Arbeitsblatt: Soziale Frage der IR im Thurgau

Material-Details

Dieser Unterrichtsentwurf thematisiert die Soziale Frage der IR im Thurgau (CH).
Geschichte
Schweizer Geschichte
klassenübergreifend
28 Seiten

Statistik

196428
734
7
16.01.2021

Autor/in

Vanessa Wollermann
Land: Deutschland
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

CH: Soziale Frage der Industriellen Revolution im Thurgau Inhaltverzeichnis Eingegrenztes Thema der Lektion 3 Bedingungsanalyse . 3 Sachanalyse 4 Didaktische Analyse 7 Begründung der Themenauswahl 7 Methodische und didaktische Überlegungen 8 Detailplanung 1: Unterrichtsverlauf. 11 Detailplanung 2: Unterrichtsunterlagen 15 Literatur 28 Eingegrenztes Thema der Lektion In einer Doppellektion wird das Unterrichtsthema „Soziale Frage der Industriellen Revolution im Thurgau behandelt. Bedingungsanalyse Die Schule bietet Schulzimmer, in denen sowohl Einzel- als auch Gruppenarbeiten möglich sind. Um während der Gruppenphasen mehr Platz zu haben, wäre es denkbar, einen weiteren Raum zu reservieren. Bei der Lerngruppe handelt es sich um eine 3. Klasse am Gymnasium, die aus 20 Schülerinnen und Schüler1 besteht (10 Mädchen und 10 Jungen). Das Leistungsniveau ist als durchschnittlich zu beschreiben. Der Unterricht wird hauptsächlich von vier bis sechs guten bis sehr guten SuS bestimmt. Im Rahmen von heterogenen Lerngruppen sind sie diejenigen, die ihren Mitschülern bei Bedarf beratend und unterstützend zur Seite stehen. Die übrigen SuS nehmen zwar interessiert an allen Unterrichtsphasen teil, sind jedoch vor allem in der Phase der Sicherung und Präsentation schwer zur Beteiligung zu motivieren. Die Lernatmosphäre ist insgesamt als angenehm zu beschreiben. Die SuS arbeiten intensiv in verschiedenen Gruppenarbeitsphasen zusammen, tauschen sich aus, stellen Fragen an die Lehrkraft, wenn sie etwas nicht verstanden haben und erzeugen gute Lernresultate. Insgesamt fällt auf, dass sich fast die gesamte Lerngruppe bei Aufgaben des Präsentierens und Moderierens zurückhaltend zeigt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SuS vorher behandelte Themen nicht reproduzieren sowie nicht mit dem aktuellen Thema verknüpfen können und daher Unsicherheiten bestehen, historische Zusammenhänge zu artikulieren. Aus diesen Gründen wurde die Reihe darauf ausgelegt, die SuS in ihrer Fähigkeit zur Präsentation und Moderation gleichzeitig zu fördern und zu fordern. Hierzu wurden mit den SuS verschiedene kooperative Lernmethoden ausprobiert, reflektiert und die Unterrichtsgestaltung für alle transparent gemacht. Die Lehrperson2 besitzt Fachkompetenz im Hinblick auf die Industrialisierung und kann die „Soziale Frage sinnvoll einbetten, indem gravierende soziale Missstände, die Industrie, Fabrikarbeit und Bevölkerungswachstum mit sich brachten, thematisiert und anschaulich dargestellt werden. Hierfür ist sie fähig, eine Verknüpfung zum Kanton Thurgau herzustellen. 1 2 Im Folgenden mit SuS abgekürzt. Im Folgenden mit LP abgekürzt. Ebenfalls ist die LP in der Lage, auf Schülerbeitrage unterstützend zu reagieren, Hilfestellungen zu geben und die SuS zu weiteren Diskussionen und Gedanken anzuregen. Sachanalyse Die Anfänge der Industrialisierung Die Lebensverhältnisse der Menschen wurden durch die Industrialisierung fundamental, je nach Kontinent, Nation oder Region auf verschiedene Weise und zu unterschiedlichen Zeiten verändert. Der Begriff Industrialisierung beschreibt die Phase der wirtschaftlichen Entwicklung, in welcher die Industrie das allgemeine Wachstum am meisten stärkte. Es entstanden neue Technologien und Tätigkeitsfelder, während herkömmliche Produktionsformen (Protoindustrialisierung) eine Veränderung oder einen Niedergang erfuhren. Auch wird von Industrieller Revolution gesprochen, da die seit vielen Jahrhunderten bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen, sozialen Bindungen, kulturellen Kontexte und politischen Verhältnisse entscheidend umstrukturiert wurden. Nach der Protoindustrialisierung hat die Industrialisierung ihre Anfänge Mitte des 18. Jahrhunderts in England, wofür es einige, gut erforschte Gründe gibt: England bietet aufgrund seiner Insellage viele Häfen und Wasserwege sowie Rohstoffreserven von Erz und Kohle. Da die englische Flotte gegen 1600 ausgebaut und viele überseeische Gebiete erobert wurden, war zudem eine direkte Nutzung und Kontrolle von globalen Handelswegen und Absatzmärkten möglich. Ein zusätzlicher Unterschied zum europäischen Festland bestand darin, dass es in der Frühen Neuzeit kein absolutistisches Königreich gab. Dies hatte zur Folge, dass das Bürgertum erstarkte und die freien Bauern in die Städte zogen, so dass es schon früh zu einer Urbanisierung kam. Tee und Seide galten als