Arbeitsblatt: Lesewerkstatt Tolstoi

Material-Details

Lesewerkstatt mit anspruchsvolleres Textverständnissen
Deutsch
Lesefertigkeit
5. Schuljahr
22 Seiten

Statistik

134332
2049
12
26.07.2014

Autor/in

Martin Bircher
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

Downloads Arbeitsblätter / Lösungen / Zusatzmaterial

Die Download-Funktion steht nur registrierten, eingeloggten Benutzern/Benutzerinnen zur Verfügung.

Textauszüge aus dem Inhalt:

Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Leo Tolstoi Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (russisch: ) war ein sehr erfolgreicher russischer Schriftsteller. Er lebte von 1828 bis 1919. Seine berühmtesten Werke sind Krieg und Frieden und Anna Karenina. Tolstoi wollte in Russland die Schulen verbessern und gründete verschiedene Dorfschulen. Einmal schrieb er an eine Verwandte: „Wenn ich eine Schule betrete und diese Menge zerlumpter, schmutziger, ausgemergelter Kinder mit ihren leuchtenden Augen [] sehe, befällt mich Unruhe und Entsetzen, ähnlich wie ich es mehrmals beim Anblick Ertrinkender empfand. Grosser Gott – wie kann ich sie nur herausziehen? wen zuerst, wen später? [] Ich will Bildung für das Volk. Als die Schule durch den Zaren geschlossen wurde, schrieb Tolstoi Bücher, die die Kinder lesen und dabei etwas lernen konnten. In diesen Lesebüchern waren Erzählungen zu Geschichte, Physik, Biologie und Religion und er wollte damit den Kindern aufzeigen, was Gut und Böse ist und wie sie sich verhalten sollten. Diese Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und wurden auch in ausländischen Schulen gelesen. Zitate von Leo Tolstoi: • Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann. • Die allerwichtigste Sache ist; Gutes tun, weil nur dafür der Mensch lebt. • Denke immer daran, dass es nur eine allerwichtigste Zeit gibt, nämlich: sofort. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 1 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der Pflaumenkern Eine wahre Geschichte Die Mutter hatte Pflaumen gekauft und wollte sie den Kindern nach dem Mittagessen geben. Sie lagen noch auf einem Teller. Wanja hatte noch nie Pflaumen gegessen und beschnupperte sie fortwährend. Er fand sie sehr verlockend und bekam grosse Lust, davon zu essen. So krengelte er sich unaufhörlich um die Pflaumen herum. Als sich gerade niemand im Zimmer befand, konnte er nicht widerstehen, nahm eine Pflaume und ass sie auf. Vor dem Mittagessen zählte die Mutter die Pflaumen und sah, dass eine fehlte. Sie erzählte es dem Vater. Beim Mittagessen fragte der Vater: „Sagt mal, Kinder, hat jemand von euch eine Pflaume gegessen? Alle antworteten mit „Nein. Wanja wurde krebsrot und sagte gleichfalls: „Nein, ich habe keine gegessen. Da sagte der Vater: „Dass jemand von euch heimlich die Pflaume gegessen hat, ist nicht schön, aber das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste besteht darin, dass sich in den Pflaumen Kerne befinden und dass jemand, der sie nicht zu essen versteht und einen Kern verschluckt, einen Tag darauf sterben muss. Deswegen bin ich besorgt. Wanja wurde blass und sagte: „Nein, ich habe den Kern aus dem Fenster geworfen. Alle lachten und Wanja brach in Tränen aus. Das Wort „sich krengeln bedeutet so viel wie „sich herumdrücken oder „sich winden. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 2 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 1. Wer hatte die Pflaumen gekauft? gekauft? die Kinder die Mutter 2. Wer sollte die Pflaumen bekommen? die Kinder die Mutter der Vater Wanja der Vater Wanja 3. Weshalb krengelte Wanja sich unaufhörlich um die Pflaumen herum? er passte auf, dass keiner eine Pflaume stibitzte er wollte sie genau anschauen, weil er noch nie eine Pflaume gesehen hatte er überlegte sich, wie er es anstellen sollte, um alle Pflaumen zu bekommen er hatte ein grosses Verlangen, gleich eine Pflaume zu probieren 4. Wann merkte die Mutter, dass eine Pflaume fehlte? als sie