Arbeitsblatt: Balladentexte

Material-Details

Die wichtigsten deutschen Balladen, die für Schüler gut verständlich sind, übersichtlich zusammengestellt. Grundlage für die dazugehörigen Arbeitsaufträge, in dieser Plattform erhältlich (Balladen)
Deutsch
Textverständnis
7. Schuljahr
13 Seiten

Statistik

13176
2440
107
24.12.2007

Autor/in

Claudia Rüetschi
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Balladentexte Der Erlkönig Der Knabe im Moor Johann Wolfgang von Goethe Annette von Droste-Hülshoff Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm. schaurig ist übers Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Heiderauche, Sich wie Phantome die Dünste drehn Und die Ranke häkelt am Strauche, Unter jedem Tritte ein Quellchen springt, Wenn aus der Spalte es zischt und singt, schaurig ist übers Moor zu gehn, Wenn das Röhricht knistert im Hauche! Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? Siehst Vater, du den Erlkönig nicht? Den Erlenkönig mit Kron und Schweif? Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. Fest hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt als ob man es jage; Hohl über der Fläche sauset der Wind Was raschelt da drüben im Hage? Das ist der gespentische Gräberknecht, Der dem Meister die besten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein sich zage. Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel ich mit dir; Manch bunte Blumen sind an dem Strand, Meine Mutter hat manch gülden Gewand. Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, Was Erlenkönig mir leise verspricht? Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; In dürren Blättern säuselt der Wind. Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, gespannt das Ohr, Durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knittert darin! Das ist die unselige Spinnerin, Das ist die gebannte Spinnlenor, Die den Haspel dreht im Geröhre! Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Meine Töchter sollen dich warten schön; Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn Und wiegen und tanzen und singen dich ein. Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort? Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau. Voran, voran, nur immer im Lauf, Voran, als woll es ihn holen; Vor seinem Fuße brodelt es auf, Es pfeift ihm unter den Sohlen Wie eine gespenstige Melodei; Das ist der Geigemann ungetreu, Das ist der diebische Fiedler Knauf, Der den Hochzeitheller gestohlen! Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt. Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan! Dem Vater grauset, er reitet geschwind, Er hält in den Armen das ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Mühe und Not; In seinen Armen das Kind war tot. Da birst das Moor, ein Seufzer geht Hervor aus der klaffenden Höhle; Weh, weh, da ruft die verdammte Margret: Ho, ho, meine arme Seele! Der Knabe springt wie ein wundes Reh, Wär nicht Schutzengel in seiner Näh, Seine bleichenden Knöchelchen fände spät Ein Gräber im Moorgeschwehle. Da mählich gründet der Boden sich, Und drüben, neben der Weide, Die Lampe flimmert so heimatlich, Der Knabe steht an der Scheide. Tief atmet er auf, zum Moor zurück Noch immer wirft er den scheuen Blick: Ja, im Geröhre war fürchterlich, schaurig war in der Heide! 1CR07 Balladentexte Der Zauberlehrling Johann Wolfgang von Goethe Hat der alte Hexenmeister Sich doch einmal wegbegeben! Und nun sollen seine Geister Auch nach meinem Willen leben. Seine Wort und Werke Merkt ich und den Brauch, Und mit Geistesstärke Tu ich Wunder auch. Walle! walle Manche Strecke, Daß, zum Zwecke, Wasser fließe Und mit reichem, vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergieße. Und nun komm, du alter Besen, Nimm die schlechten Lumpenhüllen! Bist schon lange Knecht gewesen: Nun erfülle meinen Willen! Auf zwei Beinen stehe, Oben sei ein Kopf, Eile nun und gehe Mit dem Wassertopf! Walle! walle Manche Strecke, Daß, zum Zwecke, Wasser fließe Und mit reichem, vollem Schwalle Zu dem Bade sich ergieße. Seht, er läuft zum Ufer nieder! Wahrlich! ist schon an dem Flusse, Und mit Blitzesschnelle wieder Ist er hier mit raschem Gusse. Schon zum zweiten Male! Wie das Becken schwillt! Wie sich jede Schale Voll mit Wasser füllt! Stehe! stehe! Denn wir haben Deiner Gaben Vollgemessen! Ach, ich merk es! Wehe! wehe! Hab ich doch das Wort vergessen! Ach, das Wort, worauf am Ende Er das wird, was er gewesen! Ach, er läuft und bringt behende! Wärst du doch der alte Besen! Immer