Arbeitsblatt: Steinzeit - Objekte

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Übersicht an Materialien aus der Steinzeit
Geschichte
Urzeit
Vorschule / Grundstufe
74 Seiten

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1038
7
18.08.2020

Autor/in

Annika frei
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

STARCH 1 Schülerheft: Objekt 1 Unterkiefer Replik Hergestellt von der Universität Zürich, Anthropologisches Institut. Beschreibung Unterkiefer mit Zähnen (Homo erectus). Fundort des Originals Mauer bei Heidelberg (D). Datierung Altsteinzeit, um 500000 Jahre vor heute. Ältester menschlicher Knochenfund von Europa Der gut erhaltene Unterkiefer von Mauer in Deutschland ist der älteste Knochenfund eines Frühmenschen in Europa. Wann der Mensch gelebt hat, kann die Wissenschaft noch nicht endgültig sagen. Man schätzt das Alter des Kiefers auf rund eine halbe Million Jahre! Der Knochen stammt von einem so genannten Homo erectus. Aus dieser bereits aufrecht gehenden Menschengattung entwickelte sich vor über 100000 Jahren in Afrika des Homo sapiens sapiens, der heutige Mensch. Von Afrika aus verbreitete sich der moderne Mensch über die ganze Erde und verdrängte alle anderen Menschenarten (Hominiden). Zum Beispiel den Neanderthaler, der ebenfalls vor über 100000 Jahren aus dem Homo erectus in Europa entstanden war. Der Unterkiefer des Homo erectus fällt durch seine Grösse und Stärke auf. Im Vergleich zu einem heutigen Unterkiefer weist der Fund keine Kinnpartie auf und der Ast zum Kiefergelenk ist sehr kräftig und breit entwickelt. Schülerheft: Objekt 1 STARCH Knochenarbeit der Anthropologie Die Anthropologie ist die Wissenschaft vom Menschen. Sie ist ein Teilgebiet der Biologie und beschäftigt sich auch mit den menschlichen Knochenfunden von der Steinzeit bis zur heutigen Zeit. Die menschlichen Reste, die bei Ausgrabungen zum Vorschein kommen, geben dabei Auskunft über die Entwicklung unserer Vorfahren. Die Anthropologen und Anthropologinnen ordnen diese Funde in richtiger zeitlicher Abfolge ein. Als Grundlage dafür dienen ihnen naturwissenschaftliche Altersdatierungen und Vergleiche besonderer Merkmale. So kann die Entwicklung des Menschen nachgezeichnet werden. Anhand der fossilen oder versteinerten Funde kann diese Wissenschaft auch Aussagen zur Lebensweise der frühen Menschen machen. Von den ersten Menschen, über die Neanderthaler bis zu den Rentierjägern Das heutige Aussehen des Menschen ist das Resultat einer langen Entwicklung, die über mehrere Millionen Jahre andauerte. Jahrzehntelange Forschungen der Anthropologen und Anthropologinnen führten zu einer Zeittafel der menschlichen Entwicklung. Durch neue Funde wird diese Entwicklungsreihe laufend korrigiert und vervollständigt. Wie der Stammbaum zeigt, verlief die Stammesgeschichte des modernen Menschen keineswegs geradlinig. Es gibt zahlreiche Verzweigungen und blind endende Entwicklungsäste ausgestorbener Menschenarten. Zeitweise lebten mehrere verschiedene Menschenarten nebeneinander. Bis auf uns heutige Menschen sind alle anderen Menschenarten ausgestorben. Übersicht zur Entwicklungsgeschichte des Menschen. B. STREIT (Hg), Evolution des Menschen. Spektrum der Wissenschaft (Heidelberg 1995). Weiterführende Literatur P. SCHMID, Evolution des Menschen. Die Phylogenetische Entwicklung der Hominiden. Deutsches Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen (Hemsbach 1989). (vergriffen) M.-L. MARKIS (Hg.), The Human Story. Der Mensch und seine Geschichte (London 1990). Vergleichsobjekte 2 Wildpferdzahn 3 Schaber Frühe Menschen: Homo erectus auf dem Marsch durch die ostafrikanische Savanne. Spektrum der Wissenschaft, 3/2000, S. 23. STARCH 2 Schülerheft: Objekt 2 Wildpferdzahn Original Kantonsarchäologie Zürich. Beschreibung Fossiler Backenzahn eines Wildpferds. Fundort Solutrien (F). Datierung Jüngere Altsteinzeit, um 23000 Jahre vor heute. Fossilien Beim Wildtierzahn handelt es sich um einen fossilen Pferdezahn. Die Bestimmung der Tierart erfolgt durch eine spezialisierte Wissenschaft, die Archäozoologie. Archäozoologie ist ein Spezialfach der Zoologie. Die Archäozoologie beschäftigt sich zum Beispiel mit Tierknochen, Tiermumien, Muschelschalen und Insektenresten aus archäologischen Ausgrabungen. Archäozoologen und Archäozoologinnen können zum Beispiel herausfinden, welche Tiere gegessen wurden und wie die Menschen die Tiere früher geschlachtet haben. Auch können sie sagen, ob vermehrt Haustiere oder Wildtiere als Nahrung dienten und an welchen Krankheiten die Tiere litten. Das Alter des vorliegenden Zahnfundes ergab sich durch die Fundlage: Der Pferdezahn wurde in einer Erdschicht gefunden, welche Geologen und Geologinnen (Experten für die Geschichte der Erde) in die Zeit zwischen 25000 und 20000 Jahren vor heute datieren. Die Geologie tut dies durch die Beurteilung der so genannten Stratigraphie. Unter einer Stratigraphie versteht man eine bestimmte Abfolge von Schichten. In einer Stratigraphie gilt: Die obere Schicht ist stets jünger als die darunter liegende. In einer Stratigraphie werden Schichten mit und ohne Spuren von Menschen unterschieden. Die Schichten mit Spuren von Menschen heissen Kulturschichten und interessieren Archäologen und Archäologinnen natürlich ganz besonders. Typische Tiere der Eiszeiten Das heute wohl bekannteste Tier der Eiszeit ist das ausgestorbene Mammut. Bis zu fünf Meter hoch, dicht behaart und mit langen Stosszähnen beherrschte dieses Tier die Kältesteppen. Ebenfalls zu den grösseren Tieren der Eiszeit zählten Bisons, Urrinder, Wildpferde, Wollnashörner, Riesenhirsche, Rentiere, Höhlenbären und Höhlenlöwen. Daneben lebten kleinere Tiere wie Wölfe, Höhlenhyänen, Schwäne, Enten und Fische. Die Menschen in der Eiszeit waren gute Jäger. Alle ge- nannten Tiere gehörten zu ihrer Jagdbeute. Besonders häufig erlegten sie Rentiere. Unter anderem durch Treibjagd über Felsabstürze oder in Fallen. Doch auch Mammute wurden von den Menschen getötet. Dies belegen Zeichnungen der Urmenschen auf Höhlenwänden. Solche Treibjagden auf Rentiere und Mammute waren Leistungen der Gemeinschaft und setzten eine Sprache zur Verständigung und Organisation voraus. Schülerheft: Objekt 2 STARCH Klimageschichte der Eiszeit In Europa lassen sich mindestens fünf Kaltzeiten unterscheiden. Die Kaltzeiten wurden jeweils von Warmzeiten unterbrochen. In den Kaltzeiten waren die Alpen bis auf die höchsten Gebirgskämme vergletschert und grosse Zungengletscher reichten bis ins Flachland herab, wie der Linthgletscher, der Rheingletscher und der Rhonegletscher. Das Gebiet der Stadt Zürich lag beispielsweise unter dickem Eis. Überbleibsel aus dieser Zeit der Gletschervorstösse sind mächtige Schotterablagerungen. In diesen Ablagerungen haben sich Reste von Pflanzen und Tiere, so genannte Fossilien, erhalten. Diese Fossilien geben Aufschluss über die damalige Zeit. Während eine Eiszeit etwa 100000 Jahre andauerte, war eine Warmzeit nach nur 10000–15000 Jahren vorbei. Da die heutige Warmzeit bereits 11500 Jahre andauert, wäre ein baldiger Klimaumschwung in eine neue Eiszeit nicht verwunderlich. Gliederung der Eiszeit mit den entsprechenden Tieren. E. KEEFER, Steinzeit (Stuttgart 1993), S. 40. Mammutfunde in der Schweiz Die bisher reichhaltigste Fundstelle von Mammutknochen in der Schweiz befindet sich in Niederweningen ZH. Bereits 1890 wurden beim Bau der Eisenbahnlinie zahlreiche Knochen von mindestens sieben Mammuts gefunden. In der Nähe entdeckten Bauarbeiter im Jahre 2003 bei Aushubarbeiten eine fast vollständige Skeletthälfte eines ausgewachsenen Mammuts. Weiterführende Literatur E. SCHMID, Knochenatlas für Prähistoriker, Archäologen und Quartärgeologen (Amsterdam/London/New York 1972). R. HANTKE, Eiszeitalter 1–3. Die jüngste Erdgeschichte der Schweiz und ihrer Nachbargebiete (Thun 1978; 1980; 1983). Vergleichsobjekte 3 Schaber 35 Höhlenbild Rekonstruiertes Skelett des Mammuts von 1890. Zoologisches Museum der Universität Zürich. STARCH 3 Schülerheft: Objekt 3 Schaber Original Schweizerisches Landesmuseum. Beschreibung Breiter Silexabschlag (Feuerstein) mit Retuschen. Fundort La Ferrasie, Dordogne (F). Datierung Altsteinzeit, 100000 Jahre vor heute. Erste Geräte aus Silex (Feuerstein) Schaber sind sehr einfache Geräte aus Silex. Sie entstehen durch wenige Retuschen (kleine Abschläge zur Überarbeitung der Kanten) an einem Abschlag aus Silex. Mit den Schabern konnten unterschiedlichste Arbeiten ausgeführt werden. Wie der Name sagt, dienten sie aber hauptsächlich zum Abschaben der Fleischreste von Fellen. Aus den Fellen machte man Kleider. Schaber gehören zu den ersten Geräten, die von Menschen hergestellt wurden. wird wegen seiner Härte auch als «Stahl der Steinzeit» bezeichnet. Während der gesamten Steinzeit (bis 4200 Jahre vor heute) stellten die Menschen daraus verschiedene messerscharfe Geräte her. Ohne ein besonders hartes, scharfes und widerstandsfähiges Material zu Herstellung von Geräten wäre ein Leben in der Steinzeit nur schwer vorstellbar gewesen. Die glasartigen, oft unterschiedlich gefärbten Feuersteine erfüllten diesen Anspruch perfekt. Silex Erst die harten Silexwerkzeuge machten den Menschen fähig, aus anderen Rohstoffen wie Holz, Knochen oder Geweih kompliziertere Werkzeuge und Geräte anzufertigen. Mit den Messern aus Silex konnten Tiere zerlegt und Leder und Fell geschnitten werden. So wurden aus Silex neben Schabern auch Stichel, Bohrer und Messer hergestellt. Aus Silex bestanden auch die scharfen Spitzen der Jagdwaffen (Lanzen, Speere und Pfeile). Wie entsteht ein Silexgerät? In einem ersten Schritt wird eine Silexknolle grob zugeschlagen. Vor allem wird die Rinde entfernt. Anschliessend spaltet man die Knolle mit einem Schlagstein, so dass eine gerade Fläche entsteht. Von dieser geraden Schlagfläche aus können kurze Abschläge oder lange, schmale Silexsplitter, so genannte Klin- gen, abgeschlagen werden. Diese Abschläge und Klingen werden mit Knochen- und Geweihstiften bearbeitet, indem von den Rändern feine Steinsplitter abgedrückt werden. Auf diese Weise bringt man die Silexklingen in die gewünschte Form. Schülerheft: Objekt 3 STARCH Die Geschichte der Silexgeräte Die Entwicklung der Silexgeräte zeigt auf eindrückliche Weise die Verbesserung ihrer Herstellungstechnik. Im Verlauf der Jahrtausende wurden zunehmend kleinere und wirksamere Geräte hergestellt. Die ersten Geräte aus Silex stammen aus Afrika aus der Älteren Altsteinzeit vor rund 1,5 Millionen Jahren (Altpaläolithikum). Dabei handelt es sich um grobe, kaum bearbeitete Faustkeile. Etwas später stellten die frühen Menschen auch in Europa solche Faustkeile her. In der Mittleren Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) von 130000–37000 Jahren vor heute wurde die Herstellungstechnik der Silexgeräte entscheidend verbessert. Die so genannten Neanderthaler, eine ausgestorbene Menschenart, stellten aus Abschlägen von Silex mannigfaltige Schaber und Spitzen her. In der Schweiz sind solche Geräte zum Beispiel aus Höhlen im Jura bekannt. Solche Höhlen dienten dem Neanderthaler vor allem im Winter und bei schlechtem Wetter als Unterkünfte. Während der Jüngeren Altsteinzeit (Jungpaläolithikum), vor 35000–11500 Jahren, erfuhr die Art, aus Silex Werkzeuge herzustellen, noch einmal eine entscheidende Veränderung. Damals trat bei uns der moderne Mensch in Erscheinung. Er stellte lange, schmale Klingen aus Silex her, die viel besser als die Abschläge des Neanderthalers zu Werkzeugen und Waffen verarbeitet werden konnten. Erstmals wurden auch vermehrt Waffen und Werkzeuge aus Elfenbein, Knochen und Geweih hergestellt. Im selben Zeitabschnitt entstanden die ersten richtigen Kunstwerke der Menschheit. Dazu zählen zum Beispiel kleine Figürchen aus Geweih und Knochen, aber auch wunderschöne Höhlenmalereien. Vorbereitung eines Silexkerns und Abschlag eines Schabers der Silexklingen. J. TIXIER u.a., Préhistoire de la pierre taillée. I: Terminologie et technologie (Valbonne 1980), Abb. 7. Weiterführende Literatur E. KEEFER, Steinzeit (Stuttgart 1993). Paläolithikum und Mesolithikum. Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum frühen Mittelalter – SPM (Basel 1993). Vergleichsobjekte 1 Unterkiefer 2 Wildpferdzahn 23 Feuersteinkern mit Abschlägen STARCH 4 Schülerheft: Objekt 4 Rückenmesser Original Kantonsarchäologie Zürich. Beschreibung Kleines Silexmesser (Feuerstein) mit stumpfem Rücken. Fundort Furtacker bei Wetzikon ZH. Datierung Jüngere Altsteinzeit, um 13000 Jahre vor heute. Rückenmesser – Mikrolithen Als Mikrolithen werden nur wenige Millimeter grosse Silexwerkzeuge (Feuerstein) aus den letzten Jahrtausenden der Altsteinzeit (13000–11500 Jahre vor heute) und der anschliessenden Mittelsteinzeit (11500–8000 Jahre vor heute) bezeichnet. Die Bezeichnung Mikrolith kann aus dem Griechischen als «kleiner Stein» übersetzt werden. In dieser Zeit verwendete man den Rohstoff Silex allgemein sehr sparsam. Die kleinen, scharfen Geräte in Form von Dreiecken, Rechtecken, Halbrunden und Trapezen dienten als Messerklingen, Kratzer, Bohrer und Spitzen bezihungsweise Widerhaken an Pfeilen, Speeren und Harpunen. Diese Silexeinsätze für Speer- und Pfeilspitzen sind besonders typisch für den genannten Zeitabschnitt. Auf Grund ihrer Form und ihrer scharfen und stumpfen Kanten werden diese Einsätze von der Archäologie Rückenmesser genannt. Man klebte sie mit Birkenteer an die Pfeilschäfte und Speerschäfte aus Holz. Mit den Speeren und Pfeilen jagte man in der Eiszeit hauptsächlich Rentiere und Wildpferde, nach der Eiszeit, in der Mittelsteinzeit, vor allem Hirsche. Die vielfältigen Funde machen deutlich, dass die Jäger und Sammler jener Zeit bereits ausgezeichnete Handwerker waren. Schülerheft: Objekt 4 STARCH Jäger und Sammler am Ende der Eiszeit (etwa 15000–8000 Jahre vor heute) Vor rund 15000 Jahren ging die letzte Eiszeit langsam zu Ende und es wurde allmählich wärmer. Die Gletscher schmolzen langsam weg, und es breiteten sich lichte Wälder aus. Aus dieser Zeit finden Archäologen und Archäologinnen in unserer Gegend die ältesten deutlichen Siedlungsspuren von Menschen. Es handelt sich um Spuren des modernen Menschen. Der Nean- derthaler war damals bereits ausgestorben. Spuren des Neanderthalers sind in unserem Land sehr selten. Vor allem Funde aus Höhlen in den Alpen und dem Jura belegen jedoch, dass er sich bereits vor über 40000 Jahren ab und zu im Gebiet der Schweiz aufgehalten hat. Rückenmesser aus Silex in einer Speerspitze. Kantonsarchäologie Zürich, DANI PELAGATTI. Schwierige Spurensuche Vor 13000 Jahren zogen die Menschen auf der Suche nach Nahrung von einem Rastplatz zum anderen. Dabei durchstreiften sie auch die heutige Nordostschweiz und schlugen vor allem an verschiedenen Seen ihre Lagerplätze auf. Ihre Lager hinterliessen nur unscheinbare Spuren. Meistens handelt es sich um einfache Feuerstellen, über denen wahrscheinlich Zelte oder einfache Hütten standen. Aus diesem Grund ist die Entdeckung und Erforschung eines solchen Lagerplatzes äusserst schwierig. Häufig weisen nur Silexgeräte auf die Anwesenheit von Menschen vor Jahrtausenden hin. Silexgeräte überdauern die Zeit nämlich sehr gut. Weiterführende Literatur E. KEEFER, Rentierjäger und Pfahlbauer. 14000 Jahre Leben am Federsee (Stuttgart 1996). CH. CUPILLARD, A. RICHARD, Les derniers chasseurs du Massif jurassien et ses marges (Lons-le-Saunier 1998). Vergleichsobjekte 3 Schaber 6 Harpune 32 Bemalter Kieselstein STARCH 5 Schülerheft: Objekt 5 Speerschleuderhaken Replik Hergestellt von Jürgen Junkmanns, Bern. Beschreibung Speerschleuder aus Holz mit einem Haken aus Knochen in Form eines Wildpferdekopfs. Fundort des Originals Kesslerloch SH. Datierung Jüngere Altsteinzeit, 15000 Jahre vor heute. Die Waffen der frühen Jäger Die ersten Menschen in der Schweiz lebten von der Jagd und waren deshalb auf gute Jagdwaffen angewiesen. Als besonders wirkungsvoll erwiesen sich Speerschleudern, mit denen Tiere auf grosse Distanz erlegt werden konnten. Die einfachen Geräte wirkten als Hebelarm und erhöhten die Geschwindigkeit sowie die Durchschlagskraft im Vergleich zu einem von Hand geworfenen Speer um das Drei- bis Vierfache. Das Objekt im Archäologie-Koffer stellt das Ende der Entwicklung einer solchen Schleuder dar. Am hakenartigen Absatz wurde der Speer eingehängt. Am anderen Ende sass zur Verlängerung ursprünglich ein Schaft aus Holz. Der Holzschaft hat sich in den Jahrtausenden zersetzt und ist deshalb nicht erhalten. Auch von den Speeren sind heute nur noch die Spitzen aus Knochen oder Silex (Feuerstein) vorhanden. Das Hakenende einer solchen Speerschleuder wurde sehr sorgfältig aus einem Stück Geweih geschnitzt und verziert. Die Verzierung stellt den Kopf eines Wildpferdes dar. Solche Tierdarstellungen an Geräten sind typisch für die Jüngere Altsteinzeit. Offenbar fanden die Menschen damals trotz der beschwerlichen Jagd und dem Sammeln von Beeren, Pilzen und Pflanzen für den täglichen Nahrungsbedarf genügend Zeit, um ihre Gebrauchsgegenstände zu verzieren. Schülerheft: Objekt 5 STARCH Entwicklung der Jagdwaffe Seit es Menschen gibt, hat sich das Klima mehrfach verändert. Mit diesen Veränderungen wandelte sich auch die Tier- und Pflanzenwelt. Der Mensch musste sich mit der Erfindung neuer Jagdwaffen immer wieder an die veränderten Verhältnisse anpassen. Während der Älteren und Mittleren Altsteinzeit (1,8 Mio.–35000 Jahre vor heute) erbeuteten die Jäger Mammute und Wollnashörner. Die einzeln umherziehenden Tiere konnten mit Lanzen oder Fallen erlegt werden. Während dieser Zeit wurden die Speerspitzen immer leichter und die Speere konnten weiter geworfen werden. Vorlage der Replik. W.U. GUYAN, Thayngen. Menschen und Landschaft im Wandel der Zeiten (Thayngen 1986). Gebrauch der Speerschleuder. U. STODIEK, H. PAULSEN, «Mit Pfeil und Bogen.» Technik der Steinzeitlichen Jagd. Texte zur Ausstellung. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 16 (Oldenburg 1996). Während der Jüngeren Altsteinzeit (35000–11500 Jahre vor heute) prägten Steppen und Tundren die Landschaft. Es gab grosse Herden von Rentieren und Wildpferden. Diese Tiere waren scheu, schnell und wendig, so dass die Jäger leichtere Waffen benötigten, mit denen man noch weiter schiessen konnte. Sie erfanden die Speerschleuder. In der Mittelsteinzeit (11500–8000 Jahre vor heute) veränderte sich die Landschaft und es entstanden Laubwälder. Diese wurden von Rentieren, Wildpferden, Hirschen, Rehen, Wildschweinen und Auerochsen bewohnt. Im Dickicht der Wälder war es schwierig, Speerschleudern zu bedienen. Die Speerschleudern wurden durch den handlicheren Pfeil und Bogen ersetzt. Vor allem kleinere Tiere konnten damit auf weite Entfernungen einfach erlegt werden. Entwicklung der Jagdwaffen. U. STODIEK, H. PAULSEN, «Mit Pfeil und Bogen.» Technik der Steinzeitlichen Jagd. Texte zur Ausstellung. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 16 (Oldenburg 1996), Abb. 7. Weiterführende Literatur H.-G. BANDI u.a., Die Kultur der Eiszeitjäger aus dem Kesslerloch (Konstanz 1977). U. STODIEK H. PAULSEN, «Mit Pfeil und Bogen.» Technik der Steinzeitlichen Jagd. Texte zur Ausstellung. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 16 (Oldenburg 1996). Vergleichsobjekte 3 Schaber 21 Jagdpfeil 31 Frauenstatuette STARCH 6 Schülerheft: Objekt 6 Harpune Replik Hergestellt von Stefan Schreyer, Bern. Beschreibung Harpunenspitze mit zwei Widerhakenreihen aus Hirschgeweih. Fundort des Originals Zürichseeregion. Datierung Mittelsteinzeit, 11500–8000 Jahre vor heute. Harpune Mit Harpunen fingen die Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit (11500–8000 Jahre vor heute) Fische. Sie stiessen damit wie mit Speeren ins Wasser. Die Widerhaken verhinderten, dass die aufgespiessten Fische beim Herausziehen zurück ins Wasser glitschten. Die Grösse der gefundenen Harpunen lässt darauf schliessen, dass mit Vorliebe grosse Fische wie Hecht und Wels erbeutet wurden. Die Harpunen wurden aus Hirschgeweih gefertigt. Mit einem Gerät aus Silex (Feuerstein) musste dazu aus einer Geweihstange ein Span herausgelöst werden. Anschliessend arbeitete man durch Schleifen mit einem Sandstein die Widerhaken heraus. Mittelsteinzeit: Die letzten Jäger Die Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit lebten nach der letzten Eiszeit, die etwa vor 11500 Jahren zu Ende ging. Es war nun wesentlich wärmer. In unserer Region bot sich ein vielfältiges Landschaftsbild mit Wäldern, Seen und Mooren. Zur Beschaffung von Nahrung waren für die Jäger und Sammler vor allem die Gebiete um die Seen wichtig. Auf ihren Streifzügen entlang den Seeufern errichteten die Jäger Zeltlager, die sie zwar immer wieder benutzten, aber jeweils nur für kurze Zeit. In den Lagern hielten sich nur kleine Gruppen von Menschen auf, um ihre Nahrung zuzubereiten und ihre Geräte und Jagdwaffen zu reparieren. Spuren wie zum Beispiel Feuerstellen solcher Lagerplätze finden wir heute kaum mehr, doch Werkzeuge und Geräte aus Silex blieben erhalten. Die Menschen der Mittelsteinzeit waren die letzten Jäger und Sammler. Nach einer lange dauernden Entwicklung bauten die Menschen der darauf folgenden Zeit Getreide an und züchteten Haustiere. Mit diesem Wechsel wurden die Menschen sesshaft und bauten feste Häuser. Die Menschen wurden von herumwandernden Jägern zu Bauern. Schülerheft: Objekt 6 STARCH Nahrung der letzten Jäger Die Jäger der Mittelsteinzeit konnten in der Auswahl ihrer Nahrung nicht wählerisch sein. Was sich als Jagdbeute anbot, wurde erlegt. Meistens stammen die gefundenen Knochen von Hirschen, Rehen und Wildschweinen. Vereinzelt wurden auch Füchse oder Biber gejagt. Die Jagdbeute deutet auf ein waldreiches Gebiet mit offenen Lichtungen hin. Neben den Tieren waren auch Pflanzen für die Ernährung wichtig. Vor allem Haselnüsse wurden wegen ihrem hohen Fett- und Eiweissgehalt in grossen Massen gegessen. Davon zeugen die heute an den Lagerplätzen noch zahlreich vorhandenen verkohlten Schalenreste. Haselnüsse boten zudem den Vorteil, dass sie lange gelagert werden konnten. Neben Nüssen spielten sicher auch Früchte eine wichtige Rolle. Solche konnten sich jedoch über all die Jahre kaum erhalten und werden deshalb nur ganz selten gefunden. Harpunen und ihre Schäftungsweise. E. PROBST, Deutschland in der Steinzeit (München 1991). Mit der Klimaerwärmung kommt der Wald Während Jahrtausenden hatten die Jäger der vorangehenden Altsteinzeit grosse Tierherden verfolgt und gejagt. Diese Herden durchzogen die weite, offene Steppenlandschaft der Eiszeit. Die Menschen waren den Blick in die Ferne gewohnt. In der Mittelsteinzeit boten sich nun ganz andere Bedingungen. Mit dem Ende der Eiszeit setzte die Klimaerwärmung ein und es entstanden ausgedehnte Wälder. Die Jäger lebten inmitten bewaldeter Gebiete und waren gezwungen, den Seen und Flüssen zu folgen, um einigermassen voranzukommen. Waldlandschaft. Auch die Tierarten wechselten: Die grossen Herden waren verschwunden und die Jäger mussten scheuem Waldwild auflauern. Die Jagdtechnik hatte sich entscheidend verändert und verbessert. Als Pfeilspitzen wurden nun kleine Dreiecke oder Trapeze aus Silex verwendet (Objekt 4). Die Menschen überlebten nur, weil sie sich rasch und erfolgreich an die veränderten Lebensbedingungen anpassen konnten. W. VON KOENIGSWALD, Lebendige Eiszeit. Klima und Tierwelt im Wandel (Darmstadt 2002), Abb. 177. Weiterführende Literatur E. PROBST, Deutschland in der Steinzeit (München 1991). (Mit speziellen Kapiteln über die Schweiz) Vergleichsobjekte 3 Schaber 10 Jägerlager 21 Jagdpfeil STARCH 7 Schülerheft: Objekt 7 Jungsteinzeit Bildbeschreibung Dorf mit Rodungsfläche, Landwirtschaft und Viehzucht. Kantonsarchäologie Zürich, Aquarell von Magdalena Binder-Rejnisch. Ort Zürichseegebiet. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Bauern der Jungsteinzeit Mit dem Beginn der Jungsteinzeit (8000–6000 Jahre vor heute) wurden die Menschen sesshaft und zogen nicht mehr als Jäger und Sammler durch die Gegend. Die Menschen lebten als Bauern oft jahrzehntelang am selben Ort. Es lohnte sich nun, stabile Häuser zu bauen. Die Nahrungsbeschaffung erfolgte nicht mehr vor allem durch die Jagd, sondern durch den Anbau von Getreide und die Haltung von Haustieren. Auf nahe zum Dorf gelegenen Feldern wurden Weizen, Emmer, Einkorn, Gerste sowie Erbsen gesät und geerntet. Sie lieferten etwa 60% der benötigen Nahrungsmittel. Zusätzlich bereicherten gesammelte Wildpflanzen den Speiseplan. Für die Gewinnung von Öl wurde auch Mohn angepflanzt. Lein bauten die Bauern nicht nur wegen des Öls, sondern auch wegen der Fasern seines Stängels an. Daraus konnten Kleiderstoffe angefertigt werden. Man war nicht mehr nur auf Felle und Leder von Tieren angewiesen. Einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Bauern lieferten die Haustiere. Zu Beginn der Jungsteinzeit wurden insbesondere Schafe, Ziegen und Rinder gehalten. Später waren auch Schweine als Haustiere beliebt. Das Pferd wurde wahrscheinlich erst ganz am Ende der Jungsteinzeit als Haustier gehalten. Im Laufe der Jahrhunderte nutzte man die Haustiere immer vielfältiger: Stand zu Beginn das Fleisch im Vordergrund, wurden sie gegen das Ende der Jungsteinzeit auch als Last- und Zugtiere eingesetzt. Ausserdem lieferten sie Milch und Wolle. Mit dem Beginn der Sesshaftigkeit änderten sich viele Dinge, die für uns heute ganz normal sind. So auch die Bestattungssitten: Die Toten wurden nun stets am selben Ort beerdigt und es entstanden immer aufwändiger angelegte Grabanlagen oder Friedhöfe. Neue Werkzeuge und Geräte Die neue bäuerliche Lebensweise der Jungsteinzeit brachte eine Reihe von Neuerungen bei den Werkzeugen und Geräten hervor: Land musste gerodet werden, um Platz für die Häuser und Äcker zu haben. Dafür brauchte es Beile und Äxte. Für die Arbeit auf den Getreidefeldern benötigte man Holzhacken und Sicheln aus Silex (Feuerstein) und Holz. Das geerntete Getreide musste auf schweren Mühlsteinen von Hand gemahlen werden. Auch um das Holz für die Häuser zu verarbeiten, benötigte man eine grosse Zahl an Werkzeugen: Neben Beilen waren sicherlich auch Dechsel, Spaltkeile und Beitel notwendig. Zur sesshaften Lebensweise gehörten auch das Kochen von Speisen und das Anlegen von Vorräten in Gefässen. Diese wurden aus Ton von Hand geformt und anschliessend im Feuer gebrannt. Schülerheft: Objekt 7 STARCH Der Beginn der Landwirtschaft in Mitteleuropa Etwa vor 8000 Jahren wurden in Mitteleuropa aus herumziehenden Jägern und Sammlern sesshafte Bauern. Dieser Wandel gehört zu einer der bedeutendsten Veränderungen der ganzen Menschheitsgeschichte und hängt mit den klimatischen Verhältnissen und landschaftlichen Bedingungen zusammen. Klare Merkmale dieser neuen bäuerlichen Lebensweise sind Hausbauten, Ackerbau und Viehzucht. Diese neue Lebensweise begann sich an verschiedenen Orten in Mitteleuropa durchzusetzen. In der Schweiz sind Einflüsse sowohl aus dem Osten (Bandkeramikkultur im Donauraum) als auch aus dem Westen (Rhonegebiet) fassbar. Erste Siedlungen finden sich in Basel, Schaffhausen und in der Westschweizer Seenlandschaft. Je nach Einflussregion sind an den Funden östliche oder westliche Merkmale erkennbar. Grundlagen bäuerlicher Zivilisation: Getreidearten und Feldarbeit, Rodung, Hausbau und Viehhaltung. E. KEEFER, Steinzeit. Sammlungen des Württembergischen Landesmuseum Stuttgart 1 (Stuttgart 1993), Abb. 2. Vergleichsobjekte 17 Getreide 19 Kochtopf 20 Jahresablauf 24 Steinbeilklinge Spektrum verschiedener Geräte, Werkzeuge und Tontöpfe oder Holzgefässe. Kantonsarchäologie Zürich, DANI PELAGATTI. STARCH 8.1–8.3 Schülerheft: Objekt 8 Scherben Originale 8.1–8.3: Kantonsarchäologie Zürich. Beschreibung 8.1: Scherbe mit Fingerzwicken am Rand. 8.2: Scherbe mit Rillen. 8.3: Scherbe mit Schnureindrücken. Fundort Meilen-Feldmeilen (Vorderfeld) ZH und Zürich-Mozartstrasse. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Keramikscherben Scherben von Keramikgefässen finden sich bei jeder archäologischen Ausgrabung in grosser Zahl. Grund dafür ist einerseits, dass die Bauern der Jungsteinzeit (8000–4200 Jahre vor heute) sehr viele Keramikgefässe hergestellt haben. Andererseits bleiben Keramikscherben über lange Zeiträume meist sehr gut erhalten. Die gefundenen Scherben können sehr verschieden sein. Es gibt sowohl Unterschiede in der Farbe als auch in der Machart. Je nach Grösse der Gefässe sind die Scherben zum Beispiel eher dick oder dünn. Besonders auffällig sind unterschiedliche Verzierungen: Es kommen zum Beispiel Knubben (Zwicken), Rillen oder Eindrücke vor. Schülerheft: Objekt 8 STARCH Was ist eine archäologische Kultur? Die Formen und Verzierungen der Keramikgefässe entstanden nicht zufällig, sondern nach dem Geschmack einer bestimmten Menschengruppe zu einer bestimmten Zeit. Die Formen und Verzierungen der Keramikfunde lassen also auf eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Menschengruppe oder – archäologisch gesagt – auf eine bestimmte «Kultur» schliessen. Im Verlauf der Jungsteinzeit veränderte sich dieser Geschmack. Dank diesem Umstand können in der Schweiz nach Region und Zeitstellung verschiedene jungsteinzeitliche Kulturen unterschieden werden. Die Angehörigen einer bestimmten Kultur lebten in vielen verschiedenen Dörfern, pflegten untereinander jedoch engen Kontakt. Ihr Kontakt war enger als jener zu Angehörigen anderer Kulturen. Die Archäologen und Archäologinnen haben jeder Kultur einen Namen gegeben. Meistens nach der ersten bekannten Fundstelle. Kulturelle Vielfalt während einem Jahrtausend Die älteste jungsteinzeitliche Kultur, die sich in der Schweiz gut und weiträumig erfassen lässt, wird nach einer wichtigen Fundstelle am Neuenburgersee als Cortaillod-Kultur (6000–5750 Jahre vor heute) bezeichnet. Ihre Keramiktöpfe sind von geschwungener Form und haben einen runden Boden. Schalen und Flaschen ergänzen das Formenspektrum. Typisch sind zahlreiche Knubben im Randbereich. Im weiteren Verlauf der Jungsteinzeit setzte sich an den Zürcher Seen der Einfluss aus der Bodensee- und Donauregion durch und die so genannte Pfyner Kultur (5750–5450 Jahre vor heute) verdrängte die Cortaillod-Kultur. Die Keramikgefässe änderten ihre Form und hatten fortan flache Böden. In der darauf folgenden Horgener Kultur (5450–4800 Jahre vor heute) stellte man aus Ton fast nur noch sehr einfache und grobe Töpfe her. Die einfachen Kochtöpfe aus Keramik wurden direkt ins Feuer gestellt. Zahlreiche andere Gefässe wurden hingegen aus Holz gefertigt. Mit der Schnurkeramischen Kultur (4800–4500 Jahre vor heute) wurden wieder feinere Keramikgefässe hergestellt. Die Becher wurden mit Schnureindrücken und die Töpfe mit Dekorleisten im Hals- und Randbereich verziert. Weiterführende Literatur Lernort Pfahlbauten. Materialien für die Projektarbeit mit Schülern, Pfahlbaumuseum Unteruhldingen (Unteruhldingen 1994). A. FURGER C. FISCHER M. HÖNEISEN, Die ersten Jahrtausende. Die Schweiz von den Anfängen bis zur Eisenzeit. Archäologie und Kulturgeschichte der Schweiz, Bd. 1 (Zürich 1998). Vergleichsobjekte 19 Kochtopf STARCH 9 Schülerheft: Objekt 9 «Ötzi» – Der Steinzeitmann aus dem Gletschereis Bildbeschreibung Rekonstruktion des Mannes aus dem Eis mit seiner Kleidung und den Ausrüstungsgegenständen A. FLECKINGER H. STEIN: Der Mann aus dem Eis (Bozen/Wien 1998). Ort Ötztaler Alpen (Grenzgebiet A/I). Datierung Jungsteinzeit, rund 5000 Jahre vor heute. Ein neues Fenster in die Vergangenheit Im September 1991 entdeckte ein deutsches Urlauberpaar in den Ötztaler Alpen zufällig eine Gletscherleiche. Nachdem man das Alter der sterblichen Überreste zunächst auf höchstens 500 Jahre schätzte, erkannte man nach und nach, dass hier ein viel bedeutenderer Fund gemacht worden war. Es handelt sich um die Mumie eines steinzeitlichen Mannes, der vor rund 5000 Jahren von Italien nach Österreich unterwegs war und im Hochgebirge unter mysteriösen Umständen verstarb. Nach der Fundstelle im österreichischen Ötztal wurde er bald von allerwelt «Ötzi» genannt. Die grosse Bedeutung des Fundes besteht darin, dass für einmal nicht nur Knochenreste, sondern der ganze Körper eines Menschen aus der Jungsteinzeit erhalten geblieben war. Nebst vielen anderen Dingen konnte man so den Gesundheitszustand des steinzeitlichen Berggängers, seine letzten Speisen und auch die Ursache seines Todes erforschen. Es war Mord! Die Untersuchungen am Mageninhalt von «Ötzi» ergaben, dass der Mann im Spätsommer den Marsch über den Alpenpass beim Hauslabjoch angetreten haben muss. Viele Gegenstände, die der Steinzeitmann bei sich trug, wurden im Süden angefertigt, so dass man davon ausgehen kann, dass «Ötzi» aus den Südalpentälern stammen muss. Weshalb er sich allerdings auf den Weg nach Norden machte, wissen wir nicht. Eine steinerne Pfeilspitze, die in seinem Körper gefunden wurde, deutet darauf hin, dass der steinzeitliche Mann an den Folgen eines Streits gestorben war. Silexdolch mit Holzgriff und Schnur. A. FLECKINGER, Ötzi, der Mann aus dem Eis. Alles Wissenswerte zum Nachschlagen und Staunen (Wien/Bozen 2002). Schülerheft: Objekt 9 STARCH «Ötzis» Ausrüstung Genauso wertvoll wie der Leichnam selbst sind die Kleider und die Gegenstände, die «Ötzi» bei sich trug. Vieles kennt man aus gleichaltrigen Pfahlbausiedlungen und Gräbern, aber noch nie zuvor hat ein heutiger Mensch erblickt, wie es im Alltag verwendet wurde und mit welcher Ausrüstung sich ein jungsteinzeitlicher Mensch auf Wanderschaft begab. Dank der Lagerung im Eis haben die Ausrüstungsgegenstände die Jahrtausende in hervorragendem Zustand überdauert. Nebst seiner Bekleidung trug der Gletschermann ein Rücken-Traggestell, einen unfertigen Pfeilbogen, einen Köcher mit bereits grob zugerichteten Pfeilschäften, einen steinernen Dolch und ein Kupferbeil mit Holzstiel mit sich. Daneben hatte er noch eine kleine Hausapotheke dabei. Sie bestand aus Pilzen, die blutstillende Wirkung hatten und ihm bei starken Schmerzen Linderung verschaffen konnten. Auch ein steinzeitliches Feuerzeug aus Silex (Feuerstein) und ein Zunderschwamm fehlte dem Berggänger nicht (Objekt 26). Die Bekleidung des Gletschermannes Als Unterbekleidung trug «Ötzi» einen fast einen Meter langen Lendenschurz aus wärmendem Ziegenfell. Seine Beine bedeckten ein paar aus mehreren Fellstücken gefertigte Beinröhren («Leggins»; ebenfalls aus Ziegenfell), die mit Riemchen aus Hirschleder am Gurtband befestigt werden konnten. Zur Abdeckung der Fussoberseite besassen die Beinröhren zwei kleine Felllaschen, die in die Schuhe gestopft werden konnten. Die Schuhe waren zweiteilig und aus einem Innenund einem Aussenschuh zusammengesetzt. Der Innenschuh bestand aus einem Netz aus Grasschnüren, die das Heu zusammenhielten, welches zur Wärmeisolation in den Schuh gestopft worden war. Der Aussenschuh wurde aus Hirschleder hergestellt. Beide Teile sind mit einer ovalen Sohle aus Bärenfell vernäht. An der Unterseite wies der Schuh einst einen Lederriemen auf, welcher die Rutschfähigkeit des Schuhes verminderte. Über Lendenschurz und Beinkleider trug der Gletschermann ein Oberkleid aus Ziegenfell, welches durch einen Taschengürtel aus Kalbsleder an den Körper gebunden war. Gegen Sonne, Regen und Schnee schützte er sich mit einer Bärenfellmütze, und wenn es regnete oder gar schneite, hatte er eine geflochtene Grasmatte dabei, die er sich wie einen Mantel um die Schultern hängen konnte. «Ötzis» Kleidung war also ganz genau Kleidungsstücke aus Leder, Ziegenfell und Grasschnüren. A. FLECKINGER, Ötzi, der Mann aus dem Eis. Alles Wissenswerte zum Nachschlagen und Staunen (Wien/Bozen 2002). auf das Wetter im Bergland abgestimmt und hielt ihn notfalls warm. Obschon «Ötzis» Zeitgenossen es verstanden, äusserst feine Textilien herzustellen, trug er nichts Derartiges am Körper. Dies mag damit zusammenhängen, dass sich Fellkleider besser für lange Märsche durchs Dickicht eigneten als feine Gewebe, die leicht zerreissen konnten und für mehrtägige Wanderungen durchs Gebirge ungeeignet waren. Weiterführende Literatur A. FLECKINGER Ötzi, der Mann aus dem Eis. Alles Wissenswerte zum Nachschlagen und Staunen (Wien/Bozen 2002). www.iceman.it (Südtiroler Archäologiemuseum). STARCH 10 Schülerheft: Objekt 10 Jägerlager Bildbeschreibung Verschiedene Siedlungstypen von Jägern und Sammlern Museum für Urgeschichte, Zug. Ort Nordschweiz. Datierung Jüngere Altsteinzeit, rund 18000 Jahre vor heute. Spuren an den Lagerplätzen Die Jäger und Sammler der Altsteinzeit lebten in kleinen Gruppen. Durch die herumziehende Lebensweise mussten sie immer wieder neue Lagerstätten aufbauen. Als Schutz vor Wind und Wetter bauten sie einfache Behausungen wie Zelte und Hütten. Diese konnten aus Tierhäuten oder Astwerk bestehen. Auch trockene Höhlen und Felsvorsprünge boten ihnen Unterschlupf. Meistens finden Archäologen und Archäologinnen an solchen Siedlungsstellen nur spärliche Spuren von Behausungen. Oftmals liegt in der Mitte der Lagerstätte eine Feuerstelle. Von den Zelten und Hütten selbst blieben häufig nur die Steine zurück, welche die Wände am Boden beschwerten. Beurteilung durch die Archäologie Unbrauchbar gewordene Silexgeräte (Feuerstein) warf man an den Lagerplätzen fort. Sie sind oft das einzige, was man von der Anwesenheit des Menschen noch findet. Im Gegensatz zu den länger bewohnten Plätzen wurden einfache Jagdlager meistens nur für kurze Zeit aufgesucht. Es kommen vor allem Silexspitzen vor, die zur Jagd verwendet wurden (Siedlungstyp B). Die Art der Geräte, ihre Anzahl und ihre Zusammensetzung verraten, was für Arbeiten an einem bestimmten Lagerplatz verrichtet wurden und wie lange oder wie oft er bewohnt war. Manche Plätze waren während langer Zeit besiedelt. An ihnen wurden viele unterschiedliche Geräte benutzt, denn über lange Zeit mussten mehr verschiedene Arbeiten erledigt werden als über kurze. Ausserdem ist die Anzahl zerbrochener, abgenützter und unbrauchbar gewordener Werkzeuge höher als an Lagerplätzen, die nur kurze Zeit bewohnt waren (Siedlungstyp A). An anderen Stellen wurden vorwiegend Beutetiere zerlegt, Knochen und Felle verarbeitet oder Silexgeräte angefertigt (Siedlungstyp C). Schülerheft: Objekt 10 STARCH Immer auf Wanderschaft Während der Eiszeit waren grosse Teile unserer Region mit Eis bedeckt. Aus diesem Grund ist die Zahl bis heute erhaltener Spuren von Menschen sehr gering. Vor allem finden sie sich in Höhlen, wo besonders gute Erhaltungsbedingungen herrschten. Erst aus der Zeit nach den kältesten Phasen der Eiszeit (um 18000 Jahre vor heute) haben sich mehr Fundstellen erhalten. Die damaligen Menschen lebten vor allem von der Jagd auf Mammute, Wollnashörner, Wildpferde, Wildrinder und Rentiere. Diese Tiere streiften im jahreszeitlichen Wechsel in grossen Herden durch die eiszeitliche Steppenlandschaft. Der Mensch war gezwungen, ihnen zu folgen. Wollte er überleben, konnte er sich keinen festen Wohnsitz leisten, sondern musste von Lager zu Lager ziehen. Jägerlager aus Zelten. Museum für Urgeschichte, Zug, BISSIG. Weiterführende Literatur J. HAHN, H. MÜLLER-BECK W. TAUTE Eiszeithöhlen im Lonetal. Archäologie einer Landschaft auf der Schwäbischen Alb. Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg 3 (Stuttgart 1985). Spektrum der Wissenschaft, Siedlungen der Steinzeit. Haus, Festung und Kult (Heidelberg 1989). Vergleichsobjekte 4 Rückenmesser 11 Dörfer der Jungsteinzeit STARCH 11 Schülerheft: Objekt 11 Dörfer der Jungsteinzeit Bildbeschreibung Dörfer am See. Atelier Bunter Hund, Zürich. Ort Zürichsee. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Dörfer an Seeufern In der Zeit von 6300–4500 vor heute bauten die sesshaften Bauern der Jungsteinzeit ihre Dörfer gerne an Seeufern. Dort fanden sie ideale Voraussetzungen für ihr Dorfleben: Es gab genügend Wasser und es fanden sich oftmals direkt am Ufer waldfreie Flächen für die Häuser und Äcker. Die damalige Landschaft war nämlich stark bewaldet. Heute befinden sich viele Überreste dieser jungsteinzeitlichen Dörfer im Flachwasserbereich der Seen. Dies kommt daher, dass in früheren Zeiten der Wasserspiegel tiefer lag. Für die Archäologie ist das ein grosses Glück, denn durch das Wasser wurden Funde aus Holz und Geweih über viele Jahrtausende konserviert. Die Dörfer bestanden aus mehreren Reihen kleiner, rechteckiger Häuser. Die Gebäude waren alle von ähnlicher Bauart und Grösse, so dass keines der Häuser Rekonstruktion eines Dorfs am Seeufer aus der Jungsteinzeit. Atelier Bunter Hund, Zürich, ANITA DETTWILER. ausschliesslich als Stall, Scheune oder Speicher bezeichnet werden kann. Zwischen den einzelnen Häusern verliefen schmale Gassen. Die regelmässige Anordnung der Häuser zeigt, dass der Bau der Dörfer nach Plan erfolgte. Die Dörfer an den Seeufern waren unterschiedlich gross: Einige zogen sich über beinahe hundert Meter am Ufer entlang, andere bestanden nur aus wenigen dicht beieinander stehenden Häusern. In den jungsteinzeitlichen Dörfern lebten bis zu 200 Personen. Häufig bildeten Palisaden oder dichte Zäune die landseitige Begrenzung der Dörfer. Vielleicht versuchte man sich damit vor wilden Tieren aus dem Wald (Bären!) oder bösen Nachbarn zu schützen. Darum könnten auch Inseln und Halbinseln bevorzugte Standorte für Siedlungen gewesen sein. Schülerheft: Objekt 11 STARCH Dorfleben Die Bewohner eines jungsteinzeitlichen Dorfes gingen vielfältigen Beschäftigungen nach. Zum Beispiel wurden Geräte aus Silex (Feuerstein) geschlagen oder Steinbeile geschliffen. Man schnitzte Holz und malte Getreide. In den Häusern wurden Tücher gewoben. Die meisten handwerklichen Tätigkeiten dürften sich jedoch im Freien abgespielt haben, wo es mehr Licht als in den kleinen, vermutlich fensterlosen Häusern gab. Rekonstruktion der Seeufersiedlung von Pfäffikon-Burg ZH. Blick durch eine Gasse auf den See (Jungsteinzeit, Horgener Kultur). Kantonsarchäologie Zürich Atelier Bunter Hund, Zürich. Wahrscheinlich bevölkerten nicht nur Menschen die engen Gassen und die Plätze am Dorfrand, sondern auch Tiere. Streunende Hunde und Schweine taten sich an den Nahrungsresten der Menschen gütlich. Auch das Vieh, welches man tagsüber in den Wäldern und auf abgeernteten Feldern weidete, holte man für die Nacht und im Winter wohl in die Nähe des Dorfes. Auf geeignetem Boden rund um das Dorf befanden sich die Äcker. Dorf und Haus – ein Gemeinschaftswerk Das Dorf ist ein Gemeinschaftswerk. Besonders deutlich wird dies an der regelmässigen Bebauung, die ohne Zweifel abgesprochen war. Aber auch Bauwerke wie Palisaden, Dorfausgänge und Wege sind ein Ausdruck der Gemeinschaft, denn sie wurden kaum von Einzelpersonen angelegt. Es wird vermutet, dass sich am Bau der Häuser ebenfalls die ganze Dorfgemeinschaft oder zumindest ein grösserer Teil davon beteiligte. Dies obwohl die Häuser höchstens einer Familie Unterkunft boten. Man setzte eben auf gegenseitige Hilfe aus der Nachbarschaft. Mit Hilfe der Nachbarschaft und von Verwandten war es möglich, ein solches Haus innert kürzester Zeit zu errichten. Die leichte Verfügbarkeit von Holz in den umgebenden Wäldern und die einfache Bauweise trugen das ihre zum raschen Gelingen eines solchen Unternehmens bei. Wenn möglich wurden die Häuser im Spätherbst oder Winter gebaut, wenn die mühsame Arbeit auf den Getreideäckern erledigt war. Wir wissen das so genau, weil man mit speziellen Untersuchungen feststellen kann, in welchem Jahr und zu welcher Jahreszeit ein Holz geschlagen wurde (vgl. Objekt 16). Nach 5–25 Jahren wurden die meisten Dörfer wieder verlassen. Grund für diese Kurzlebigkeit war neben Überschwemmungen der Seeufer und Brandkatastrophen hauptsächlich die Feuchtigkeit, welche die Bauhölzer schnell morsch und faul werden liess. Spätestens alle 10–20 Jahre mussten die Häuser repariert oder sogar neu gebaut werden. Weiterführende Literatur H. SCHLICHTHERLE (Hg.), Pfahlbauten rund um die Alpen. Archäologie in Deutschland, Sonderheft (Stuttgart 1997). Vergleichsobjekte 10 Jägerlager 12 Holzpfahl 13 Hüttenlehmfragment STARCH 12 Schülerheft: Objekt 12 Holzpfahl Replik Hergestellt von Christian Maise, Laufenburg (D). Beschreibung Pfahl mit Gabelende. Fundort des Originals Zürichsee. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Mit Pfählen gebaute Holzhäuser In den jungsteinzeitlichen Dörfern an den Seeufern (6300–4500 Jahre vor heute) blieben viele Reste von Häusern erhalten. Vor allem finden die Forscher die Spitzen der unzähligen Holzpfähle, welche die jungsteinzeitlichen Baumeister in den feuchten Boden rammten. Die Häuser bestanden hauptsächlich aus Holz, das in den Wäldern der Umgebung reichlich zur Verfügung stand. Pfähle und Balken bildeten das Gerüst des Hauses. Die Häuser waren meistens 6–10 lang und mindestens 4 breit. Der Grundriss bestand aus drei Pfahlreihen. Die mittlere Reihe trug den Firstbalken und somit die Hauptlast des Daches. Die äusseren beiden Pfahlreihen stützten das Dach und bildeten das Gerüst für die Wände. Durch das spitz zulaufende Ende konnten die Siedler den Pfahl einfach in den weichen Seegrund rammen. Einzelne Pfähle weisen am oberen Ende eine Gabel auf. Solche Gabeln trugen die horizontalen Balken, zum Beispiel den Firstbalken für das Dach. Schülerheft: Objekt 12 STARCH Von Dach und Fach Während uns die Grundrisse der Häuser recht genau bekannt sind, wissen wir schlecht über den Oberbau (Wände und Dach) Bescheid. Über den Boden reichende Teile der Gebäude haben sich nämlich nur selten erhalten. Funde lassen jedoch vermuten, dass die Wände aus Brettern bestanden und die Dächer mit Schindeln gedeckt waren. Manchmal finden Archäologen und Archäologinnen anstelle von Bretterwänden aber auch lehmverkleidete Flechtwände aus Ruten von Weidenbäumen oder Haselsträuchern. In den jungsteinzeitlichen Häusern dürfte es ziemlich düster gewesen sein, denn Fenster sind nicht belegt. Auch einen Kamin gab es in den jungsteinzeitlichen Häusern nicht. Von der offenen Feuerstelle stieg der Rauch im Innern des Hauses hoch und suchte sich den Weg nach draussen durch die Ritzen des Daches. Genau ist die Höhe der Häuser nicht bekannt. Einzelne umgeknickte Pfosten mit erhaltenem Ende lassen je- Pfähle und Balken aus Holz bilden das Gerüst des Hauses. Kantonsarchäologie Zürich, DANI PELAGATTI. doch vermuten, dass der First bis zu 5 Metern hoch war. Im einen oder anderen Dach war bestimmt ein Dachboden eingebaut, wo man zum Beispiel Vorräte aufbewahren konnte. Die Herstellung von Bauholz – mühsame Handarbeit Für den Hausbau verwendeten die Siedler entweder ganze runde Baumstämme oder aber sie zerlegten die Stämme in einzelne Spältlinge oder Bretter. Sägen waren damals noch unbekannt. Für die Grobarbeiten beim Hausbau dienten ausschliesslich Steinbeile und Weiterführende Literatur A. FURGER F. HARTMANN, Vor 5000 Jahren ., So lebten unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit (Bern 1983). (vergriffen) H. LULEY, Urgeschichtlicher Hausbau in Mitteleuropa. Grundlagenforschung, Umweltberdingungen und bautechnische Rekonstruktion, Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie, Bd. 7 (Bonn 1992). Vergleichsobjekte 13 Hüttenlehmfragment 22 Knochengeräte 24 Steinbeilklinge Dechsel. Beim Spalten der Baumstämme halfen Keile aus hartem Holz. Für die feine Bearbeitung verwendeten die jungsteinzeitlichen Siedler Meissel und Beitel aus Knochen oder Geweih. Spalttechnik mit Beil und Holzkeilen. A. FURGER, F. HARTMANN, Vor 5000 Jahren . So lebten unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit (Bern 1983), S. 74. STARCH 13 Schülerheft: Objekt 13 Hüttenlehmfragment Replik Hergestellt von Erlebbare Archäologie Wild Züger, Basel. Beschreibung Hüttenlehmfragment mit Rutenabdrücken. Fundort des Originals Zürichsee. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Baumaterial Lehm – Schutz vor Kälte und Feuer Wichtigster Rohstoff für den Bau der Häuser war neben Holz Lehm. Lehm war überall zu finden und einfach zu verarbeiten. Vor allem die Hauswände wurden mit Lehm bestrichen, da die aus Holz gebauten Häuser überall Ritzen und Spalten aufwiesen. Durch den dicken Lehmauftrag konnten Wind und Kälte weniger ins Hausinnere eindringen. Ausser für die Hauswände wurde Lehm auch als Unterlage für die Herdstellen verwendet. Lehmreste finden man heute immer dann, wenn ein Haus durch eine Brandkatastrophe vernichtet wurde. Dabei wurden Brocken des Wandlehms in der Hitze gebrannt und zu beständiger Keramik verwandelt. Solche Hüttenlehmfragmente blieben über die Jahrtausende erhalten und geben heute Auskunft über die Bauweisen der urgeschichtlichen Häuser. Ganze Häuser aus der Jungsteinzeit sind zwar nicht erhalten, durch geschicktes Zusammensetzen der verschiedenen Einzelteile können wir uns jedoch ein recht gutes Bild von ihnen machen. Unscheinbare Lehmabdrücke mit vielsagenden Spuren Die gebrannten Lehmfragmente sind meistens auf der einen Seite glatt verstrichen. Diese Seite war an der Hauswand sichtbar. Auf der anderen Seite zeigen die Lehmbrocken deutliche Abdrücke. Je nachdem wie die Hauswand konstruiert war, sind diese Abdrücke von anderer Form. War die Wand aus Holzbrettern gefertigt, so finden sich Abrücke von Brettern auf den Hüt- tenlehmstücken. War die Wand hingegen aus Holzruten geflochten, so zeigen sich Abdrücke von Holzruten an den gebrannten Lehmstücken. Bei Wänden aus Rundhölzern, wie sie bei Blockbauten verwendet wurden, drückten die Siedler den Lehm zwischen die Hölzer und es entstanden längliche Lehmformen mit dreieckigem Querschnitt. Schülerheft: Objekt 13 STARCH Herdstellen – Zentren des bäuerlichen Familienlebens Im Innern von Wohnhäusern war zwischen zwei Firstpfosten am Boden die Herdstelle angelegt. Diese diente als Kochstelle und Wärmequelle. Die Herdstelle bestand aus einem Unterbau aus Ästen, Brettern oder Rindenbahnen. Darüber wurde eine Lehmschicht aufgetragen. Solche Herdstellen wiesen einen Durchmesser von 2–4 auf. Auf der wenige Zentimeter dicken Lehmschicht brannte das offene Feuer. Natürlich nicht auf der gesamten Fläche der Herdstelle, sondern nur an einem bestimmten Fleck. Man erkennt diesen heute an den Rötungen, welche die Hitze auf dem Lehm der Herdstellen hinterlassen hat. Im Winter spendete das offene Feuer der Herdstelle im Hausinnern Wärme. Kantonsarchäologie Zürich Atelier Bunter Hund, Zürich Lehm – ein vielseitig verwendetes Baumaterial Ausser als Wandverkleidung und Herdstellenunterlage wurde Lehm auch in anderen Bereichen des Hauses verwendet. In bestimmten Zeitabschnitten, zum Beispiel während der so genannten Pfyner Kultur, wurde häufig der gesamte Hausboden mit einer dicken Lehmschicht ausgestrichen. Diese Lehmschicht schirmte den Hausboden vor der aufsteigenden Feuchtigkeit ab. In einigen Häusern der Jungsteinzeit hat man nicht nur Herdstellen für das offene Feuer gefunden, sondern auch Reste von geschlossenen Öfen. Dabei wurde eine dicke Lehmplatte von einer Kuppel überdeckt. Die Kuppel wurde ähnlich den Flechtwerkwänden aus einem Astgerüst und Lehm gebaut. Vermutlich dienten solche Öfen zum Backen von Brot. Wand aus Flechtwerk mit Lehmbewurf. H. LULEY, Urgeschichtlicher Hausbau in Mitteleuropa. Grundlagenforschung, Umweltbedingungen und bautechnische Rekonstruktion, Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 7 (Bonn 1992). Rekonstruktion eines Backofens. H. SCHLICHTHERLE (Hg.), Pfahlbauten rund um die Alpen. Archäologie in Deutschland, Sonderheft (Stuttgart 1997). Weiterführende Literatur U. RUOFF, Leben im Pfahlbau. Bauern der Steinund Bronzezeit am Seeufer (Solothurn 1991). Vergleichsobjekte 12 Holzpfahl STARCH 14 Schülerheft: Objekt 14 Pfahlschuh Replik Hergestellt von Christian Maise, Laufenburg (D). Beschreibung Gelochte Holzplatte mit Keil. Fundort des Originals Pfäffikon-Burg ZH. Datierung Horgener-Kultur, 5050 Jahre vor heute. Pfahlschuhe – einfaches, aber wirksames Bauelement In den Seeufersiedlungen der Jungsteinzeit findet man eine Vielzahl von Holzobjekten – teils mit sehr speziellen Formen. Manche von ihnen gehörten zur Hauskonstruktion, andere gehörten zum Mobiliar oder waren Teile von Geräten. Alle diese Hölzer waren sorgfältig bearbeitet und zeigen, dass die damaligen Leute hervorragende Zimmerleute und Schreiner waren. Das Objekt im Archäologie-Koffer gleicht in der Form den damals verwendeten Pfahlschuhen. Wie der Name sagt, dienten diese als «Schuhe» für die in den weichen Seegrund (Seekreide) eingerammten Holzpfähle. Die Pfahlschuhe verhinderten, dass die Pfähle zu weit in den weichen Untergrund einsanken. In der Regel wurden Pfahlschuhe aus massiven Brettern hergestellt. Mit Hilfe von Meisseln stemmte man in diese 50–100 cm langen Hölzer ein rechteckiges Loch. Durch diese Löcher steckte man die mit dem Dach schwer belasteten Pfähle der Häuser. Kleine Pfahlschuhe waren nicht für Hauspfosten, sondern für kleinere Konstruktionen in und um die Häuser gedacht. Schülerheft: Objekt 14 STARCH Inneneinrichtungen Von der Inneneinrichtung der Häuser ist bis heute nur wenig bekannt. Doch immer wieder geben Holzobjekte von unterschiedlichster Form Hinweise darauf. Das Innere der Häuser war demnach sehr einfach gestaltet. Im Zentrum war am Boden eine offene Herdstelle angelegt, auf der das Essen gekocht wurde. Sicher befanden sich im Haus Schlafplätze, die wohl mit Tierfellen ausgelegt waren. Funde von Leitern deuten darauf hin, dass sich im Hausinnern auch Dachböden befanden. Den Wänden entlang befanden sich in Keramikgefässen abgefüllte Lebensmittelvorräte. In Truhen und Fässern wurden uns unbekannte Gegenstände aufbewahrt. Auch der gesamte Hausrat sowie die Geräte und Werkzeuge wurden im Haus gelagert. Es ist anzunehmen, dass das Hausinnere durch all diese Sachen ziemlich voll war und den Bewohnern nicht viel Platz für Bewegung übrig blieb. Herstellung eines Pfahlschuhs mit einem Knochenmeissel (Objekt 22). Verschiedene Konstruktionen, die verhindern, dass die Pfähle im weichen Baugrund absacken. Knochenartefakte aus tierischen Rohstoffen im Wandel der Zeit. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 27 (Stuttgart 1994). U. RUOFF, Leben im Pfahlbau. Bauern der Stein- und Bronzezeit am Seeufer (Solothurn 1991), S. 151. Vergleichsobjekte 12 Holzpfahl STARCH 15 Schülerheft: Objekt 15 Pfahlplan Planbeschreibung Pfahlplan mit detailliert eingezeichneten Pfählen. Kantonsarchäologie Zürich, Ulrich Eberli. Ort Frei erfunden. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Rätselhafte Pfahlfelder Wird eine Fundstelle untersucht, so werden alle Standorte von Holzpfählen auf einem Plan festgehalten. Dabei entsteht nicht selten ein dichter Wirrwarr von Pfahlstandorten. Die Aufgabe besteht nun darin, aus dem Gewirr diejenigen Pfähle herauszusuchen, die früher einmal zu einem Haus gehörten. In früheren Jahren hatten Archäologen grosse Mühe, in solchen dichten Pfahlfeldern einzelne Häuser zu finden. Heute weiss man, dass die Pfähle nicht alle zur gleichen Zeit in den Boden gerammt wurden. Vielmehr wurden im Verlauf der Siedlungszeit immer wieder neue Pfähle in den weichen Seegrund (Seekreide) getrieben; zum Beispiel wenn ein einzelner morscher Pfahl eines Hauses oder ein ganzes Haus ersetzt werden musste. Die alten Pfähle blieben im Boden stecken. Eine wichtige Hilfe bei der Suche nach Pfählen, die zu einem Haus gehörten, ist die Bestimmung der Holzarten (siehe unten). Dabei nützt man aus, dass ein Haus meistens aus Pfählen gleicher Holzart erbaut wurde. Eine weitere Möglichkeit, Hausgrundrisse in einem Pfahlfeld zu erkennen, bietet die Jahrringdatierung (Dendrochronologie, siehe Objekt 16). Ziel der Jahrringdatierung ist herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt vor unserer Zeit die Pfahlhölzer im Wald geschlagen wurden. Hölzer von gleichzeitig gefällten Bäumen könnten zum selben Haus gehört haben. Holzartenbestimmung Die Pfähle der Häuser wurden aus unterschiedlichen Baumarten hergestellt. Spezialisten können mit Hilfe von Mikroskopen bestimmen, aus welcher Baumart ein Pfahl gemacht wurde. Je nach Abschnitt der Jungsteinzeit wurden bestimmte Holzarten bevorzugt. So gab es Siedlungen mit Häusern, die beinahe ausschliesslich aus harten Eichenhölzern be- standen. Andere Dörfer waren fast ausschliesslich aus Weisstannen gebaut. Auch Weiden, Eschen und Erlen fanden im Hausbau Verwendung. Welche Baumart hauptsächlich verbaut wurde, hängt sicher auch mit der Veränderung der Wälder durch die Nutzung des Menschen im Laufe der Zeit zusammen. Schülerheft: Objekt 15 STARCH Pfahl ist nicht gleich Pfahl Ausser den verschiedenen Holzarten lassen sich bei den Pfählen eines Pfahlfeldes auch Unterschiede in der Bearbeitung erkennen. So wurden bei Bäumen mit kleineren Durchmessern lediglich die Äste abgeschlagen, das eine Ende zugespitzt und der Stamm auf die richtige Länge gekürzt. Dickere Bäume hingegen wurden mit Axt und Keilen gespalten. Anschliessend konnten mehrere Pfähle angefertigt werden. Verschiedene Pfahlspitzen. U. LEUZINGER, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon Bleich 3, Befunde. Archäologie im Thurgau 9 (Frauenfeld 2000), Abb. 118. Pfahlplan von Arbon-Bleiche TG. Verschiedene Pfahlformen. Kantonsarchäologie Zürich, DANIELA HOESLI. U. LEUZINGER, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon Bleich 3, Befunde. Archäologie im Thurgau 9 (Frauenfeld 2000), Abb. 52. Es waren keine Pfahlbauten Als Archäologen vor etwa 150 Jahren in den Seen die ersten Fundstellen mit dicht nebeneinander stehenden Pfählen entdeckten, nahmen sie an, dass die Häuser auf Holzplattformen als so genannte Pfahlbauten errichtet worden waren. Damals hatten die Wissenschaftler keine Möglichkeiten, um aus dem Wirrwarr von Pfählen einzelne Hausgrundrisse herauszulesen. Dank der Bestimmung von Holzarten, der Jahrringmessungen und anderer Beobachtungen weiss man heute, dass diese Vorstellung von Pfahlbauten falsch ist. Die Häuser wurden nicht auf Plattformen, sondern mehrheitlich ebenerdig auf dem trockenen Strandsaum der Seen errichtet. Anzeichen dafür sind zum Beispiel ebenerdig angelegte Herdstellen im Innern der Häuser und das Fehlen von Bodenkonstruktionen. Die Standorte der Dörfer waren nur selten längere Zeit überschwemmt, meistens lagen sie trocken. Der Wirrwarr der Pfahlstellungen entstand nicht bei der Konstruktion von Plattformen, sondern im Verlauf der Zeit durch Neu- und Umbauten morscher Häuser. Dabei blieben die alten Pfähle im Boden stecken. Weiterführende Literatur U. RUOFF, Leben im Pfahlbau. Bauern der Steinund Bronzezeit am Seeufer (Solothurn 1991). H. SCHLICHTHERLE (Hg.), Pfahlbauten rund um die Alpen. Archäologie in Deutschland, Sonderheft (Stuttgart 1997). Vergleichsobjekte 16 Jahrringdatierung 11 Dörfer der Jungsteinzeit STARCH 16 Schülerheft: Objekt 16 Jahrringdatierung Spiel Hergestellt von der Kantonsarchäologie Zürich. Beschreibung Standardkurve und 12 Einzelkurven. So wird es gemacht Mit der so genannten Jahrringdatierung (Dendrochronologie) können Spezialisten aufs Jahr genau bestimmen, wann vor heute ein Holzpfahl im Wald geschlagen wurde. Kennt man diesen Zeitpunkt für viele Pfähle eines jungsteinzeitlichen Uferdorfes, lässt sich ganz exakt angeben, wann es gegründet wurde und wie lange es bestand. Grundlage für dieses Verfahren ist die Art von Bäumen zu wachsen: Die Dicke von Baumstämmen nimmt jedes Jahr um einen Jahrring zu. Die Anzahl der Jahrringe entspricht also dem Alter des Baumes. Nun wachsen Bäume jedoch nicht regelmässig: In warmen und regenreichen Jahren wachsen die Bäume stark und die Jahrringe werden breit. In kalten Jahren mit wenig Regen hingegen werden nur schmale Jahrringe angesetzt. So wird das Holz der Bäume ihr Leben lang vom Wetter gezeichnet. Im Stammquerschnitt ergibt sich dadurch ein bestimmtes Muster aus breiten und schmalen Jahrringen. Die Dendrochronologie misst die Breiten dieser Jahrringe mit einem sehr genauen Massstab und stellt sie als Kurve dar. Das Jahrringmuster ist für alle Bäume einer Baumart, die zur selben Zeit lebten, gleich. Bäume, deren Lebenszeiten sich überschnitten wie jene von Eltern und Kindern, weisen abschnittweise gleiche Jahrringmuster auf. Legt man die gemeinsamen Abschnitte der Jahrringmuster übereinander, erhält man ein längeres Jahrringmuster. Nimmt man nun das Jahrringmuster eines heute lebenden Baumes und hängt es mit dem Jahrringmuster seiner «Mutter» zusammen und jenes seiner «Mutter» mit dem Jahrringmuster der «Grossmutter» und jenes der «Grossmutter» mit dem Jahrringmuster der «Urgrossmutter» und so weiter, erhält man einen jahrgenauen Kalender, der im Grunde genommen soweit zurückreicht, wie es Bäume gibt. Heute kann man auf diesem Baumkalender Jahr für Jahr fast bis ans Ende der Eiszeit vor über 9000 Jahren zurückzählen. Natürlich mussten dafür Tausende von Jahrringen vermessen werden. Möchte man nun das Alter eines Pfahls aus einer jungsteinzeitlichen Ufersiedlung kennen, schneidet man davon eine Scheibe ab und misst die Breiten der Jahrringe. Mit dem Muster, das man erhält, fährt man so lange über den Jahrringkalender, bis man dasselbe Muster auf dem Kalender wieder findet. So weiss man ganz genau, in welchem Jahr vor heute der Pfahl im Wald geschlagen wurde. Bei der Jahrringdatierung werden die Jahrringe mit Holzproben gemessen und in einer Kurve dargestellt. Lernort Pfahlbauten. Materialien für die Projektarbeit mit Schülern (Unteruhldingen 1994). Abb. 28. Schülerheft: Objekt 16 STARCH Vorteile der Jahrringdatierung Mit Hilfe der Jahrringdatierung können die Baugeschichte und die Siedlungsdauer der jungsteinzeitlichen Dörfer ganz genau ermittelt werden. Es wird klar, welches Haus in einem Dorf als erstes und welches als letztes erbaut wurde. Man kann sogar erkennen, ob und wann ein Haus repariert worden ist. Nämlich dann, wenn gewisse Pfähle eines Hauses ein paar Jahre jünger sind als die übrigen. Verbindet man die Jahrringdatierung mit der Bestimmung von Holzarten werden auch Aussagen zur Nutzung des Waldes durch die jungsteinzeitlichen Menschen möglich. Ausserdem ist in den Jahrringkalendern eine ungefähre Geschichte des Wetters in früheren Zeiten aufgezeichnet. Bis vor zwanzig Jahren, als die Methode der Jahrringdatierung noch unbekannt war, konnten Archäologen und Archäologinnen die Dauern der jungsteinzeitlichen Zeitabschnitte, der so genannten Kulturen, nur grob schätzen. Mit Hilfe der Jahrringdatierung kann nun das Alter einzelner Dörfer und damit auch der Keramik und anderer Funde, die darin zum Vorschein kommen, auf etwa zwei Jahrzehnte genau bestimmt werden. Zudem weist sich, welche Dörfer gleichzeitig bewohnt waren und welche nacheinander bestanden. Solche Erkenntnisse sind für die Archäologie von riesigem Wert. Sie erlauben zum Beispiel Schätzungen darüber, wie viele Menschen zu einer bestimmten Zeit am Zürichsee lebten. Oder sie zeigen, wie schnell sich archäologische Kulturen verändert haben. Unteres Zürichseebecken mit gleichzeitigen Siedlungen. W. E. STÖCKLI, U. NIFFELER, E. GROSS-KLEE (Hg.), Neolithikum. Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum frühen Mittelalter – SPM II (Basel 1995), Abb. 127. Weiterführende Literatur B. BECKER u.a., Dendrochronologie in der Ur- und Frühgeschichte. Die absolute Datierung von Pfahlbausiedlungen nördlich der Alpen im Jahrringkalender Mitteleuropas, Antiqua 11 (Basel 1985). Vergleichsobjekte 12 Holzpfahl 15 Pfahlplan STARCH 17 Schülerheft: Objekt 17 Getreide Original Kantonsarchäologie Zürich. Beschreibung Zusammengebackene, verkohlte Getreidekörner. Fundort Meilen-Feldmeilen (Vorderfeld) ZH. Datierung Jungsteinzeit, 8000–4200 Jahre vor heute. Ackerbau in der Jungsteinzeit Viele archäologische Ausgrabungen in den Ufersiedlungen liefern Reste von Pflanzen. Die Untersuchung dieser Überreste liefert wichtige Hinweise zur Ernährung der jungsteinzeitlichen Dorfbewohner. Die verkohlten Getreidekörner im Archäologie-Koffer stammen von einem grösseren Vorrat, der beim Brand eines Hauses verkohlt ist. Durch die Untersuchung solcher Pflanzenreste wissen wir, dass auf Äckern angebautes Getreide den Hauptbestandteil der täglichen Nahrung bildete. Es eignete sich dazu, weil es besonders nahrhaft ist. Die damaligen Bauern bauten auf den kleinen Äckern in der Umgebung der Dörfer verschiedene Sorten an. Vor allem sähten sie Gerste, Weizen, Einkorn und Emmer. Ausser Getreide wurden auf den Äckern auch Lein (Flachs), Hülsenfrüchte (Erbsen) und Schlafmohn angebaut. Aus den Früchten des Leins und des Mohns konnte Speiseöl gewonnen werden. Lein lieferte Fasern für die Herstellung von Kleidern. Mohn liess sich als Medizin verwenden. Erbsen sind sehr reich an Eiweissen und eigneten sich als Ersatz für Fleisch. Ergänzt wurde die Nahrung von den Äckern durch gesammeltes Wildobst, Beeren, Nüsse, Pilz