Arbeitsblatt: Hiroshima
Material-Details
Quellentexte mit niveaudifferenzierten Aufgaben
Geschichte
Anderes Thema
9. Schuljahr
2 Seiten
Statistik
169901
577
11
17.03.2017
Autor/in
Sarah Holdener
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
H 36.1.12 Hiroshima 1 Hiroshima «Ich machte die ganze Zeit über Aufnahmen und versuchte, den Aufruhr da unten über der Stadt einzufangen. Der Pilz an sich war ein grossartiger Anblick, eine brodelnde Masse aus purpurrot-grauem Rauch: Man konnte sehen, dass er im Innern einen roten Kern hatte und dass alles darin brannte.» So der Fotograf zum Bild rechts – der Heckschütze Robert Caron des Bombers Enola Gay über die am 6. August 1945 um 08:16:02 Uhr 579 Meter über dem Boden explodierende erste Atombombe. «Keiner von uns hatte wohl mit einem solchen Anblick gerechnet. Eine Stadt, die wir vor zwei Minuten klar vor unseren Augen hatten liegen sehen, konnten wir jetzt nicht mehr erkennen», erinnerte sich der Co-Pilot Robert Lewis. Mit dem Bombenabwurf auf die japanische Stadt Hiroshima beginnt das Atomzeitalter. Die Stadt wurde deshalb zum Ziel, weil sie beim Anflug des Flugzeuges nicht durch Wolken verdeckt war, weil keine amerikanischen Kriegsgefangenen dort stationiert waren und weil sie noch wenig beschädigt worden war, die amerikanische Luftwaffe also die Folgen dieser neuen Waffe gut messen konnte. Und diese waren verheerend: zwischen 90 00 und 200 00 Menschen wurden gleichsam verdampft, 60 00 starben in den nächsten Tagen an der Strahlendosis und 90 00 sind bis heute an der Verstrahlung gestorben. Nach einer zweiten Atombombe drei Tage später auf die Stadt Nagasaki kapitulierte Japan bedingungslos – der USA blieb eine verlustreiche Eroberung der Insel erspart. Deshalb sagte der Pilot Paul Tibbets (1917–2007) später: «Ja, ich würde es wieder tun, wenn die Kriegslage und die Umstände genau dieselben wären.» 1. Allerdings: Hätte es neben einer Eroberung Japans nicht andere Möglichkeiten gegeben, den Krieg zu beenden? Brauchte es die mindestens 250 00 zivilen Menschenopfer? 2. Die damals 20-jährige Akiko Takakura: «Der Feuerwirbel, der die ganze Straße bedeckte, näherte sich uns aus Richtung Ote-machi. Also versuchte jeder verzweifelt, vom Feuer fern zu bleiben. Es war wie die lebende Hölle. Nach einer Weile begann es zu regnen. Das Feuer und der Rauch machten uns so durstig und es gab nichts zu trinken, kein Wasser, und der Rauch zerstörte auch noch unsere Augen. Als es zu regnen begann, öffneten die Menschen ihre Münder, reckten ihre Gesichter gen Himmel und versuchten, den Regen zu trinken, aber es war nicht leicht, die Regentropfen mit dem Mund aufzufangen. Es war schwarzer Regen mit dicken Tropfen. [.] Was ich in dem Moment fühlte, war, dass ganz Hiroshima mit drei Farben bedeckt war. Ich erinnere mich an Rot, Schwarz und Braun, aber nichts weiter. Viele Menschen auf der Straße wurden unmittelbar getötet. Die Fingerspitzen dieser Toten fingen Feuer und das Feuer breitete sich von den Fingern allmählich über den ganzen Körper aus. Eine hellgraue Flüssigkeit tropfte von ihren Händen und versengte ihre Finger. Ich war so geschockt darüber, dass Finger und Körper so verbrannt und deformiert werden konnten. Ich konnte es einfach nicht glauben. Es war schrecklich. Während ich das sah, war es für mich H 36.1.12 Hiroshima 2 mehr als schmerzhaft, mir vorzustellen, wie diese Finger verbrannten, Hände und Finger, die eigentlich Babys halten oder Seiten umblättern, dass sie einfach so verbrannten.» H 36.1.12 Hiroshima 3 Erläuterungen und Lösungen 1. Die Tatsache, dass die Atombombe die Invasion der Insel ersparte, ist wohl richtig, allerdings stellt sich die Frage, ob die japanische Regierung nicht auch ohnehin an Kapitulation dachte, ob nicht auch der Eintritt der Sowjetunion und ihr Einfall in die Mandschurei die Kapitulation nach sich gezogen hätte. Ferner lässt sich auch fragen, ob wenn schon die Atombombe eingesetzt wurde, dies nicht auf unbewohntem Gebiet im Sinn einer Demonstration oder notfalls gegen ein militärisches Ziel hätte geschehen können. Die Diskussion dieser Fragen dauert bis heute an. Kaum bestritten wird, dass die Explosion über Nagasaki mit vermutlich rund 150 00 Opfern bis heute, zu einem Zeitpunkt, als die Regierung bereits die Kapitulation diskutierte, überflüssig war. 2. Dieses Zitat eines Explosionsopfers (japanisch ‹Hibakusha›) steht für einmal ohne direkte Frage – Beobachtungen zu diesem Text werden sich von selbst ergeben. Er kontrastiert mit der Sicht des Heckschützen, des Co-Piloten und des Piloten, die sich ihrerseits untereinander unterscheiden. Nicht nur die Getöteten, auch die Überlebenden wurden fürchterliche Opfer: Strahlenkrankheiten, Angst davor, gesellschaftliche Ächtung (man hielt die Strahlenkrankheit zuerst noch für ansteckend) und das Schuldbewusstsein, überlebt zu haben, quälen sie bis heute. Tiefer auf die Problematik der Entwicklung des Krieges geht die Themeneinheit 36.3. ein. Bildquelle aus: History Helpline, 2009