Arbeitsblatt: Leitprogramm Migration

Material-Details

Ursachen für Migration Migration in der Schweiz
Geschichte
Gemischte Themen
12. Schuljahr
22 Seiten

Statistik

182287
891
16
20.07.2018

Autor/in

Zbynek Komarek
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Migration 2.ARM UND REICH.5 6 3. PUSH UND PULLFAKTOREN.7 4. DIE SCHWEIZ UND IHRE AUSLÄNDERINNEN12 5. DER FLÜCHTLINGSBEGRIFF.15 EMPFANGS UND VERFAHRENSZENTREN16 ANHÖRUNG16 EMPFANGS UND VERFAHRENSZENTREN18 EMPFANGS UND VERFAHRENSZENTREN19 6. SZENENWECHSEL DENKANSTOSS21 7. INTERVIEW25 Bei diesem Text erfahren Sie, warum Menschen ihr Land verlassen. Aufgabe: Lesen Sie den Text aufmerksam durch und beantworten Sie die anschliessenden Fragen. SLP 08: Leitprogramm Migration 1 Migration meint die Bewegung einer Person oder Personengruppe von einem Land in ein anderes und erfolgt aus unterschiedlichsten Gründen. Grosse Wanderungsbewegungen hat es in der Geschichte der Menschheit immer wieder gegeben. In den letzten Jahrzehnten ist das Ausmass der Migration dramatisch angewachsen. Heute sprengt es alle historischen Dimensionen: Schätzungen zufolge waren Anfang des 21. Jahrhunderts 3% der Weltbevölkerung respektive 200 Millionen Menschen internationale MigrantInnen. Das ist jede 35. Person oder so viel wie die Bevölkerung des fünftgrössten Landes, Brasilien. ArbeitsmigrantInnen Viele verlassen ihre Heimat weil es zuhause an fruchtbarem Acker- und Weideland, an Nahrung, an Wasser, an Arbeit oder an andern Lebensgrundlagen fehlt. Rund zwei Drittel aller Menschen leben heute in wirtschaftlich schwachen Staaten (Arbeitslosigkeit). Auch die Folgen von Umweltkatastrophen wie Trockenheit oder Überschwemmungen können Tausende zum Verlassen ihrer Heimat zwingen. Flüchtlinge sind Menschen, die aufgrund ihrer Rasse, Religion oder wegen ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden. Im Gegensatz zu ihnen sind Kriegsvertriebene nicht wegen persönlicher Verfolgung auf der Flucht, sondern wegen einer Eskalation von Gewalt, welche die gesamte Bevölkerung einer Region oder eines Landes gefährdet. Aktuelles Beispiel sind heute die Menschen aus Nordafrika. Mehr als 50 Millionen Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene gibt es weltweit so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die meisten sind im eigenen Land auf der Flucht, 16,7 Millionen in anderen Ländern. Meist ist es aber nicht eine Ursache allein, die jemanden zur Flucht oder Migration bewegt. Die Ursachen der wachsenden Migrationsströme sind vielfältig und auf komplexe Art miteinander verwoben. SLP 08: Leitprogramm Migration 2 Sind Wanderbewegungen der Menschen etwas Neues? gegeben. Warum sind sie heute ein Problem? Wie viele Menschen halten sich heute fern ihrer Heimat auf? Welche 2 Gruppen werden bei diesen Menschen unterschieden? Warum verlassen die Menschen ihre Heimat? 1. Gruppe „ArbeitsmigrantInnen 2. Gruppe Flüchtlinge/Kriegsvertriebene Aus welchen 2 Ländern stammen aktuell die meisten Flüchtlinge? Kann man die Gruppen eindeutig zuordnen? SLP 08: Leitprogramm Migration 3 2. ARM UND REICH Eines der grössten Probleme auf der Welt ist der riesige Unterschied zwischen den armen und reichen Ländern. Dieses Problem ist die wichtigste Ursache für die Migration. In Ihrem Lehrmittel „Gesellschaft erfahren Sie mehr über diese Problematik. Auf der Seite 220 sind die globalen Migrationsströme beschrieben und graphisch dargestellt. Studieren Sie diese Seite und beantworten anschliessend die Frage 8.5. Lesen Sie die Seiten 239/240 (ohne Kapitel „Entwicklungspolitik) und beantworten Sie die Fragen 8.37 8.38 Vergleichen Sie die beiden Karten (S. 220 S. 239). Lösen Sie die Aufgaben 1 3: 1. Beschreiben Sie die Gebiete, a) wo die am geringsten entwickelten Länder b) wo mittelmässig entwickelte Länder liegen 2. Welcher Zusammenhang wird aus diesen Karten ersichtlich? 3. Was kann man über die Qualifikation der Migrierenden aussagen? 8.5 8.37 8.38 Aufgabe 1 a) b) Aufgabe 2 Aufgabe 3 SLP 08: Leitprogramm Migration 4 SLP 08: Leitprogramm Migration 5 3. PUSH- UND PULLFAKTOREN In den ersten beiden Kapiteln haben Sie verschiedene Gründe für die Migration kennen gelernt. Im nächsten Text wird noch Mal diese Problematik aufgegriffen, es wird näher auf die Gründe der betroffenen Menschen eingegangen. Oftmals wird zur Erklärung von Migration der Push-Pull-Ansatz genannt. Unter Push-Faktoren werden Faktoren verstanden, die im Herkunftsland die Migration beeinflussen; Pull-Faktoren sind diejenigen im Ziel- oder Aufnahmeland. Aufgabe: a) Lesen Sie den folgenden Text. b) Schreiben Sie die verschiedenen Gründe für die Auswanderung stichwortartig in der nachfolgenden schematischen Darstellung auf. SLP 08: Leitprogramm Migration 6 PUSHFAKTOREN ES GIBT ZAHLREICHE GRÜNDE, WELCHE MENSCHEN DAZU BRINGEN KÖNNEN, IHRE HEIMAT ZU VERLASSEN. OFT WERDEN SIE DURCH BESTIMMTE UMSTÄNDE IN IHREM HEIMATLAND ZUR AUSREISE ODER FLUCHT GETRIEBEN, AUS IHRER WOHNREGION WEGGESTOSSEN. GRÜNDE DIESER ART, WELCHE MENSCHEN ZUR AUSREISE AUS IHRER HEIMAT BEWEGEN, NENNT MAN DAHER PUSHFAKTOREN (VON PUSH ENGL. STOSSEN). DIE PUSHFAKTOREN LASSEN SICH IN VIER GRUPPEN UNTERTEILEN: 1. NATUREREIGNISSE SIND BEISPIELSWEISE ERDBEBEN, VULKANAUSBRÜCHE, ÜBERSCHWEMMUNGEN, DÜRREN, D. H. OFTMALS METEOROLOGISCHE EREIGNISSE, WELCHE EIN UNERWARTETES AUSMASS ANNEHMEN. VORKOMMNISSE, WELCHE EBENFALLS VON GEGEBENHEITEN DER NATUR ABHÄNGEN, SIND AUSSERDEM HEUSCHRECKENPLAGEN ODER SICH GROSSFLÄCHIG AUSBREITENDE KRANKHEITEN (EPIDEMIEN). 