Luxusgüter – die in den Städten steigende Nachfrage hiernach sowie nach Kleidern ließ große Manufakturen und Kaufhäuser entstehen. Zudem kam es zu bahnbrechenden Erfindungen wie der Dampfmaschine (1769), der „Spinning Jenny (1764) und des mechanischen Webstuhls gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Weiterentwickelte „Spinning Jenny mit 16 Spindeln um 1770. Industrialisierung im Thurgau Im Thurgau stellten die Bauern bereits im 17. Jahrhundert Garn und Leinwand her, was ein zusätzliches Einkommen für sie bedeutete. Schon 100 Jahre vor der „Spinning Jenny baute die Unternehmerfamilie Gonzenbach das thurgauische Hauptwil zu einer Manufaktursiedlung um, in der die Arbeiten der Textilproduktion zur industriellen Fertigung reorganisiert wurden. Doch weder die Industrialisierung in England noch die erste Phase der Industriellen Revolution hatte große Auswirkungen auf die schweizerische Gesamtwirtschaft. Die Gründe hierfür waren vielfältig: die Schweiz verfügte nur über einen kleinen Binnenmarkt, zu wenigen Ressourcen (wie zum Beispiel Kohle und Eisen) und einer unwirtlichen Topografie, da ein Viertel des Landes Alpenland war. Zudem verharrte die Schweiz sehr lange in ihren protoindustriellen Strukturen, so dass die Gesellschaft weiterhin bäuerlich geprägt war. Eintritt in das Industriezeitalter fand sie schließlich nach Gründung des Bundesstaats im Jahre 1848, als auch das Eisenbahnnetz ausgebaut wurde. Diesen ersten Aufschwung erfuhren jedoch nur Landesregionen, in denen es viel Textilindustrie gab – dazu gehörte der Thurgau. Die Menschen fanden ihre Beschäftigung in vielen Nischentätigkeiten wie Stickerei, Buntweberei und der Produktion bedruckter Taschentücher. Die Schweiz strebte danach, die Handelsmärkte auf internationaler Ebene zu erweitern und sich auf qualitativ hochwertige Nischenprodukte zu spezialisieren. Bedeutsam beim Ausbau des Eisenbahnnetzes war vor allem die Zürich-Bodenseebahn, die zu den ersten Bahnstrecken der Schweiz gehörte (1855/56). Die Thurtallinie bot eine gute Verbindung zwischen Zürich und Romanshorn und damit auch gute Verschiffungsmöglichkeiten nach Friedrichshafen. So konnte die Einfuhr von Rohstoffen und Energieträgern erleichtert werden und es begann die zweite Phase der Industrialisierung, die auch für den Thurgau die Blütezeit der Industrie war. Internationales Ansehen genossen unter anderem Adolph Saurer in Arbon, der sich auf Eisengießerei, Stickmaschinen und Automobile spezialisierte, sowie Friedrich von Martini und Heinrich Tanner mit ihrer Maschinenbauanstalt für Falz- und Heftmaschinen, Stickmaschinen, Gasmotoren, Schrauben, Gewehren und Automobilen. Weitere bekannte Namen waren Karl Friedrich Gegauf, Ferdinand Sigg und Xaver Küng mit Kochgeschirr und Elektrogeräten sowie Julius Maggi aus Frauenfeld, der Fertigsuppen produzierte. Arbeiterinnen in der Maggi-Gemüserüsterei in Kemptthal bei Winterthur um 1905. Die Stickerei erlebte zwischen 1890 und 1910 in der Ostschweiz eine Hochphase, da die Waren aufgrund der fortschreitenden Mechanisierung für die Bevölkerung erschwinglich wurden. Während die Stickerei 1910 noch als wichtigster Exportzweig der Schweiz galt, führte die Veränderung der Mode in den 1920er-Jahren zur Schließung vieler Betriebe. Durch Investitionen in die Maschinenindustrie blieb der Thurgau – anders als St. Gallen – von dieser Krise weitgehend verschont. Der Wandel zum Dienstleistungssektor erfolgte im Thurgau im Vergleich zur übrigen Schweiz recht spät: noch 1990 lag der Anteil der Beschäftigten im Industriesektor über dem schweizerischen Durchschnitt, weshalb der Thurgau lange Zeit als typischer Industriekanton galt. Wenn wir heute an den Thurgau denken, so schwebt uns eher der „Apfelkanton mit seinen blühenden Landschaften vor. Soziale Auswirkungen der Industrialisierung In Folge der gesellschaftlichen Veränderungen, welche die rasche Industrialisierung verursachte, entstand die „Soziale Frage. Zum einen entstand ein stetig wachsendes Industrieproletariat, das durch den Zuzug arbeitssuchender Menschen vom Land in die Industriestädte Wohnungsnot und Elend auslöste. Zum anderen wurden die Arbeiter aus ihren bisherigen sozialen Bindungen gerissen, wodurch ihr Arbeits- und Lebensraum voneinander getrennt wurden. Infolge des Überangebots an Arbeitskräften waren die Löhne niedrig und die Arbeitszeiten lang. Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen gab es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen: so haben die Menschen in den Spinnereien täglich 12 bis 14 Stunden, manchmal sogar 16 Stunden sowie nachts und sonntags gearbeitet. Um die Existenz einer Familie zu sichern, mussten auch Frauen und Kinder arbeiten, zudem waren die hygienischen Verhältnisse sehr schlecht. Da es weder eine Versicherung noch einen Arbeitsschutz gab, belastete zusätzlich die Angst, durch Krankheiten, Unfälle oder Entlassungen aufgrund von Konjunkturschwankungen völlig zu verelenden. 