Arbeitsblatt: Reformation Schweiz

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Reformation in der Schweiz Text
Geschichte
Neuzeit
7. Schuljahr
10 Seiten

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1129
19
13.04.2018

Autor/in

Marina Figueiredo
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Schweizer Geschichte Reformation und Gegenreformation Die Reformation begann in der Schweiz wie in Deutschland als religiöse Erneuerungsbewegung und endete in einer tiefen politischen Spaltung zwischen den Städten des Mittellandes und der ländlich geprägten Zentralschweiz. Sie führte in den reformierten Gebieten zu einer strenger durchgesetzten katholischen öffentlichen Gebieten Moral blieben (und insgeheim Lebensfreude, Doppelmoral), Sinnlichkeit und in den volkstümliche Belustigungen (wie etwa das Tanzen) trotz moralistischer Bestrebungen der Gegenreformation eher geduldet. Hingegen brachte die Reformation keine grössere Freiheit, weder privat (im Sinne der Gewissensfreiheit) noch politisch (demokratische Rechte). Forderungen dieser Art wurden zwar wiederholt erhoben, fanden aber von wenigen Ausnahmen abgesehen kein Gehör. Humanismus und Renaissance Der Humanismus als neue geistige Strömung ging von Italien aus. Zentren der Bewegung waren Venedig, Florenz, Mailand, Ferrara und Rom. Gegen Ende des 14. Jahrhundert besannen sich Dichter und Gelehrte auf die antike, griechisch römische Kultur zurück. Dieser Trend wurde durch Emigranten aus Byzanz (Konstantinopel) verstärkt: 1389 eroberten die Türken den Balkan, 1453 fiel auch Konstantinopel, Untergang des oströmischen Reiches. Die mittelalterliche Form der Theologie [Glaubenslehre], die Scholastik, die allein auf der kirchlichen Tradition beruhte, wurde in Frage gestellt. Die neuen Impulse bewirkten eine Wandlung des Lebensgefühls vom mittelalterlichen viator mundi [Pilger zur himmlischen Heimat] hin zum faber mundi [Schöpfer und Beherrscher der Welt]. Neues Ideal war der uomo universale, die umfassend gebildete Persönlichkeit, die sich in Harmonie mit der Natur weiss und alles kann, wenn sie nur will (vom Universalgenie Leonardo da Vinci (1452 1519) schon fast perfekt verkörpert). Sichtbaren Ausdruck fand das neue Lebensgefühl in der so genannten Renaissance vor allem in Architektur, bildender Kunst (Raffael, Michelangelo, Botticelli) und Musik (reine Instrumentalmusik: Orlando di Lasso, Palestrina). Nördlich der Alpen verbreitete sich die Renaissance Kunst mit Verzögerung, unter den Malern ragt Hans Holbein der Jüngere (1497 1543) heraus, der 1519 1532 in Basel lebte. Einen Aufschwung erlebte auch das Theater (William Shakespeare 1554 1616). In der Schweiz lieferte vor allem der Nationalheld Wilhelm Tell Stoff für ein engagiertes Volkstheater, das oft die Zeitumstände kritisch beleuchtete. Der reformatorische und gegenreformatorische Moralismus führte allerdings zum Verbot von Theaterspielen (1616 in Luzern, 1617 in Genf, 1624 in Zürich), da die Darsteller von lasterhaften Personen angeblich hernach grad eben von diesen Lastern eingenommen seien. Es muss hier offen bleiben, wieweit die moralischen Bedenken nur vorgeschoben wurden, um politisch unliebsame Kritik zum Verstummen zu bringen. Die Universität Basel Anstoss zur Gründung der Universität Basel, (der ersten und bis ins 19. Jahrhundert hinein einzigen in der Schweiz) bildete die Teilnahme zahlreicher Gelehrter aus ganz Europa am Basler Konzil (1431 1449). Theologie [Glaubenslehre] und