Arbeitsblatt: Burgen um und am Albis

Material-Details

Die (Bewohner der) Üetliburgen oder das «Netz» der Burgen am und auf dem Albis … «Basic» als Handreichung für die Lehrperson.
Geschichte
Mittelalter
klassenübergreifend
16 Seiten

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29.05.2008

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Die (Bewohner der) Üetliburgen oder das «Netz» der Burgen am und auf dem Albis «Basic» Burgen waren mehr als militärische Stützpunkte und allfällige Rückzugsorte für bedrohte Untertanen. Eine Burg war Repräsentation und Verwaltungszentrum. Hier wurden Verträge geschlossen, wurde «geurkundet und gesiegelt». Das weitläufige Gebiet, das bis ins Spätmittelalter meist einen Streubesitz darstellte, konnte nicht allein von einer Stammburg aus verwaltet werden. Denn mittelalterlicher Besitz war eine Mischung von Boden, Rechten und Menschen, von Eigenbesitz und Lehensverhältnissen. Freiherren und Grafen – sie galten als höhere Adlige wie Herzöge oder Könige – stützten sich ihrerseits auf Untergebene, so genannte Dienstleute, Ritter und Edle, welche bestimmte Aufgaben oder Gebiete zu Lehen hatten und anfänglich sehr selten über einen eigenen Grundbesitz verfügten. Als untertänige Adlige amteten (Beamte/Vögte/Ministerialen) sie von steinernen Wohntürmen oder kleineren Burgen aus als Verwalter über die ihnen zugewiesenen Territorien. Das Fehlen moderner Übermittlungsmittel zwang Grafen und Freiherren ebenso wie Fürsten und Könige zu stetem Umherreisen. Sie waren oft unterwegs, weniger zu kriegerischem Tun, als aus Gründen der Verwaltung ihres Großgrundbesitzes, der Rechtssprechung, der Diplomatie und nicht zuletzt der Geselligkeit. Die verwandtschaftlichen Verknüpfungen reichten weit in die verschiedensten Herrscherhäuser. Von vielen erfolgreichen Geschlechtern heisst es denn auch in späteren Geschichtsbüchern: «Mit verblüffender Zielstrebigkeit gelang es den ihren Herrschaftsbereich auszubauen.» Dazu gehörte nicht zuletzt eine gezielte Heiratspolitik. Auf einer Burg herrschte bisweilen ein reges Treiben. Die Herrschaft oder die Vogtfamilie, oft mit zahlreicher Kinderschar, lebte in engen Verhältnissen im Bergfried. Drei bis vier Stockwerke dienten zwei oder gar drei Generationen. Wurde geurkundet, so trafen sich zuweilen auf der Burg bis zu einem Dutzend Adeliger (verschiedener Stufen). Ausserdem lebten im Burgareal noch Knechte und Mägde mit ihren Angehörigen in bescheidenen Behausungen. Angehörige des hohen Adels betätigten sich im Hochmittelalter auch als Städte- und Klostergründer. So entstanden auf dem Gebiet der nachmaligen Schweiz zwischen 1100 und 1300 gegen 200 neue Städte. Solche Orte waren den Burgen ähnlich Ausdruck der Macht, Sicherheit und Repräsentation. Als wirtschaftliche Brennpunkte wurden sie in den «Mittelpunkt» eines Grundbesitzes hineingestellt oder erfüllten verkehrstechnisch eine wichtige Funktion als Brückenkopf oder Zollstation. Militärische Bedeutung erhielten sie durch die systematische Ansiedlung mit wehrfähigen Leuten und durch die ihre Verteidigungsanlagen, wie Palisaden und Graben, später dann Mauern, Türme, Graben und die zugehörige Burg der Stadtherrin oder Reichvogtes. Die Vorteile einer Klostergründung ergaben sich in mehreren Richtungen. Wirtschaftlich brachten solche Gründungen Unterstützung in der Verwaltung. Die gebildeten Mönche