eine essen wollte nach dem Mittagessen vor dem Mittagessen als Wanja rot wurde 5. Was tat sie, als sie feststellte, dass jemand heimlich eine Pflaume gegessen hatte? sie lachte sie schimpfte sie erzählte es dem Vater sie ass auch eine Pflaume 6. Was erzählte der Vater den den Kindern? er sagte, Diebe müssten sterben er schimpfte mit den Kindern er sagte, Pflaumen seinen giftig er sagte, Pflaumenkerne seien gefährlich 7. Warum lachten die Kinder? weil sich Wanja selbst verraten hatte weil der Vater mit Wanja schimpfte weil die Mutter mit Wanja schimpfte 8. Warum brach Wanja in Tränen aus? weil der Vater mit ihm schimpfte weil die anderen über ihn lachten weil er sich schämte weil er noch eine Pflaume haben wollte 9. Was hat Wanja wohl wohl aus der Geschichte gelernt? Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 3 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der alte Grossvater und sein kleiner Enkel Fabel Der Grossvater war sehr alt. Seine Beine gehorchten ihm nicht mehr, die Augen sahen schlecht, die Ohren hörten nichts und Zähne hatte er auch keine mehr. Wenn er ass, floss ihm die Suppe aus dem Mund zurück. Der Sohn und die Schwiegertochter liessen ihn nicht mehr am Tisch essen, das Essen wurde ihm hinter den Ofen gebracht. Eines Tages, als man ihm die Suppe in einer Schale hingetragen hatte und er sie zu sich heranrücken wollte, liess er die Schale fallen und sie zerbrach. Die Schwiegertochter machte dem Greis Vorwürfe, dass er ihnen im Haus alles beschädige und das Geschirr zerschlage und sagte, dass sie ihm von jetzt an das Essen in einer Bütte geben werde. Der Greis seufzte nur und sagte nichts. Als der Mann und die Frau einmal zu Hause beisammen sassen, sahen sie, dass ihr Söhnchen auf dem Fussboden mit kleinen Brettern spielte und etwas zimmerte. Der Vater fragte ihn: „Was soll denn das werden, Mischa? Und Mischa antwortete: „Das soll eine Bütte werden, Väterchen. Aus ihr werde ich dir und Mutter zu essen geben, wenn ihr alt geworden seid. Der Mann und die Frau schauten sich an und weinten. Sie schämten sich, dass sie den Greis so gekränkt hatten. Fortan liessen sie ihn wieder am Tisch sitzen und waren freundlich zu ihm. Eine „Bütte ist ein Zuber, also ein grosses Gefäss von runder oder ovaler Form ohne Deckel. Grössere Bütten benutzte man zum Baden oder zum Wäsche waschen. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 4 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 1. Kreuze an, ob die folgenden Aussagen richtig oder falsch sind. Zwei Aussagen können wir nicht genau zuordnen, da wir nicht wissen können, ob sie stimmen oder nicht. Kreuze dort beide Smileys an. Der Grossvater konnte seine Beine nicht mehr richtig bewegen. Der Grossvater konnte noch gut sehen. Der Grossvater hörte alles, was gesprochen wurde. Der Grossvater hatte keine Zähne. Er durfte neben dem Ofen sitzen, weil es dort warm war. Mischa liess die Suppe fallen. Der Grossvater wollte nicht mehr aus dem Teller essen. Der Grossvater war ein Greis. Der Grossvater war unglücklich. Die Schwiegertochter mochte den Grossvater nicht. Mischa bastelte eine Bütte. Die Eltern des Jungen schämten sich. Der Grossvater durfte wieder am Tisch essen. 2. Warum schämten sich Mischas Eltern? Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 5 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der König und das Hemd Ein Märchen Ein König war krank und sagte: „Mein halbes Königreich will ich dem Menschen geben, der mich gesund macht. Da kamen alle Weisen zusammen und berieten, wie man den König gesund machen könnte. Niemand wusste einen Rat. Nur ein Einziger der Weisen sagte, dass der König geheilt werden könnte. Er sagte: „Wenn man einen glücklichen Menschen findet, ihm das Hemd auszieht und dieses Hemd dem König anzieht, dann wird der König gesund werden. Hierauf schickte der König Leute aus, in seinem Königreich nach einem glücklichen Menschen zu suchen; aber die Abgesandten des Königs ritten lange