2. WIRTSCHAFTLICHE GRÜNDE (SO BEISPIELSWEISE ARBEITSLOSIGKEIT ODER EIN UNSICHERER ARBEITSPLATZ, UNBEFRIEDIGENDE ARBEITSBEDINGUNGEN, SCHLECHTE ENTLÖHNUNG, ARMUT) SIND WOHL SEHR HÄUFIG DAFÜR (MIT)VERANTWORTLICH, DASS MENSCHEN IHR HEIMATLAND VERLASSEN. DIE URSACHEN FÜR EINE UNGENÜGENDE WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG EINES STAATES SIND ÄUSSERST VIELSCHICHTIG: SO BEISPIELSWEISE IN EINER HOHEN GEBURTENRATE. ANDERERSEITS STEHEN EINER GESUNDEN WIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG SOLCHER LÄNDER INSBESONDERE DIE HEUTIGEN STRUKTUREN DER WELTWIRTSCHAFT (GLOBALISIERUNG!) IM WEG. 3. SCHWIERIGE POLITISCHE VERHÄLTNISSE IN EINEM LAND FÜHREN EBENFALLS OFT DAZU, DASS MENSCHEN IHR HEIMATLAND VERLASSEN. SO, WEIL SIE BEISPIELSWEISE POLITISCH VERFOLGT WERDEN, DA SIE SICH GEGEN DIE OFFIZIELLE POLITIK STELLEN, ODER WEIL SIE EINER GRUPPIERUNG ANGEHÖREN, DIE VON DER STAATSMACHT ALS VERDÄCHTIG ODER UNZUVERLÄSSIG EINGESCHÄTZT UND DAHER UNTERDRÜCKT WIRD. UNSTABILE POLITISCHE VERHÄLTNISSE LÖSEN AUCH IMMER WIEDER KONFLIKTE AUS, WELCHE IN BÜRGERKRIEGE AUSUFERN UND EINE MASSENFLUCHT ZUR FOLGE HABEN KÖNNEN. 4. SCHLIESSLICH KÖNNEN MENSCHEN IHR HEIMATLAND VERLASSEN, WEIL SIE DAMIT PERSÖNLICHEN PROBLEMEN ENTRINNEN WOLLEN, SO ETWA IN DER FAMILIE ODER IM CLAN. IN GEWISSEN LÄNDERN EXISTIERT AUCH HEUTE NOCH DIE BLUTRACHE, DIE EBENFALLS EIN FLUCHTAUSLÖSER SEIN KANN. 5. SLP 08: Leitprogramm Migration 7 PULLFAKTOREN URSACHEN FÜR DIE MIGRATION LIEGEN NICHT NUR IN VON DEN BETROFFENEN ALS NEGATIV EMPFUNDENEN BEDINGUNGEN EINES HEIMATLANDES BEGRÜNDET. MENSCHEN KÖNNEN SICH AUCH VON BEDINGUNGEN EINES DRITTSTAATES ANGEZOGEN FÜHLEN UND DESHALB IHRE HEIMAT VERLASSEN. DERARTIGE GRÜNDE, WELCHE MENSCHEN AUS IHREM HEIMATLAND WEGZIEHEN, NENNT MAN PULLFAKTOREN (VON PULL ENGL. ZIEHEN). IN ALLER REGEL BESTEHT EINE ENGE BEZIEHUNG ZWISCHEN PUSH- UND PULLFAKTOREN. SO REISEN BEISPIELSWEISE MENSCHEN, DIE IN IHREM HEIMATLAND VON ARMUT BETROFFEN WERDEN (ARMUT ALS PUSHFAKTOR) IN EIN LAND AUS, WO GÜNSTIGE WIRTSCHAFTLICHE VERHÄLTNISSE HERRSCHEN (HOFFNUNG AUF ARBEITSPLATZ ALS PULLFAKTOR). AUCH DIE PULLFAKTOREN LASSEN SICH WIE DIE PUSHFAKTOREN IN VIER GRUPPEN UNTERTEILEN: 1. ZIELLÄNDER VON MIGRANTEN KÖNNEN DESHALB EINE ANZIEHENDE WIRKUNG AUSÜBEN, WEIL DEREN WIRTSCHAFTLICHE LAGE UND INFRASTRUKTUR (AUSBILDUNGSMÖGLICHKEITEN, MEDIZINISCHE VERSORGUNG) ZUMINDEST IM VERGLEICH MIT DEM HEIMATLAND DIESER MENSCHEN WESENTLICH BESSER IST. NICHT SELTEN LEBEN VERWANDTE ODER BEKANNTE DIESER AUSREISEWILLIGEN BEREITS IM ZIELLAND UND ÜBEN DADURCH, DASS SIE ÜBER EINE GEREGELTE ARBEIT UND VERLOCKENDE BESITZTÜMER VERFÜGEN, EINE ENORM ANZIEHENDE WIRKUNG AUS. EINE ANZIEHENDE WIRKUNG WENN AUCH FÜR ANDERE PERSONENGRUPPEN ÜBEN ZUDEM LÄNDER AUS, IN WELCHEN DIE STEUERN TIEF UND BANKEN DISKRET SIND. 2. WER UNTER DEN POLITISCHEN VERHÄLTNISSEN IM HEIMATLAND LEIDET, SEHNT SICH NACH EINEM POLITISCHEN SYSTEM, WELCHES RUHE UND FREIHEIT VERSPRICHT. POLITISCH STABILE LÄNDER WIE DIE SCHWEIZ SIND DAHER ATTRAKTIVE ZIELLÄNDER FÜR POLITISCH VERFOLGTE UND VON BÜRGERKRIEGEN BETROFFENE MENSCHEN. 3. WEIT WENIGER BEDEUTEND ALS PULLFAKTOREN SIND WOHL NATURBEDINGTE EIGENSCHAFTEN VON ZIELLÄNDERN. ES IST INDESSEN DAVON AUSZUGEHEN, DASS LÄNDER, WELCHE IMMER WIEDER MIT ÜBERSCHWEMMUNGEN, DÜRREN ODER ANDERN NATUREREIGNISSEN IN DIE SCHLAGZEILEN GERATEN, ALS ZIELLÄNDER WENIGER ATTRAKTIV SIND ALS STAATEN, DIE VON SOLCHEN KATASTROPHEN WEITGEHEND VERSCHONT BLEIBEN. 4. PERSÖNLICHE BEZIEHUNGEN VON MENSCHEN WIRKEN HÄUFIG ALS PULLFAKTOREN. SO IST BEISPIELSWEISE ERWIESEN, DASS MENSCHEN SEHR OFT IN DIEJENIGEN LÄNDER AUSREISEN, IN WELCHEN BEREITS VERWANDTE ODER BEKANNTE LEBEN. EINE BESONDERS ANZIEHENDE WIRKUNG ÜBEN NATÜRLICH FAMILIENANGEHÖRIGE AUS, WELCHE ES WIE IM FALL VON MEVLUT C. GESCHAFFT HABEN, SICH EINE GEFESTIGTE EXISTENZ IM ZIELLAND AUFZUBAUEN. SLP 08: Leitprogramm Migration 8 Migrationsgründe Pushfaktoren Pullfaktoren NATUREREIGNISSE WIRTSCHAFTLICHE LAGE UND INFRASTRUKTUR ERDBEBEN, VULKANAUSBRÜCHE, ÜBERSCHWEMMUNGEN, DÜRREN (METEOROLOGISCHE EREIGNISSE MIT UNERWARTETEM AUSMASS) EUSCHRECKENPLAGEN, AUSBILDUNGSMÖGLICHKEITEN, MEDIZINISCHE VERSORGUNG. ANZIEHENDE TIEFE STEUERN, KRANKHEITEN (EPIDEMIEN). WIRTSCHAFTLICHE GRÜNDE ARBEITSLOSIGKEIT UNSICHERER UNBEFRIEDIGENDE SCHLECHTE ARMUT GLOBALISIERUNG WIRKUNG VON VERWANDTEN ODER BEKANNTEN (GEREGELTE ARBEIT, VERLOCKENDE BESITZTÜMER) POLITISCHES ARBEITSPLATZ ARBEITSBEDINGUNGEN ENTLÖHNUNG POLITISCH STABILES NATURBEDINGTE POLITISCHE VERHÄLTNISSE BANKEN. SYSTEM SYSTEM STAATEN, EIGENSCHAFTEN NATURKATASTROPHEN BLEIBEN. DIE VON VERSCHONT POLITISCHE DISKRETE VERFOLGUNG (GEGEN DIE OFFIZIELLE POLITIK, ZUGEHÖRIGKEIT ZU EINER GRUPPIERUNG, DIE UNTERDRÜCKT BÜRGERKRIEGE (MASSENFLUCHT) UMWELTZERSTÖRUNG PERSÖNLICHE FAMILIE CLAN (BLUTRACHE) PERSÖNLICHE BEZIEHUNGEN WIRD) VERWANDTE ODER BEKANNTE BEREITS IM LAND LEBEN PROBLEME SLP 08: Leitprogramm Migration 9 4. DIE SCHWEIZ UND IHRE AUSLÄNDERINNEN Im Text „Die Schweiz und ihre Ausländerinnen erfahren Sie, aus welchen Gründen die Ausländer und Ausländerinnen in die Schweiz kommen. Weiter erfahren Sie, welche Vorteile für die Schweiz durch die Anwesenheit der AusländerInnen entstehen und welche Probleme sich daraus ergeben. Lösen Sie die Aufgaben am Ende dieses Textes Der grösste Teil der ausländischen Bevölkerung sind Arbeitskräfte aus EU- und EFTA-Staaten. Nur rund 5 der in der Schweiz wohnenden AusländerInnen gehören in irgendeiner Form zum Asylbereich. Millionen von Fremden besuchen die Schweiz als Gäste. Die Schweiz zählt zu den begehrtesten Touristikdestinationen der Welt. Der wirtschaftliche Erfolg der Schweiz bringt es mit sich, dass viele Geschäftsleute aus dem Ausland sich vorübergehend hier aufhalten. Ohne diesen grossen Strom von Fremden hätte die Schweiz nie den heutigen Wohlstand erreicht. Die Schweizer Wirtschaft hat die Mehrheit der AusländerInnen als Arbeitskräfte ins Land geholt. Ausländische Arbeitskräfte sind unentbehrlich in der Industrie, im Gesundheitswesen, im Bau- und Gastgewerbe, in der Landwirtschaft und in etlichen anderen Wirtschaftszweigen unseres Landes. Als Konsumentinnen und Konsumenten beleben sie gemeinsam mit ihren Angehörigen in erheblichem Masse unsere Volkswirtschaft (in der Schweiz leben insgesamt 2‘029‘527 AusländerInnen, dies entspricht ca. 24 der Gesamtbevölkerung, die ungefähr 8,4 Millionen beträgt). Viele von ihnen haben sich im Laufe der Jahre das Recht erworben, sich für immer in der Schweiz niederzulassen. Für einen Grossteil von ihnen ist die Schweiz zur zweiten Heimat geworden. Ausländische Arbeitskräfte sind wichtig für die AHV und andere Schweizer Sozialwerke. Wenn man die Struktur der ausländischen Wohnbevölkerung mit der der Schweizer vergleicht, stellt man fest, dass das Durchschnittsalter der Fremden wesentlich tiefer liegt und ein höherer Prozentsatz von ihnen aktiv im Erwerbsleben integriert ist. Mit den Lohnanteilen, die für die Sozialwerke abgezogen werden, tragen die ausländischen ArbeitnehmerInnen viel dazu bei, dass Schweizer Sozialwerke trotz zunehmender Überalterung der einheimischen Bevölkerung auf einem hohen Niveau bleiben. Die Schweiz hat im europäischen Vergleich ein restriktives Bürgerrecht (konservative Einbürgerungspraxis). Hätten die zugezogenen AusländerInnen Arbeit in einem anderen europäischen Staat angenommen, wären sie in den meisten Ländern nach fünf bis zehn Jahren eingebürgert worden. Würden ähnliche Einbürgerungsregelungen in der Schweiz gelten, hätten wir viel tiefere Ausländerzahlen: Wenn alle AusländerInnen eingebürgert würden, die sich seit zehn Jahren in der Schweiz aufhalten, betrüge der Ausländeranteil weniger als zehn Prozent. Über die kleinste Ausländergruppe wird am meisten geredet. Asylanten (Personen, die sich als Flüchtlinge bezeichnen und in der Schweiz um Asyl nachsuchen, d.h. um Bleiberecht) stehen seit vielen Jahren im Zentrum der öffentlichen Diskussion. Oftmals wird mit falschen Zahlen und ohne genaue Kenntnis der Zusammenhänge diskutiert. Hier einige klärende Fakten: Ende März 2018 hielten sich insgesamt 12249 Personen des Asylbereichs in der Schweiz auf. Anteilsmässig entspricht dies etwa 1.5 Prozent der Gesamtbevölkerung oder etwa 6 Prozent der ausländischen Wohnbevölkerung. Von diesen Personen sind 52887 anerkannte Flüchtlinge mit dem Recht auf dauernden Aufenthalt. 6560 Personen befinden sich im Verfahrensprozess, 42683 Personen zählten zur Gruppe der vorläufig Aufgenommenen. Eine vorläufige Aufnahme wird dann erteilt, wenn eine Wegweisung trotz abgelehntem Asylgesuch als völkerrechtlich unzulässig, als unzumutbar oder als technisch unmöglich beurteilt wird. Zu den vorläufig Aufgenommenen zählen unter anderem Kriegsvertriebene. Viele Asylsuchende werden abgewiesen, das heisst, sie müssen wieder ausreisen, werden in ihr Land zurückgeführt oder erhalten nur die Nothilfe. Im Jahr 2017 stellten 1888 Personen in der Schweiz ein Asylgesuch. 