Recht wurden bereits ab 1432 gelehrt, die formelle Gründung mit päpstlicher Bewilligung erfolgte allerdings erst 1460. Der Gelehrte Erasmus von Rotterdam (1467 1536) wirkte ab 1521 in Basel. Erasmus suchte einen Ausgleich zwischen der neuen humanistischen Geisteshaltung und der christlichen Frömmigkeit. Sein Hauptwerk war eine wissenschaftlich aus z.T. voneinander abweichenden Handschriften erarbeitete Ausgabe des Neuen Testamentes in der griechischen Ursprache (1516). Wichtige Fortschritte in der Medizin sind Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus zu verdanken, der 1526 1528 als Stadtarzt wirkte. Kirchliche Missstände Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts herrschte nördlich der Alpen eine weitverbreitete Unzufriedenheit über den Reichtum der Kirche, der die geistliche Verflachung und die sittliche Verwahrlosung des Klerus (Priester und Mönche) förderte, in Deutschland war jeder 9. Einwohner ein Kleriker. Obwohl die Kirche offiziell den Zölibat [Ehelosigkeit] der Kleriker forderte, hatten die meisten Kleriker mehr oder weniger clandestine [heimliche] sexuelle Beziehungen zu Frauen (es war sogar schon vorgekommen, dass ein unehelicher Sohn eines Papstes zum Papst gewählt wurde) die hohen Kleriker (Bischöfe, Äbte, Kanoniker), die ihre Aufgaben ungebildeten Vikaren [Stellvertretern] überliessen, um ungestört ein aufwändiges Leben führen oder gelehrte Studien treiben zu können die Verrechtlichung der kirchlichen Heilsmittel: aus der Beichte (persönliches Schuldbekenntnis beim Pfarrer mit Beratung) war ein religiös und sittlich wertloses, für die Kirche aber einträgliches System von Bussen und Ablässen geworden, während die Prediger die Angst vor Hölle und Fegefeuer anheizten das sterile Formelwesen der scholastischen Theologie und die dadurch unpersönlichen Gottesdienste Seit dem hohen Mittelalter waren unzählige Reformbemöhungen in den Klöstern, auf Konzilen [Bischofsversammlungen], durch päpstliche Erlasse ebenso wie Reformbewegungen von besonders engagierten Leuten gescheitert. Die Ursache ist im letztlich unüberbrückbaren Gegensatz zwischen einer total der Machtpolitik verschriebenen Amtskirche (Papst, Bischöfe, wichtige Äbte) und den in der Bibel überlieferten Lehren des charismatischen Religionsstifters Jesus von Nazareth zu finden, auf die sich die Reformer bei allen Unterschieden in der Auslegung und in den Schwerpunkten immer beriefen. Die Reformation Martin Luthers 1517 1521 In Deutschland hatte der Rechtsstudent Martin Luther (1483 1546) während eines Gewitters 1505 ein Bekehrungserlebnis und trat in ein Kloster ein, studierte Theologie und wurde 1512 Professor der Bibelauslegung. Seine persönliche Frage wie kriege ich einen gnädigen Gott? trieb ihn in ein intensives Bibelstudium. In den Paulus Briefen fand er 1513 die Antwort: Rechtfertigung [Freispruch vor Gottes Gericht] erlangt der schuldverstrickte Mensch nicht durch Willensanstrengung oder gute Werke, sondern allein durch die Gnade [grosszügiger Verzicht auf Strafe] Gottes. 1517 schlug Luther 95 kirchenkritische Thesen an der Kirchentür der Schlosskirche von Wittenberg an. Sie verbreiteten sich rasch und lösten lebhafte Diskussionen aus. Die Kirche versuchte Luther als Ketzer [Verbreiter irriger Glaubensauffassungen] den Prozess zu machen, Luther wurde aber durch den Kurfürsten Friedrich den Weisen geschützt. 1520 verfasste Luther drei Programmschriften: 1. An den christlichen Adel deutscher Nation: von des christlichen Standes Besserung (politisch: Forderung nach einem deutschen Reformkonzil) 2. Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche (dogmatisch [die Glaubenslehre betreffend]: Von den sieben Sakramenten [zeichenhaften Feiern, die dem Menschen Gottes Zuwendung vermitteln sollen] seien nur Taufe und Abendmahl vom Evangelium [vom Neuen Testament der Bibel] her begründbar; sola scriptura: radikale Kirchenreform, nur die Bibel, nicht die kirchliche Tradtion sollte massgebend sein) 3. Von der Freiheit eines Christenmenschen (ethisch: die Rechtfertigung des sündigen [schuldverstrickten] Menschen vor Gottes Gericht kann nur sola fide [durch den Glauben] sola gratia [als Gnade Gottes] erfahren werden) Die Schriften Luthers sorgten für einen gewaltigen Anstieg der Buchproduktion, Flugblätter trugen die Grundanliegen Luthers in breiteste Bevölkerungskreise. 1521 wurden Luthers Thesen auf dem Reichstag in Worms diskutiert. Die Ächtung Luthers durch Kaiser Karl V. blieb wirkungslos, da Luther vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen in Sicherheit gebracht wurde. 1522 erschien Luthers deutsche Übersetzung des Neuen Testamentes. Bis zu dieser Zeit gab es keine einheitliche deutsche Sprache, sondern nur eine grosse Vielfalt von Dialekten [Mundarten]. Durch die grosse Verbreitung der Lutherbibel entstand erst die weitgehend einheitliche neuhochdeutsche Schriftsprache, wobei sich das Lutherdeutsch in katholischen Gebieten erst im 18. Jahrhundert etablierte. In Deutschland schlossen sich viele Fürsten Luthers Auffassungen an, Klöster wurden aufgelöst, kirchliche Güter verstaatlicht Säkularisation). Luther heiratete 1525 eine ehemalige Nonne [Klosterfrau]. Viele Priester taten es ihm gleich. Als Luther 1525 in der Streitschrift De servo arbitrio die Überzeugung des Erasmus von Rotterdam scharf ablehnte, dass jeder Mensch einen freien Willen habe, wandten sich viele Humanisten von ihm ab. Die Zürcher Reformation Zwinglis 1523 Huldrych (Ulrich, Huldreych) Zwingli (1484 1531) stammte aus Wildhaus (Toggenburg SG), studierte bei Erasmus von Rotterdam in Basel sowie in Wien, wurde Priester und Pfarrer in Glarus. Als Feldprediger der Glarner erlebte Zwingli die Mailänderkriege und die Problematik der Reisläuferei hautnah mit. 1519 wurde er Leutpriester [Prediger und Seelsorger] am Grossmünster in Zürich. In seinen Predigten griff Zwingli Luthers Kritik an kirchlichen Missständen auf und wandte sich zudem gegen das Söldnerwesen. 1523 nahm der Zürcher Rat sein Reformprogramm (67 Schlussreden) an, katholische Frömmigkeitsformen wie Fasten [Verzicht auf Fleisch am Freitag und in der Zeit vor Ostern], Wallfahrten [religiös motivierte Gruppenwanderungen zu einer Kirche mit Gebeten und Gesängen], Bilder von Heiligen in den Kirchen, die Messe [Gottesdienst mit formell streng geregelter Feier von Tod und Auferstehung von Jesus Christus], die klösterliche Lebensweise und der Zölibat [Eheholosigkeit der Priester] wurden nach und nach abgeschafft. Luthers und Zwinglis Ablehnung des Zölibats folgten der Empfehlung des Apostels Paulus, dass es besser sei, die Sexualität in der Ehe gesittet zu leben, als sich in Begierde zu verzehren [1 Kor 7,9] (oder sie heimlich auszuleben). Auch in Zürich wurden die Kirchengüter säkularisiert, der Staat verwendete sie für die Entlöhnung der Pfarrer, für die nun staatlichen Schulen und zur Unterstützung der Armen. Der Abendmahlsstreit zwischen Zwingli und Luther Zwingli war in vielen