Arbeitsblatt: Erich Hackl Abschied von Sidonie

Material-Details

Formen der Diskriminierung und Unterdrückung in der Erzählung (samt kurzer Inhaltsangabe)
Deutsch
Leseförderung / Literatur
10. Schuljahr
1 Seiten

Statistik

193361
1273
9
12.02.2020

Autor/in

Martina Frick
Land: Österreich
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Anmerkungen zur Klassenlektüre: Abschied von Sidonie (Erzählung von Erich Hackl) 1. Wichtige Fakten und Handlungselemente der Inhaltsangabe (in Stichworten): Wann (1933: Auffinden von Sidonie), Wo: Steyr/Österreich; Wer: Zigeunerkind; Aufnahme Sidonies als Pflegekind bei Familie Breirather, die bekennende Sozialdemokraten sind und deshalb unter dem diktatorischen Regime der ChristlichSozialen (Dollfuß/ Schuschnigg) sehr zu leiden haben (Gefängnisstrafe von Hans) Die Familie versucht Sidonie zu integrieren, so gut es geht (Schule, Firmung etc.), auch wenn nicht alle Bewohner dem „Zigeunerkind gut gesinnt sind. Parallel dazu Bemühungen des Stadtmagistrats Steyr um die Ausforschung der leiblichen Eltern, um die Unterhaltspflicht auf diese abzuwälzen (Anzeige!). Erleichterung dieser Aktivitäten durch die Einrichtung der Internationalen Zentralstelle zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens 1936 in Wien. Nach Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 spitzt sich die Lage für Sidonie immer mehr zu und 1943 wird sie schließlich trotz der Interventionen der Familie Breirather bei den zuständigen Stellen (Jugendamt, Bürgermeister, .) in ein Sammellager für Zigeuner nach Hopfgarten und letztendlich nach Auschwitz gebracht,wo sie stirbt. 2. Hauptthema: Ausgrenzung, Diskriminierung Andersdenkender oder aus anderen Kulturen Kommender (vor allem in rechten Diktaturen, aber auch allgemeine Kritik) aus politischen Gründen: Errichtung einer Diktatur, die alle anderen Parteien außer die Christlich-Soziale verbietet (1933/34) führt zur Unterdrückung anders Gesinnter wie z. B. Hans Breirather (Sozialdemokrat), was sich in Form von Hausdurchsuchungen und einer Gefängnisstrafe sowie durch lange Arbeitslosigkeit (keine Beziehungen zu den jetzt Mächtigen!) ausdrückt. Die Zugehörigkeit von Hans und Josefa zu einem „anderen politischen Lager ist sicherlich auch ein Grund, warum sich die zuständigen Amtspersonen wenig für sie einsetzen. wegen religiöser Einstellung: Da die Kirche damals im Bunde mit der christlichsozialen Diktatur unter Dollfuß und Schuschnigg stand, wird das standesamtlich verheiratete Ehepaar Breirather zur kirchlichen Trauung gedrängt, in die sie auf Grund der Repressalien, denen ihr Sohn Manfred in der Schule sonst ausgesetzt wäre, einwilligt. aus rassi(sti)schen Gründen: Sidonie begegnet den alten Vorurteilen, die ihr die Menschen aufgrund ihrer Abstammung, die auch mit einem etwas anderem Aussehen verbunden ist, entgegenbringen (Beispiele: erste Pflegefamilie, Arzt, .). Trotzdem besteht anfangs Hoffnung, dass sich ihre Umwelt an das Zigeunermädchen gewöhnt, mit ein paar Vorurteilen könnte die tapfere Familie schon leben, umso mehr als es Leute gibt, die sich Sidonie gegenüber anständig verhalten (Firmpatin, etc. ). Das Problem liegt letztlich darin, dass diese Vorurteile von politischen Parteien (hier faschistischen) ausgenützt und zur Staatsangelegenheit gemacht werden, indem man Gesetze zur Diskriminierung (Herabsetzung) und letztlich zur Verfolgung bestimmter Gruppen (Zigeuner; Juden, .) erlässt, sodass der Widerstand für die einzelnen Verantwortlichen immer schwieriger wird. Dass der Widerstand vieler Menschen gegen solche Entwicklungen so gering ist (keine Hilfe für Sidonie), liegt auch daran, dass die schon lange vorhandenen Vorurteile weiterwirken. Handeln der Bürokratie: Es ist sicherlich ein großes Verdienst von Erich Hackl, in seiner Erzählung auch die Rolle eines bürokratischen Systems, das handelt, ohne an die möglichen Folgen seiner Handlungen zu denken, als menschenverachtend zu entlarven. Der Stadtmagistrat Steyr denkt anfangs nur an die Pflegekosten, die er vom Jugendamt auf die leiblichen Eltern abwälzen will. An das Wohl des Kindes, das von den Eltern bewusst weggegeben wurde und bei der Familie Breirather gut aufgehoben ist, denkt bereits damals keiner. Die Anzeige, die wegen ein paar Schillingen Pflegegeld getätigt wird, bewirkt letztlich, dass der Fall Sidonie bei der Polizei wieder aktenkundig wird, was durch die politischen Umstände später nicht nur zur Rückführung zu den leiblichen Eltern (was auch grausam genug gewesen wäre), sondern zu Sidonies Vernichtung führt. Hauptschuld tragen auf dieser Ebene nicht die einzelnen BeamtInnen, sondern vor allem die Vertreter einer Regierung, die dort spart, wo das Leben und Wohl eines Menschen so schwerwiegend betroffen ist wie bei Sidonie. (Aktualität gewinnt das Thema auch heutzutage wieder, besonders 2015, wo Flüchtlinge, deren Leben bedroht ist oder deren Leben in Armut unerträglich ist, als Sozialschmarotzer und Kriminelle diffamiert werden, aus Angst, man müsse ein paar Euro mehr für sie aufbringen .; Aufkommen rechtspopulistischer Parteien in Europa, besonders aber auch in Österreich seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts)