Quadratmeter ein Liter Wasser ausgeschüttet, dann stünde das Wasser in diesem Quadratmeter einen Millimeter hoch (Quelle: Passatwinde Unter Passatwinden versteht man die Ostwinde nördlich und südlich des Äquators. Am Äquator steigt Luft auf und zieht weitere Luft nach. Diese angesogene Luft wird dann durch die Erdrotation abgelenkt. In Südost-Asien ist es anders: Die asiatischen Tropen (im kontinentalen Raum) werden nicht von Passatwinden, sondern vom Windsystem des Monsuns mit Regen versorgt. Auf die sintflutartigen Monsunregen im Sommerhalbjahr folgt im Winterhalbjahr eine ausgedehnte Trockenzeit. Folge: Derart schwankende Niederschlagsverhältnisse verhindern das Entstehen tropischer Regenwälder, es entsteht der sogenannte Dschungel. Vom Äquator weg in Richtung der Pole nehmen die Regenmengen allmählich ab. Meeresströmungen, Passatwinde und Gebirgszüge im Tropengürtel sorgen dafür, dass die lokalen Regenmengen in den Tropen viel größeren Schwankungen unterworfen sind, als die dort vorherrschenden Temperaturen. Im tropischen Tiefland fällt in der Regel viel Regen, dort ist die Vegetation eng an die abgehenden Niederschläge gebunden. Wie warm ist es im Regenwald? Das Klima im Regenwald ist durch eine einzigartige Gleichförmigkeit im Jahreslauf mit konstant hohen Temperaturen gekennzeichnet. Selbst im kältesten Monat fällt die Durchschnittstemperatur selten unter 18C. Die mittleren Tagestemperaturen bleiben unter den Bedingungen eines ganzjährig fast unveränderten Tagbogens von zwölf Stunden und einer gleich bleibend starken Sonneneinstrahlung weitgehend konstant. Die Tropen bilden eine Zone ohne auffällige Jahreszeiten. Es gibt keine Jahreszeiten gemäß unserer Vorstellung von Jahreszeiten mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Nacht ist quasi der Winter der Tropen, denn die täglichen Temperaturschwankungen übertreffen die jährlichen bei weitem. Temperaturen ein Vergleich zwischen Berlin und Cayenne: Dargestellt sind die durchschnittlichen monatlichen Temperaturen der in den Tropen (Französisch-Guayana) gelegenen Stadt Cayenne (grün, oben) und Berlin (rot, unten). Cayenne liegt 4,8 Grad nördlich des Äquators, Berlin 52,5 Grad nördlich. Über das ganze Jahr gemittelt, liegt die Durchschnittstemperatur in Cayenne bei 26,4C und in Berlin bei 8,9C (Quelle: Je weiter man sich vom Äquator aus in Richtung Norden oder in Richtung Süden bewegt, desto größer werden die Temperaturschwankungen im Verlauf eines Jahres. Die französische Karibikinsel Martinique liegt im Tropengürtel 14 nördlich des Äquators, hier schwanken die Temperaturen im Laufe des Jahres um maximal 5C. Die Jahresdurchschnittstemperaturen reichen in den Tropen von etwa 30C bis zu solchen unter dem Gefrierpunkt (zum Beispiel in den Anden ). Dämmerung in den Tropen Da die Sonne abends fast senkrecht unter den Horizont taucht oder morgens senkrecht aufsteigt, sind die Dämmerungsphasen in den Tropen sehr kurz. Merkmale tropischer Regenwälder Im tropischen Regenwald fallen die großen, bis zu 60 Meter hohen Bäume auf. Die Stämme dieser Urwaldriesen tragen im unteren Bereich keine Äste, sondern sie verzweigen sich erst in großer Höhe zu riesigen, oftmals abgeflachten Baumkronen. Weil auch die größten Bäume nicht sehr tief im Boden wurzeln, bilden die Stämme stabilisierende Stelz-, Stütz- und Brettwurzeln aus. Das Vorkommen verholzter Kletterpflanzen und der dichte Bewuchs von Bäumen mit Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) sind neben den Stelz-, Stützund Brettwurzeln weitere Merkmale, die als spezifisch für tropische Regenwälder angegeben werden. Diese Merkmale treten aber auch bei Wäldern der gemäßigten Breiten auf und sind deshalb kein Alleinstellungsmerkmal tropischer Regenwälder. Einheimische und tropische Kletterpflanzen ein Vergleich: Dichten Bewuchs mit Kletterpflanzen gibt es nicht nur bei Bäumen in tropischen Regenwäldern (links, Tieflandregenwald in Französisch-Guayana) sondern auch in Europa. Rechts: Ein Efeu klettert an einer Eiche nach oben (Laubmischwald bei Ulm). Es gibt aber einige wenige allgemeingültige Merkmale, die charakteristisch sind für die klassischen, dauerfeuchten tropischen Regenwälder: • Viel Regen, wenig schwankende Temperaturen und keine Jahreszeiten. • Viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Zum Beispiel finden sich auf einem Hektar tropischen Regenwalds bis zu 500 Baumarten, während es in unseren heimischen Laubmischwäldern meist nur wenige Arten (Eiche, Buche etc.) sind. • Die Vegetation ist wie bei einem Haus in Stockwerke eingeteilt: Von unten nach oben lassen sich vier bis fünf übereinanderliegende Schichten (Stockwerke) zählen. In unseren gemäßigten Zonen sind es maximal drei. • Lianen gibt es nur in tropischen Regenwäldern. Die bis zu 300 Meter lang werdenden holzigen Gewächse wurzeln zwar im Boden, ihre Kronen erstrecken sich jedoch häufig bis in das Blätterdach des Regenwalds, denn dort ist es heller als am Boden. • Überdauerungsformen (Speicherorgane) wie zum Beispiel Zwiebeln oder Knollen fehlen. Diese Organe sichern den Pflanzen in mittleren Breiten das Überleben während der kalten Jahreszeit. Brettwurzeln geben Stabilität (Französisch-Guayana, 2004): Große Stütz- oder Brettwurzeln geben den nicht sehr tief im Boden wurzelnden Bäumen in tropischen Regenwäldern den notwendigen Halt. Wie Flügel sind die Bretter um den Stamm gruppiert. Stockwerkbau – Schichtung tropischer Regenwälder Wie sind tropische Regenwälder aufgebaut? Der bekannte Tropenforscher Paul W. Richards entwickelte die These, dass Tropenwälder vertikal geschichtet seien: Stockwerkbau, vergleichbar zu den einzelnen Stockwerken eines Hauses. Insgesamt unterschied er fünf Schichten a, b, c, und beginnend mit den aus dem Kronendach herausragenden Baumriesen (Überständer, Übersteher), über Bäume jeglicher Größe, Sträucher (Strauchschicht) bis zu den niedrigen krautigen Pflanzen auf dem Waldboden. a: herrausragende Urwaldriesen Überragt wird das Kronendach von Überständern, die wie Inseln aus dem grünen Meer herausragen. Die Bäume erreichen Höhen von 60 Metern oder mehr. Dieses Stockwerk ist das Dachgeschoss. Die Sonne brennt gnadenlos auf die Blätter, die oft mit einer Wachsschicht überzogen sind um nicht so viel Wasser über die insgesamt sehr große Blattoberfläche zu verlieren (Verdunstung). Hier oben herrscht annähernd ein Klima wie in der Wüste, es ist relativ trocken und heiß mit Temperaturen von bis zu 35C. Welche Tiere leben im Dachgeschoss? Unzählige Tiere leben im