neue Güsse Bringt er schnell herein, Ach, und hundert Flüsse Stürzen auf mich ein! Willst am Ende Gar nicht lassen? Will dich fassen, Will dich halten Und das alte Holz behende Mit dem scharfen Beile spalten! Seht, da kommt er schleppend wieder! Wie ich mich nur auf dich werfe, Gleich, Kobold, liegst du nieder; Krachend trifft die glatte Schärfe. Wahrlich! brav getroffen! Seht, er ist entzwei! Und nun kann ich hoffen, Und ich atme frei! Wehe! wehe! Beide Teile Stehn in Eile Schon als Knechte Völlig fertig in die Höhe! Helft mir, ach! ihr hohen Mächte! Nein, nicht länger Kann ichs lassen: Will ihn fassen! Das ist Tücke! Ach, nun wird mir immer bänger! Welche Miene! welche Blicke! Und sie laufen! Naß und nässer Wirds im Saal und auf den Stufen: Welch entsetzliches Gewässer! Herr und Meister, hör mich rufen! Ach, da kommt der Meister! Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, Werd ich nun nicht los. O, du Ausgeburt der Hölle! Soll das ganze Haus ersaufen? Seh ich über jede Schwelle Doch schon Wasserströme laufen. Ein verruchter Besen, Der nicht hören will! Stock, der du gewesen, Steh doch wieder still! In die Ecke, Besen! Besen! Seids gewesen! Denn als Geister Ruft euch nur, zu seinem Zwecke, Erst hervor der alte Meister. 2CR07 Balladentexte Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland Theodor Fontane Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, Ein Birnbaum in seinem Garten stand, Und kam die goldene Herbsteszeit Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da stopfte, wenn Mittag vom Turme scholl, Der von Ribbeck sich beide Taschen voll, Und kam in Pantinen ein Junge daher, So rief er: Junge, wiste ne Beer? Und kam ein Mädel, so rief er: Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick hebb ne Birn. So ging es viel Jahre, bis lobesam Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam. Er fühlte sein Ende. war Herbsteszeit, Wieder lachten die Birnen weit und breit; Da sagte von Ribbeck: Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins Grab. Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus, Trugen von Ribbeck sie hinaus, Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht Sangen Jesus meine Zuversicht, Und die Kinder klagten, das Herze schwer: He is dod nu. Wer giwt uns nu ne Beer? Die Katze von Marie Luise Kaschnitz Die Katze, die einer fand, in der Baugrube saß sie und schrie. Die erste Nacht, und die zweite, die dritte Nacht. Das erste Mal ging er vorüber, dachte an nichts Trug das Geschrei in den Ohren, fuhr auf aus dem Schlaf. Das zweite Mal beugte er sich in die verschneite Grube Lockte vergeblich den Schatten, der dort umherschlich. Das dritte Mal sprang er hinunter, holte das Tier. Nannte es Katze, weil ihm kein Name einfiel. Und die Katze war bei ihm sieben Tage lang. Ihr Pelz war gesträubt, ließ sich nicht glätten. Wenn er heimkam, abends, sprang sie ihm auf die Brust, ohrfeigte ihn. Der Nerv ihres linken Auges zuckte beständig. Sie sprang auf den Vorhang im Korridor, krallte sich fest Schwang hin und her, dass die eisernen Ringe klirrten. Alle Blumen, die er heimbrachte, fraß sie auf. Sie stürzte die Vasen vom Tisch, zerfetzte die Blütenbätter. Sie schlief nicht des Nachts, saß am Fuß seines Bettes Sah ihn mit glühenden Augen an. Nach einer Woche waren seine Gardinen zerfetzt Seine Küche lag voll Abfall. Er tat nichts mehr Las nicht mehr, spielte nicht mehr Klavier Der Nerv seines linken Auges zuckte beständig. Er hatte ihr eine Kugel aus Silberpapier gemacht Die sie lange geringschätze. Aber am siebten Tag Legte sie sich auf die Lauer, schoß hervor Jagte die silberne Kugel. Am siebten Tag Sprang sie auf seinen Schoß, ließ sich streicheln und schnurrte. Da kam er sich vor wie einer, der große Macht hat. Er wiegte sie, bürstete sie, band ihr ein Band um den Hals. Doch in der Nacht entsprang sie, drei Stockwerke tief Und lief, nicht weit, nur dorthin, wo er sie Gefunden hatte. Wo die Weidenschatten Im Mondlicht wehten. An der alten Stelle Floh sie von Stein zu Stein im rauhen Felle Und schrie. So klagten die Kinder. Das war nicht recht Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht; Der neue freilich, der knausert und spart, Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt. Aber der alte, vorahnend schon Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn, Der wußte genau, was damals er tat, Als um eine Birn ins Grab er bat, Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus. Und die Jahre