Arbeitsblatt: Das Wiedersehen

Material-Details

von Gertrud Schneller
Deutsch
Textverständnis
5. Schuljahr
1 Seiten

Statistik

157552
1730
10
14.02.2016

Autor/in

Adrian Haas
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

Downloads Arbeitsblätter / Lösungen / Zusatzmaterial

Die Download-Funktion steht nur registrierten, eingeloggten Benutzern/Benutzerinnen zur Verfügung.

Textauszüge aus dem Inhalt:

KBMS SG/ AR/ GL Aufnahmeprüfung 2007 Das Wiedersehen 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Peters Hand zittert leicht, als er sie auf die Türklinke legt. Rascher als nötig geht er auf den hintersten, in der rechten Ecke des Cafés stehenden Tisch zu. Dann bleibt er stehen und sagt: »Ich wusste, dass ich dich hier finden werde.« Der Angeredete blickt überrascht hinter dem grossen Zeitungsblatt hervor. Als er Peter sieht, lässt er das Blatt fallen und ruft: »Du! Bist du schon wieder.« Das letzte Wort lässt er unausgesprochen. Aus Pietätsgründen, wie der andere vermutet. »Drei Jahre sind lange genug«, meint Peter leise. Jean nickt, rückt den Stuhl zurecht und heisst ihn Platz nehmen. »Trinkst du einen Schwarzen?« »Gerne.« Der Kellner kommt. Sein Blick richtet sich suchend auf den Gast. Dann plötzlich scheint ein Erinnern auf sein Gesicht zu kommen. »Der wusste es auch, nicht wahr?«, sagt Peter. »Ach«, erwidert Jean, »Kellner wissen alles. Mach dir nichts daraus.« Sie schweigen. Dann sagt Peter leise: »Bist du noch immer auf der Bank?« »Ja.« »Ich wusste es. So sicher, wie ich wusste, dich zu dieser Tageszeit hier beim Lesen der Zeitung antreffen zu können.« »Hast du schon Arbeit?«, fragt der andere. »Ja, ja. Dafür hat man gesorgt. Morgen kann ich bereits anfangen. Und du, du bist Prokurist geworden, nicht wahr?« Jean nickt. »Ich würde es nie mehr tun«, sagt Peter leise. »Nie mehr.« Jean nickt wieder. »Wirst du wieder bei Frau Ruegg wohnen?« »Nein. Ich wollte. Aber sie hatte alle möglichen Ausreden, als ich heute Morgen bei ihr vorbeiging. Die wirkliche Strafe, weisst du, die kommt erst jetzt«. »Nein, nein. Das ist es sicher nicht«, sagt Jean rasch. »Bedenke, es herrscht ein grosser Zimmermangel.« Sie schweigen wieder. Jean zündet eine Zigarette an und spielt mit dem Blatt der Zeitung, während Peter nachdenklich in seinem Schwarzen rührt. Plötzlich blickt Jean auf die Uhr, ruft den Kellner und zahlt. »Ich muss jetzt gehen. Verzeih, bitte. Mein Zug fährt in einer halben Stunde. Ich fahre für drei Wochen aufs Land. Meine langweilige Bronchitis, du weisst ja.« Peter wird blass. Auch der, denkt er bitter, auch der hat Ausreden. Mein einziger Freund. Er gibt Jean die Hand und wünscht ihm gute Erholung. Obwohl er nicht an diese Reise und nicht an seine Erholung glaubt. Peter sitzt nun allein am Tisch. Seine Rechte spielt zitternd auf dem Blatt der Tageszeitung. Sein Blick ist gesenkt. Er sieht deshalb nicht, wie Jean sich bei der Tür entschlossen umwendet und auf den hintersten, in der rechten Ecke stehenden Tisch zusteuert. Erst als er dicht vor ihm steht, blickt er überrascht auf. »Hast du etwas vergessen?«, fragt Peter. »Ja. Ich habe vergessen, dir den Schlüssel zu geben.« »Den Schlüssel. Welchen Schlüssel?« »Den Schlüssel zu meiner Wohnung. Du kannst, solange ich weg bin, bei mir wohnen.« Gertrud Schneller