Dachgeschoss, zu den bekanntesten zählen sicherlich Affen, Tukane, Papageien (Aras) oder der größte Raubvogel der Erde, die Harpyie. Viele Aufsitzerpflanzen wie zum Beispiel Orchideen und Bromelien leben in diesem Stockwerk, Schichtung tropischer Regenwälder: Mit den Buchstaben a-e werden, sehr stark vereinfacht, die einzelnen Stockwerke eines tropischen Tieflandregenwaldes bezeichnet. Nur ein Prozent des einfallenden Sonnenlichts gelangt auf den Waldboden. Die höchsten Bäume können bis zu 60 Meter hoch werden. a: herrausragende Baumriesen (Übersteher); b: geschlossenes Kronendach; c: mittlere Schicht aus einzelnen Bäumen; d: Strauchschicht; e: Krautschicht und Urwaldboden. b: obere Schicht, geschlossenes Kronendach Im gezeigten Beispiel eines tropischen Tieflandregenwalds wird das geschlossene Kronendach (Baldachin), größtenteils aus den Kronen von Bäumen der oberen Schicht gebildet. In einem Haus entspräche dieses Stockwerk dem hellen Obergeschoss. Bäume dieser Schicht sind etwa 20 bis 40 Meter hoch, und sie beherbergen eine enorme Tier- und Pflanzenvielfalt. Auch hier brennt die Sonne vom Himmel, die klimatischen Bedingungen sind ähnlich wie im Dachgeschoss, die Temperaturen erreichen 30C bis 35C. Auch hier gibt es noch viele Aufsitzerpflanzen, denn hier gibt es noch sehr viel Licht. Neben den oben genannten Tieren tummeln sich in diesem Stockwerk sicherlich auch Faultiere. c: mittlere Schicht aus einzelnen Bäumen In diesem Stockwerk wird es schon dunkler, denn das darüberliegende Kronendach fängt viel des einfallenden Sonnenlichts auf. Die Temperaturen sind mit 25C bis 30 C dementsprechend niedriger. Hier finden sich einzelne Bäume, die auf dem Weg sind in das Kronendach vordringen, wo es heller ist. Die Zahl der Aufsitzerpflanzen in diesem Stockwerk nimmt ab. Sicherlich finden sich in diesem Stockwerk noch kleinere Raubkatzen wie der Ozelot. d: Strauchschicht Wenn es im tropischen Regenwald zu regnen beginnt, erreichen die Regentropfen erst mit einiger Verzögerung den Waldboden, so dicht ist das Blätterdach. Dadurch wird es dunkel in den unteren Schichten des Regenwalds und am Boden. Die Temperaturen bewegen ich um 25C. Bevor das Wasser auf den Boden fällt, passiert es noch die Strauchschicht, die allerdings nicht sehr dicht bewachsen ist. In einem intakten Regenwald kann man sich weitgehend frei bewegen, ohne sich ständig mit der Machte den Weg freischlagen zu müssen. Hier hängt durchaus auch schon einmal die ein oder andere Schlange im Geäst. e: Krautschicht und Urwaldboden Buchstäblich ein Schattendasein führen Pflanzen der Kraut- und Bodenschicht, denn lediglich etwa ein Prozent des Sonnenlichts erreicht den Waldboden, das Erdgeschoss. Wo die Sonne nicht auf den Urwaldboden trifft, herrschen angenehme Temperaturen von 20C bis 25C. Hier ist es dunkel und windstill, nur wenige Arten wie Begonien, Philodendron und Usambaraveilchen können mit so wenig Licht auskommen. Tapire, Pekaris, Agutis und viele Laufvögel sind bekannte tierische Vertreter des Erdgeschosses. Sehr auffällige Bewohner des Urwaldbodens sind Blattschneiderameisen, die allerdings für die Arbeit bis in die Baumkronen vordringen. Um die Riesenvogelspinne auf dem Urwaldboden zu entdecken, muss man wiederum schon genauer hinsehen. Welche Regenwald-Typen gibt es? Mit 66 Prozent werden mehr als zwei Drittel der tropischen Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen (Amazonien, Kongo-Becken und Südost-Asien) als dauerfeuchte Tieflandregenwälder eingestuft, das sind die tropischen Regenwälder im klassischen Sinn. Der Begriff tropischer Regenwald umfasst nicht nur diese klassischen, dauerfeuchten Tieflandregenwälder, sondern viele andere Wälder wie zum Beispiel tropische Trockenwälder, Überschwemmungs- oder Auenwälder (einschließlich Mangrovenwälder) sowie Mosaikwälder. Letztere sind eine Mischung aus Wald und anderem Land, in dem die Waldstücke zerstückelt und schwierig zu klassifizieren sind. Knapp zehn Prozent der Wälder in den drei großen Regenwaldregionen der Erde werden klassifiziert als tropische Trockenwälder und fünf Prozent als Überschwemmungs- oder Auenwälder. Rund ein Fünftel werden als Mosaikwälder eingestuft (The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, FAO 2011). Verteilung der Regenwald-Typen in den drei großen Regenwaldregionen: Die Abbildung zeigt den Anteil dauerfeuchter, tropischer Tieflandregenwälder, tropischer Trockenwälder, Überschwemmungsoder Auenwälder (eingeschlossen Mangrovenwälder) und Mosaikwälder in den drei großen Regenwaldregionen Amazonien, Kongo-Becken und Südost-Asien (Daten: The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, FAO, 2011). Einteilung tropischer Regenwälder anhand der Regenmengen Tropische Regenwälder können anhand der Regenmengen eingeteilt werden. Sinken diese unter 2000 Millimeter pro Jahr, können sich in der Regel keine dauerfeuchten Regenwälder bilden. Welche Vegetationsformen gibt es noch im Bereich der Tropen? Anhand der Anzahl der feuchten Monate im Jahr wird folgende Einteilung vorgenommen: Tieflandregenwald (Französisch-Guayana, 2004) • Immergrüne tropische Feuchtwälder: mehr als 9 feuchte Monate pro Jahr. Das sind die klassischen, dauerfeuchten tropischen Regenwälder. Diese Regenwälder sind immergrün, das heißt, es gibt keine Jahreszeit, in der alle Bäume gleichzeitig ihre Blätter abwerfen. Sie kommen vor allem in den inneren Tropen 10 nördlich und südlich des Äquators vor. Hauptverbreitungsgebiete sind die drei großen Regenwaldregionen. • Laubwerfende regengrüne Feuchtwälder 9 bis 7 feuchte Monate pro Jahr. Laubfall tritt meist nur in sehr trockenen Jahren auf. Während normaler Jahre mit 4-5 monatiger Trockenzeit beschränkt sich der Laubfall meist auf die Kronen mancher (Wasserstress nimmt mit der Baumhöhe zu) größerer Bäume. Laubwerfende regengrüne Feuchtwälder werden auch als saisonale oder halbimmergrüne Regenwälder bezeichnet. • Laubwerfende regengrüne Trockenwälder: 7 bis 4 feuchte Monate pro Jahr. Diese, auch saisonaler Trockenwald genannte Vegetationsform, kann entstehen, wenn die Trockenzeit 5 bis 7 Monate dauert. • Savannen: 4 bis 2 feuchte Monate pro Jahr. Nimmt die Niederschlagsmenge bei gleichzeitig größer werdender Sommerhitze weiterhin ab, kann sich Wald nur noch an gut wasserversorgten Standorten (Flussränder) halten, ansonsten stellt sich die typische Savannenvegetation ein. • Halbwüsten und Wüsten: weniger als 2 feuchte Monate pro Jahr. Im Bereich der Wendekreise wird die Sommerhitze durch die absinkenden