Punkten radikaler als Luther. So scheiterte 1529 am Marburger Religionsgespräch der Versuch, die Reformation auf eine einheitliche Plattform zu stellen. Hauptstreitpunkt war (und blieb zwischen Evangelischen [Lutheranern] und Reformierten [Zwinglianern/Calvinisten] bis heute) die Auffassung vom Abendmahl: Luther lehnte zwar die katholische Auffassung ab, wonach bei jeder Messfeier der Opfertod von Jesus Christus zur Sühnung der menschlichen Sünden wiederholt werde, aber er hielt am katholischen Glauben fest, dass Jesus in den sakramentalen Zeichen von Brot und Wein real präsent [anwesend] sei. Zwingli betrachtete das Abendmahl dagegen als eine blosse Erinnerungsfeier an ein einmaliges und nicht widerholbares Geschehen. Folgerichtig verdrängte in den reformierten Kirchen die Predigt als Auslegung der Bibel das Abendmahl aus der zentralen Stellung im Gottesdienst. Die Zürcher Bibel Zwischen 1524 und 1529 gab Zwingli in Zusammenarbeit mit seinem Studienkollegen Leo Jud, mehreren ehemaligen Chorherren und dem Buchdrucker Christoph Froschauer die Zürcher Bibel heraus. Die Teamarbeit der Zürcher wurde fünf Jahre vor Luthers Wittenberger Bibel fertiggestellt. Mehr: Entstehung und Bedeutung der Bibel im Judentum und Christentum Die Ausbreitung der Schweizer Reformation Die zürcherische Reformation breitete sich im Kanton Zürich, im Thurgau und in Teilen des Aargaus rasch aus, stiess aber wegen Zwinglis Kampf gegen das Reislaufen auf den erbitterten Widerstand der Zentralschweizer, die wirtschaftlich davon allzu abhängig waren. Bei den von der Tagsatzung einberufenen Religionsgesprächen von Baden (AG) (1526) waren die Altgläubigen noch in der Mehrheit. In Basel führte Zwinglis Freund Johannes Oekolampad die Reformation an einzelnen Kirchen ein, während andere katholisch blieben. Erst 1529 zwang die reformatorisch gesinnte Mehrheit der Bürger den Rat mit Waffengewalt, die Reformation in allen Kirchen durchzuführen. Altäre und Bilder in den Kirchen wurden mit roher Gewalt zerstört. Die drei rätischen Bünde, der Gotteshausbund (Engadin und Chur) von 1367, der Obere oder Graue Bund (Vorderrhein) von 1395 und der Zehngerichtebund (Prättigau, Arosa, Davos) von 1436 schlossen 1524 einen Bund, der die Befugnisse des Bischofs von Chur einschränkte. Viele Gemeinden im Bündnerland schlossen sich der Reformation bis 1526 an. Nach und nach setzten die Anhänger Zwinglis die Reformation in der Stadt St. Gallen (1527), in Bern (1528), Schaffhausen (1529), Glarus, in den äusseren Rhoden [Bezirken] Appenzells und im Toggenburg durch. Die Berner Regierung erlaubte dem Franzosen Guillaume Farel de Gap 1526, in der Waadt (Untertanengebiet Berns) zu predigen. Farel trug die Ideen der Reformation (ab 1527 im offiziellen Auftrag Berns) 1530 nach Neuchâtel, Murten, Grandson und 1532 nach Genf. Die Wiedertäufer Die Reformation ermutigte dazu, dass jeder selbst die Bibel lesen und sich Gedanken über den richtigen Glauben machen konnte. In Zürich bildete sich eine Gemeinde von Wiedertäufern, die nur die freie Entscheidung eines Erwachsenen zum Glauben anerkennen wollten und deshalb die Taufe der Kinder ablehnten. Erwachsene, die sich zu ihrem Glauben bekehrten, wurden noch einmal getauft. Zwingli erreichte 1526, dass der Zürcher Rat die Wiedertäufer verbot, einzelne Anführer hinrichtete und die übrigen aus der Stadt verbannte. Mit der neuen evangelischen Freiheit war es also nicht allzu weit her . Viele Wiedertäufer aus ganz Europa wanderten