6‘360 Personen erhielten 2017 Asyl. Die Anerkennungsquote (Asylgewährung) lag damit im Jahr 2017 bei 25.8 %. Krisen lassen die Zahl der Asylgesuche nach oben schnellen. Im Jahr 1999 beispielsweise wurde die Rekordzahl von 4668 Asylgesuchen in der Schweiz eingereicht, dies als Folge des Kosovokonflikts. Wichtigstes Herkunftsland im Jahr 2017 war erneut Eritrea mit 3375 Gesuchen, gefolgt von Syrien und Afghanistan. Der Bundesrat unternimmt gezielte Schritte um den Zuwachs der ausländischen Bevölkerung zu senken. Berücksichtigt man die in diesem Kapitel angeführten Fakten, ist die Eidgenossenschaft mit einer vergleichsweise geringen Zahl von Fremden konfrontiert. Um die Ausländer-, Arbeitsmarkt- und Asylpolitik besser aufeinander abzustimmen, wurde Mitte der 90er Jahre ein umfassendes Migrationskonzept formuliert. Es wurde vom Bundesrat im Herbst 1997 in den Grundzügen gutgeheissen. Dieses Konzept geht davon aus, dass innerhalb der Europäischen Freihandelszone (EFTA) und der Europäischen Union (EU) ein gemeinsamer Binnenmarkt entsteht, in dem allen Bürgern die volle Niederlassungsfreiheit gewährt wird. Dies bedeutet, dass die Zuwanderung aus allen anderen Staaten auf jährlich festzulegende Kontingente beschränkt bleiben muss. Bei der Beurteilung von Zulassungsgesuchen sollen künftig die beruflichen Fähigkeiten eines Gesuchstellers eine wichtigere Rolle spielen als dessen Herkunft. Gewissen Kreisen gehen diese Bemühungen der Landesregierung nicht weit genug. Immer wieder sind in den letzten Jahrzehnten Volksbegehren lanciert worden, die darauf abzielen die Zahl der AusländerInnen in der Schweiz durch massive Eingriffe zu reduzieren. Die Umsetzung derartiger Strategien würde den aus wirtschaftlicher Sicht nötigen Spielraum in der Ausländerpolitik stark einschränken und in der Asylpolitik die Einhaltung elementarster völkerrechtlicher Verpflichtungen in Frage stellen. 1. Nennen Sie die 3 Gruppen von AusländerInnen, die in die Schweiz kommen und sich hier aufhalten 2. Welches ist der grösste Teil der ausländischen Bevölkerung und wie weit profitiert die Schweiz von ihrem Dasein? 3. In der Schweiz ist der AusländerInnenanteil im Vergleich zu anderen Ländern sehr hoch. a) Wie viele AusländerInnen leben in der Schweiz? b) Welche Praxis begünstigt diesen Zustand? Restriktive Einbürgerungspraxis 4. Die Personen des Asylbereichs werden statistisch erfasst. Füllen Sie die folgende Tabelle mit den entsprechenden Zahlen aus. Personen des Asylbereichs, die sich Ende März 2018 122049 in der Schweiz aufhielten. Anerkannte Flüchtlinge mit dem Recht auf 52887 dauernden Aufenthalt Vorläufig Aufgenommenen. (Kriegsvertriebene) 65060 Wie viele Personen stellten 2017 ein Asylgesuch? Wie vielen Personen wurde 2017 Asyl gewährt? 18088 6360 5. Welcher Umstand lässt die Zahl der Asylgesuche nach oben schnellen? Krisen in den betroffenen Gebieten 6. Erklären Sie das Migrationskonzept der Landesregierung 7. Durch welche politischen Mittel wollen gewisse Kreise den Anteil der AusländerInnen reduzieren? Volksbegehren 5. DER FLÜCHTLINGSBEGRIFF Im vorgehenden Artikel erfuhren Sie, dass sich die Landesregierung bemüht, den AusländerInnenanteil in der Schweiz zu senken. Während bei den Migrierenden (Arbeitskräften) die Berufsqualifizierung und die Nationalität (EU/EFTA) von entscheidender Bedeutung sein werden, müssen die Flüchtlinge, beziehungsweise die Kriegsvertriebenen die Gründe für ihre Flucht nachweisen. Aufgabe: Lösen Sie die Fallbeispiele am Ende des Textes aufgrund der Definition des Begriffs „Flüchtling. Die Schweiz hält im Asylgesetz Art. 3 als Definition des Begriffs Flüchtling Folgendes fest: „Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen. Es existieren ganz unterschiedliche Vorstellungen darüber, wer ein Flüchtling ist. Längst nicht alle Menschen, die fliehen müssen oder vertrieben werden, erfüllen die in diesem Flüchtlingsbegriff genannten Bedingungen. Die Kriegsflüchtlinge beispielsweise erfüllen die Flüchtlingseigenschaft aber meist nicht. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft setzt nämlich voraus, dass jemand aus den in Artikel 3 Asylgesetz genannten Gründen gezielt verfolgt wird. Dennoch sind Menschen, die vor Krieg oder Bürgerkrieg fliehen, auf den vorübergehenden Schutz in einem anderen Land angewiesen. Diesem Umstand trägt das Asylgesetz mit dem Status der Schutzbedürftigen Rechnung. Der Bundesrat entscheidet, ob und nach welchen Kriterien Gruppen von Schutzbedürftigen vorübergehender Schutz gewährt wird. Fallbeispiele: Nachfolgende finden Sie drei Beispiele von Personen, die in der Schweiz Asyl beantragt habe. Entscheiden Sie, ob die drei Personen Asyl erhalten. Begründen Sie Ihre Entscheidung. Fall Mamadou B., 19-jährig, guineischer Staatsangehöriger der Ethnie Peul, ohne Schulbildung, ledig, hat nach Jahren kleiner Jobs in der Subsistenzwirtschaft und in der Stadt Conakry mit Unterstützung seiner Familie den Entschluss