Luftmassen aus den inneren Tropen verstärkt. In der Folge kann Savannenvegetation nicht mehr existieren. Die anhaltenden Hochdruckwetterlagen verschieben das Verhältnis aus Niederschlag und Verdunstung so sehr zu gunsten der Verdunstung, dass sich Halbwüsten oder Wüsten bilden. Mit zunehmendem Abstand vom Äquator werden Jahreszeiten ausgeprägter, die Anzahl trockener Monate im Jahr steigt, und mehr Wasser verdunstet als es regnet. Zwergenwälder Beim Aufstieg in das tropische Bergland geht der Tieflandregenwald in einen Bergregenwald über, in dem die Bäume nicht mehr die imposanten Höhen erreichen wie im Tiefland. Dafür nimmt der Bewuchs mit Aufsitzerpflanzen (hauptsächlich Moose und Farne) deutlich zu und die Zahl freihängender Klettergehölze (zum Beispiel Lianen) ab. Extrem niedrig wachsende Bergregenwälder werden auch als Zwergenwälder bezeichnet. Ihre Bäume erreichen Höhen von maximal zehn Metern. Was sind Primärwälder? Weitgehend unberührte Wälder werden als Primärwälder bezeichnet. Sie setzten sich zusammen aus einheimischen Arten. In Primärwäldern laufen die natürlichen ökologischen Prozesse ungestört ab, es gibt keine deutlich sichtbaren Anzeichen für menschliche Aktivitäten. Die tropischen Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen (Amazonien in Südamerika, das Kongo-Becken in Afrika und Südost-Asien) umfassen mehr als die Hälfte aller weltweit vorkommenden Primärwälder, es sind die artenreichsten und vielfältigsten terrestrischen Ökosysteme der Erde. Wie die folgende Abbildung zeigt, gibt es allerdings große Unterschiede zwischen den drei Regenwaldregionen was die Vorkommen von Primärwäldern betrifft. Primärwälder in den drei großen Regenwaldregionen: Die Abbildung zeigt den Anteil der Primärwälder am gesamten Waldbestand in den drei großen Regenwaldregionen (Amazonien in Südamerika, das KongoBecken in Afrika und Südost-Asien). Andere natürlich regenerierte Wälder sind Wälder, die vom Menschen genutzt werden aber noch nicht völlig zerstört wurden (Daten: The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, FAO, 2011). Ökosystem tropischer Regenwald Viele Stoffkreisläufe und Lebensvorgänge spielen sich in tropischen Regenwäldern im Kronendach ab. Das Ökosystem tropischer Regenwald zeichnet sich aus durch die ausserordentliche Vielfalt (Biodiversität) unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten. Im tropischen Regenwald dominiert die Farbe grün. Das Ökosystem wird eindeutig von Bäumen dominiert, deren Biomasse und Produktivität immens gross sind. Sträucher und Kräuter findet man so gut wie gar nicht zumindest nicht am Boden. Die Dominanz der Bäume hat Folgen für das Ökosystem. Weil die Kronen der Bäume stockwerkartig (geschichtet) angeordnet sind, dringt gerade noch ein Prozent der ursprünglichen Sonnenstrahlung bis auf den Boden. Reichtum an Arten, Armut an Individuen Die Biodiversität in tropischen Regenwäldern wird begleitet von einem anderen Phänomen: Viele Arten weisen nur sehr geringe Individuenzahlen auf. Das heißt, eher findet man zwei Exemplare verschiedener Arten als zwei Exemplare derselben Art. Der Regenwald die grüne Lunge? Häufig wird behauptet, die Regenwälder seien die grüne Lunge der Erde, indem sie Sauerstoff frei setzen (und gleichzeitig Kohlendioxid binden). Aber ein alter, intakter Regenwald produziert genau so viel Sauerstoff (Photosynthese) wie er bei Atmungs- und Zersetzungsprozessen wieder verbraucht. Nur junge, wachsende Regenwälder setzen Sauerstoff in die Atmosphäre frei. Epiphyten Um der Finsternis auf dem Urwaldboden zu entgehen, müssen die Pflanzen nach oben, wo es keinen Lichtmangel mehr gibt. Was machen die Pflanzen also? Sie setzen sich auf andere Pflanzen, verwenden Bäume als Träger. Daher ihr Name Aufsitzerpflanzen oder wissenschaftlich Epiphyten. Sie wachsen überall, an Stämmen, auf Zweigen, auf Blättern. Jeder Quadratmillimeter des Ökosystems tropischer Regenwald scheint von ihnen besiedelt zu sein. Aufsitzerpflanzen (Französisch-Guayana, 2004) Der Platz an der Sonne bringt neue Probleme für die Epiphyten. Wie gelangen sie an Wasser und Nährstoffe? Ebenso vielfältig wie die Epiphyten selbst, sind auch deren elegante Lösungen für das Problem. Um nur zwei zu nennen: die Luftwurzeln der Orchideen und die BlattTrichter (zum Sammeln von Humus) der Bromelien. Ökologie Der Begriff Ökologie hat einen griechischen Ursprung und geht zurück auf oikos (Haus) und logos (Lehre). Der Wissenschaftler Ernst Haeckel hat im Jahr 1866 die Ökolgie als die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt definiert. Angelehnt an die Ökonomie, die (Haus-) Wirtschaftslehre, wird die Ökologie seither als der Haushalt der Natur verstanden. Boden Humus im tropischen Regenwald Tropische Regenwälder wachsen auf verschiedenen Böden. Am bekanntesten sind sicher die nährstoffarmen Böden Amazoniens mit ihrer typischen gelben bis roten Färbung. Wenn diese Böden so nährstoffarm sind, woher nehmen dann die Pflanzen ihre Nährstoffe? Grundsätzlich brauchen Pflanzen zum Wachsen Kohlendioxid und Sauerstoff aus der Luft, Wasser und etwa 13 lebensnotwendige Nährstoffe aus dem Boden. Zwei Gruppen lebensnotwendiger Nährstoffe werden unterschieden: • Makronährstoffe wie zum Beispiel Stickstoff, Phosphor, Kalium, Kalzium und Magnesium, • Mikronährstoffe (Spurenelemente) wie beispielsweise Bor, Kobalt oder Molybdän. In den meisten tropischen Böden mangelt es an einzelnen Nährstoffen, zumeist an Phosphor. Boden Doch wie entsteht eigentlich ein Boden? Boden entsteht in einem Jahrmillionen dauernden Prozess, wenn Gestein verwittert. Das heißt, Wärme und Feuchtigkeit fördern chemische Reaktionen, die dazu führen, dass das ursprünglich feste Gestein aufgelöst wird und sich daraus feine Partikel bilden: Das ist der Boden. Verrotten zeitgleich Überreste von Pflanzen und Tieren an der Oberfläche, dann reichert sich zusätzlich organisches Material im Boden an. Dünne Humusschicht: Auf diesem Bild sieht man sehr gut, dass die Wurzeln der Bäume sehr dicht unter der Oberfläche verlaufen und nicht weit in das Erdreich vordringen. Die Humusschicht in unseren Breiten wenigstens 30 Zentimeter dick ist sehr dünn und kaum zu erkennen. Die rote Farbe des Bodens deutet auf einen hohen Anteil an Eisen- und Aluminiumoxid (Laterit) hin. Das Bild oben zeigt ein typisches Bodenprofil der feuchten Tropen mit einem sehr dünnen organischen Oberboden (Humusschicht) und einem darunter liegenden Unterboden (Mineralboden). Die rote Farbe des Mineralbodens deutet auf