beherrschten die Verwaltungspraxis. Sie trugen einen wesentlichen Anteil an der zweckmässigen Bewirtschaftung und Verwaltung grösserer Ländereien. Sie leisten treffliche Dienste in der Urbarisierung neuer Gebiete (v.a. Reformorden wie jener der Zisterzienser). Darüber hinaus nahmen sie durch ihre seelsorgerische Tätigkeit einen entscheidenden Einfluss auf die Bevölkerung: Gute Christen waren gute Untertanen. Klöster erwiesen sich für eine «ganzheitliche» Verwaltung als besonders vertrauenswürdig und herrschaftstreu, Mönche wie Nonnen waren von ihren Schirmherren abhängig, was Klöster auch für militärische Strategien bedeutsam machte. Und schlussendlich wurde mit der Klostergründung auch des adligen Seelenheils gedacht. Für grosse Geschlechter waren Klöster deshalb auch Erinnerungsstätte und Grablege. Z.B. das Kloster Muri für die europäisch bedeutsamen Habsburger. Namhafte Dynastien in der Mitte des 13. Jh. Die weitgespannten Besitzverhältnisse lassen die Bedeutung einzelner Burgen am Albis nur in einem grösseren Zusammenhang erkennen. Es scheint, dass das ganze Gebiet am Albis vom Zugerland her über das Reppischtal zum Albiskamm, hinunter zur Sihl und über den Zimmerberg bis zum See einst fränkisches Königsgut war. Zudem war nach dem Vertrag von Verdun 843 dieses Gebiet im Grenzbereich vom Ostreich gegen das Mittelreich. Grenzzonen waren stets Übergriffen ausgesetzt und wurden vom Besitzer deshalb zum besseren Schutz an zuverlässige Untergebene (Vasallen) vergeben. Hier war der Albisforst zu verwalten, verschiedene Klöster und später neu gegründete Städte zu schirmen. Besonders das Gebiet um Zürich nahm Ludwig der Deutsche aus dem Grafschaftsverband heraus und verlieh ihm Immunität. Sie ist denn auch eine der ersten reichsfreien Städte im Gebiet der heutigen Schweiz. Quellenmässig greifbar ist ein erster Reichsvogt, Graf Arnold von Lenzburg (976). Zwischen 1000 und 1300 gab es mehrmals politische Kämpfe zwischen den Kaisern und Päpsten, die miteinander um Einfluss und Macht rangen. Der Zerfall einer zentralen königlichen Macht hatte zufolge, dass die Vasallen als Herzöge und Grafen ihren Einflussbereich auf Kosten der königlichen Krone und des damit verbundenen Königsgutes ausbauten. 1173 starb mit Ulrich von Lenzburg die grosse und einflussreiche Dynastie der Grafen von Lenzburg aus. Kurz darauf traf Kaiser Friedrich (Barbarossa) auf der Lenzburg ein. Bei diesem Anlass waren neben den Zähringern und Kyburgern auch drei Brüder von Eschenbach (Stammburg an der Reuss, nähe Inwil) anwesend: Walter als Stammhalter, und Konrad als Abt des Klosters Murbach im Elsass (Stadtgründerin Luzerns) und Ulrich als Probst des Klosters Luzern. Die Reichsvogtei Zürich fiel an die Herzöge von Zähringen. Zu ihren Stellvertreter an Ort ernannten sie die zwischen Reuss und Albis begüterten Freiherren von Eschenbach. Ihr Ansehen zeigt sich in der Begleitung von Herzog und Kaiser bei seiner Weiterreise von der Lenzburg über Säckingen nach Basel. Um der gestärkten Stellung der Eschenbacher Nachdruck zu verleihen, erbaute Walter in der Albislücke (Verkehrsweg) die Schnabelburg und verlegte seinen Stammsitz dorthin. Die Heirat mit Adelheid von Schwarzenberg brachte den Schnabelburgern grosse Gebiete im Breisgau (Rheinrichtung rechts vom Elsass/Sundgau). Zusammen mit seinen Brüdern stiftete er 1185 das Kloster Kappel, zur Urbarmachung von