ab dem 17. Jahrhundert nach Nordamerika aus, um der religiösen Intoleranz zu entgehen. In Krisenzeiten waren Andersgläubige auch wirtschaftlich die Hauptbetroffenen. Höhepunkt des Hexenwahns Ebenso wenig schritten die Reformatoren gegen den mittelalterlichen Hexenwahn ein, die Hexenverfolgungen nahmen im Gegenteil in katholischen wie in reformierten Gegenden noch zu und erreichten Ende des 16. Jahrhunderts ihren traurigen Höhepunkt, in der Waadt wurden allein zwischen 1590 und 1600 über 300 Frauen nach grausamsten Foltern als Hexen verbrannt. Einzig in Basel dämpfte der Einfluss der Universität den Hexenwahn etwas. Die Kappeler Kriege 1529 1531 Zürich und Konstanz schlossen untereinander Ende 1527 ein evangelisches Burgrecht. Weitere Bündnisse Zürichs mit Bern, St. Gallen, Biel, Mühlhausen (Elsass, F), Basel und Schaffhausen beendeten die Isolation Zürichs 1528. Die Zentralschweizer Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug reagierten 1529 mit einem Bündnis mit Österreich (Christliche Vereinigung). Als die Schwyzer einen reformierten Pfarrer, der in der Gemeinen Herrschaft Uznach (SG) gepredigt hatte, als Ketzer verbrannten, zogen die Zürcher gegen die Mahnung der Berner, man könne mit Spiess und Halbarte nicht den Glauben in die Herzen pflanzen in den Krieg. Der Luzerner Landammann Hans Aebli konnte in Kappel am Albis (ZH) einen Kompromiss vermitteln, man einigte sich auf die Auflösung der Christlichen Vereinigung und die freie Predigt in den Gemeinen Herrschaften. Zur Versöhnung wurde die Kappeler Milchsuppe gegessen, zu der die Zentralschweizer die Milch, die Zürcher das Brot beisteuerten. Der Erlass reformierter Kirchenordnungen in den Gemeinen Herrschaften Thurgau, Rheintal, Sargans und Freiamt (AG) erzürnte die fünf Zentralschweizer Orte. Sie weigerten sich 1531, den Büdnern gegen einen als Krieg gegen die Ketzer getarnten Raubzug eines italienischen Ritters zu helfen. Wieder suchte Zwingli eine militärische Entscheidung. In der Schlacht bei Kappel am Albis (ZH) 1531 trugen die Zentralschweizer dank ihrer Übermacht gegen die allein angetretenen Zürcher den Sieg davon, Zwingli selbst starb auf dem Schlachtfeld. Die Nachfolge Zwinglis in Zürich trat Heinrich Bullinger aus Bremgarten AG an. Im Zweiten Kappeler Landfrieden wurde vereinbart, dass jeder Ort bei seinem Glauben bleiben sollte, die Gemeinden in den Gemeinen Herrschaften jedoch im Glaubensbekenntnis frei sein sollten. Rapperswil, das Gasterland und Weesen (SG), das Freiamt, Mellingen und Bremgarten (AG) waren aus dem Friedensvertrag ausgenommen und wurden wieder katholisch. Im Toggenburg wurde die weltliche Hoheit des Abtes von St. Gallen wiederhergestellt, die Gegenreformation blieb jedoch weitgehend wirkungslos. Johannes Calvin und der Calvinismus Der französische Rechtsgelehrte Johannes Calvin (1509 1564) wurde wegen seiner offenen Parteinahme für die Reformation 1533 aus Paris vertrieben. 1536 veröffentlichte er in Basel die Christianae religionis institutio [Lehre von der christlichen Religion], die auch seine Prädestinationslehre enthielt: Durch Gottes Vorhersehung sei vorausbestimmt, welche Menschen das Heil erlangen könnten und welche nicht. Die Menschen könnten an ihrer Fähigkeit zu strengster Pflichterfüllung sehen, ob sie zum Heil vorausbestimmt seien. Obwohl Calvin mit seiner Prädestinationslehre eigentlich die Allmacht Gottes und die Bedeutungslosigkeit des menschlichen Willens betonte, führte sie in Verbindung mit