einen hohen Anteil an Eisen- und Aluminiumoxid (Laterit) hin. Humus Humus (lateinisch für Erde, Boden) ist die Bezeichnung für die organischen Bestandteile in und auf dem Boden. Zur Humusbildung tragen Regenwürmer, Milben und Bakterien bei, die die Tier- und Pflanzenreste mikroskopisch klein zersetzen. Die Humusschicht ist ein Teil des Bodens. Während der organischen Zersetzung werden Mineralstoffe freigesetzt, wie zum Beispiel Phosphor, Kalium, Kalzium und Magnesium. Diese Mineralstoffe reichern sich im Humus an und dienen den nachwachsenden Pflanzen als natürlicher Dünger. Weshalb ist die Humusschicht im Regenwald so dünn? In unseren Breiten dauert es oftmals Jahre bis organisches Material auf dem Waldboden vollständig verrottet. Warum? Bei uns kann organisches Material nicht das ganze Jahr über verrotten, weil die Geschwindigkeit, mit der organisches Material auf dem Boden verrottet, abhängig ist von der Temperatur. Und die Temperaturen sind bei uns im Winter einfach zu niedrig. Das führt dazu, dass im Laufe der Zeit (hauptsächlich im Herbst) die Humusschicht aus nicht vollständig verrottendem organischem Material immer dicker wird. Kurz: Die Jahreszeiten verhindern, dass der Prozess der Verrottung ganzjährig unter gleich bleibenden (idealen) Bedingungen stattfinden kann. Im Winter verrottet bei uns nichts, es ist Pause. Und irgendwann entsteht so nährstoffreiche Erde. In der Erde werden wasserlösliche Nährstoffe zurückgehalten, die dann von Pflanzen über deren Wurzeln aufgenommen werden können. Viele tropische Regenwälder kennzeichnet eine nur wenige Millimeter dicke Humusschicht. In den Tropen verrottet organisches Material auf dem Boden viel schneller als bei uns, weil die Temperaturen das ganze Jahr über gleich bleibend hoch sind. Hohe Temperaturen und Niederschlagsmengen führen dazu, dass organisches Material auf dem Boden pausenlos und rasend schnell von Kleintieren und Mikroorganismen zersetzt wird. Es bleibt keine Zeit, dass sich nicht verrottetes organisches Material auf dem Urwaldboden anreichert, wie es bei uns im Winter geschieht. Kleintiere Mikroorganismen Regenwürmer, Termiten, Ameisen, Käferlarven, Asseln, Hundert- und Tausendfüßer gehören zu den Kleintieren die organisches Material am und im Boden abbauen. Was Kleintiere nicht abzubauen vermögen, wird von Mikroorganismen übernommen. Dazu gehören Bakterien und Pilze. Warum sind tropische Böden oft nährstoffarm? Wer die überwältigende Fülle eines tropischen Regenwalds gesehen hat, mag glauben, dass diese auf sehr fruchtbaren Böden stehen. Dem ist aber nicht so. Die Mineralböden vieler Tropenwälder enthalten fast keine Nährstoffe, die von den Wurzeln der Bäume aufgenommen werden könnten. Woran liegt das? Seit Jahrmillionen waschen die leicht sauren Niederschläge die Nährstoffe aus den Böden aus. Zurück bleiben die unlöslichen Bestandteile des verwitterten Gesteins. In vielen tropischen Regenwäldern sind die Nährstoffe in den Pflanzen gespeichert und werden effizient wiederverwertet (Stoffkreislauf). Holzfresser Für viele Kleinlebewesen ist Holz kein verwertbares organisches Material, da sie die wichtigsten Holzbestandteile Zellulose und Lignin nicht verdauen können. Termiten haben sich auf Holz spezialisiert, sie sind die wohl bekanntesten Holzfresser in den Tropen. Für viele Arten ist Holz Wohnung und Nahrung zugleich. Dabei nutzen die mit den Schaben verwandten Insekten auch die Vorarbeit von Pilzen. Pilze zersetzen einen Baumstamm (Französisch-Guayana, 2004) Pilze sind die großen Entsorger, sie spielen eine große Rolle bei jeglicher Art von Zersetzung im tropischen Regenwald. Mit dichten Geflechten aus dünnen weißlichen Fäden durchziehen sie alles abgestorbene organische Material, zersetzen es und nehmen die frei werdenden Nährstoffe auf. Holz gehört dabei zu ihren Spezialitäten. Der kurzgeschlossene Nährstoffkreislauf In Ökosystemen unserer Breiten sind Böden in der Lage Nährstoffe in Form von Humus zu speichern. Anders im Ökosystem tropischer Regenwald in Amazonien, dessen Böden extrem nährstoffarm sind. Die Regenwälder wachsen hier auf unfruchtbaren sandigen Böden, die kaum Mineralien enthalten außer Kaolinit. Und trotzdem ist gerade hier, auf quasi unfruchtbarem Sand, das vielfältigste und komplexeste Ökosystem der Welt entstanden. Paradox? Bei genauerem Hinsehen nicht. Amazonien Amazonien ist das größte Tieflandbecken in Südamerika. Es wird im Norden vom Guayana-Schild, im Süden vom brasilianischen Bergland und im Westen von den Anden begrenzt. Entwässert wird Amazonien vom wasserreichsten Flusssystem der Erde mit einer Größe von sieben Millionen Quadratkilometern, dem Amazonas. Siebzehn seiner 1100 zuführenden Flüsse sind größer als der Rhein. Das Wasser der Flüsse, die den Amazonas speisen, ist sehr sauer (Huminsäuren) und fast so rein wie destilliertes Wasser. Gelöste Nährstoffe sind kaum darin enthalten. Boden, Streu und Mistkäfer im Regenwald (Französisch-Guayana, 2004) Arme Böden, reiche Kronen In Amazonien bildet der tropische Regenwald ein riesiges (fast) geschlossenes Nährstoffsystem, in dem die Nährstoffe beständig zirkulieren. Die meisten Nährstoffe sind in der pflanzlichen Biomasse des tropischen Regenwalds gespeichert, also zum Beispiel in den Blättern, Ästen und Stämmen der Urwaldriesen, in Palmen, Lianen, Moosen, Farnen und vielen mehr. Sterben diese Pflanzen ab oder fallen Teile von ihnen auf den Urwaldboden, werden sie sehr schnell zersetzt und geben ihre Nährstoffe frei. Zusätzliche Nährstoffe gelangen mit dem Regenwasser beim Durchtritt durch das Blätterdach auf den Urwaldboden, denn das an Ionen sehr arme Regenwasser entzieht den Bäumen über deren Blätter Nährstoffe. Man spricht bei diesem Vorgang von Osmose. Bei diesen Nährstoffen handelt es sich im Wesentlichen um die Elemente Phosphor, Kalzium, Kalium und Magnesium, die gern von Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) in den oberen Kronenregionen sofort wieder aufgenommen werden. Der kurzgeschlossene Nährstoffkreislauf: Der verkürzte Nährstoffkreislauf führt zur Bildung extrem nährstoffarmer Böden in Amazonien: Nährstoffe (zum Beispiel Kalium, Kalzium und Magnesium) werden sofort von Wurzeln wieder aufgenommen und nicht im Boden gespeichert. Rund 20 Prozent der Nährstoffe gehen dem System verloren. Das fruchtbarste und produktionsstärkste Ökosystem unseres Planeten steht buchstäblich auf unfruchtbarem Sand (verändert nach Josef H. Reichholf, Der Tropische Regenwald, 2010). Was passiert mit den Nährstoffen am