Wald uns Sumpf (Zivilisierung der Heidelandschaft, auch im metaphorischem Sinn als Zivilisierung der Landbewohner, der Paganus, der Heiden.). Zugleich wurde das Kloster wichtiger Stützpunkt für die Verwaltung Hausgutes im späteren Säuliamt sowie als ehrbare Grablege der Familie Eschenbach-Schnabelburg. Die Reichsvogtei Zürich umfasste nicht nur den Besitz der Abtei Kappel, sondern auch jenen des Chorherrenstifts Grossmünster und reichte von Wädenswil (nachbarliches Freiherrengeschlecht derer von Schnabelburg) bis vor die Stadt Zürich (vgl. Ritterturm in Langnau a. A.) und Altstetten. Westlich des Albisgrats unterstand den Schnabelburgern also ein fast geschlossenes Gebiet bis an die Reuss. Drei entscheidende Ereignisse fielen in die folgende Zeit: 1217 (100 Jahre vor der Schlacht von Morgarten!) trat Graf Rudolf der Alte von Habsburg (aus dem Elsass stammend) als Landgraf im Zürichgau und Gründer des späteren Königsgeschlechtes als Mediator und Richter auf. Seit Jahrzehnten schwelte ein Grenzstreit zwischen den Landleuten von Schwyz und dem Kloster Einsiedeln. Die Habsburger als Schirmvögte Einsiedelns mussten Handeln. Einer seiner Berater war Berchtold I. von Schnabelburg. Ein Jahr später starb die Dynastie der Zähringer aus. Das Erbe ging an die Grafen von Kyburg (ein Kyburger war mit Anna von Zähringen verheiratet). Die Stadt Zürich wurde als reichsfrei anerkannt. Die reichsvogteiliche Gewalt blieb aber bei den Schnabelburgern. Einmal mehr befanden sich der Kaiser und der Papst im kirchenpolitischen Machtkampf. Der Schnabelburger – gleich den Kyburgern und den Regensbergern – befand sich auf der Seite des Papstes. Denn lokale Adlige suchten in solchen Begebenheiten fern der Krone ihre eigenen Herrschaften zu festigen! Die Reichsstadt Zürich blieb verständlicherweise kaiserlich. 1264 starben auch die Kyburger aus. Nun waren es die Habsburger, die als nächste Verwandte praktisch den gesamten Besitz erbten. Darunter befand sich auch die Verwaltung der (kyburgischen Teile) der Reichsvogtei. Die Schnabelburger, als direkte Nachbarn, hatten nicht vor, sich mit dem aufstrebenden Grafengeschlecht der Habsburger zu überwerfen. Mitten in der – historisch nicht gesicherten Regensbergerfehde – verhandelten die Schnabelburger einerseits in Zürich mit den Habsburgern und hernach in der Stadt Glanzenberg mit den Regensbergern. 1273 aber (!) hielten sie sofort zum neu erwählten deutschen König Rudolf I.; er war Habsburger! Dann kämpfte der Stammhalter der Schnabelburger auf der Seite Habsburg in Wien eine bedeutsame Schlacht gegen Ottokar von Böhmen. Aus Dankbarkeit erhielten die Schnabelburger das Recht, zwischen Brienzer- und Thunersee (an der Sprachund Bistumsgrenze und im Umfeld von weiteren Besitzungen) eine Burg zu errichten, und zwar beim von ihnen gegründeten Städtchen Unterseen. 20 Jahre später führte die Habsburgertreue den gleichen Schnabelburger im Kampf Albrechts gegen den ungeliebten König von Nassau im Elsass in den Tod. Mindestens verschwand er schweigend aus den Urkunden. Albrecht wurde König. Die jüngere Generation der Schnabelburger mussten viele Besitzungen veräussern (Verkauf von Rechten, Verpfändung von Einnahmen). Gründe dafür waren die teuren Aufenthalte am Königshof und bei Hofhaltungen in den Pfalzen. Zudem verschlangen die Heerzüge grössere Summen (Pferde, Kleider, Feste, Repräsentationen, Waffen, Ausrüstungen, Kriegsknechte). Die