im ganzen Königreich umher, ohne einen glücklichen Menschen finden zu können. Es gab keinen Einzigen, der in allem zufrieden war. Wer reich war, der kränkelte; wer gesund war, der lebte in Not; wer gesund und reich war, der hatte eine schlechte Frau; bei noch anderen taugten die Kinder nichts, so dass jeder über etwas zu klagen hatte. Eines späten Abends kam der Sohn des Königs an einer armseligen Hütte vorbeigeritten und hörte, wie drinnen jemand sagte: „Gott sei Dank, ich habe mich müde gearbeitet, habe mich satt gegessen und kann mich jetzt schlafen legen – was brauche ich noch mehr? Der Sohn des Königs freute sich, als er dies hörte; er befahl, diesem Menschen das Hemd auszuziehen, ihm dafür so viel Geld zu geben, wie er haben wollte und das Hemd dem König zu bringen. Die Abgesandten kamen zu dem glücklichen Menschen und wollten ihm das Hemd ausziehen; aber der glückliche Mensch war so arm, dass er kein Hemd am Leibe hatte. Ein „Abgesandter ist eine Art Bote oder Kurier; jemand, der einen Auftrag zu erfüllen hat. Andere Wörter, die dasselbe bedeuten, sind: Beauftragter, Bevollmächtigter, Delegierter. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 6 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 1. Nummeriere die Sätze in ihrer richtigen Reihenfolge. Es gab keinen Einzigen, der in allem zufrieden war. Die Abgesandten kamen zu dem glücklichen Menschen und wollten ihm das Hemd ausziehen; aber der glückliche Mensch war so arm, dass er kein Hemd am Leibe hatte. Nur ein einziger der Weisen sagte, dass der König geheilt werden könnte. Er sagte: „Wenn man einen glücklichen Menschen findet, ihm das Hemd auszieht und dieses Hemd dem König anzieht, dann wird der König gesund werden. Da kamen alle Weisen zusammen und berieten, wie man den König gesund machen könnte. Niemand wusste einen Rat. Ein König war krank und sagte: „Mein halbes Königreich will ich dem Menschen geben, der mich gesund macht. Der Sohn des Königs freute sich, als er dies hörte; er befahl, diesem Menschen das Hemd auszuziehen, ihm dafür so viel Geld zu geben, wie er haben wollte und das Hemd dem König zu bringen. Wer reich war, der kränkelte; wer gesund war, der lebte in Not; wer gesund und reich war, der hatte eine schlechte Frau; bei noch anderen taugten die Kinder nichts, so dass jeder über etwas zu klagen hatte. Hierauf schickte der König Leute aus, in seinem Königreich nach einem glücklichen Menschen zu suchen; aber die Abgesandten des Königs ritten lange im ganzen Königreich umher, ohne einen glücklichen Menschen finden zu können. Eines späten Abends kam der Sohn des Königs an einer armseligen Hütte vorbeigeritten und hörte, wie drinnen jemand sagte: „Gott sei Dank, ich habe mich müde gearbeitet, habe mich satt gegessen und kann mich jetzt schlafen legen – was brauche ich noch mehr? 2. Schreibe die Geschichte so genau wie möglich selber noch einmal. Verwende alle Wörter und Ausdrücke, an die du dich erinnern kannst. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 7 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der Zar, der Bauer und der Lakai Ein Bauer fand einen kostbaren Stein und wollte ihn dem Zaren bringen. Er ging in den Palast und erkundigte sich bei den Hoflakaien, wie er zum Zaren kommen könne. Ein Hoflakai fragte, wozu er zum Zaren wolle. Der Bauer erzählte es. Da sagte der Lakai: „Gut, ich werde dich dem Zaren melden, aber du musst mir dann die Hälfte von dem abgeben, was du vom Zaren bekommen wirst. Wenn du das nicht versprichst, lasse ich dich nicht zum Zaren. Der Bauer versprach es und der Lakai meldete ihn dem Zaren. Der Zar nahm den Stein und fragte: „Welche Belohnung soll ich dir dafür geben, Bauer? Der Bauer sagte: „Gib mir fünfzig Peitschenhiebe, eine andere Belohnung will ich nicht. Aber ein Diener von dir hat mit mir verabredet, dass ich ihm die Hälfte der Belohnung abgeben muss. Lass also mir fünfundzwanzig und ebenso ihm fünfundzwanzig Hiebe geben. Der Zar lachte; er jagte den Lakaien fort und gab dem Bauern tausend Rubel. 