1877 trat schließlich das erste eidgenössische Fabrikgesetz in Kraft, das zu einer partiellen Verbesserung führte. Im weiteren Verlauf führte die Entstehung einer modernen Wirtschaft zu einer Anhebung des Lohnniveaus und stellte die beruflichen und sozialen Hierarchien in Frage. Von den Veränderungen des Arbeitsmarktes waren vor allem Frauen betroffen, da sie häufig mechanisierte Tätigkeiten ausübten, die keinerlei Qualifikation erforderten (wie die Fließbandarbeit). Von 73.100 Arbeitsplätzen, die zwischen 1920 und 1941 in den Textil-, Konfektions-, Schuh- und Uhrenbranchen verloren gingen, waren 43.000 mit Frauen besetzt gewesen. Zwischen 1941 und 1970 nahm die Beteiligung der Frauen am Berufsleben wieder kontinuierlich zu, da der wachsende Dienstleistungssektor neue Möglichkeiten bot. Didaktische Analyse Begründung der Themenauswahl Parallel zu den politischen Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert vollzieht sich, anfangs noch unbemerkt, der Prozess der Industrialisierung. Dieser beginnt Ende des 18. Jahrhunderts in England, greift im 19. Jahrhundert auf die Schweiz und das restliche Europa über und entwickelt sich schließlich im 20. Jahrhundert weltweit. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die wirtschaftlichen, technischen und sozialen Verhältnisse revolutioniert. Ebenfalls haben sich die Lebensbedingungen des Einzelnen radikal verändert – und sie verändern sich noch immer. Denn die Industrialisierung kann selbst in unserer heutigen Zeit noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Themen wie Computerisierung, Weltraumfahrt, Gentechnologie oder Umweltzerstörung – die zentralen Themen unserer Zeit – können als gegenwärtige Erscheinungsformen dieser Entwicklung gesehen werden. Von den technischen und sozialen Errungenschaften, den Lösungsansätzen und schließlich Lösungen profitieren wir heute noch und sie sind für uns mittlerweile selbstverständlich. In der gehaltenen Doppellektion soll den SuS verdeutlicht werden, dass die Industrialisierung neben all ihren positiven Veränderungen auch negative Auswirkungen nach sich zog und sich diese auch in ihrem Heimatkanton Thurgau gezeigt haben. Im Lehrplan Geschichte der Kantonsschule, in der die Lektion gehalten wird, ist das Thema „Industrialisierung für die 3. Klasse innerhalb des 2. Semesters angesetzt. Es beinhaltet die Fortschritte und technischen Innovationen in England und Kontinentaleuropa, wie die Dampfmaschine und Fabriken. Zudem stehen die Ausdehnung der Produktion, Modernisierung der Verkehrwege sowie die „Soziale Frage und Reformbemühungen im Vordergrund. Methodische und didaktische Überlegungen Als Einstieg wird den SuS verschiedene Bilder aus der Zeit der Industrialisierung präsentiert, die auf Wohnungsnot, lange Arbeitszeiten, niedrigen Lohn, Frauen- und Kinderarbeit hindeuten. Neben der Motivation durch das Bildmaterial wird das Vorwissen der SuS aktiviert sowie Neugierde geweckt, die notwendig ist, um eine erfolgreiche Geschichtsstunde zu erleben. In dieser Phase sollen die SuS sich die Thematik der Lektion erschließen (Soziale Frage der Industriellen Revolution). Nach dem Einstieg erfolgt die Hinführung zur problematisierten Leit- bzw. Problemfrage der Lektion. Die SuS stellen zunächst eine Leitfrage, danach Hypothesen auf, worauf die Leitfrage zu untersuchen ist und versuchen daraufhin, eine eigene Problemfrage zu formulieren, welche Alternativen der Posititionierung zulässt, provokant gestellt ist und dadurch Motivation erzeugt. In der anschließenden Erarbeitungsphase sollen multiperspektivische Textquellen in Partnerarbeit untersucht werden. Es handelt sich bei den Quellen um die Arbeitsverordnungen von Müller Martini von heute sowie der Fabrikordnung der Mechanischen Werkstätte von F. Martini von 1878. Dadurch, dass sich diese in Frauenfeld befindet, erhalten die SuS einen regionalen Bezug. Innerhalb dieser Quellen wird den SuS Wissen über den Arbeitsalltag und die Arbeitsbedingunen verdeutlicht, welche sie entdecken, vergleichen und beurteilen lernen können. In der Präsentationsphase stellen die SuS ihre Ergebnisse anhand ihrer ausgefüllten Tabelle vor, indem sie ihre Ergebnisse auf eine Folie auf dem OHP übertragen. In der zweiten Stunde der Doppellektion ist es innerhalb der Hinführung das Ziel, anhand von zwei Bildern vom Greuterhof in Islikon, welcher eine Indigofärberei und der erste Industriebetrieb im Thurgau war, sowie zwei weiteren Bildern (Druck-Model und Stoffmusterbuch) die Neugierde der SuS zu wecken. Als Kontrast, wodurch