Verarmung verschiedener Adliger war ein Zeichen der Zeit. Dies meist zu Gunsten der (teils von ihnen selbst gegründeten) aufstrebenden Städte. Denn Geld war in einer gut prosperierenden Stadt im Überfluss vorhanden. Ganz im Gegensatz zu den Grossgrundbesitzern mit den bestenfalls vorrätigen Naturalienzinsen. Die wenig rosigen Verhältnisse verleiteten Walter von Eschenbach-Schnabelburg zu einem teuflischen Plan: Mit drei anderen nahm er 1307 an der tödlichen Verschwörung gegen König Albrecht teil. Vorerst entgingen sie der Strafe; ja der neue König bestätigte sogar ihre Lehen. Die Habsburger Herzöge hingegen schwörten Rache. Nach einem Bündnis mit der Stadt Zürich (Rückendeckung, falls die eidgenössischen Waldstätte Partei ergreifen würden) schleiften sie die Schnabelburg (und mit ihr auch die Burgen Wart, Multberg bei Winterthur, Alt Büron sowie die Städtchen Eschenbach und Maschwanden). Die Besatzung wurde dabei meist enthauptet und die Bewohner in die Flucht gejagt. Danach erklärte König Heinrich die Reichsacht (kein weltlicher Schutz ist einem sicher dazu gesellte sich meist noch der Kirchenbann – keine Taufen, keinen Seelsorgedienst, kein Gottesdienst, kein Begräbnis). «Gott hilf her dim diener, mir jungen Walther von Eschibach» – steht in einem Fensterstück aus dem Jahre 1306 in der Klosterkirche zu Kappel. Die Spur der Schnabelburger verliert sich (eine ältere Linie behauptete sich noch bis ins 15. Jh. als Freiherren von Schwarzenberg BE). Üetliburg Die Bewohner der eigentlichen Üetliburg waren die Freiherren von Sellenbüren. Ihre Güter lagen in einem weiten Raum zerstreut zwischen Limmat und Reuss bis zur kleinen Emme und Aare (Birmensdorf, Sellenbüren und Affoltern waren wohl Mittelpunkte). Die um 1080 bis 1092 nachweisbaren Bewohner waren die Familien der Bruder Lütholds von Regensberg. Ihr Vater war der Erbauer der regensbergischen Stammburg am Katzensee ZH. Die erste (Holz)Burg auf dem Üetli musste wohl nach der Besitztrennung erfolgt sein. In einer weiteren Urkunde gründete Konrad von Sellenbüren (verwandt wohl mit den Herren von Bonstetten) 1122 das Kloster Engelberg. Wohl gegen 1200 wurde die Burganlage grosszügig erweitert und erhielt mehrere Steinbauten (zeitgleich mit dem Bau der Schnabelburg. War es eine Machtdemonstration?). Als Förderer des Baus der Schnabeburg auf dem Albiskamm dürften auch die Regensberger angesehen werden. Über die Besitzer oder Erbauer der nahen kleinen Burg auf dem Ofengupf ist noch wenig bekannt. Sicher wurde sie zur gleichen Zeit wie die Üetliburg erbaut (Vorburg, kleiner Lehensmann, Verwandter der von Sellenbüren?). Nach 1220 starben die von Sellenbüren aus. Nutzniesser waren die Klöster Engelberg, Muri (Hauskloster der Habsburger) und St. Blasien (Schwarzwald). Die Üetliburg ging möglicherweise zurück an die Regensberger (historisch nicht gesichert, dafür Sagengrundlage der Raubritter von Regensberg). Einer der wichtigsten Freiherren war Lütold IV von Regensberg. Wie die Habsburger stammte auch diese Familie aus dem Elsass (Mömpelgard und Mâcon, die «Stammutter» war eine von Willeburg bei Wülflingen/Winterthur). Lütold war ein vielgereister Mann. Weltgewandt war er in Salzburg bei seinem Bruder, dem Erzbischof. Oder 1209 hielt er sich am Hof des Kaisers in Nürnberg auf. 1208 gründete er das Kloster in Rüti ZH. Zudem heiratete