1. Verbinde die Wörter mit ihren Erklärungen. Peitschenhiebe Lakai Zar Schläge mit einem Schlaggerät aus einem Strick oder einem Lederriemen an einem Stiel Ein Lakai am Hof des Zaren Lesewerkstatt_Tolstoi Rubel Hoflakai Vornehmer Diener mit Uniform Höchster russischer Herrscher, Kaiser www.lehrmittelperlen.net Russisches Geld 8 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 2. Findest du alle Wörter, die in den Lücken fehlen? Ein Bauer fand einen kostbaren Stein und wollte ihn dem Zaren bringen. Er ging in den Palast und erkundigte sich bei den Hoflakaien, wie er zum Zaren kommen könne. Ein Hoflakai fragte, wozu er zum Zaren wolle. Der Bauer erzählte es. Da sagte der Lakai: „Gut, ich werde dich dem Zaren melden, aber du musst mir dann die Hälfte von dem abgeben, was du vom Zaren bekommen wirst. Wenn du das nicht versprichst, lasse ich dich nicht zum Zaren. Der Bauer versprach es und der Lakai meldete ihn dem Zaren. Der Zar nahm den Stein und fragte: „Welche Belohnung soll ich dir dafür geben, Bauer? Der Bauer sagte: „Gib mir fünfzig Peitschenhiebe, eine andere Belohnung will ich nicht. Aber ein Diener von dir hat mit mir verabredet, dass ich ihm die Hälfte der Belohnung abgeben muss. Lass also mir fünfundzwanzig und ebenso ihm fünfundzwanzig Hiebe geben. Der Zar lachte; er jagte den Lakaien fort und gab dem Bauern tausend Rubel. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 9 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der König und der Falke Fabel Ein König liess auf der Jagd einen Hasen von seinem geliebten Falken verfolgen und sprengte hinterdrein. Der Falke fing den Hasen. Der König nahm ihm den Hasen ab und suchte nach Wasser, um seinen Durst zu löschen. An einem Hügel fand er Wasser. Aber es rann nur Tropfen für Tropfen herab. Der König nahm seinen Becher und hielt ihn unter das Rinnsal. Das Wasser tröpfelte nur langsam in den Becher und als dieser endlich gefüllt war, führte ihn der König an seinen Mund und wollte trinken. Da wurde der Falke auf der Hand des Königs plötzlich unruhig, schlug mit den Flügeln und verschüttete das Wasser. Der König hielt den Becher noch einmal hin. Er wartete lange, bis sich der Becher bis an den Rand gefüllt hatte und als er ihn dann an den Mund führte, schlug der Falke abermals mit den Flügeln und verschüttete das Wasser. Als der König den Becher zum dritten Male gefüllt hatte und ihn an den Mund führte, verschüttete der Falke wiederum das Wasser. Der König wurde zornig, schmetterte den Falken mit voller Wucht gegen einen Stein und tötete ihn. Jetzt kamen die Diener des Königs geritten und einer von ihnen lief zu der Quelle hinauf, um reichlicher Wasser zu finden und schneller den Becher zu füllen. Doch auch der Diener brachte kein Wasser. Er kehrte mit dem leeren Becher zurück und sagte: „Das Wasser hier kann man nicht trinken; in der Quelle liegt eine Schlange und hat das Wasser mit ihrem Gift verseucht. Ein Glück, dass der Falke das Wasser verschüttet hat. Wenn du dieses Wasser getrunken hättest, wärst du gestorben. Der König sagte: „Da habe ich dem Falken schlecht seinen Dienst gedankt. Er hat mir das Leben gerettet, ich aber tötete ihn. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 10 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 1. Im Text sind 15 falsche Nomen. Ersetze sie durch die folgenden Begriffe Becher Dienst Durst Falken Flügeln Gift Hasen Jagd Leben Mund Quelle Rand Schlange Schlange Stein Wasser Ein König liess auf der Burg einen Hasen von seinem geliebten Adler verfolgen und sprengte hinterdrein. Der Falke fing den Hirsch. Der König nahm ihm den Hasen ab und suchte nach Wasser, um seinen Hunger zu löschen. An einem Hügel fand er Saft. Aber es rann nur Tropfen für Tropfen herab. Der König nahm seinen Krug und hielt ihn unter das Rinnsal. Das Wasser tröpfelte nur langsam in den Becher und als dieser endlich gefüllt war, führte ihn der