gefasst, nach Europa auszuwandern. Dort möchte er einer geregelten Arbeit nachgehen. Er spielt im Oktober zudem mit dem Gedanken, durch Heirat in den Genuss eines Aufenthalts in einem reichen Industrieland zu kommen. Mamadou B. bezahlt mit Erspartem seiner Familie einen Schlepper, der für ihn eine Reiseroute per Schiff nach Italien skizziert. Reiseweg Mamadou B. reist am 3. November per Cargoschiff nach Genua. Dafür hat er USD 1000 bezahlen müssen. Den Anweisungen eines Schleppers folgend reist er illegal bei Ponte Chiasso in die Schweiz ein. Zuvor vernichtet Mamadou B. auf Anraten des Schleppers seine Reise- und Identitätspapiere. Empfangs- und Verfahrenszentren An dem in Grenznähe liegenden EVZ Chiasso reicht Mamadou B. am 4. Dezember sein Asylgesuch ein. An der Kurzbefragung erklärt Mamadou B., er habe im Heimatland Sierra Leone nie Papiere besessen: «Was meinen Geburtsschein betrifft, so ging dieser beim Überfall auf mein Haus verloren». Der Befrager an der EVZ notiert zu den Asylgründen wortwörtlich folgendes: «Die Rebellen sind gekommen und haben unser Dorf überfallen, die Leute vertrieben und unser Haus zerstört». Nachdem alle Hauptgründe erfasst worden sind, fügt Mamadou B. an: «Ich habe Angst, in mein Dorf zurückzukehren, da sich noch einige Rebellen in der Region versteckt halten». Weil er keine Papiere abgegeben und der Befrager auf einige länderspezifische Fragen keine Antwort erhalten hat, kommen erste Zweifel an der sierraleonischen Herkunft des Gesuchstellers auf. Anhörung Während der direkten Bundesanhörung, die nach kurzem Aufenthalt im Empfangs- und Verfahrenszentrum am 17. Dezember in der BFM-Zentrale in BernWabern durchgeführt wird, kann Mamadou die Flagge von Sierra Leone nicht korrekt zeichnen. In seinen Antworten finden sich keine weiteren Angaben zur Herkunft: «.ich kenne nur mein Dorf, weil ich es ausser für Feldarbeiten nie verlassen habe», oder: «da ich nicht zur Schule gegangen bin, weiss ich nicht, welche Stückelungen die Währung von Sierra Leone hat». Der Asylentscheider, der die Zweitbefragung leitet, kann mit diesen zusätzlichen vagen Angaben bereits eine sierraleonische Herkunft ausschliessen. Jedoch weiss er immer noch nicht, woher Mamadou B. tatsächlich stammt. Um nach erfolgtem Asylentscheid den Vollzug zu optimieren, entscheidet der Asylentscheider, das Dossier an die Sektion Analysen weiterzuleiten, wo Spezialisten aus der Herkunftsregion von Mamadou B. möglichst exakter Herkunftsbestimmungen treffen. Analyse Am 12. Januar meldet sich Mamadou beim Eingang zum Hauptgebäude in BernWabern mit seiner Lingua-Vorladung in der Hand. Er folgt dem Beamten in ein leeres Büro, wo er alleine auf einen Telefonanruf wartet. Nach kurzer Zeit klingelt das Telefon. Mamadou B. nimmt den Hörer ab. Die anrufende Person begrüsst ihn. Es folgt ein Gespräch in seiner Muttersprache. «Komisch, weshalb musste ich mit einem ‹Typen› aus Afrika telefonieren?», fragt sich Mamadou B. nach dem Telefongespräch. Nach diesem Gespräch schreibt die andere Person, ein für Lingua arbeitender Experte aus dem gleichen Herkunftsland, einen Bericht. Ziel ist es, dass das tatsächliche Herkunftsland von Mamadou B. festgestellt werden kann. Der Experte ist sich sicher, dass Mamadou auf Grund seiner Sprechweise und Länderkenntnisse nur aus Guinea stammen kann. Seinen Bericht erhält der zuständige Asylentscheider. Er sieht jetzt seine zuvor auf Grund der Anhörung mit Mamadou B. gemachte Feststellung von einer ihm unabhängigen Stelle bestätigt. Entscheid Fall Fall Ahmed H., 23-jährig, somalischer Staatsbürger abgaalischer Ethnie, wuchs in Mogadischu auf. Single, ohne Ausbildung und Auskommen, beschliesst er Somalia zu verlassen und in Europa um Asyl nachzusuchen. Reiseweg Am 27. Februar verlässt Ahmed H. seine Stadt und reist ohne Reisepapiere nach Nairobi. In der kenianischen Hauptstadt nimmt er den von einem Gehilfen organisierten Flug nach Rom. Am 22. März reist er illegal in die Schweiz ein. Empfangs- und Verfahrenszentren Am 25. März reicht Ahmed H. im EVZ Vallorbe sein Asylgesuch ein. Es findet eine Kurzbefragung statt. Darin macht Ahmed H. deutlich, dass er aus ökonomischen und politischen Überlegungen sein unstabiles Land verlassen hat. Einen Personalausweis reicht er nicht zu den Akten. Am 28. März wird Ahmed H. für die Dauer des Asylverfahrens dem Kanton Genf zugeteilt. Anhörung Am 17. April wird Ahmed H. direkt im EVZ Vallorbe im Rahmen der Zweitbefragung eingehender zu seinen Fluchtmotiven angehört. Seine schriftlich festgehaltenen Aussagen stimmen mit denjenigen der Erstbefragung überein. Er lebte in Mogadischu immer in schlechten Verhältnissen (keine Ausbildung, somit kein Auskommen, nicht genügend Nahrungsmittel und kaum Zugang zur medizinischen Infrastruktur). Der Bürgerkrieg in seinem Land trägt zu dieser schlechten Situation