der strengen Moral, die Calvin in Genf einführte zu jenem Arbeitsethos, das die Grundlage für das Gewinnstreben im Kapitalismus bildete. Die auf den ersten Blick überraschenden und nicht eben geradlinigen Zusammenhänge wurden erst 1904 vom deutschen Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen Max Weber (1864 1920) entdeckt, sind aber bis heute umstritten geblieben. Calvins Reformation in Genf 1536 Calvin wollte in Genf eigentlich nur durchreisen, wurde aber von Farel 1536 zum Bleiben bewegt. Farel war 1532 bei einem ersten Versuch am Widerstand der Altgläubigen in Genf gescheitert, kehrte aber 1533 unter dem Schutz Berns zurück, das mit der Aufkündigung des gegen Savoyen vereinbarten Burgrechtes drohte. Den savoyerfreundlichen Bischof vertrieb man 1533 wegen Hochverrats nach Annecy (F). Calvin konnte die Mehrheit der Genfer Bürger nicht dazu bringen, seiner strengen Kirchenordnung zuzustimmen. Nach einem Streit um die Form des Abendmahls verbannten die Genfer Calvin und Farel 1538. Nach Neuwahlen wurde Calvin 1541 zurückgerufen. Gegen grossen Widerstand gelang es ihm nach und nach seine Vorstellungen von der Organisation der Kirche und seine strengen Sittenregeln durchzusetzen, die tief in die persönlichen Freiheiten eingriffen und allen Luxus, Wucher, Spiel, Tanz und sonstige Vergnügungen verboten. Calvin festigte seinen Einfluss durch die Einbürgerung französischer Glaubensflüchtlinge, 1555 verliessen nach einem gescheiterten Aufstand viele alteingesessene Familien Genf. Die Uhrmacherei wurde durch Glaubensflüchtlinge aus Lothringen und Orléans (F) nach Genf und in den Schweizer Jura gebracht. 1549 einigten sich Calvin und Bullinger in Zürich auf eine gemeinsame Lehre in der strittigen Abendmahlsfrage. Nicht ganz unbeteiligt daran war der Strassburger Reformator Martin Bucer (1491 1551) der einen grossen Teil seiner Kraft darauf verwandte, zwischen den Reformatoren Luther, Zwingli und Calvin zu vermitteln und sie zu einer gemeinsamen Lehre zu bewegen. 1566 fasste Heinrich Bullinger in 30 Artikeln der Confessio Helvetica posterior die Lehren der Reformatoren Zwingli und Calvin zusammen. Der reformierte Glaube calvinistischer Prägung verbreitete sich über die Westschweiz hinaus in Frankreich (als Minderheit), Schottland, den Niederlanden, Polen (Minderheit), Ungarn und gelangte mit verfolgten Anhängern nach Amerika. Auch Calvin sprang mit theologischen Abweichlern nicht eben zimperlich um: 1553 wurde im calvinistischen Genf, der französische Arzt und Philosoph Michel Servet, der die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes leugnete und deswegen aus dem katholischen Lyon geflohen war, als Ketzer hingerichtet. Calvins Mitarbeiter Guillaume de Trie hatte sowohl zu den Prozessen in Lyon wie in Genf entscheidende Hinweise und Dokumente geliefert, Calvin selbst verlangte die Verhaftung Servets in Genf. Dass Calvin sich für eine weniger grausame Hinrichtungsart als die Verbrennung einsetzte, ändert nichts daran, dass Calvin wie alle anderen Reformatoren davon überzeugt war, dass es die Pflicht der christlichen Obrigkeit sei, Gotteslästerer, die die Seele töten, ebenso mit dem Tode zu bestrafen wie Mörder, die den Leib töten. (F. Wendel, Calvin, Neukirchen-Vluyn 1968, 78, zitiert nach: www.reformed-online.net Der Fall Servet Im Genf Calvins wurden u.a. auch 58 Frauen und Männer hingerichtet, die der Hexerei verdächtigt und für die Pestepidemie von 1542 1546 verantwortlich gemacht wurden.