Urwaldboden? Die Nährstoffe treffen am Boden nicht auf eine dicke, speichernde Humusschicht, sondern auf ein dichtes, ja fast lückenloses Wurzelgeflecht aus Baumwurzeln und Wurzelpilzen (Mykorrhiza). Dieses Geflecht sorgt dafür, dass die Nährstoffe sofort wieder aufgenommen werden und nicht einfach im Boden versickern und über die Flüsse ausgeschwemmt werden. Die Nährstoffe sind also größtenteils in der Vegetation (in den Bäumen) gespeichert und nicht im Boden. Kurz: ein sehr effizientes Recycling-System. Die Nährstoffe zirkulieren beständig im System, nur wenig geht verloren. Doch ganz so perfekt geschlossen wie hier dargestellt ist das Nährstoffsystem in Amazonien nicht. Die Nährstoffverluste, die im Wurzelbereich auftreten, müssen kompensiert werden. Doch wo kommen diese Nährstoffe her? Tastwurzeln Zahlreiche Baumarten in den Tropen warten nicht, bis Mikroorganismen die Nährstoffe im Boden aufgearbeitet haben, sondern sie schicken tentakelartige Tastwurzeln nach oben in die dünne Humusschicht und nehmen dort Nährstoffe direkt auf. Wüstenstaub aus der Sahara Herantransportiert werden die fehlenden Nährstoffe größtenteils aus der Sahara. Passatwinde tragen feinste Staubpartikelchen von Afrika über den Atlantik nach Amazonien. Dort gehen sie mit dem Regen auf den Wald nieder. Der Regenwald wird im wahrsten Sinne des Wortes gedüngt. Und zwar großzügig. Israelischen Forscher und Kollegen aus Brasilien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten haben mit Hilfe verschiedener Satellitendaten die transportierten Staubmengen berechnet. Ihren Ergebnissen aus dem Jahr 2006 zufolge gelangen jährlich ungefähr 50 Millionen Tonnen von Afrika in das Amazonasgebiet. Bei früheren Schätzungen war man auf nur 13 Millionen Tonnen gekommen. Staubwolken über Westafrika: Satellitenaufnahme der westafrikanischen Küste (am linken Bildrand sind noch die Kanarischen Inseln zu sehen). Staubwolken, die über der Sahara aufgewirbelt werden, versorgen die tropischen Regenwälder in Amazonien mit Nährstoffen. Die roten Punkte zeigen auf vom Menschen verursachte Feuer hier brennt der Wald ( NASA Mehr als die Hälfte (56 Prozent) des mineralhaltigen Staubs, der für die notwendige Düngung des brasilianischen Regenwaldes sorgt, stammt aus einem Gebiet der Bodele-Niederung im Norden Tschads. Diese Region wird von Basaltbergen flankiert, die nach Ansicht von Wissenschaftlern für eine Art Trichtereffekt sorgen. Es komme zu hohen Windgeschwindigkeiten, und der aufgewirbelte Staub werde zum Meer hin geblasen und so auf den Weg nach Südamerika gebracht. Stickstoff Zur Herstellung von Eiweiß benötigen die Bäume auch Stickstoff. Der ist zwar zu 79 Prozent in der Luft enthalten, doch in der Form ist er für die Pflanzen nicht verwertbar. Deswegen muss der Stickstoff in Nitrat umgewandelt werden. Einerseits sorgen dafür Gewitter, die mit jedem Blitzschlag Luftstickstoff verbrennen, der dann als lösliches Stickoxid in den Kreislauf gelangt. Andererseits wandeln Bakterien und Pilze im Wurzelbereich der Bäume Stickstoff in eine verwertbare Form um. Manche Regenwaldbäume besitzen sogar stickstoffbindende Bakterien in ihren Wurzeln. Brandrodung Damit ist klar, was passiert, wenn der Regenwald abgebrannt wird um Landwirtschaft zu betreiben: Ein bis zwei Jahre mögen noch Nährstoffe da sein, um Nutzpflanzen anzubauen. Aber dann? Weil das intakte Wurzelgeflecht der Regenwaldbäume fehlt, werden Nährstoffe ausgewaschen und fortgeschwemmt. Übrig bleibt karger roter Boden nichts als Wüste. Bodenerosion (Französisch-Guayana, 2004): So sieht es dort aus, wo der intakte Regenwald fehlt. Ohne das Wurzelgeflecht der Regenwaldbäume wird die Erde einfach fortgeschwemmt (Erosion). Übrig bleibt karger roter Boden nichts als Wüste. Das Bild entstand am Rand einer Straße. Regenwälder außerhalb Amazoniens Dass die Nährstoffe in der oberirdischen Biomasse gebunden sind, gilt für die Regenwälder in Amazonien. In anderen Regenwäldern kann es anders sein. So wachsen die mittelamerikanischen Regenwälder auf mineralstoffreichen Böden, und sie bekommen ihr Wasser größtenteils direkt vom Ozean. Es gibt keinen kurzgeschlossenen sondern einen offenen Nährstoffkreislauf. Verluste an Nährstoffen wirken hier nicht so dramatisch wie in Amazonien. Weitere Beispiele dafür sind die Regenwälder an der Küste von Nordostaustralien, Ostmadagaskar und im brasilianischen Küstengebirge. Der Wasserhaushalt im tropischen Regenwald Der tropische Regenwald in Amazonien macht sich seinen eigenen Regen und zwar bis zu drei Viertel. Den Rest der Niederschläge, nämlich nur ein Viertel, liefert der Atlantische Ozean. Wie kommt es zu dieser erstaunlichen Wasserbilanz? Es sind zwei Regensysteme, die die immergrünen Tieflandregenwälder von Amazonien mit Wasser versorgen: der kleine und der große Wasserkreislauf. Der kleine Wasserkreislauf Die fast senkrecht stehende Sonne setzt in den Tropen gigantische Energiemengen frei: Es ist heiß, man schwitzt. Auch die Bäume müssen sich gegen die starke Sonneneinstrahlung schützen, zur Kühlung verdunsten sie Wasser über die Oberflächen ihrer Blätter. Diese Feuchtigkeit steigt auf, kondensiert in der Atmosphäre, es bilden sich Wolken, und irgendwann regnet es. 75 Prozent seines Wasserhaushalts bestreitet der Regenwald auf diese Weise. Der kleine Wasserkreislauf in Amazonien: Rund ein Viertel des Wassers wird von den Passatwinden nach Amazonien gebracht. Das ist in etwa die Menge, die über die Flüsse auch wieder abfließt. Drei Viertel des Wassers zirkuliert ständig (verändert nach Josef H. Reichholf, Der Tropische Regenwald, 2010). Die Zirkulation des Wassers im kleinen Kreislauf funktioniert nur dort, wo noch genügend große, zusammenhängende Regenwaldflächen existieren. Schwindet der Regenwald durch Abholzung und Brandrodung für Weideland und Sojafelder, dann ist es fraglich, ob dieser langfristig überhaupt noch eine Chance zum Überleben hat. Dampfender Regenwald, Wasserwelt Regenwald (FranzösischGuayana, 2004) Der große Wasserkreislauf Die Passatwinde tragen nicht nur Nährstoffe aus der Sahara auf den südamerikanischen Kontinent, sondern auch Wasser. Der große Wasserkreislauf beginnt über dem Atlantischen Ozean. Hier verdunstet Wasser in großen Mengen, das vom Passat nach Amazonien transportiert wird. Dort angekommen bilden sich Wolken und es gibt Niederschläge. Über die Flüsse wird das Wasser dann wieder dem Ozean zugeführt. Der Kreislauf ist geschlossen! Etwa ein Viertel trägt der große Kreislauf zur Wasserbilanz in Amazonien