gingen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab, Und in der goldenen Herbsteszeit Leuchtet wieder weit und breit. Und kommt ein Jung übern Kirchhof her, So flüstert im Baume: Wiste ne Beer? Und kommt ein Mädel, so flüstert: Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick gew di ne Birn. So spendet Segen noch immer die Hand Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland 3CR07 Balladentexte John Maynard Theodor Fontane John Maynard! Wer ist John Maynard? John Maynard war unser Steuermann, Aus hielt er, bis er das Ufer gewann, Er hat uns gerettet, er trägt die Kron, Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn. John Maynard! Die Schwalbe fliegt über den Eriesee, Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee, Von Detroit fliegt sie nach Buffalo Die Herzen aber sind frei und froh, Und die Passagiere mit Kindern und Fraun Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun, Und plaudernd an John Maynard heran Tritt alles: Wie weit noch, Steuermann? Der schaut nach vorn und schaut in die Rund: Noch dreißig Minuten . Halbe Stund. Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei Da klingt aus dem Schiffsraum her wie Schrei, Feuer! war es, was da klang, Ein Qualm aus Kajüt und Luke drang, Ein Qualm, dann Flammen lichterloh, Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo. Und die Passagiere, buntgemengt, Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt, Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht, Am Steuer aber lagert sich dicht, Und ein Jammern wird laut: Wo sind wir, wo? Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht, Der Kapitän nach dem Steuer späht, Er sieht nicht mehr seinen Steuermann, Aber durchs Sprachrohr fragt er an: Noch da, John Maynard? Ja, Herr. Ich bin. Auf den Strand. In die Brandung. Ich halte drauf hin. Und das Schiffsvolk jubelt: Halt aus! Hallo! Und noch zehn Minuten bis Buffalo. Noch da, John Maynard? Und Antwort schallt Mit ersterbender Stimme: Ja, Herr, ich halt! Und in die Brandung, was Klippe, was Stein, Jagt er die Schwalbe mitten hinein; Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so. Rettung: der Strand von Buffalo. Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. Gerettet alle. Nur einer fehlt! Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln Himmelan aus Kirchen und Kapelln, Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt, Ein Dienst nur, den sie heute hat: Zehntausend folgen oder mehr, Und kein Aug im Zuge, das tränenleer. Sie lassen den Sarg in Blumen hinab, Mit Blumen schließen sie das Grab, Und mit goldner Schrift in den Marmorstein Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein: Hier ruht John Maynard. In Qualm und Brand Hielt er das Steuer fest in der Hand, Er hat uns gerettet, er trägt die Kron, Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn. John Maynard. 4CR07 Balladentexte Der Handschuh Friedrich Schiller Vor seinem Löwengarten, Das Kampfspiel zu erwarten, Saß König Franz, Und um ihn die Großen der Krone, Und rings auf hohem Balkone Die Damen in schönem Kranz. Und wie er winkt mit dem Finger, Auf tut sich der weite Zwinger, Und hinein mit bedächtigem Schritt Ein Löwe tritt Und sieht sich stumm Rings um, Mit langem Gähnen, Und schüttelt die Mähnen Und streckt die Glieder Und legt sich nieder. Und der König winkt wieder, Da öffnet sich behend Ein zweites Tor, Daraus rennt Mit wildem Sprunge Ein Tiger hervor. Wie der den Löwen erschaut, Brüllt er laut, Schlägt mit dem Schweif Einen furchtbaren Reif, Und recket die Zunge, Und im Kreise scheu Umgeht er den Leu Grimmig schnurrend, Drauf streckt er sich murrend Zur Seite nieder. Und der König winkt wieder; Da speit das doppelt geöffnete Haus Zwei Leoparden auf einmal aus, Die stürzen mit mutiger Kampfbegier Auf das Tigertier; Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen, Und der Leu mit Gebrüll Richtet sich auf da wird still; Und herum im Kreis, Von Mordsucht heiß, Lagern sich die greulichen Katzen. Da fällt von des Altans Rand Ein Handschuh von schöner Hand Zwischen den Tiger und den Leun Mitten hinein. Und zu Ritter Delorges spottender Weis, Wendet sich Fräulein Kunigund: Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß, Wie Ihr mir schwört zu jeder Stund, Ei, so hebt mir den Handschuh auf. Und der Ritter in schnellem Lauf Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger Mit festem Schritte, Und aus der Ungeheuer Mitte Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger. Und mit Erstaunen und mit Grauen Sehen die Ritter und Edelfrauen, Und gelassen bringt er den Handschuh zurück. Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde, Aber mit zärtlichem Liebesblick Er verheißt ihm sein nahes Glück Empfängt ihn Fräulein Kunigunde. Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht: Den Dank, Dame, begehr ich nicht! Und verläßt sie zur selben Stunde. 5CR07 Balladentexte Nis Randers Die Ballade vom Nachahmungstrieb Otto Ernst Erich Kästner Krachen und Heulen und berstende Nacht, Dunkel und Flammen in rasender Jagd Ein Schrei durch die Brandung! Es ist schon wahr: nichts wirkt so rasch wie Gift! Der Mensch, und sei er noch so minderjährig, ist, was die Laster dieser Welt betrifft, früh bei der Hand und unerhört gelehrig. Im Februar, ich weiß nicht am wievielten, geschah auf irgendeines Jungen Drängen, daß Kinder, die im Hinterhofe spielten, beschlossen, Naumanns Fritzchen aufzuhängen. Sie kannten aus der Zeitung die Geschichten, in denen Mord vorkommt und Polizei. Und sie beschlossen, Naumann hinzurichten, weil er, so sagten sie, ein Räuber sei. Sie steckten seinen Kopf in eine Schlinge. Karl war der Pastor, lamentierte viel, und sagte ihm, wenn er zu schrein anfinge, verdürbe er den anderen das Spiel. Fritz Naumann äußerte, ihm sei nicht bange. Die andern waren ernst und führten ihn. Man warf den Strick über die Teppichstange. Und dann begann man, Fritzchen hochzuziehn. Er sträubte sich. Es war zu spät. Er schwebte. Dann klemmten sie den Strick am Haken ein. Fritz zuckte, weil er noch ein bißchen lebte. Ein kleines Mädchen zwickte ihn am Bein. Er zappelte ganz stumm, und etwas später verkehrte sich das Kinderspiel in Mord. Als das die sieben kleinen Übeltäter erkannten, liefen sie erschrocken fort. Noch wußte niemand von dem armen Kinde. Der Hof lag still. Der Himmel war blutrot. Der kleine Naumann schaukelte im Winde. Er merkte nichts davon. Denn er war tot. Frau Witwe Zwickler, die vorüberschlurfte, lief auf die Straße und erhob Geschrei, obwohl sie dort gar nicht schreien durfte. Und gegen sechs erschien die Polizei. Die Mutter fiel in Ohnmacht vor dem Knaben. Und beide wurden rasch ins Haus gebracht. Karl, den man festnahm, sagte kalt: Wir habn es nur wie die Erwachsenen gemacht. Na Na Na Na Na Na Na Na Na Na Na Na Wir habn es nur wie die Erwachsenen gemacht. Und brennt der Himmel, so sieht man gut. Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut; Gleich holt sich der Abgrund. Nis Randers lugt und ohne Hast Spricht er: Da hängt noch ein Mann im Mast; Wir müssen ihn holen. Da fasst ihn die Mutter: Du steigst mir nicht ein! Dich will ich behalten, du bliebst mir allein, Ich will, deine Mutter! Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn; Drei Jahre verschollen ist Uwe schon, Mein Uwe, mein Uwe! Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach! Er weist nach dem Wrack und spricht gemach: Und seine Mutter? Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs: Hohes, hartes Friesengewächs; Schon sausen die Ruder. Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz! Nun muss es zerschmettern .! Nein, es blieb ganz! . Wie lange? Wie lange? Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer Die menschenfressenden Rosse daher; Sie schnauben und schäumen. Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt! Eins auf den Nacken des anderen springt Mit stampfenden Hufen! Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt! Was da? Ein Boot, das landwärts hält Sie sind es! Sie kommen! Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt . Still ruft da nicht einer? Er schreit durch die Hand: Sagt Mutter, ist Uwe! 6CR07 Balladentexte Die Ballade vom blutigem Bomme Christa Reinig Hochverehrtes publikum werft uns nicht die bude um wenn wir albernes berichten denn die albernsten geschichten macht der liebe gott persönlich ich verbleibe ganz gewöhnlich wenn ich auf den tod von Bomme meinen freund zu sprechen komme Bomme ist noch nicht bereit für abendmahl und ewigkeit kommt der pastor und erzählt wie sich solch verdammter quält wie er große tränen weint und sich wälzet Bomme meint das ist alles interessant und mir irgendwie bekannt möge Ihnen nie geschehn was Sie hier in bildern sehn denn was weiss ein frommer christ wie dem mann zumute ist Zur beweisaufnahme hatte man die blutige krawatte keine spur mehr von der beute auf dem flur sogar die leute horchen was nach draußen dringt denn der angeklagte bringt das gericht zum männchen-machen und das publikum zum lachen Auf dem hof wird