ein Gegenwartsbezug hergestellt wird, dient ein Bild einer Jeans, die 2014 in Kambodscha fabriziert wurde (Erarbeitungsphase). Bevor dieses Bild innerhalb der Gruppe diskutiert wird, erhalten die SuS einen Aufsatz, der über den Arbeitsalltag eines Zwölfjährigen im 19. Jahrhundert handelt. Um eine individuelle Auseinandersetzung mit der Quelle zu ermöglichen und das Fremdverstehen im Sinne einer Alteritätserfahrung individuell zu ermöglichen, lesen die SuS in der Erarbeitungsphase die Quelle in Einzelarbeit. Zudem werden hierdurch alle SuS dazu aufgefordert, sich anschließend innerhalb der Gruppendiskussion zu beteiligen. Bei dieser Form des kooperativen Lernens wird neben der Einzelarbeit der Fokus auf den Austausch in Gruppen gelegt. Dieser Austausch ist wichtig, um eine erste Ergebnissicherung zu ermöglichen, welche die Präsentationsbereitschaft in der Präsentationsphase erhöht, da die SuS sich bereits in der Gruppe absichern konnten. Die SuS sollen dazu angeregt werden, ein Sachurteil zu fällen. In der Präsentationsphase stellen die SuS zunächst ihre Ergebnisse anhand ihrer Notizen vor, welche an der Tafel festgehalten werden. Die SuS können ihre bisher aufgeschriebenen Gedanken ergänzen. In der Sicherungsphase wird anschließend die eingangs aufgestellte problematisierende Leitbzw. Problemfrage wiederaufgenommen und ein Urteil gefällt. Dies funktioniert lediglich in der Kontrastierung mit den erzielten Erkenntnissen aus den vorherigen Unterrichtsstunden. Zur Anbahnung eines Werturteils (Transfer) wird die Aussage: „Über 100 Jahre später Hat sich was geändert?, am Smartboard angeworfen. Durch die angeworfene Aussage soll ein Diskussionsanlass geschaffen werden. Hierbei sollen die SuS sowohl ihre historischen Kenntnisse als auch ihre eigene Meinung in die Diskussion einfließen lassen. Die Aussage knüpft unmittelbar an die Multiperspektivität der verschiedenen Quellen an und ermöglicht einen Vergleich mit heute. Darüber hinaus eignet sich diese Aussage, um einen Gegenwartsbezug herzustellen. Die didaktische Reserve bezieht sich auf die Reflexion des eigenen Lernens. Die SuS skizzieren mündlich die heutige Vorgehensweise, welche Problematisierung untersucht wurde, welche Methode verwendet wurde, sowie den Lernertrag der Stunde (welche Fragen geklärt und welche Fragen noch offengeblieben sind). Abschließend gibt die LP den SuS eine Rückmeldung zu den einzelnen Unterrichtsphasen. Als Hausaufgabe sollen sich die SuS, auf Grundlage ihres bisherigen Wissenstands, die erarbeiteten Kenntnisse als Teil der Frage des gesamten Unterrichtvorhabens (hier: Industrialisierung – Segen oder Fluch für die Menschheit) bewerten. Ihre Aufgabe ist es, sowohl Pro- als auch Kontraargumente für diese Problemfrage zu finden sowie ihre Entscheidungen zu begründen. Detailplanung 1: Unterrichtsverlauf Zeit Lektionsphasen Inhalte Begrüßung der SuS 10 Einstieg und Hinführung: Min Bilder aus der Zeit der Industrialisierung rund um die „Soziale Frage liegen verteilt, die unterschiedliche Aspekte der „Sozialen Fragen thematisieren (Wohnungsnot, lange Arbeitszeiten, niedriger Lohn, Frauenerwerbstätigkeit, Kinderarbeit). Sozial- Medien form Material SLG EA SLG Sammeln der Aufmerksamkeit der SuS Die Lektion startet mit Bewegung durch das Schulzimmer. Vorwissen der SuS wird aktiviert. Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit im Umgang mit diversen historischen Quellengattungen (hier: Bilder). Die SuS deuten Bilder in einem historischen Kontext. Aufträge an die SuS: • „Geht wie bei einer Ausstellung an den Bildern vorbei und betrachtet sie genau. • Wählt jeweils ein Bild aus und gibt diesem eine Überschrift. • Anschließend ruft ihr euch gegenseitig auf, um euer Bild vorzustellen und die Wahl eurer Überschrift zu erläutern. Jedes der Bilder soll mindestens einmal vorgestellt werden. Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, ein Bild vorzustellen sowie ihre Entscheidungen zu begründen. Die SuS sollen dazu angeregt werden, mithilfe der Bilder das heutige Lektionsthema zu benennen, indem sie erkennen, dass die Industrialisierung auch negative Folgen für die Menschheit hatte. Die LP fordert die SuS auf, mithilfe der Bilder das heutige Lektionsthema zu benennen, indem sie verschiedene Impulse gibt. Die SuS formulieren eine problematisierte Leitfrage und stellen zusätzlich Hypothesen auf. Sie stellen abschließend eine mögliche Problemfrage auf. Die LP fordert die SuS auf, eine Leitfrage für die Lektionsthematik sowie eine mögliche Problemfrage zu formulieren. 20 Erarbeitungsphase: Min Quellenarbeit: Die SuS vergleichen die Arbeitsverordnungen von Müller Martini von heute mit der Fabrikordnung der Mechanischen Werkstätte von F. Martini von 1878. Bildkartei, Beamer Ziel PA Arbeitsblätter Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit im mit ArbeitsUmgang mit diversen historischen auftrag Quellengattungen (hier: Arbeitsverordnungen Fabrikordnung) und deuten sie in einem historischen Kontext. Durch die Klasse gehen und – falls notwendig – Hilfestellungen geben. Für Fragen bereit stehen Nach 15 Minuten anmerken, dass noch 5 Minuten zur Verfügung stehen und fragen, ob noch mehr Zeit benötigt wird. 15 Präsentation Sicherung: Min Gemeinsame Besprechung der Ergebnisse in der Tabelle. SuS nehmen sich abwechselnd dran, um die Ergebnisse auf eine Folie zu übertragen. Die LP gibt verschiedene Impulse, die Unterschiede zu beurteilen. Die SuS erhalten einen regionalen Bezug (Frauenfeld im Thurgau). SLG Arbeitsblatt Folie OHP Die SuS erkennen, dass zwischen den Arbeitsverordnungen von heute und 1878 wesentliche Unterschiede liegen. Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, ein erstes historisches Sachurteil zu fällen, indem sie Stellung beziehen. Pause 5 Hinführung: Min Die LP blendet zwei Bilder vom Greuterhof in Islikon ein • das erste Bild zeigt den Greuterhof im Jahre 1777 als Indigofärberei und ersten Industriebetrieb im Thurgau • das zweite Bild zeigt den Greuterhof heute Die LP zeigt den SuS aus dem Greuterhof ein Druck-Model aus dem Jahre 1830 sowie ein Stoffmusterbuch. Erläuterungen der LP: • Europäische Staaten verboten die beliebten Indiennes. • französische Färber kamen aus diesem Grund in die Schweiz, wo der Indiennes-Handel zum erfolgreichsten Wirtschaftszweig wurde • von Genf aus verbreitete sich das Geheimnis der Blaufärberei bis nach Islikon 1777 wurde der Greuterhof gegründet • mit geschnitzten Holzmodeln wurden Baumwollstoffe farbig bedruckt LV SLG Bilder Beamer Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit im Umgang mit diversen historischen Quellengattungen (hier: Bilder). Die SuS bekommen einen Einblick in den ersten Industriebetrieb im Thurgau und bauen somit einen regionalen Bezug auf (Islikon). 10 Erarbeitungsphase: Min Die LP teilt die SuS in fünf 4erGruppen ein. Die SuS finden sich in ihre Gruppen zusammen und lesen zunächst eigenständig einen Aufsatz über den Arbeitsalltag eines Zwölfjährigen im 19. Jhd. EA Arbeitsblatt mit Text, Bild Förderung der Sozial- und Kooperationskompetenz Heft Block Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit im Umgang mit diversen historischen Quellengattungen (hier: Aufsatz). GA Die SuS deuten einen Aufsatz in einem historischen Kontext. Anschließend diskutieren sie über das Bild „Jeans im Used-Look der Marke C&A aus der heutigen Zeit (produziert 2014 in Kambodscha) Die SuS stellen anhand eines Bildes von heute einen Bezug zur Vergangenheit her. „Wo seht ihr eine Verbindung, inwiefern könnte hier ein Problem vorhanden sein? Die SuS stellen die Vermutung auf, dass auch heutige Alltagsgegenstände (hier: Kleider) in anderen Teilen der Welt noch immer von Kindern fabriziert werden. Alle SuS schreiben ihre Gedanken und Ideen aus dieser Diskussionsrunde auf. Die LP geht durch das Schulzimmer und hört in die einzelnen Gruppen rein. 10 Präsentation: Min Die Ergebnisse werden gesammelt und an der Tafel festgehalten. Die SuS können ihre bisher aufgeschriebenen Gedanken und Ideen ergänzen. Die Probleme der Frühindustrialisierung sind ins Ausland verlagert worden, vor allem nach Asien und Afrika. 5 Ergebnissicherung: Min Die LP fordert die SuS auf, die „Soziale Frage der Industrialisierung in Bezug auf die heutige Lektionsproblematik zu beurteilen. Die LP greift hierfür auf die anfangs aufgestellte Leitfrage/ Problemfrage zurück und fordert die SuS auf, sie zu beantworten. In einer kurzen Murmelphase tauschen die SuS ihre Gedanken dazu aus. SLG Tafel Heft Block Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, Ergebnisse zu präsentieren sowie ihre Entscheidungen zu begründen. SLG Heft Block Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, ein historisches Sachurteil zu fällen. Die SuS beziehen Stellung und formulieren ggf. ihr Ergebnis als Fazit schriftlich. PA 10 Vertiefung Transfer: Min Die LP wirft die Aussage: „Über 100 Jahre später, hat sich was verändert? an. 5 Ausstieg: Min Die SuS suchen versteckte Wörter in einem Buchstabensalat, die rund um das Thema der „Sozialen Frage vorkommen. Sie können allein oder mit ihrem Sitznachbarn gemeinsam rätseln. Didaktische Reserve: Reflexion des eigenen Lernens Hausaufgabe: Die SuS bewerten ihre erarbeiteten Kenntnisse als Teil der Frage des gesamten Unterrichtvorhabens „Industrialisierung – Segen oder Fluch für die Menschheit. Es sollen sowohl Pro- als auch Kontraargumente gefunden und die jeweilige Positionierung begründet werden. Legende: SLG Schüler-Lehrer-Gespräch LV Lehrervortrag GA Gruppenarbeit PA Partnerarbeit EA Einzelarbeit OHP Overhead-Projekter SLG Smartboard Anbahnung eines Werturteils Durch die angeworfene Aussage soll ein Diskussionsanlass geschaffen werden, die zuvor erarbeiteten Ergebnisse und Erkenntnisse aus heutiger Perspektive zu bewerten. EA PA SLG Arbeitsblatt Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, ein historisches Werturteil zu fällen. Die SuS greifen anhand einer spielerischen Aufgabe wichtige Begriffe, die die „Soziale Frage probelmatisieren, erneut auf. Vorgehensweise, Problematisierung, Methode, Lernertrag werden reflektiert. Die SuS vertiefen ihre Fähigkeit, historische Sachverhalte zu bewerten. Detailplanung 2: Unterrichtsunterlagen Bilder für den Einstieg Quellenarbeit: Arbeitsverordnungen damals und heute Aufgaben: 1. Lest in Partnerarbeit die Arbeitsverordnungen von damals und heute. 2. Vergleicht mit Hilfe der Tabelle die Arbeitsvorschriften von Müller Martini heute mit der Fabrikordnung der Mechanischen Werkstätte von F. Martini in Frauenfeld aus dem Jahr 1878. Die „Martini-Geschichte im Ultraschnelldurchlauf gibt dir einen kleinen Überblick über das Unternehmen. 3. Wir besprechen gemeinsam die Ergebnisse. Dafür nehmt ihr nacheinander für jedes Feld eine/n Mitschüler/in dran, der unser gemeinsames Ergebnis auf die Folie am OHP überträgt. Die Martini-Geschichte im Ultraschnelllauf 1860 Der Konstrukteur und Erfinder Friedrich von Martini gründet in Frauenfeld die Maschinenfabrik F. Martini Co., welche die Textilherstellungs- und Buchbindemaschinen, später auch Gewehre und von 1897 bis 1934 sehr erfolgreich Automobile produziert. 1922 Die Abteilung Buchbindemaschinen wird selbständig und zieht nach Felben um. 1934 Der Erfolg der Martini-Automobile hat schon seit Jahren nachgelassen, die Fabrik in Frauenfeld schließt. 1969 Die Grapha Maschinenfabrik Müller AG im aargauischen Zofingen übernimmt die Buchbindemaschinen-Fabrik in Felben und betreibt sie weiter. 1972 Die Firmengruppe, welche inzwischen diverse weitere Betriebe in der Druckbranche im Inund Ausland umfasst, nennt sich fortan Müller Martini AG. 2014 Die Produktion von Buchbindemaschinen in Felben wird eingestellt, der Standort dient nun der Entwicklung von Klebe-Technologien. Arbeitsvorschriften heute Müller Martini Allgemeine Anstellungsbedingungen Ausgabe 1. Juli 2014 (Auszüge) 3.1 Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte Die wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt 40 Stunden, die normale tägliche Arbeitszeit von Montag bis Freitag 8,0 Stunden. Die Arbeitszeit ist in einem separaten Reglement festgehalten. 5.1 Festlegung des Monatslohns Der Lohn wird individuell vereinbart und pro Monat oder Stunde festgelegt. Wesentliche Elemente dieser individuellen Lohnfestlegung sind Funktion, Leistung, Verantwortung und Arbeitsplatzanforderung. 5.2 Auszahlung Die Lohnauszahlung erfolgt auf ein Bank- oder Postkonto nach Wahl ca. am 25. jedes Monats. Unregelmäßige Zahlungen wie Mehrstunden und Schicht sowie Abzüge für Fehlzeiten werden im Folgemonat berücksichtigt und einzeln ausgewiesen. 5.3 Jahresendzulage (13. Monatslohn) Jeder Mitarbeitende erhält eine Jahresendzulage in der Höhe eines Monatslohns. Sie wird in der Regel im November ausgerichtet. Hat das Arbeitsverhältnis nicht während des ganzen Jahres gedauert, wird die Zulage pro rata temporis bezahlt. Bei Absenzen kann die Jahresendzulage in dem Ausmaß gekürzt werden, wie die Firma ganz oder teilweise von der Lohnzahlung entbunden ist. 5.4 Lohnfortzahlung bei Todesfall Stirbt ein Mitarbeitender, so erhalten • der überlebende Ehegatte • unmündige Kinder oder • andere Personen, die vom Verstorbenen nachweisbar unterstützt worden sind, den vollständigen Lohn für den Sterbemonat sowie die Jahresendzulage pro rata temporis. Überdies wird diesen Hinterbliebenen der Lohn für die Dauer der vereinbarten und beim Todestag geltenden Kündigungsfrist ausgerichtet. 5.5 Kinder- und Ausbildungszulagen Der Anspruch auf Kinderzulagen beginnt mit dem Geburtsmonat (inklusive) und endet mit dem Monat, in dem das Kind das 16. Altersjahr vollendet. Für Kinder, die in Ausbildung oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechlichkeit mindererwerbsfähig sind, besteht Anspruch auf die Zulage bis zum Abschluss der Ausbildung oder Wegfall der Gebrechlichkeit, längstens aber bis zum Ende des Monats, in welchem das Kind das 25. Altersjahr vollendet. Die Ausbildungszulage wird nur ausgerichtet, sofern der Anspruchsberechtigte für den Unterhalt des Kindes überwiegend aufkommt. 