bei. Das ist in etwa dieselbe Menge, die Amazonien über den Amazonas wieder verlässt. Das heißt, der kleine Wasserkreislauf wälzt, rein mengenmäßig betrachtet, viel größere Wassermengen um als der große Kreislauf. Allerdings hat dieser größere geographische Distanzen zu überwinden. Regenwälder und Klima Die durch Verdunstung über den tropischen Regenwäldern gebildete Wolkendecke wirkt wie ein gigantischer Sonnenschirm, die verhindert, dass die starke Sonneneinstrahlung die Landmassen im Tropengürtel zu stark aufheizt und letztlich austrocknet. Auf diese Weise üben Regenwälder auch einen Einfluss auf das globale Klima aus. Die Vielfalt in tropischen Regenwäldern Artenvielfalt und biologische Vielfalt Was verbirgt sich hinter dem etwas hölzern klingenden Begriff „Artenvielfalt? Er gibt an, wie viele Tier- und Pflanzenarten in einem bestimmten Lebensraum oder einer bestimmten Region leben, beispielsweise in einem Kastanienbaum, auf einer Wiese, in Deutschland, in den Regenwäldern am Amazonas oder gar auf der Erde. Artenvielfalt und biologische Vielfalt (Biodiversität) sollten nicht wortgleich verwendet werden, ist die Artenvielfalt doch ein Teil der biologischen Vielfalt. Die biologische Vielfalt umfasst zusätzlich zur Artenvielfalt die genetische Vielfalt und die Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen wie tropischen Regenwäldern, Gebirgslandschaften, Küstenregionen, Savannen und Wüsten. Artenvielfalt in Deutschland Knorrige Apfelbäume auf Streuobstwiesen im Südharz sind der Lebensraum von Siebenschläfer, Fledermaus, Ameise, Wildbiene und Grünspecht. Bis zu 50 Tierarten tummeln sich in den Wipfeln und Stämmen der alten Obstbäume. In unseren Städten leben heute mehr Vogelarten als auf dem Land, so ist Berlin mit seinen Gärten, Teichen und Parks die artenreichste Region Deutschlands. Dagegen sind die Agrarwüsten unserer landwirtschaftlich genutzten Felder geradezu leergefegt. Das ist Artenvielfalt „made in Germany. Artenvielfalt in tropischen Regenwäldern Die Arten sind nicht gleichmäßig auf der Erde verteilt. Tropische Regenwälder gehören wie der Mittelmeerraum zu den so genannten Hotspots der Artenvielfalt, in denen außergewöhnlich viele verschiedene Arten zusammen leben. Das Geheimnis tropischer Vielfalt liegt verborgen in der Seltenheit ihrer Arten. Eine Faustregel für Insekten lautet: Es ist viel leichter zehn verschiedene Schmetterlingsarten in tropischen Regenwäldern zu finden als zehn Schmetterlinge einer Art; ausgenommen sind staatenbildende Insekten wie Ameisen und Termiten. Artenvielfalt auf der Erde: Etwa 1,8 Millionen Tier- und Pflanzenarten sind der Wissenschaft derzeit bekannt. Unter Andere sind Spinnentiere, Weichtiere und weitere kleine Tiergruppen zusammengefasst. Begünstigt wird die Entstehung der Arten durch den Mangel an Nährstoffen, der in den tropischen Regenwäldern herrscht. Die Böden sind extrem ausgelaugt und nährstoffarm, so kann sich keine Art gegen andere Arten entscheidend durchsetzen. Der Nährstoffmangel verhindert, dass sich einzelne Arten massiv vermehren und ausbreiten können. In unseren Breiten sind die Böden reich an Nährstoffen, die übermäßige Düngung in der Landwirtschaft erhöht den Nährstoffgehalt zusätzlich. Das führt zu hoher Produktivität auf den Feldern bei gleichzeitig geringer Artenvielfalt, im Gegensatz zu den Böden in tropischen Regenwäldern mit geringer Produktivität (Nährstoffarmut) und großer Artenvielfalt. Ameise, Bockkäfer, Malaienbär (Indonesien, 2006) Hier deutet sich bereits an, weshalb große Flächen tropischen Regenwalds für die landwirtschaftliche Nutzung gerodet werden müssen: Die Böden sind wenig produktiv, und das wird über große Fläche und den hohen Einsatz von Düngemitteln ausgeglichen – Masse statt Klasse. Wie viele Arten gibt es in tropischen Regenwäldern? Wissenschaftler schätzen die Zahl der Arten auf 20 bis 30 Millionen, von denen bisher 1,8 Millionen bekannt sind. Nicht alle Arten sind so prominent wie Tiger, Tukan und Tapir. Die meisten Arten gehören zu den Käfern, Bienen, Fliegen oder Wanzen und sind deutlich unscheinbarer. Obwohl nur sieben Prozent der eisfreien Landmassen von tropischen Regenwäldern bedeckt sind, finden sich in den tropischen Regenwäldern bis zu 90 Prozent aller bekannten Tier- und Pflanzenarten. Artenvielfalt in tropischen Regenwäldern: Nur etwa sieben Prozent der eisfreien Landmassen der Erde sind von tropischen Regenwäldern bedeckt. Doch finden sich in diesen sieben Prozent der Landmassen, die von tropischen Regenwäldern bedeckt sind, 90 Prozent der Tier- und Pflanzenarten. Wie gehen die Wissenschaftler vor, wenn sie Artenzahlen schätzen? Viele Schätzungen werden an der Gruppe der Gliederfüßler (Arthropoden) durchgeführt, zu der auch die Klasse der Insekten gehört. Es ist die weitaus artenreichste Gruppe, die die anderen Gruppen zahlenmäßig in den Hintergrund drängt. Der amerikanische Insektenkundler Professor Terry Erwin war einer der ersten, der die Bedeutung der Kronenregionen tropischer Regenwälder erkannte. Gliederfüßer Arthropoden Die Arthropoden bilden eine ungeheure Artenzahl in den Tropen. Zum Tierstamm der Arthropoden gehören die Klassen der Insekten, Spinnentiere, Krebstiere, Tausendfüßer und Trilobiten. Arthropoden haben einen gegliederten Körper, der von einem Panzer aus Chitin überzogen ist. Erwin untersuchte im Jahr 1982 die Käfer-Fauna (rund 40 Prozent aller Insekten sind Käfer) in den Tropen. Dabei ging er folgendermaßen vor: Er vernebelte mit einem pflanzlichen Insektizid Bäume der Art Luehea seemannii (verwandt mit unseren Linden) im tropischen Regenwald von Panama. Dann sammelte er die toten, herabgefallenen Insekten ein und identifizierte diese. Aus den Daten hat Erwin errechnet, dass etwa 160 Käferarten in den Kronen dieser einen Baumart leben. Von den Käfern ausgehend, schloss er auf 400 Insektenarten in den Wipfeln dieser Baumart. Und weil am Stamm auch Insekten leben, besiedeln nach Erwin etwa 600 Insektenarten eine Baumart in den Tropen. Es gibt schätzungsweise 50.000 tropische Baumarten, von denen viele unbekannt sind. Multipliziert mit 600 ergibt das eine Zahl von 30 Millionen Insektenarten allein auf den Bäumen tropischer Regenwälder. Blattschneiderameisen, Wanderameisen (Französisch-Guayana, 2004) Andere Wissenschaftler schätzen die Zahl der unbekannten Insektenarten auf zwei bis drei Millionen. Peter Hammond legte seinen Schätzungen Zahlen über die gut erfasste Tierwelt von Großbritannien zugrunde. Er schätzt die Zahl der weltweit