König an seinen Hals und wollte trinken. Da wurde der Falke auf der Hand des Königs plötzlich unruhig, schlug mit den Füssen und verschüttete das Wasser. Der König hielt den Becher noch einmal hin. Er wartete lange, bis sich der Becher bis an den Himmel gefüllt hatte und als er ihn dann an den Mund führte, schlug der Falke abermals mit den Flügeln und verschüttete das Wasser. Als der König den Becher zum dritten Male gefüllt hatte und ihn an den Mund führte, verschüttete der Falke wiederum das Wasser. Der König wurde zornig, schmetterte den Falken mit voller Wucht gegen einen Baum und tötete ihn. Jetzt kamen die Diener des Königs geritten und einer von ihnen lief zu der Tanne hinauf, um reichlicher Wasser zu finden und schneller den Becher zu füllen. Doch auch der Diener brachte kein Wasser. Er kehrte mit dem leeren Becher zurück und sagte: „Das Wasser hier kann man nicht trinken; in der Quelle liegt eine Hexe und hat das Wasser mit ihrem Geld verseucht. Ein Glück, dass der Falke das Wasser verschüttet hat. Wenn du dieses Wasser getrunken hättest, wärst du gestorben. Der König sagte: „Da habe ich dem Falken schlecht seinen Vogel gedankt. Er hat mir das Pferd gerettet, ich aber tötete ihn. 2. Findest du die 7 weiteren (richtigen) Nomen? Nomen? Unterstreiche sie braun. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 11 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Das Eichhörnchen und der Wolf Fabel Ein Eichhörnchen sprang von einem Zweig auf den andern, glitt ab und fiel geradewegs auf einen verschlafenen Wolf. Der Wolf sprang auf und wollte es fressen. Das Eichhörnchen begann zu betteln: „Lass mich los. Der Wolf sagte: „Gut, ich werde dich loslassen, nur sage mir, wieso ihr Eichhörnchen immer so fröhlich seid. Mir ist immer trübselig zumute, aber blickt man zu euch hinauf, da spielt ihr dort oben in einem fort und springt herum. Das Eichhörnchen sagte: „Lass mich zuerst auf den Baum zurück, von dort werde ich es dir sagen, denn so habe ich Angst vor dir. Der Wolf liess es los. „Dir ist trübselig zumute, weil du böse bist. Die Bosheit zehrt an deinem Herzen. Wir aber sind fröhlich, weil wir gutmütig sind und niemandem etwas zuleide tun. 1. Suche fünf verschiedene Adjektive. Unterstreiche sie gelb. 2. Schreibe den ersten Satz auf, füge aber an passender Stelle ein zusätzliches Adjektiv ein. 3. Suche zehn verschiedene Verben. Unterstreiche sie blau. 4. Denke dir einen Satz aus, der zur Geschichte passt und unterstreiche unterstreiche die Verben darin blau. 5. Wie viele verschiedene Nomen findest du? Unterstreiche sie braun. braun. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 12 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Was die Tante darüber erzählte, wie sie das Nähen erlernte Erzählung Als ich sechs Jahre alt war, bat ich meine Mutter, mir etwas zum Nähen zu geben. Die Mutter sagte: „Du bist noch klein, du wirst dir nur die Finger zerstechen. Aber ich liess ihr keine Ruhe. Da nahm die Mutter einen grünen Flicken aus der Truhe und gab ihn mir; dann fädelte sie einen grünen Faden in die Nadel ein und zeigte mir, wie man sie halten musste. Ich begann zu nähen, konnte aber keine gleichmässigen Stiche machen: Der eine Stich wurde zu gross, ein anderer geriet unmittelbar auf den Rand und der Faden riss. Dann stach ich mir in den Finger und wollte Tränen unterdrücken, aber die Mutter fragte mich: „Was hast du? Da konnte ich nicht mehr an mich halten und fing an zu weinen. Darauf befahl mir die Mutter, spielen zu gehen. Als ich mich schlafen gelegt hatte, träumte ich immerfort von den Stichen; ich dachte unentwegt daran, wie ich bloss schnell das Nähen erlernen könnte und es schien mir so schwer zu sein, dass ich es nie erlernen würde. Aber jetzt, wo ich erwachsen bin, erinnere ich mich nicht mal, wie ich es erlernt habe. Und wenn ich mein Töchterchen nähen lehre, wundere ich mich, dass sie nicht die Nadel zu halten versteht. 1. Erzähle, wie du selber schon etwas gelernt hast, was dir dir am Anfang sehr schwer vorkam und was später ganz selbstverständlich war. Vielleicht kannst du dir heute auch nicht mehr vorstellen, warum dir das damals so viel Mühe machte. Baue deine Geschichte ganz ähnlich auf, wie es Leo Tolstoi in seiner Erzählung getan hat. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 13 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der Wolf und der Hund Ein magerer Wolf streifte am Dorfrand umher und begegnete einem fetten Hund. Der Wolf fragte den Hund: „Sage mal, woher nehmt ihr Hunde das Futter? Der Hund antwortete: „Das geben uns die Menschen. „Da müsst ihr für die Menschen einen schweren Dienst leisten? Der Hund sagte: „Nein, unser Dienst ist nicht schwer. Unsere Aufgabe besteht darin, nachts den Hof zu bewachen. „Und allein dafür werdet ihr so gut gefüttert?, sagte der Wolf. „Da würde ich gleich bei euch in Dienst treten, denn wir Wölfe haben es schwer, uns Futter zu beschaffen. „Nun, dann komm doch, sagte der Hund. „Mein Herr wird auch dich ebenso füttern. Der Wolf freute sich und folgte dem Hund, um bei den Menschen in Dienste zu treten. Sie waren schon bis an das Hoftor gekommen, als der Wolf sah, dass das Fell des Hundes am Halse abgescheuert war. Er fragte: „Wie kommt das, Hund? Wodurch ist dein Fell abgescheuert? „Das kommt von selbst, sagte der Hund. „Wie von selbst? „Na ja, durch die Kette. Tagsüber bin ich doch angekettet, da hat die Kette am Hals etwas das Fell zerrieben. „Nun, dann lebe wohl, Hund, sagte der Wolf. „Ich komme nicht mit, den Menschen zu dienen. Lieber will ich nicht so dick, aber dafür in Freiheit sein. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 14 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi 1. Wo trafen sich der Wolf und der Hund? 2. Welche zwei gegensätzlichen Adjektive beschreiben die beiden Tiere? Hund Wolf 3. Woher nimmt der Hund das Futter? Futter? 4. Woher nimmt der Wolf das Futter? Futter? 5. Was muss der Hund als Gegenleistung tun? 6. Was wünscht sich der Wolf, als er das hört? hört? 7. Was entdeckt der Wolf, was ihm nicht so sehr gefällt? gefällt? 8. Warum will der Wolf nun doch nicht zu den Menschen Menschen gehen? 9. Um welche beiden Gegensätze geht es im Schluss der Geschichte? 10. 10. Welche der beiden Lebensformen würdest du wählen? Warum? Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 15 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Das Findelkind Eine wahre Geschichte Eine arme Frau hatte eine Tochter, Mascha mit Namen. Als Mascha eines Morgens Wasser holen ging, sah sie, dass vor der Türe ein in Lumpen gewickelter Gegenstand lag. Mascha stellte die Eimer hin und machte sich daran, die Lumpen auseinanderzuwickeln. Als sie das Bündel berührte, ertönten aus ihm Schreie: „Ua! Ua! Ua! Mascha bückte sich und sah, dass es ein noch ganz rotes Neugeborenes war. Es schrie aus vollem Halse: „Ua! Ua! Ua! Mascha nahm es in den Arm, brachte es ins Haus und begann, ihm Milch einzulöffeln. Die Mutter fragte: „Was hast du da gebracht? Mascha sagte: „Ein Kindchen, ich habe es vor unserer Türe gefunden. Die Mutter sagte: „Wir sind auch so schon arm, wie sollen wir da noch das Kind ernähren? Ich werde zum Vorsteher gehen und sagen, man soll es uns abnehmen. Mascha begann zu weinen und sagte: „Mütterchen, es wird nicht viel essen, lass es uns doch behalten. Sieh nur, was es für verschrumpelte rote Händchen und Füsschen hat! Die Mutter schaute hin und bekam Mitleid mit dem Kindchen. Sie liess es dableiben. Mascha fütterte das Kindchen, wickelte es in Windeln und sang ihm Lieder, wenn sie es schlafen legte. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 16 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi falsch lsch sind oder ob das aus dem Text nicht 1. Kreuze an, ob die folgenden Aussagen richtig oder fa erkennbar ist. ist. Ein Junge namens Mascha musste Wasser holen gehen. Vor der Haustür fand Mascha einige Tücher mit etwas drin. Sie holte zuerst Wasser und öffnete dann die Tücher. Mascha hörte einen kleinen Jungen schreien. Sie trug das Paket mit dem Kind ins Haus. Mascha gab dem Kind etwas zu essen. Die Mutter wollte das Baby an einen anderen Ort bringen. Sie sagte: „Wir sind arm und können kein weiteres Kind haben. Mascha wurde sehr traurig. Sie sagte: „Das Kind ist krank, es ist ganz rot Dem Kind gefällt es gut bei Mascha und ihrer Mutter. Mascha war wie eine Mutter zu dem Baby. Sie gaben ihm den Namen Mischa. 2. Schreibe auf, wie die Geschichte weiter gehen könnte. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 17 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Der Adler und das Wildschwein Ein Adler baute sich auf einem Baum ein Nest und brütete junge Adler aus. Unter dem Baum aber brachte ein Wildschwein Ferkel zur Welt. Der Adler flog nach Beute aus und kehrte damit zu seinen Jungen zurück; die Sau wühlte unter dem Baum die Erde auf, ging in den Wald und brachte zur Nacht Futter für ihre Ferkel. So lebten der Adler und die Sau in Freundschaft miteinander. Ein Kater beschloss, die jungen Adler und die Ferkel zu vertilgen. Er ging zu dem Adler und sagte: „Fliege nicht zu weit weg, Adler. Pass auf die Sau auf. Die hat Schlimmes im Sinn: Sie will den Baum mit den Wurzeln untergraben. Schau hin, wie sie dort immerzu herumwühlt. Dann ging der Kater zur Sau und sagte: „Du hast einen bösen Nachbarn, Schwein. Gestern hörte ich, wie der Adler zu seinen Jungen sagte: ‚Nun, Kinderchen, werde ich euch bald mit Ferkelfleisch bewirten. Wartet nur, bis die Sau fortgeht, dann bringe ich euch ein leckeres Ferkelchen zu verspeisen. Von da an flog der Adler nicht mehr nach Beute und das Schwein hörte auf, in den Wald zu gehen. Die jungen Adler und die Ferkel krepierten vor Hunger und der Kater frass sie auf. • die Schweinemutter nennt man iMutterkuhi iSaui iStutei • Schweinejungen nennt man iFerkeli iFohleni iKükeni • vertilgen bedeutet iauffresseni ianfertigeni ivertreibeni • krepieren bedeutet ikreiseni ikrempelni isterbeni Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 18 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Die Henne und ihre Küken Eine Henne hatte Küken ausgebrütet und wusste nicht, wie sie die Küken behüten sollte. Sie sagte zu ihnen: „Schlüpft in die Eierschalen zurück, dann werde ich mich wieder auf euch setzen, wie ich vorher gesessen habe und euch behüten. Die Küken gehorchten und machten sich daran, in die Eierschalen zurückzuschlüpfen, aber sie brachten das trotz aller Mühe nicht fertig und zerdrückten sich nur die Flügel. Da sagte eines der Küken zur Mutter: „Wenn wir immer in den Eierschalen bleiben müssen, dann hättest du uns lieber gar nicht erst ausbrüten sollen. Der Falke und der Hahn Der Falke hatte sich an seinen Herrn gewöhnt und flog zu ihm auf die Hand, wenn er ihn rief; der Hahn flüchtete vor seinem Herrn und krähte, wenn man sich ihm näherte. Einst sagte der Falke zum Hahn: „Ihr Hähne kennt keine Dankbarkeit – man sieht, dass ihr von niederer Rasse seid. Ihr geht nur zu euren Herren, wenn ihr Hunger habt. Ganz anders wir wilden Vögel: Wir sind ungeheuer stark und können schneller fliegen als alle anderen, aber wir flüchten nicht vor den Menschen, sondern kommen sogar freiwillig auf die Hand, wenn sie uns rufen. Wir denken daran, dass sie uns füttern. Da sagte der Hahn: „Ihr flüchtet nicht vor den Menschen, weil ihr noch nie einen gebratenen Falken gesehen habt; wir aber sehen sehr oft gebratene Hühner. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 19 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Die Ente und der Mond Eine Ente schwamm auf dem Fluss und suchte nach Fischen, hatte aber den ganzen Tag über keinen einzigen gefunden. Als die Nacht anbrach und die Ente auf dem Wasser den Mond erblickte, dachte sie, es sei ein Fisch und tauchte unter, um den Mond zu fangen. Die andern Enten sahen dies und machten sich über sie lustig. Seitdem war die Ente so verschüchtert und zaghaft, dass sie, auch wenn sie Fische im Wasser erblickte, keine mehr fing und vor Hunger krepierte. Der Greis und der Tod Fabel Ein Greis hatte Holz gefällt, lud es sich auf und ging heimwärts. Der Weg war weit; der Greis ermüdete, warf das Bündel ab und sagte: „Ach, wenn bloss der Tod käme! Der Tod kam und sagte: „Hier bin ich, was willst du von mir? Da erschrak der Greis und sagte: „Hilf mir, das Bündel aufzuheben. Drei Semmeln und eine Brezel Fabel Ein Bauer hatte Hunger. Er kaufte eine Semmel, ass sie auf – und war immer noch hungrig. Er kaufte eine zweite Semmel, ass sie auf – und war immer noch hungrig. Er kaufte eine dritte Semmel, ass sie auf – und war immer noch hungrig. Dann kaufte er ein paar Brezeln, ass eine davon und war satt. Da schlug sich der Bauer auf den Kopf und sagte: „Ich Schafskopf! Wozu habe ich unnütz so viele Semmeln gegessen? Hätte ich doch von vornherein eine Brezel gegessen! Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 20 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Eine Krähenmutter und ihre Jungen Eine Krähenmutter hatte sich auf einer Insel ihr Nest gebaut und als die Jungen ausgeschlüpft waren, wollte sie diese von der Insel aufs Festland hinüberschaffen. Zuerst nahm sie eine der jungen Krähen in ihre Krallen und flog mit ihr auf das Meer hinaus. Als sie bis zur Mitte des Meeres gekommen war, ermattete die alte Krähe, bewegte die Flügel langsamer und dachte: Jetzt bin ich stark und sie ist schwach, ich werde sie über das Meer tragen; aber wenn sie stark geworden sein wird und ich vom Alter geschwächt sein werde – ob sie sich dann wohl an meine Mühen erinnern und mich auch von einem Ort zum andern tragen wird? Und die alte Krähe fragte das junge Krählein: „Wenn ich schwach geworden bin und du stark sein wirst, wirst du mich dann tragen? Sage mir die Wahrheit! Das junge Krählein fürchtete, dass die Mutter es ins Meer werfen würde und sagte: „Ja, ich werde. Aber die alte Krähe glaubte ihrem Kinde nicht und öffnete die Krallen. Das junge Krählein fiel wie ein Knäuel hinunter und ertrank im Meer. Hierauf flog die alte Krähe allein über das Meer zu ihrer Insel zurück. Nun nahm sie das zweite Krählein und flog auch mit ihm auf das Meer hinaus. Über der Mitte des Meeres wurde sie abermals müde und fragte ihr Junges, ob es sie, wenn sie alt geworden, von einem Ort zum andern tragen wird. Dem jungen Krählein wurde bange, dass die Mutter es fallen lassen würde und es sagte: „Ja, ich werde. Die Mutter glaubte auch diesem Kinde nicht und warf es ins Meer. Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 21 Aus dem Lesebuch von Leo Tolstoi Als die alte Krähe zu ihrem Nest zurückkehrte, war nur noch ein einziges Krählein übriggeblieben. Sie nahm ihr letztes Kind und flog mit ihm auf das Meer hinaus. Als sie bis zur Mitte des Meeres gekommen und müde geworden war, fragte sie: „Wirst du mich, wenn ich alt geworden bin, füttern und von einem Ort zum andern tragen? Das junge Krählein sagte: „Nein, das werde ich nicht. – „Warum nicht?, fragte die Mutter. „Wenn du alt geworden bist, werde ich erwachsen sein und selber ein Nest und eigene Junge haben. Die werde ich dann füttern und von Ort zu Ort tragen. Da dachte die alte Krähe: Dieses Kind hat die Wahrheit gesagt, dafür werde ich mich mit ihm abmühen und es über das Meer tragen. Und die alte Krähe liess das junge Krählein nicht fallen, sondern nahm ihre letzte Kraft zusammen, schwang die Flügel und brachte es aufs Festland, damit es sich dort ein Nest baue und selber Junge ausbrüte. Quellen Bi Bilder Lehrmittel Boutique Marisa Herzog Quelle: Das neue Alphabet von Leo Tolstoi Bilder: [2011] JupiterImages Corporation Wikimedia Commons: • Leo Tolstoi (Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski) • Bütte (Badender Ritter, runeberg.org) • Pflaumen (StMH) • Zar Michael (Tretjakow Galerie) • Bütte (Wäscherin von Chardin) • Falke (Ph. Oelwein) Lesewerkstatt_Tolstoi www.lehrmittelperlen.net 22