6.1 Ferienanspruch Maßgebend für die Berechnung der Feriendauer ist die Anzahl der Altersjahre, die ein Mitarbeitender am 1. Januar des Kalenderjahres, für das die Ferien gewährt werden, zurückgelegt hat. Die Dauer der Ferien pro Kalenderjahr beträgt für Jugendliche je nach Alter zwischen 5 und 7 Wochen. Für alle anderen Mitarbeitenden je nach Alter zwischen 25 und 30 Tage. Der Samstag und die in die Ferien fallenden Feiertage gelten nicht als Ferientage. Müller Martini Arbeitszeit-Reglement Ausgabe 1. Oktober 2006 2.12 Zeiterfassung Die gleitende Arbeitszeit bedingt eine individuelle Zeiterfassung. Jeder Mitarbeiter hat deshalb • Arbeitsbeginn und Arbeitsende • Beginn und Ende der Mittagspause • Arbeitsunterbrechungen mittels der Zeiterfassungs-Terminals zu erfassen. Bei zu kurzen Mittagspausen wird die Pause automatisch auf 30 Minuten erhöht. 2.3 Gleitzeit Zeitdauer, die individuell gestaltet werden kann, sofern aus betrieblichen Gründen keine Einschränkung erfolgt. Arbeitsbeginn: 06:30-8:00 Uhr Mittagspause: 11:30-14:00 Uhr Arbeitsende: 16:00-18:00 Uhr Die Geschäftsleitung kann mit der Personalkommission Abweichungen (z.B. Sommer/ Winter) vereinbaren. Die Mittagspause muss mindestens 30 Minuten betragen. Die Arbeitsverlegung auf den Samstag ist nur in Ausnahmefällen und mit Bewilligung des direkten Vorgesetzten gestattet. Betriebsordnung im Mai 2007 II. Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung 1. Die Bewahrung der Gesundheit und die Verhütung von Unfällen sind für den Mitarbeitenden und die Firma von großer Bedeutung. Deshalb ist jeder Mitarbeitende verpflichtet, die Firma in der Durchführung aller Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und zur Unfallverhütung zu unterstützen. 2. Der Mitarbeitende muss die Weisungen der Firma in Bezug auf die Gesundheitsvorsorge und die Arbeitssicherheit befolgen und die allgemein anerkannten Regeln beachten. Er muss die persönlichen Schutzausrüstungen benützen und darf die Wirksamkeit der Schutzeinrichtungen und -maßnahmen nicht beeinträchtigen. Insbesondere dürfen Schutzvorrichtungen auf keinen Fall ohne Erlaubnis der Firma entfernt oder geändert werden. IV. Sanktionen 17. Bei Missachtung der Betriebsordnung oder der besonderen Weisungen über die Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung werden die Fehlbaren zur Beachtung der Bestimmungen angehalten. Zivilrechtliche oder allenfalls sogar strafrechtliche Ansprüche bleiben vorbehalten. Arbeitsvorschriften damals Fabrikordnung für die Arbeiter der mechanischen Werkstätte von F. Martini Comp., 1. März 1878 (Auszüge) §1 Die effektive Arbeitszeit beträgt 11 Stunden pro Tag, an Samstagen und Vorabenden von Feiertagen 10 Stunden. Zum Neunuhr- und zum Vieruhressen treten Pausen von je 10 Minuten ein, wobei die selbstthätigen Maschinen nicht abgestellt werden. Der Beginn der Arbeit am Morgen und der Schluss am Abend wechselt je nach der Jahreszeit, und werden die nöthigen Bestimmungen hierüber jeweils an der Anschlagetafel bekannt gemacht. §2 Die Zeichen zum Beginn der Arbeit morgens und nachmittags, zum Schlusse des Mittags und abends, sowie zum Beginn und Schlusses der Pausen werden durch die Dampfpfeife gegeben. Zur festgesetzten Zeit soll Jeder an seinem Platze sein und die Arbeit beginnen. §3 Die Kontrolle über den Eintritt findet durch den Portier statt, der ein Buch darüber führt. Zuspätkommende unterliegen außer dem Abzug der versäumten Arbeitszeit einer Busse von gleichem Betrage. Der Austritt aus der Werkstatt während der Arbeitszeit ist nur gestattet, wenn der Vorgesetzte des betreffenden Arbeiters ihm einen Erlaubnisschein, der beim Portier abzugeben ist, eingehändigt hat. Vor dem Zeichen «Ende der Arbeit» ist Waschen, Ankleiden und Herumstehen untersagt; nach demselben sollen innerhalb 10 Minuten die Arbeitsräume verlassen sein. Denjenigen Arbeitern, welche über Mittag nicht nach Hause gehen können, wird eine besondere Räumlichkeit zum Aufenthalt für diese Zeit angewiesen werden. An Samstagen und Vorabenden von Feiertagen hat jeder Arbeiter eine Viertelstunde vor dem Feierabendzeichen sein Werkzeug zu versorgen und seinen Arbeitsplatz, eventuell seine Arbeitsmaschine, zu reinigen. Handschriftlicher Entwurf der Fabrikordnung von 1877. §5 Der Arbeitslohn wird entweder im Akkord oder per Stunde berechnet. Jeder Arbeiter ist verpflichtet, genau und gewissenhaft die Zeit anzugeben, welche er zu den ihm übertragenen Arbeiten, sei es im Akkord- oder im Stundenlohn, gebraucht hat. Jeder zweite Samstag ist Zahltag für die zwei der laufenden vorangegangenen Wochen, so dass ein Wochenlohn Decompte stehen bleibt. Es werden keine Vorschüsse gegeben. §12 Gegen diese Vorschriften Handelnde werden je nach Maßgabe des Fehlers mit Bußen von 25cts. an bis zur Hälfte des Tageslohnes bestraft. Quelle: Christoph Bischof: Friedrich von Martini (1833–1897), universeller Erfinder und Konstrukteur. Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik 54, Zürich 1992. Arbeitsblatt: Arbeitsvorschriften damals und heute Heute Arbeitszeit Wie lange ist der Arbeitstag /die Arbeitswoche? Lohnauszahlung Wann und wie wird der Lohn ausgezahlt? Welche Besonderheiten fallen auf? Sanktionen Welche Maßnahmen gibt es, wenn gegen die Arbeitsordnung verstoßen wird? Beginn/Ende Arbeitstag Wie ist Beginn Ende des Arbeitstags geregelt? Wie wird Zuspätkommen geregelt? Wie sind Ferien geregelt? Was fällt zusätzlich auf? 1878 Lösungen: Quellenarbeit Arbeitsvorschriften damals und heute Heute 1878 Arbeitszeit Wie lange ist der Arbeitstag/die Arbeitswoche? 8h Tag 11h Tag 65h Woche (5x11h 1x10h) Lohnauszahlung Wann und wie wird der Lohn ausgezahlt? Welche Besonderheiten fallen auf? Monats- oder Stundenlohn Lohn pro Stunde oder im Akkord Auszahlung immer am 25. des Monats 13. Monatslohn (Jahresendzulage) In den Vorschriften sind keine ersichtlich; heute wird als erste Maßnahme in der Regel das Gespräch gesucht. Auszahlung jeden zweiten Samstag, 1 Wochenlohn bleibt beim Geschäft Gleitzeit Arbeitsbeginn: 06:30–8:00 Uhr Mittagspause: 11:30–14:00 Uhr Arbeitsende: 16:00–18:00 Uhr Keine Sanktionen für Zuspätkommen ersichtlich Alle haben Anspruch auf bezahlte Ferien, Jugendliche 5–7 Wochen, Erwachsene 25–30 Arbeitstage (zusätzlich Samstage und Feiertage) Arbeitsbeginn und Ende für alle gleich, richtet sich nach Jahreszeit (Tageslicht), Zeichen zum Beginn und Ende: Dampfpfeife Kinder- und Ausbildungszulagen, Regelung für Zahlung im Todesfall oder bei Unfall zum Beispiel • kein Herumstehen vor dem Zeichen «Ende der Arbeit» • schriftliche Erlaubnis, um sich vom Arbeitsplatz zu entfernen • Putzen des Arbeitsplatzes und der Werkzeuge geregelt Sanktionen Welche Maßnahmen gibt es, wenn gegen die Arbeitsordnung verstoßen wird? Beginn Ende Arbeitstag Wie ist Beginn/Ende des Arbeitstages geregelt? Wie wird mit Zuspätkommen umgegangen? Ferien Wie sind Ferien geregelt? Was fällt zusätzlich auf? Buße von 25 Rappen bis zum halben Lohn Kontrolle der Pünktlichkeit keine Ferien Materialien für die zweite Stunde Der Greuterhof in Islikon: 1777 als Indigofärberei und erster Industriebetrieb im Thurgau erbaut Der Greuterhof in Islikon heute Druck-Model aus dem Greuterhof um 1830 Stoffmusterbuch aus dem Greuterhof Material für die Gruppenarbeit Aufsatz über den Arbeitsalltag eines Zwölfjährigen im 19. Jahrhundert In einem Schulaufsatz beschreibt der Junge aus dem Heimstickermilieu seine Arbeit. Zusammen mit der Schule haben Kinder über zehnstündige Arbeitstage. «Sobald ich am Morgen aufgestanden bin, so muss ich in den Keller hinabgehen, um zu fädeln, und dann kann ich das Morgenessen genießen. Nachher muss ich wieder fädeln, bis es Zeit zur Schule ist. Wenn diese um elf Uhr beendigt ist, gehe ich schnell nach Hause und muss wieder fädeln bis zwölf Uhr. Dann gehe ich wieder in die Schule, um viel Nützliches zu lernen. Wenn diese um vier Uhr beendigt ist, so gehe ich wieder mit meinen Kameraden auf den Heimweg. Wenn ich heimkomme, muss ich wieder fädeln, bis es dunkel wird, und dann kann ich das Abendessen genießen. Nach dem Essen muss ich wieder fädeln bis um zehn Uhr; manchmal, wenn die Arbeit pressant ist, so muss ich bis um elf Uhr fädeln im Keller. Nachher sage ich meinen Eltern gute Nacht und gehe ins Bett. So geht es alle Tage.» Jeans im Used-Look der Marke C&A, produziert im Jahr 2014 in Kambodscha. Arbeitsblatt für den Ausstieg: Buchstabensalat Diese Wörter sind versteckt: N K_ W S H_ H F Ü P E_ F_ Lösung: Arbeitsblatt Buchstabensalat Diese Wörter sind versteckt: Niedriglohn Kinderarbeit Wohnungsnot Sonntagsarbeit Fabrikgesetz Überangebot Hygiene Hierarchie Proletariat Existenz Frauenerwerbstätigkeit Literatur • BÄRTSCHI, Hans-Peter: Industriegeschichte in der Ostschweiz und im Fürstentum Liechtenstein, Zürich 2012. • BERGIER, Jean-François: Die Wirtschaftsgeschichte der Schweiz. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Zürich 1983. • BODMER, Walter: Die Entwicklung der Schweiz. Textilwirtschaft im Rahmen der übrigen Industrien und Wirtschaftszweige, Zürich 1960. • HUNZIGER, Melanie/WERNER, Ira: Dossier für Lehrerinnen und Lehrer, 7. bis 9. Klasse. Weltindustrie im Thurgau. Historisches Museum Thurgau 2018. Online: zuletzt konsultiert am 10.12.2020. • SAUER, Michael: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. Seelze 132018. • VEYRASSAT, Béatrice: Industrialisierung, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.02.2015, übersetzt aus dem Französischen. Online: zuletzt konsultiert am 10.12.2020. Schulbuch Schweizer Geschichtsbuch 2. Schülerbuch. CH: Vom Absolutismus bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Erarbeitet von GROSS, Christophe et al., Berlin 2010.