vorkommenden Insektenarten auf sechseinhalb Millionen. Schätzungen zu den Artenzahlen (nur Insekten)von anderen Wissenschaftlern: • Ian Hodkinson: 2 bis 3 Millionen • Peter Hammond: 6,5 Millionen • Terry Erwin: 30 Millionen • Robert May: 20 bis 80 Millionen • Dan Janzen: 100 Millionen Enzyklopädie des Lebens Wie groß die Artenzahl auf der Erde auch exakt sein mag, es gäbe viel zu tun für Biologen und Tropenökologen: Entdeckung, Einteilung und Untersuchung neuer Arten. Doch viele Arten werden von der Bildfläche dieses Planeten verschwunden sein, ohne dass die Menschheit jemals Kenntnis von ihrer Existenz gehabt haben wird! Ein zentrales Archiv zur Erfassung der Arten ist seit dem Jahr 2007 im Aufbau. In der Enzyklopädie des Lebens, der Encyclopedia of Life (externer Link, Englisch), werden ab dem Jahr 2007 Informationen über alle 1,8 Millionen bekannten Lebewesen auf der Erde gespeichert. In der frei zugänglichen Datenbank sollen in den kommenden zehn Jahren für jede Spezies aktuelle Forschungsergebnisse, Fotos, Videos, Geräusche und Karten des Verbreitungsgebiets zu finden sein. Die Initiatoren des Projekts, zu denen unter anderen die Harvard Universität und die Smithsonian Institution gehören, wollen mit der Datenbank einen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt leisten. Wie viele Pflanzen-und Tierarten leben auf einem Quadratmeter Regenwald? Oft werde ich gefragt, wie viele Pflanzen es im tropischen Regenwald gibt, oder wie viele Pflanzen-und Tierarten auf einem Quadratmeter Regenwald leben. Diese Fragen sind natürlich schwer oder gar nicht zu beantworten. Hier ein Gedankenexperiment, wie viele Arten auf einem Quadratmeter rechnerisch vorkommen könnten. Etwa 17 Millionen Quadratkilometer der Landfläche der Erde sind von tropischen Regenwäldern bedeckt. Ein Quadratkilometer hat 1 Million Quadratmeter. 17 Millionen Quadratkilometer entsprechen somit 17 Billionen Quadratmetern. Nehmen wir an, es gäbe etwa 30 Millionen Tier-und Pflanzenarten, von denen 27 Millionen (90 Prozent) in den tropischen Regenwäldern leben, dann fänden sich 0,0000016 Arten pro Quadratmeter, sofern jede Art nur mit einem Lebewesen (Individuum) vorkäme. Das ist nicht der Fall, weswegen der Wert noch mit der Zahl der Individuen multipliziert werden müsste. Zerstörung tropischer Regenwälder Unsere Welt scheint manchmal etwas rätselhaft, zumindest die Welt der Medien. Da wird in der Presse viel Wirbel gemacht, weil in einem Münchner Zoo ein Orang-Utan seinem Nachwuchs das Genick brach. Aus meiner Sicht und aus der Sicht jedes Tierfreunds ist dieser Todesfall wirklich traurig und bedauerlich. Dass jedoch täglich Orang-Utans in Indonesien getötet werden, weil dort Regenwälder gerodet werden um Flächen für die Produktion unserer Agrartreibstoffe zu gewinnen, darauf wird in den Medien nur gelegentlich hingewiesen. Geschichte der Regenwaldzerstörung Die Geschichte der Zerstörung tropischer Regenwälder begann vor etwa 500 Jahren und dauert bis heute an. Das ist sehr gut auf dem folgenden Satellitenbild der Nasa vom August 2007 am Beispiel Mato Grosso, Brasilien, zu sehen. Regenwaldzerstörung in Mato Grosso, Brasilien (2007) Satellitenaufnahme von Mato Grosso in Amazonien, Brasilien vom 12. August 2007. Der Amazonas ist nicht mehr auf dem Bild zu sehen, er liegt außerhalb des Bilds am oberen Rand. Die roten Punkte zeigen vom Menschen verursachte Feuer, weiß sind die zu den Feuern gehörenden Rauchfahnen. Bei dem grünen, unberührten Bereich, der sich von der Bildmitte nach unten zieht, handelt es sich um den Xingu-Nationalpark. Schachbrettartig angeordnete Abholzungsgebiete säumen den Nationalpark. Links oben im Bild verläuft in Richtung Nordwesten eine Straße (BR 163), in deren Einzugsgebiet immens viel Regenwald abgebrannt wird mit dem Bau von Straßen beginnt die Regenwaldzerstörung! NASA, Wie viel Regenwald geht verloren? Es scheint als ginge die Vernichtung der Wälder in einigen Ländern in den letzten Jahren etwas zurück, insbesondere dort, wo tropische Regenwälder in Agrarflächen umgewandelt werden, wie zum Beispiel in Brasilien, das bis ins Jahr 2005 seine höchsten Regenwaldverluste zu beklagen hatte. Trotzdem werden weiterhin massiv Regenwälder vernichtet, das Ausmaß der Zerstörung ist gigantisch, von Entwarnung kann also noch keine Rede sein. So zeigt die Auswertung von Satellitendaten durch das brasilianische Nationalinstitut für Weltraumforschung (INPE), dass in den Jahren 2002 bis 2012 ungefähr 156.000 Quadratkilometer Regenwald allein im brasilianischen Teil Amazoniens abgeholzt wurden. Etwa ein Fünftel des Regenwalds am Amazonas ist bereits vernichtet. Zerstörung des tropischen Regenwalds (Indonesien, 2006) Warum wird der Regenwald zerstört? Die großen Flächenverluste der heutigen Zeit gehen zurück auf die Gewinnung von Weideland für die Viehzucht und den Anbau von Futtermitteln (Soja) für die Massentierhaltung sowie für die Gewinnung von Agrartreibstoffen aus Pflanzen wie zum Beispiel Palmöl. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. Nicht nur die Menschen in den tropischen Ländern sind für den Raubbau am Regenwald verantwortlich. Nein, es sind insbesondere wir, die Menschen in den westlichen Industrienationen, für die die Regenwälder vernichtet werden. Dabei ist Naturschutz nicht nur Sentimentalität von Biologen, die die Flora und Fauna von Wald und Wiesen erforschen. Naturschutz ist Selbstschutz, er betrifft uns alle und erstreckt sich auf die gesamte Biosphäre: Wir atmen Luft, wir trinken Wasser, und wir ernähren uns von Pflanzen, die im Boden wachsen. DAS sind die Grundbedürfnisse jedes einzelnen Menschen. Goldgräber und gefällte Urwaldriesen in Französisch-Guayana (2004): Zwei Boote von Goldgräbern auf dem Approuague in FranzösischGuayana. Weil in Brasilien die Gesetze gegen illegales Goldschürfen verschärft wurden, weicht die organisierte Goldmafia nach FranzösischGuayana aus. Mit dicken Rohren wird der goldhaltige Schlamm vom Grund des Flusses ins Boot gepumpt und dort mit Quecksilber versetzt. An das Quecksilber gebundenes Gold wird ausgesiebt; der unbrauchbare und mit Quecksilber vergiftete Schlamm wird zurück in den Fluss geleitet. Resultat: Quecksilber reichert sich in der Nahrungskette an, Vergiftungen sind die Folge. Im Schlepptau der Goldgräberei wird der Wald zusätzlich durch illegale Wilderei und Rodungen zerstört! Was sind die Folgen der Regenwaldzerstörung? Wir sollten uns über die Folgen der Abholzungen im Klaren sein. Die globale Zerstörung tropischer