er in die Grafenfamilie der Kyburger ein. Er nannte sich auf dem Siegel «comes» (Graf) was heisst, dass er seine Machtstellung wohl zugenommen hatte. Um Querelen mit den einflussreichen Schnabelburgern zuvorzukommen, heiratete Lüthold V. eine Tochter aus dem Hause Schnabelburg-Eschenbach. Die wirtschaftliche Macht Regensberg zeigte sich hingegen in der Gründung Glanzenbergs (Limmatübergang, direkt vor den Toren der Stadt Zürich und Konkurrenzstadt – die es nicht geben durfte.). Der Niedergang (hochadliger) Freiherren wie jene von Regensberg, von Wart, von Schnabelburg oder von Freienstein ist ein Phänomen zwischen 1280 und 1320. Die Lücke, die durch den Niedergang dieser Geschlechter entstand, wurde teilweise ausgefüllt mit habsburgischem Dienstadel, die häufig am habsburgischen Hof Bedeutung und Ansehen erlangten. Aber auch für das Gebiet der Stadt Zürich sind solche Dienstadlige auszumachen (z.B. Herren von Landenberg als eines von rund 25 Beispielen)). Auch solche, die den späteren Umsturz von Rudolf Brun überlebten und nun neben Zunftmeistern ihre Hände mit im politischen Spiel hatten. Ja selbst nach dem königlichem Herrschaftswechsel hin zu eidgenössische Bündnisse bildeten sie weiterhin die Zürcher (oder Berner) Oberschicht. Als 1264 die Kyburger ausstarben, scheint die Zeit der Habsburger gekommen. Durch diesen Machtzuwachs wurden sie zum dominierenden Territorialherrn und zur friedenssichernden Instanz (Vermittler, Richter und Vollstrecker Gruoba/Izzeli-Fehde im Urnerland) im heutigen Mittelland. Ob die sagenhafte «Regensbergerfehde», in der die Zürcher mit Rudolf von Habsburg vereint Regensberger Adlige als Raubritter verunglimpften in diesem, Umfeld zu suchen ist, wäre zumindest möglich. (Glanzenberg existierte allerdings noch mindestens 80 Jahre nach der «Schleifung» weiter.) Allerdings ist zu erwähnen, dass eine mittelalterliche Stadt nur dann sich eigenständig in die Neuzeit retten konnte, wenn sie im Umkreis von 5 Wegstunden – 25 km – keine Konkurrenzstadt neben sich akzeptieren musste. 1273 wurde ebendieser Rudolf von Habsburg deutscher König. Und wer nicht mit ihm war, war gegen ihn. «Herrgott im Himmel, sitze fest auf deinem Thron, sonst nimmt dieser Rudolf deinen Platz!» soll Bischof von Basel angesichts der Belagerung der seiner Stadt ausgerufen haben. Die Stadt Zürich allerdings hat unter ihm wohlgelitten! Zur Raubrittersage auf de Üetliburg Erst 1337 meldete Johannes von Winterthur das Geschehnis reichlich ausgeschmückt. Als Ort der Legende nannte er ganz summarsich «castellum in monte Albis». Hatte er aus örtlicher Unkenntnis vielleicht die Zerstörung der Schnabelburg auf dem Albis im Visier, welche im Rachfeldzug 1308 zerstört wurde? Oder hatte er das Gefecht von Winterthur und den Zürchern von 1292 vor Augen? Damals wurde nämlich auch die Kriegslist durch das Mitführen eines falschen Banners angewandt. Burgengeschichtlich ist übrigens List in der Geschichte vielleicht das einzig Wahre an der Legende. Denn eine Burg konnte damals nur mit List erobert werden. Historisch gesichert ist, dass die Regensberger bis zur angeblichen Fehde und unmittelbar darnach(!) mit Zürich die Besten Beziehungen pflegten. Und warum zerstörte dann Graf Rudolf die Üetliburg, nicht aber den zentralen Sitz am Katzensee und die Feste Neu-Regensberg? Auf alle Fälle gehört die Üetliburg zu jenen Burgen, die gewaltsam