Arbeitsblatt: Ibsen: Nora - alternative Schlussvariante
Material-Details
Arbeitsblatt zu Ibsens alternativer Schlussvariante zum Drama 'Nora - Oder ein Puppenheim'
Deutsch
Leseförderung / Literatur
12. Schuljahr
2 Seiten
Statistik
132114
2338
19
26.05.2014
Autor/in
Véronique Schegg
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Literaturgeschichte Henrik Ibsen: Nora Die alternative Schlussvariante Nach der Publikation von Ein Puppenheim wetteiferte man nahezu darum, Fortsetzungen und Parodien des Stückes zu schreiben. Diverse Rezensenten liessen auch verlauten, dass Ibsen selbst eine Fortsetzung schreiben wolle. Er begnügte sich indessen damit, eine alternative Schlussvariante zu schreiben. In einem offenen Brief vom 17. Februar 1880 an die dänische Zeitung Nationaltidende erklärte Ibsen seine alternative Fassung: „Gleich nach Erscheinen von «Nora» teilte mein Übersetzer und Agent für die norddeutschen Theater, Herr Wilhelm Lange in Berlin, mir mit, er habe Grund zu befürchten, daß eine andere Übersetzung oder «Bearbeitung» des Stückes mit verändertem Schluß herauskäme und wahrscheinlich von verschiedenen norddeutschen Bühnen bevorzugt würde. Um einer solchen Möglichkeit vorzubeugen, schickte ich ihm für den Notfall einen Änderungsentwurf, wonach Nora, ehe sie das Haus verlassen kann, von Helmer an die Tür zum Schlafzimmer der Kinder gedrängt wird. Dort wechseln sie ein paar Repliken, Nora sinkt an der Tür zusammen und der Vorhang fällt. Diese Änderung habe ich meinem Übersetzer gegenüber selbst als eine barbarische Gewalttat an dem Stück bezeichnet. Es geschieht also ganz gegen meinen Willen, wenn man davon Gebrauch macht. Aber ich hege die Hoffnung, daß die Änderung von recht vielen deutschen Bühnen abgelehnt wird. Solange keine literarische Konvention zwischen Deutschland und den skandinavischen Ländern abgeschlossen wird, sind wir nordischen Autoren hier unten völlig rechtlos, ebenso wie es ja die deutschen Autoren bei uns sind. Unsere dramatischen Arbeiten sind hier deshalb häufig gewaltsamer Behandlung durch Übersetzer und Direktoren, durch Regisseure und Schauspieler an kleineren Bühnen ausgesetzt. Aber droht derartiges mir, dann ziehe ich es vor durch frühere Erfahrungen gewitzigt -, die Gewalttat selbst auszuüben, statt meine Arbeiten der Behandlung und «Bearbeitung» durch weniger behutsame und weniger kundige Hände auszusetzen. Die deutsche Premiere des Stückes, am 6. Februar 1880 in Flensburg, wurde in dieser alternativen Variante gespielt. Die Inszenierung erhielt in der Lokalpresse gute Rezensionen. In den grösseren deutschen Städten spielte man das Stück mit der bekannten deutschen Schauspielerin Hedwig Niemann-Raabe als Nora. Angeblich war sie es, die Druck ausübte, um die alternative Fassung durchzusetzen. Die Inszenierung wurde in Hamburg, Hannover und Berlin gespielt, hatte jedoch keinen Erfolg. Am Berliner Residenztheater kam es sogar zu Protestaktionen gegen die Verfälschung des Werkes. Die Schauspielertruppe gab dem Druck nach und beschloss, das Stück in der ursprünglichen Fassung zu spielen. Ausserhalb von Deutschland wurde Ein Puppenheim in Ibsens alternativer Fassung, infolge unserer Übersichten, nur dreimal inszeniert: 1881 am Wiener Stadttheater, 1929 in einer südafrikanischen Tourneeaufführung und 1956 am schwedischen Reichstheater (Riksteatern). Die alternative Fassung NORA: . dass unser Zusammenleben eine Ehe werden könnte. Leb wohl. [Will gehen.] Literaturgeschichte Henrik Ibsen: Nora HELMER: Nun denn gehe! [Fasst sie am Arm.] Aber erst sollst Du Deine Kinder zum letzten Mal sehen! NORA: Lass mich los! Ich will sie nicht sehen! Ich kann es nicht! HELMER: [zieht sie gegen die Thür links]. Du sollst sie sehen. [Öffnet die Thür und sagt leise.] Siehst Du; dort schlafen sie sorglos und ruhig. Morgen, wenn sie erwachen und rufen nach ihrer Mutter, dann sind sie mutterlos. NORA: [bebend]. Mutterlos.! HELMER. Wie Du es gewesen bist. NORA: Mutterlos! [Kämpft innerlich, lässt die Reisetasche fallen und sagt.] O, ich versündige mich gegen mich selbst, aber ich kann sie nicht verlassen. [Sinkt halb nieder vor der Thür.] HELMER: [freudig, aber leise]. Nora! [Der Vorhang fällt.] Quelle: [5.4.2014] Aufträge: 1. Weshalb hat Ibsen einen alternativen zweiten Schluss geschrieben? 2. Wieso bezeichnet er es wohl als „eine barbarische Gewalttat an dem Stück? 3. Welcher Schluss passt deiner Meinung nach besser zum Stück und zu Noras Charakter? Begründe deine Antwort unter Einbezug der vorangehenden Besprechungen zum „Wunderbaren.