holz gehauen Bomme hilft das fallbeil bauen und er läßt sich dabei zeit schließlich ist es doch so weit daß es hoch und heilig ragt Bomme sieht es an und sagt das ist schärfer als faschismus und probiert den mechanismus seht die herren vom gericht schätzt man offensichtlich nicht wenn die schwere klinge fällt spürt er dass sie recht behält Eisentür und eisenbett dicht daneben das klosett auch der wärter freut sich sehr kennt den Mann von früher her BOMME fühlt sich gleich zu haus ruht von seiner arbeit aus auch ein reicher mann hat ruh hält sein sarg von innen zu Aufstehn kurz vor morgengrauen das schlägt Bomme ins verdauen und da friert er reibt die hände konzentriert sich auf das ende möchte gar nicht so sehr beten lieber schnell aufs klo austreten doch dann denkt er: einerlei das geht sowieso vorbei jetzt geht bomme dieser mann und sein reichtum nichts mehr an von zwei peinlichen verfahren kann er eins am andern sparen Sagt der wõrter grüß dich mann laß dirs gut gehn denk daran wächter sieht auch mal vorbei mach mir keine schererei essen kriegst du nicht zu knapp BOMME denn kein kopf muß ab BOMME ist schon sehr gespannt und malt männchen an die wand. Wäre mutter noch am leben würde es auch tränen geben aber so bleibt alles sachlich Bomme wird ganz amtlich-fachlich ausgestrichen aus der liste und gelegt in eine kiste nur ein sträfling seufzt dazwischen denn er muß das blut aufwischen nein hier hilft kein daumenfalten Bomme muss den kopf hinhalten bitte herrschaften verzeiht solche unanständigkeit Doch wer meint das stuck war gut legt ein groschen in den hut. 7CR07 Balladentexte Die Brücke am Tay Theodor Fontane Wann treffen wir drei wieder zusamm? Um die siebente Stund, am Brückendamm. Am Mittelpfeiler. Ich lösch die Flamm. Ich mit. Ich komme vom Norden her. Und ich vom Süden. Und ich vom Meer. Hei, das gibt ein Ringelreihn, und die Brücke muß in den Grund hinein. Und der Zug, der in die Brücke tritt um die siebente Stund? Ei, der muß mit. Muß mit. Tand, Tand ist das Gebild von Menschenhand. Auf der Norderseite, das Brückenhaus alle Fenster sehen nach Süden aus, und die Brücknersleut, ohne Rast und Ruh und in Bangen sehen nach Süden zu, sehen und warten, ob nicht ein Licht übers Wasser hin ich komme spricht, ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug, ich, der Edinburger Zug. Und der Brückner jetzt: Ich seh einen Schein am andern Ufer. Das muß er sein. Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum, unser Johnie kommt und will seinen Baum, und was noch am Baume von Lichtern ist, zünd alles an wie zum heiligen Christ, der will heuer zweimal mit uns sein, und in elf Minuten ist er herein. Und es war der Zug. Am Süderturm keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm, und Johnie spricht: Die Brücke noch! Aber was tut es, wir zwingen es doch. Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf, die bleiben Sieger in solchem Kampf, und wie auch rast und ringt und rennt, wir kriegen es unter: das Element. Und unser Stolz ist unsre Brück; ich lache, denk ich an früher zurück, an all den Jammer und all die Not mit dem elend alten Schifferboot; wie manche liebe Christfestnacht hab ich im Fährhaus zugebracht und sah unsrer Fenster lichten Schein und zählte und konnte nicht drüben sein. Auf der Norderseite, das Brückenhaus alle Fenster sehen nach Süden aus, und die Brücknersleut ohne Rast und Ruh und in Bangen sehen nach Süden zu; denn wütender wurde der Winde Spiel, und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel, erglüht es in niederschießender Pracht überm Wasser unten. Und wieder ist Nacht. Wann treffen wir drei wieder zusamm? Um Mitternacht, am Bergeskamm. Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm. Ich komme. Ich mit. Ich nenn euch die Zahl. Und ich die Namen. Und ich die Qual. Hei! Wie Splitter brach das Gebälk entzwei. Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand 8CR07 Balladentexte Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration Berthold Brecht 1 Als er Siebzig war und war gebrechlich Drängte es den Lehrer doch nach Ruh Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu. Und er gürtete die Schuh. 8 Schreib mir auf! Diktier es diesem Kinde! So was nimmt man doch nicht mit sich fort. Da gibt doch Papier bei uns und Tinte Und ein Nachtmahl gibt es auch: ich wohne dort. Nun, ist das ein Wort? 2 Und er packte ein, was er so brauchte: Wenig. Doch es wurde dies und das. So die Pfeife, die er abends immer rauchte Und das Büchlein, das er immer las. Weißbrot nach dem Augenmaß. 