zerstört und nicht wieder aufgebaut wurden. Oder gehörte die Üetliburg gar nie den Regensbergern? War sie lediglich eine Rodungsburg ohne Verwaltungsfunktionen? Gab es in der Folge nie ein Schloss «Üetliburg», wie das in der Burggeschichte an andern Orten üblich war. Auch wenn in der Geschichtsschreibung die feudale Burg ihre Bedeutung behielt, hatte sie im Übergang von der weit verstreuten Feudalstruktur in die aufgehenden (städtischen) Territorialstaaten ihre militärischrepräsentative Aufgabe eingebüsst. Für die Adligen war das 13. Jh. und dann noch mehr das 14. Jh. wie schon erwähnt eine Zeit der Geldnot und des wirtschaftlichen Abstiegs. Viele Familien siedelten nun «freiwillig», wenn auch meist in Wohnburgen, in den grösser werdenden Städten. Vielleicht träumten sie ihrer grossen Ritterzeit nach (vgl. Manesse Liederhandschrift Emporstilisierung der Ritterzeit). Selbst die Habsburger hatten den meisten Besitz rund um die Stadt Zürich auf die gleiche Weise «verloren», wie viele Freiherren in unserer Umgebung. Viele Feudalsitze erlebten aber, meist als umgebaute Gerichtsherrschaften und unter Führung der eidgenössischen Stände in der Renaissance Umbauten in repräsentative Schlösser. Irritation: Waren auf der (untergeordneten) Üetliburg also doch gefürchtete Raubritter und Pfeffersäcke – wie in der Legende erwähnt. Sicher ist, dass König Rudolf mit allen Kräften gegen dieses Phänomen ankämpfte. 1353 starb das Geschlecht der Regensberger. Vorher veräusstern die Regensberger Besitz um Besitz an reiche Zürcher Bürger und Zürcher Adlige, an Kirchen und verschiedenen Klöstern, v.a. aber an Habsburg. Interessant dürfte noch sein, dass im Zusammenhang mit dem Überfall der Schwyzer auf das Kloster Einsiedeln (1314), die Habsburger(!) sich für die Freilassung des gefangenen Bruder Johannes von Regensberg einsetzen. Von einer Erzfehde HabsburgRegensberg spricht also lediglich die Raubritter-Legende – und gleicht damit den sagenhaften Burgen mit der sagenhaften Gier ihrer Bewohner auf schöne Mädchen Irgendwie musst Zerfall einer Burgenkultur erklärt werden! Manegg und Friesenberg Beide Burgen scheinen in der Zeit um 1200 entstanden zu sein. Wiederum ist der Zeitpunkt des Aussterbens der Herzöge von Zähringen heranzuziehen, das den vordem unterstellten Freiherren eine neue Machtposition verlieh. Zürich – nun als reichsfreie Stadt, erschien in ihrem neuen Rechtsverhältnis zu den umliegenden Adelssitzen hin als neuer (störender?) Machtfaktor. Waren es vielleicht die Eschenbach-Schnabelburger, nun Inhaber der Reichsvogteirechte der Krone, welche mit zwei neuen Burgen Repräsentation und bessere Verwaltung demonstrierten (provozierten)? Oder waren es die auf dem Üetliberg sitzenden Regensberger? Als Bewohner sind urkundlich zwei Familien des stadtzürcherischen Ritteradels auszumachen. Beide Familien pflegten lehensund verwaltungsmässige und militärisch-politische Beziehungen zu allem was Rang und Namen hatte: Eschenbach-Schnabelburg, Regensberg, Wädenswil, Rapperswil, Kyburg, Klingnau und Habsburg. Besitzer • Maness (seit je Ministeriale des Fraumünsters, 1240 Rüdiger I. Reichsvogt von Zürich; 1253 Rüdiger II., ist unzertrennlich mit der grossen Heidelberger Manessischen Liederhandschrift verknüpft, ein Werk das die Zeit der Ritter nach ihrer Hochblüte nachhaltig idealisierte) und • Mülner (1257 Meier «de Vriesenberch»). Friesenberg