bei. Weshalb ist er ausgerechnet in die Schweiz gekommen? Im Kanton Waadt lebt ein Onkel von ihm. Analyse Der wissenschaftliche Mitarbeiter, der das Asylgesuch von Ahmed H. bearbeitet, vergleicht Ahmed Hs. Aussagen mit den Angaben über Somalia, die dem BFM zur Verfügung stehen. Er kommt zum Schluss, dass an der somalischen Herkunft des Asylbewerbers keine ernsthaften Zweifel bestehen. Entscheid Fall Fall Sadiye C., 25-jährig, türkische Staatsangehörige kurdischer Ethnie, Alevitin, ledig Aufgewachsen in Bingöl (Osttürkei) mit zwei Brüdern und vier Schwestern. Vater Besitzer eines Restaurants mit fast ausschliesslich kurdischer Kundschaft. Seit vier Jahren Studentin an der Anglistik-Fakultät der Universität Istanbul. Reiseweg Am 24. April reist Sadiye C. im Auto ihres Bruders Ahmet C. bei Chiasso in die Schweiz ein. Ahmet C. und seine Ehefrau Marianne haben Sadiye im Albergo «Piazza Cavour» in Milano abgeholt. Die Türkei hatte Sadiye C. am 10. April über den Hafen von Kusadasi verlassen. Dank Beziehungen war es ihr möglich gewesen, dort ein Touristenboot zu besteigen, welches sie auf die griechische Insel Samos brachte. Von Griechenland bis nach Italien war sie mit einem Cousin gereist, der in der Nähe von Rom wohnt. Empfangs- und Verfahrenszentren Am 30. April, einem grau-regnerischen Mittwochmorgen, meldet sich Sadiye C. bei der Reception des EVZs Kreuzlingen. Sie reicht ein Asylgesuch ein und gibt ihre zwei Identitätsausweise ab. Man findet bei ihr eine Agenda, die man ihr trotz lautstarkem Protest abnimmt, später aber wieder aushändigt. Am 5. Mai wird Sadiye C. befragt. Der eher skeptischen Befragerin erklärt sie, weshalb sie zwei Identitätsausweise besitzt: Der eine sei echt – ausgestellt in Bingöl am 3. September 1997 – der andere, lautend auf den Namen «Esen Karatas», sei gefälscht. Man fragt sie nach den Gründen für die Ausreise. «Ich werde gesucht, wenn Sie mich in die Türkei zurückschicken, muss ich ins Gefängnis.» «Am 10. November des letzten Jahres nahm ich an einer Demonstration gegen Zulassungsbeschränkungen an die Universität teil; als die Polizei eingriff, konnten die meisten flüchten; ich war aber zu weit vorne und wurde – wie früher auch schon – festgenommen. Nun werde ich grundlos beschuldigt, eine verbotene linke Partei tatkräftig unterstützt zu haben. Sie haben mich geschlagen, mir Schlechtes angetan.» Anhörung Am 1. Juli macht Sadiye C. gegenüber einer Mitarbeiterin des Migrationsamtes des Kantons Zürich die folgenden Aussagen: «Alle versuchten zu flüchten, als die Polizei eingriff. Cetin, der direkt vor mir gestanden hatte, und Fadime neben mir hatten auch Pech; sie packten uns an den Armen und zerrten uns in bereitstehende Polizeiautos. Ich schätze, wir waren etwa 40, die sie erwischt hatten. Neben mir im Auto sass einer, der mich ständig anstarrte; fast war ich froh, als wir endlich im Posten ankamen. .» «Ständig die gleichen Fragen: ‹Wer ist der Kopf eurer Gruppe? Wie viele Leute gehören zu euch? Woher habt ihr die Waffen? Wer war beim Überfall der Anführer?› Sie versuchten mir Dinge anzuhängen, mit denen ich überhaupt nichts zu tun habe. Zuerst waren sie freundlich, einer mit einem blöden Grinsen, dann gabs Schläge Drohungen. Einer begann, mich überall zu betasten, ich schrie, weinte (beginnt zu weinen) . Ich glaube, es wäre dazu gekommen, wenn nicht plötzlich ein schon etwas älterer Typ – ich denke sein Vorgesetzter – dazu gekommen wäre.» . «In der Woche nach meiner Entlassung aus dem Polizeiposten am 14. November musste ich erstmals vor Gericht erscheinen. Späteren Gerichtsvorladungen leistete ich nach Absprache mit meinem Anwalt keine Folge mehr und tauchte unter. Die Polizei hat mich dann ein paar Mal gesucht. Nachdem ich erfahren habe, dass ich zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Unterstützung einer in der Türkei illegalen Partei verurteilt worden bin, bin ich aus Angst vor dem Gefängnis ausgereist.» Analyse Am 15. August reicht Sadiye C. ein Dokument ein. Ein Mitarbeiter des BFM prüft dieses Papier: Es handelt sich um ein Urteil des Staatssicherheitsgerichtes Istanbul. Aus dem Gerichtsurteil geht hervor, dass Sadiye C. zu einer Haftstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten wegen der Beherbergung von zwei Mitgliedern einer illegalen Organisation verurteilt worden ist. Eine genaue Analyse dieses Beweismittels ergibt, dass es sich dabei um ein authentisches Dokument handelt. Entscheid Fall 6. SZENENWECHSEL DENKANSTOSS Die Schweiz war nicht immer ein reiches Land. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es mehr Schweizerinnen und Schweizer, die ihre Heimat verliessen, als Ausländerinnen und Ausländer, die einwanderten. Die meisten Emigranten flohen vor der Armut. Zwischen 1400 und 1848 verdienten viele Schweizer ihren Lebensunterhalt als Söldner in fremden Armeen. Im 19. Jahrhundert wanderten viele Käser nach Russland aus. So hat der Tilsiterkäse seinen Namen von der ostpreussischen Stadt Tilsit erhalten, in der er von einem Schweizer Käser kreiert wurde. Zwischen 1850 und 1914 verliessen rund 40000 Schweizer Bürgerinnen und Bürger ihre Heimat. An einigen Orten in Nord- und Südamerika wurden sogar Schweizer Kolonien gegründet, die oft die Namen der Heimatorte von Ausgewanderten erhielten. In den USA gibt es 16 Städte und Dörfer, die den Namen Lucerne tragen. Der nächste Text „Die Migration der Schweizer zeigt Ihnen, detailliert dass auch SchweizerInnen von der Auswanderung betroffen waren. Aufgabe Lesen Sie den Text aufmerksam durch und beantworten Sie anschliessend die nachfolgenden Aufgabenstellungen bzw. Fragen. Die Migration der Schweizer Das Phänomen der Wanderungen hat in der Schweizer Geschichte von jeher eine außerordentliche Rolle gespielt. Schon die ersten schriftlichen Erwähnungen über die Helvetier handeln von ihren Auswanderungsprojekten. In der ersten Periode der Emigration, vom Spätmittelalter bis zu den Napoleonischen Kriegen, herrscht der Söldnerdienst vor; es ist eine Zeitspanne, die noch unlängst als «ruhmreich» betrachtet wurde. Dieser Soldatenhandel, mehr als zweieinhalb Jahrhunderte lang eine ungeheure und vor allem sehr einträgliche Schweizer «Industrie», resultierte aus dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Erstens hatten sich die Schweizer seit ihren Schlachten gegen die Habsburger sowie in den Burgunderkriegen und Italienfeldzügen in ganz Europa einen Ruf als ausdauernde und gewandte Fusssoldaten erworben. Nun aber erließen die Könige von Frankreich angesichts der Unmöglichkeit, genügend Berufstruppen unter ihren eigenen Untertanen zu rekrutieren, Aufrufe an ausländische Söldner und wurden dabei schon bald von anderen Fürsten nachgeahmt. Zweitens standen genügend Männer, die zum Reislaufen bereit waren, zur Verfügung. In den bäuerlichen Gegenden der Alpen, Voralpen und sogar des Jura (Solothurn), die eine extensive Viehzucht betrieben und keine nennenswerte Industrie besaßen, boten sich nur wenig Verdienstmöglichkeiten an. Die jungen Leute waren gezwungen, sich anderswo Arbeit zu suchen, und die gab es auch in der restlichen Schweiz kaum. Im übrigen eröffnete der Söldnerdienst höhere Verdienstmöglichkeiten als jede andere Tätigkeit. Im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts umfaßten die Schweizer Regimenter im Ausland regelmäßig 50000 bis 70000 Mann, später nahm die Zahl rapid ab. Viele Reisläufer kehrten nie mehr in die Heimat zurück. Die einen starben im Dienst viel häufiger an Krankheiten als auf dem Schlachtfeld -, während andere sich in der Fremde niederließen. Dafür konnte andererseits mancher Söldner, der mit einem Sparpfennig oder einer Pension in die Heimat zurückkehrte, sich unter günstigeren Bedingungen niederlassen, als er sie vor seiner Abreise kannte, und hatte obendrein an Ansehen gewonnen. Einige hatten ein Handwerk erlernt, viele die Anfangsgründe fremder Kulturen und Sprachen aufgeschnappt; ein jeder hatte ein Kapital an Erfahrungen gesammelt zum Besseren oder Schlechteren. Im 18. Jahrhundert kündigt sich schließlich ein Auswanderertyp an, dem wir später immer häufiger begegnen: Es sind Kaufleute und Geschäftsleute, die in die großen Hafenstädte oder in die Kolonien ziehen, um eine Lehrzeit zu absolvieren oder die dortigen Niederlassungen von Schweizer Firmen zu betreuen. Es sind vor allem junge Leute aus den großen Städten Genfer Basler, Zürcher, St. Galler -, aber auch aus den unternehmungslustigen Voralpenkantonen Glarus und Appenzell. Gleichzeitig ziehen Tessiner und Bündner in die Ferne, um Arbeit im Baugewerbe und damals schon im Gastgewerbe zu suchen. Die Revolutionszeit machte dem Söldnerdienst ein Ende, nachdem er seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ohnehin stark im Rückgang begriffen gewesen war. Der Vertrag von 1815, der die Alte Eidgenossenschaft wiederherstellte, sie aber durch die Zulassung mehrerer neuer Kantone auf ihre heutigen Grenzen erweiterte, unter- sagte diese Tätigkeit grundsätzlich bis auf einige Ausnahmen deren einziges Überbleibsel heute noch die Schweizergarde im Vatikan ist. Doch so tiefgreifend die politischen Umwälzungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und die Anfänge der Industrialisierung auch waren, so brachten sie das Problem der Übervölkerung dennoch zu keiner Lösung. Die neu entstehenden AbeitsmögIichkeiten hielten mit dem Bevölkerungszuwachs kaum Schritt. Die Massenauswanderung blieb eine Notwendigkeit. Sie suchte heue Wege. Ein ganz anderes Gewicht kam im gesamt- schweizerischen Maßstab der Auswanderung nach Übersee zu. Hier handelte es sich um eine Zwangslage: Die großen Wirtschaftskrisen des 19. Jahrhunderts brachten Elend und Arbeitslosigkeit. Fast