Regenwälder führt dazu, dass • Millionen von Tier- und Pflanzenarten aussterben, • das Weltklima zu kippen droht (Klimawandel), • der weltumspannende Wasserkreislauf gestört wird, • viele Menschen ihren Lebensraum verlieren und • Jahrhunderte alte Kulturen verschwinden werden. Zerstörung des tropischen Regenwalds (Indonesien, 2006) Wie kann der Regenwald geschützt werden? Resignation ist keine Lösung. Die tropischen Regenwälder sind noch zu retten. Viele Menschen denken, nichts gegen die Zerstörung der Regenwälder unternehmen zu können. Doch das ist falsch, Regenwaldschutz beginnt im Alltag. Global denken lokal handeln. Das heißt, wer etwas ändern möchte, sollte sich informieren und mit den Ursachen der Regenwaldzerstörung auseinandersetzen, das ist globales Denken. Und lokales Handeln bedeutet nichts anderes, als sein Verbraucherverhalten zu überdenken: • weniger Fleisch essen (es schadet nicht); • Recyclingpapier verwenden; • regional produzierte Lebensmittel kaufen; • Produkte aus fairem Handel verwenden; • keine Möbel aus Tropenholz in den Garten stellen usw. Geschichte der Regenwaldzerstörung in Amazonien Vor etwas mehr als 500 Jahren, im Jahr 1492, hat der im Auftrag der spanischen Krone zur See fahrende Italiener Christoph Kolumbus die Karibikinsel Kuba entdeckt; erst sechs Jahre später, auf seiner dritten Reise, sichtete Kolumbus die Küste des südamerikanischen Kontinents die „Neue Welt. In den folgenden 80 Jahre verloren die Europäer vorübergehend das Interesse an der Erschließung Amazoniens. An der Mündung des Rio Negro gründeten die Portugiesen im Jahr 1669 Manaus heute Hauptstadt des Bundesstaats Amazonas. Auf ihrem grausamen Eroberungsfeldzug im unteren Amazonas wurde die indigene Bevölkerung gnadenlos niedergemetzelt oder verschleppt und zur Sklavenarbeit auf den Plantagen der Kolonialmacht im Nordosten des Landes gezwungen. Mit dem indigenen Genozid begann die wirtschaftliche Ausbeutung Amazoniens.Die frühen Siedler handelten mit Gewürzen, Heilkräutern, Früchten, Pelzen und Holz. Etwas später drangen Gold- und Diamantensucher immer tiefer in das Hinterland des Amazonas vor. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in Amazonien mit der Landwirtschaft begonnen. Für den Export bestimmter Kaffee, Reis und Baumwolle wurden großflächig in Plantagen angebaut. Goldgräber im Regenwald von Französich-Guayana (2004) Kautschuk-Boom Etwa zur selben Zeit, im Jahr 1755, wurde der Kautschuk entdeckt, und es begann der rasante Aufstieg des weißen Milchsafts von Hevea brasiliensis. Die Europäer erkannten schnell das Potenzial von Kautschuk für die Autoindustrie. So erreichte der legendäre „KautschukBoom zwischen 1890 und 1912 seinen Höhepunkt. Exportvolumen: 600.000 Tonnen, wobei einige Gummibarone (darunter Brian Fitzcarraldo zu ungeheurem Reichtum gelangten. 1912 endete der Kautschuk-Boom in Brasilien abrupt. Es gelang einem Engländer die Samen von Hevea brasiliensis heranzuziehen und in Asien in Plantagen anzupflanzen. Der asiatische Plantagenkautschuk verdrängte zusehends den brasilianischen Sammelkautschuk auf dem Weltmarkt. Kautschuk für die Autoindustrie Zwischen Belem und Manaus entstand während des Kautschuk-Booms ein Projekt, das nach seinem Erbauer Fordlandia genannt wurde. Der Autobauer Henry Ford wollte am Rio Tapajos in Amazonien Kautschuk anbauen um seine Autos mit Reifen auszustatten. Viel Regenwald wurde in Fordlandia gerodet um Kautschuk-Plantagen zu errichten. Doch aus der reichen Ernte wurde nichts, das erhoffte weiße Gold, wie der Kautschuksaft zwischendurch genannt wurde, sprudelte nicht. In Brasilien verträgt der Kautschukbaum die Haltung in Monokulturen nicht. Nie wurde jemals ein Reifen mit Kautschuk aus Fordlandia gefertigt. Bodenschätze Mit Beginn der Industrialisierung Anfang des 20. Jahrhunderts erhöhte sich der Druck auf die Regenwälder Amazoniens. Amerikanische Großkonzerne begannen in den zwanziger Jahren mit der Suche nach Erdöl und Bodenschätzen. Industrielle Agrar- und Weidewirtschaft, Siedlungs- und Straßenbau sowie der Abbau von Bodenschätzen wurden in rasanter Geschwindigkeit vorangetrieben. Riesige Landflächen wurden von den ausländischen Investoren erworben, zuerst im Süden, später dann, mit dem Bau der großen Straßen (Transamazonica, 5600 Kilometer lang) auch im Norden. Staatlich subventioniert, verwandelte sich Amazonien in eine wahre „Goldgrube für ausländische Investoren, die wenig Interesse an der einheimischen Wirtschaft und deren Infrastruktur hatten, denn am Abtransport von Rohstoffen. Der Startschuss für die großindustrielle Ausbeutung Amazoniens fiel 1967: Umfangreiche Eisenerzvorkommen wurden entdeckt. Wie sich binnen kurzer Zeit herausstellte, handelt es sich bis heute um die größten Eisenerzlager der Welt. Auf einem Gebiet so groß wie Frankreich werden seither in kaum vorstellbarem Maßstab Eisenerz, Chrom, Mangan, Nickel, Bauxit usw. abgebaut Das Ausmaß der Regenwaldzerstörung Wie werden Waldflächen und -verluste berechnet? Niemand kann genau beziffern, wie viel Wald bzw. Regenwald tatsächlich abgeholzt wird, verlässliche Zahlen zu finden ist schwierig. Offizielle Angaben zur weltweiten Waldfläche stellt die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) bereit. Die Ergebnisse werden von der FAO veröffentlicht, sei es im jährlich erscheinenden Waldbericht, dem sogenannten State of the World Forests, in den Berichten des Global Forest Resources Assessment (FRA) oder im Bericht zum Zustand der tropischen Regenwälder in den drei großen Regenwaldregionen der Erde (The State of Forests in the Amazon Basin, Congo Basin and Southeast Asia, 2011). Geschätzte Daten Die FAO untersucht den aktuellen Zustand aller Arten von Wäldern basierend auf mehr als 90 Variablen (zum Beispiel abgeholzte und aufgeforstete Waldflächen, natürliche Ausdehnung der Wälder, Biomasse, Waldtypen etc.) aus 233 Ländern und Regionen. Dazu hat die FAO in der Vergangenheit die waldrelevanten Daten von den einzelnen Ländern abgefragt, die Daten beruhen also auf deren individuellen Schätzungen, Erfahrungen und Auswertungen der jeweiligen Forstbehörden. Einheitliche Standards gibt es hierfür nicht. Jedes Land kann eigene Klassifikationen und Bewertungsmethoden für die Überwachung seiner Wälder verwenden. Die so gewonnenen Daten der FAO leiden häufig an der schlechten Datenqualität einiger Länder und sind deshalb kritisch zu betrachten. Die teils schlechte Datenqualität erschwert die Auswertung durch die FAO, die möglichst einheitliche Daten brau