9 Über seine Schulter sah der Alte Auf den Mann: Flickjoppe. Keine Schuh. Und die Stirne eine einzige Falte. Ach, kein Sieger trat da auf ihn zu. Und er murmelte: Auch du? 3 Freute sich des Tals noch einmal und vergaß es Als er ins Gebirg den Weg einschlug Und sein Ochse freute sich des frischen Grases Kauend, während er den Alten trug. Denn dem ging es schnell genug. 10 Eine höfliche Bitte abzuschlagen War der Alte, wie es schien, zu alt. Denn er sagte laut: Die etwas fragen Die verdienen Antwort. Sprach der Knabe: Es wird auch schon kalt. Gut, ein kleiner Aufenthalt. 4 Doch am vierten Tag im Felsgesteine Hat ein Zöllner ihm den Weg verwehrt: Kostbarkeiten zu verzollen? Keine. Und der Knabe, der den Ochsen führte, sprach: Er hat gelehrt. Und so war auch das erklärt. 11 Und von seinem Ochsen stieg der Weise Sieben Tage schrieben sie zu zweit Und der Zöllner brachte Essen (und er fluchte nur noch leise Mit den Schmugglern in der ganzen Zeit). Und dann war soweit. 5 Doch der Mann in einer heitren Regung Fragte noch: Hat er was rausgekriegt? Sprach der Knabe: Daß das weiche Wasser in Bewegung Mit der Zeit den harten Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt. 12 Und dem Zöllner händigte der Knabe Eines Morgens einundachtzig Sprüche ein. Und mit Dank für eine kleine Reisegabe Bogen sie um jene Föhre ins Gestein. Sagt jetzt: kann man höflicher sein? 6 Daß er nicht das letzte Tageslicht verlöre Trieb der Knabe nun den Ochsen an Und die drei verschwanden schon um eine schwarze Föhre Da kam plötzlich Fahrt in unsern Mann Und er schrie: He, du! Halt an! 13 Aber rühmen wir nicht nur den Weisen Dessen Name auf dem Buche prangt! Denn man muß dem Weisen seine Weisheit erst entreißen. Darum sei der Zöllner auch bedankt: Er hat sie ihm abverlangt. 7 Was ist das mit diesem Wasser, Alter? Hielt der Alte: Intressiert es dich? Sprach der Mann: Ich bin nur Zollverwalter Doch wer wen besiegt, das interessiert auch mich. Wenn du weißt, dann sprich! 9CR07 Balladentexte Der Taucher Friedrich Schiller Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, Zu tauchen in diesen Schlund? Einen goldnen Becher werf ich hinab, Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, Er mag ihn behalten, er ist sein eigen. Der König spricht es und wirft von der Höh Der Klippe, die schroff und steil Hinaushängt in die unendliche See, Den Becher in der Charybde Geheul. Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, Zu tauchen in diese Tiefe nieder? Und die Ritter, die Knappen um ihn her Vernehmen und schweigen still, Sehen hinab in das wilde Meer, Und keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum drittenmal wieder fraget: Ist keiner, der sich hinunter waget? Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor, Und ein Edelknecht, sanft und keck, Tritt aus der Knappen zagendem Chor, Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg, Und alle die Männer umher und Frauen Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen. Und wie er tritt an des Felsen Hang Und blickt in den Schlund hinab, Die Wasser, die sie hinunterschlang, Die Charybde jetzt brüllend wiedergab, Und wie mit des fernen Donners Getose Entstürzen sie schäumend dem finstern Schosse. Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt, Und will sich nimmer erschöpfen und leeren, Als wollte das Meer noch ein Meer gebären. Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt, Und schwarz aus dem weissen Schaum Klafft hinunter ein gähnender Spalt, Grundlos, als ging in den Höllenraum, Und reissend sieht man die brandenden Wogen Hinab in den strudelnden Trichter gezogen. Jetzt schnell, eh die Brandung wiederkehrt, Der Jüngling sich Gott befiehlt, Und ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört, Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült, Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer Schliesst sich der Rachen, er zeigt sich nimmer. Und stille wird über dem Wasserschlund, In der Tiefe nur brauset es hohl, Und bebend hört man von Mund zu Mund: Hochherziger Jüngling, fahre wohl! Und hohler und hohler hört man heulen, Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen. Und wärfst du die Krone selber hinein Uns sprächst: Wer mir bringet die Kron, Er soll sie tragen und König sein Mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn. Was die heulende Tiefe da unter verhehle, Das erzählt keine lebende glückliche Seele. Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefasst, Schoss jäh in die Tiefe hinab, Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel und Mast, Hervor aus dem alles verschlingenden Grab.Und heller und heller, wie Sturmes Sausen, Hört man näher und immer näher brausen. Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Well auf Well sich ohn Ende drängt, Und wie mit des fernen Donners Getose Entstürzt es brüllend dem finstern Schosse. Und sieh! aus dem finster flutenden Schoss, Da hebet sich schwanenweiss, Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloss, Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiss, Und er ist, und hoch in seiner Linken Schwingt er den Becher mit freudigem Winken. Und atmete lang und atmete tief Und begrüsste das himmlische Licht. Mit Frohlocken es einer dem andern rief: Er lebt! Er ist da! Es behielt ihn nicht! Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle Hat der Brave gerettet die lebende Seele. Und er kommt, es umringt ihn die jubelnde Schar, Zu des Königs Füssen er sinkt, Den Becher reicht er ihm kniend dar, Und der König der lieblichen Tochter winkt, Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande, Und der Jüngling sich also zum König wandte: Lange lebe der König! Es freue sich, Wer da atmet im rosigten Licht! Da unten aber ist fürchterlich, Und der Mensch versuche die Götter nicht Und begehre nimmer und nimmer zu schauen, Was sie gnädig bedeckten mit Nacht und Grauen. 10CR07 Balladentexte Es riss mich hinunter blitzesschnell Da stürzt mir aus felsigtem Schacht Wildflutend entgegen ein reissender Quell: Mich packte des Doppelstroms wütende macht, Und wie einen Kreisel mit schwindendelm Drehen Trieb mich um, ich konnte nicht widerstehen. Der König darob sich verwundert schier Und spricht: Der Becher ist dein, Und diesen Ring noch bestimm ich dir, Geschmückt mit dem köstlichsten Edelgestein, Versucht du noch einmal und bringt mir Kunde, Was du sahst auf des Meeres tiefunterstem Grunde. Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief In der höchsten schrecklichen Not, Aus der Tiefe ragend ein Felsenriff, Das erfasst ich behend und entrann dem Tod Und da hing auch der Becher an spitzen Korallen, Sonst wär er ins Bodenlose gefallen. Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl, Und mit schmeichelndem Munde sie fleht: Lasst, Vater, genug sein das grausame Spiel! Er hat Euch bestanden, was keiner besteht, Und könnt Ihr des Herzens Gelüsten nicht zähmen, So mögen die Ritter den Knappen beschämen. Denn unter mir lag noch, bergetief, In purpurner Finsternis da, Und ob hier dem Ohre gleich ewig schlief, Das Auge mit Schaudern hinuntersah, Wie von Salamandern und Molchen und Drachen Sich regt in dem furchtbaren Höllenrachen. Drauf der König greift nach dem Becher schnell, In den Strudel ihn schleudert hinein: Und schaffst du den Becher mir wieder zur Stell, So sollst du der trefflichste Ritter mir sein Und sollst sie als Ehegemahl heut noch umarmen, Die jetzt Schwarz wimmelten da, in grausem Gemisch, Zu scheusslichen Klumpen geballt, Der stachligte Roche, der Klippenfisch, Des Hammers greuliche Ungestalt, Und dräuend wies mir die grimmigen Zähne Der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne. Da ergreift ihm die Seele mit Himmelsgewalt, Und es blitzt aus den Augen ihm kühn, Und er siehet erröten die schöne Gestalt Und sieht sie erbleichen und sinken hin Da treibt ihn, den köstlichen Preis zu erwerben, Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben. Und da hing ich und war mit Grausen bewusst Von der menschlichen Hilfe so weit, Unter Larven die einzige fühlende Brust, Allein in der grässlichen Einsamkeit, Tief unter dem Schall der menschlichen Rede Bei den Ungeheuern der traurigen Öde. Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück, Sie verkündigt der donnernde Schall Da bückt sich hinunter mit liebendem Blick: Es kommen, es kommen die Wasser all, Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder, Den Jüngling bringt keines wieder.für dich bittet mit zartem Erbarmen. Und schaudernd dacht ich, da kroch heran, Regte hundert Gelenke zugleich, Will schnappen nach mir in des Schreckens Wahn Lass ich los der Koralle umklammerten Zweig; Gleich fasst mich der Strudel mit rasendem Toben, Doch es war mir zum Heil, er riss mich nach oben. 11CR07 Balladentexte Die Füße im Feuer Conrad Ferdinand Meyer Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Roß Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest. Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann . Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock! Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmerts mich? Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier! Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal, Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt, Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib, Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild . Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd Und starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft . Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal . Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut. Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft. Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt . Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut. Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal! Drei Jahre sinds . Auf einer Hugenottenjagd . Ein fein, halsstarrig Weib . Wo steckt der Junker? Sprich! Sie schweigt. Bekenn! Sie schweigt. Gib ihn heraus! Sie schweigt. Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf . Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie Tief mitten in die Glut . Gib ihn heraus! . Sie schweigt . Sie windet sich . Sahst du das Wappen nicht am Tor? Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr? Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich. Eintritt der Edelmann. Du träumst! Zu Tische, Gast . Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet. Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an Den Becher füllt und übergießt es, stürzt den Trunk, Springt auf: Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt! Müd bin ich wie ein Hund! Ein Diener leuchtet ihm, Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr . Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach. Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert. Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt. Die Treppe kracht . Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? . Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht. Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut. Er träumt. Gesteh! Sie schweigt. Gib ihn heraus! Sie schweigt. Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut. Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt . Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt! Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt, Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr ergraut, Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar. Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut. Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad, Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch. Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luft, Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht. Die dunkeln Schollen atmen kräftgen Erdgeruch, Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug, Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: Herr, Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit Und wißt, daß ich dem größten König eigen bin. Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn! Der andre spricht: Du sagsts! Dem größten König eigen! Heute ward Sein Dienst mir schwer . Gemordet hast du teuflisch mir Mein Weib! Und lebst . Mein ist die Rache, redet Gott. 12CR07 Balladentexte 13CR07 Balladentexte 14CR07 Balladentexte 1.1. Ballade zu einem Zeitungsartikel Junge tot aufgefunden Gestern hat man einen Junge tot aufgefunden, schnell hat man die Polizei verbunden. Diese war schnell herbei, den das war keine Lügerei. Wahrscheinlich ist er ertrunken, vielleicht war auch sein Boot versunken. Zwei Tage wurde er vermisst, weil man ihn so schnell nicht vergisst. Er ertrank in der Donau, der Himmel war hellgrau. Es geschah auf einem Fischerboot, dort herrschte große Not. Warfen sie den elfjährigen Klaus, mit Absicht aus dem Boot heraus? Viele Fragen standen offen, man konnte nur auf Antwort hoffen. 15CR07 Balladentexte Zwei Jungen haben sich der Tat gestellt, bevor es jemand anderem einfällt. Wir wollten ihn doch nur erschrecken, bis die Gedanken uns erwecken. Der eine Junge fing an zu erzählen, wir wollten ihn doch gar nicht quälen. Er verlor sehr schnell sein Gleichgewicht, an so was dachten wir erst nicht. Wir dachten er würden nur im Wasser tauchen, wie kann man doch so lange tauchen. Später taucht sie auf die Leiche, auf dem Gesicht war große Bleiche. Als die Eltern lasen von diesem Bericht glaubten sie es noch immer nicht. 16CR07