die ganze Schweiz, mindestens die ländlichen Gebiete, wurde davon betroffen, einige Kantone, ganz besonders schwer. Die große Emigrationsbewegung nach Übersee setzt in den Krisenjahren von 1816 bis 1817 ein und verstärkt sich zwischen 1820 und 1840, aber erst die Hungersnot von 1846/1847 führt, wie übrigens in ganz Europa, zu eigentlichen Massenausreisen. Die Obrigkeit fördert sie noch, sind sie doch für das Gemeinwesen ein bequemes Mittel, die armen Familien, die auf seine Fürsorge angewiesen sind loszuwerden. Ein Bericht der Aargauischen Regierung aus dem Jahr 1854 stellt es unverblümt fest: «Für diese Arbeitslosen ist das Leben in Amerika die beste und wohltätigste Arbeitsanstalt, für die Behörden der billigste Ausweg ». In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts halten periodische Wirtschaftskrisen, die vornehmlich die Heimarbeiter, also eine halb-bäuerliche Bevölkerung treffen, die Tendenz zur Auswanderung lebendig, der erst der Erste Weltkrieg und die amerikanischen Immigrationsbeschränkungen ein Ende machen. Was die Zielländer anbelangt auch hier mangelt es an präzisen statistischen Angaben -, liegt Nordamerika weit an der Spitze. Bekanntlich war es die letzte Zuflucht für die Masse der Armen aus ganz Europa, von Irland bis Polen und Italien. Im Vergleich zu diesen Ländern erscheint die Einwanderung von Schweizern in Amerika eher bescheiden. Von der Schweiz aus gesehen war sie jedoch beträchtlich. Beispielsweise gelangten von den Glarnern Auswanderer zwischen 1791 und 1820 41,4%, in den Jahren 1821 bis 1850 sogar 74,7%, also drei Viertel, nach Amerika! Bekanntlich gründeten sie in Wisconsin die Kolonie New-Glarus (1845). An zweiter Stelle steht Brasilien, wo eine Gruppe Auswanderer von den Ufern der Saane schon 1818 Nova-Friburgo gründete. Das zahlenmäßig drittwichtigste Zielland war Rußland. Nach 1918 dauert die Auswanderung zwar an, macht sich aber in der schweizerischen Bevölkerungsstatistik nicht mehr stark bemerkbar. Sie richtet sich jetzt mehr auf die Nachbarländer, auf Frankreich, Deutschland, Italien, und hat in der Regel nur vorübergehenden Charakter. Die Bewegung nach Nordamerika hat deutlich nachgelassen. In Südamerika übt seit Ende des 19. Jahrhunderts Argentinien die größere Anziehungskraft aus als Brasilien. Die Schweizer Kolonien im Ausland, die sich in der Regel aus der gemeinsamen Auswanderung von mehreren Familien des gleichen Herkunftsorts ergaben, haben vielfach gefühlsmäßige oder geschäftliche Verbindungen mit der alten Heimat bewahrt. Die in allen Ecken der Welt verstreute „fünfte Schweiz, die durch die Gründung von Filialen schweizerischer Firmen im Ausland ständig verstärkt wird, spielt weiterhin eine nationale Rolle. 1. Die schweizerische Emigration zwischen dem 16. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts ist imposant. Welches war in der ersten Phase der Emigration die vorherrschende Form? 2. Für diesen Soldatenhandel gab es zwei herausstechende Gründe, welche? 3. Welches war der neue Auswanderungstyp, der sich im 18.Jahrhundert ankündigt? 4. Wann fand der Söldnerdienst ein Ende? 5. Worin lagen die Ursachen für die Auswanderung nach Übersee? 6. Nennen Sie die drei wichtigsten Zielländer der Auswanderer im 19.Jahrhundert. 7. Was verstehen Sie unter dem Begriff „Fünfte Schweiz? 8. Was lässt sich zu der vergangenen Migration der Schweizer im Vergleich zu der aktuellen Migration der Ausländer in die Schweiz festhalten? Formulieren Sie Ihre Erkentnisse. 7. INTERVIEW Sie haben nun die verschiedenen Probleme und Sichtweisen der Auswanderung kennen gelernt. Versuchen Sie diese nun anzuwenden. Aufgabe Suchen Sie eine Person, die aus dem Ausland stammt und nun in der Schweiz lebt. Machen Sie mit ihr einen Termin ab. Führen Sie mit dieser Person dann ein Interview durch. Versuchen Sie in diesem Interview folgende Punkte zu erfahren: Angaben zu Ihrer/Ihrem InterviewpartnerIn (Alter, Zivilstand, Herkunftsland, Beruf, jetzige Tätigkeit etc.) Gründe für den Aufenthalt in der Schweiz (Warum ist die Person in die Schweiz gekommen (Migrierende, Flüchtlinge, Kriegsvertriebene, Push-/Pullfaktoren). Versuchen Sie die näheren Umstände zu erfahren. Stellen Sie Fragen zu einer allfälligen Rückkehr. Meinung über das Leben in der Schweiz im Unterschied zum Leben im Heimatland Verhältnis und Meinung der Person zu den/über die Schweizer. Weitere, für Sie interessante Punkte, die im Zusammenhang zu unserem Thema stehen. Vorgehen: Formulieren Sie schriftlich ungefähr offene 20 Fragen, die Sie Ihrer/Ihrem InterviewpartnerIn stellen werden. Führen Sie das Interview durch. Halten Sie die Antworten fest. Reflexion: Formulieren Sie anschliessend Ihre eigenen Gedanken zum Interview und zum Leben in der Fremde. Abzugebende Unterlagen: Siehe Unterlagen Interview Fragen/Antworten Reflexion: Eigene Gedanken