Die vielschichtigen Beziehungen machten auch den Umstand möglich, dass ein Friesenberger Besitzer nach der Bannung der Schnabelburger-Königsmörder mit den ans Reich gefallenen Vogteien betraut wurde. Erstaunlich wäre dies, weil er zum Freundeskreis des Schnabelburgers gehörte und sich noch nach dem Mord auf der Schnabelburg aufhielt. Aber eben schon damals: Noblesse traf sich – . Den Funden gemäss wurde die Burg Friesenberg um 1300 aufgeben. Der Grund mochte darin liegen, dass die Familie Mülner zu jenem Zeitpunkt dank einem konsolidierten Besitz es nicht mehr nötig hatte, auf dem unbequemen Sitz auf dem steilen Grathügel zu wohnen und so wieder in der Stadt ansiedelte, in einem steinernen Wohnturm wohlgemerkt. Zudem hatte die Burg auch keine Dienstpflichten mehr zu erfüllen. Seit 1344 war die Burgstelle (Grund und Boden) aus einem Lehensverband ausgegliedert und ganz im Besitz der Familie. Ein letzter männlicher Nachkomme der Mülner fand übrigens sein jähes Ende in den Sempacherwirren (1386). Manegg Die Familie Manesse verwaltete ebenfalls die Vogteirechte der Eschenbacher nach seiner Bannung weiter: die Vogteien elleklich über lüte und über gut von dem Bache zu Erprust nieder unz an Zürich, und von dem Zurichsew unz an Albis den Berg, swas ich da enzwüschen Vogteie hatte mit allem dem rechte des dar zu hört Die Burg Manegg hingegen, brannte 1409 ab (Novelle Narr auf Manegg von Gottfried Keller), hatte aber vorerst noch einen Besitzerwechsel. Die Ritter der Burg Manegg waren Anhänger der Brunschen Umwälzung von 1336. Trotzdem – oder gerade deswegen, weil die Stadt aufkam und die Burgen «unter»? – verkaufte die Familie in wirtschaftlicher Bedrängnis den grössten Teil des Besitzes an eine jüdische Familie. Ihr Schicksal ist unbekannt – denn (adliger) Besitz und Jude, das durfte nicht sein! (Vielleicht ein «link» zur Brunngasse 8?) Manegg in Flammen Als eine der schönsten Burgen stand sie nun alleine und verlassen da. Die Familie Maness hatte sich ja seit Jahrzehnten in die Stadt zurückgezogen. Um das Jahr 1400 hauste ein gar sonderbarer Mensch auf der verlassenen Burg. Er behauptete sogar, ein Verwandter der Familie Manesse zu sein. Er richtete sich in den verlassenen Räumen der Burg ein und nannte sich Ritter Manesse von Manegg. Er band sich mit einem Strohwisch ein hölzernes Schwert um den Leib und strich damit in der Gegend herum. In diesem Aufzuge erschien der «Butz Falätscher» – so nannte man ihn – auch in der Stadt. Wegen der närrischen Reden und weil er dazu seltsame Gesichter schnitt, war er besonders auf den Trinkstuben stets willkommen. Die Fasnacht 1409 war gekommen. In allen Zunftstuben waren die Bürger beim Schmause versammelt. Auf dem Rücken sassen die Junker mit all ihren Freunden. Nur der Narr war nicht da. Sonst fehlte der nie. Da wurden die jüngeren Gesellen einig, aufzubrechen und dem Narren eine lustige Fehde zu bereiten. Sie wollten sein Schloss belagern und erstürmen und zugleich das kostbare Buch wieder holen, das der Narr einst aus der Zunftstube hatte entwenden können. Unter Trommelschlag und Pfeifenklang und mit Fackeln versehen zogen die Gesellen aus der Stadt. Auf einem Karren führten sie ein Fass Wein mit. Mitternacht war schon vorüber, als die mutwillige Schar bei der Manegg anlangte. Trommelschlag, Lärm und Gesang weckten den Narren auf. Rings war der Wald von Fackeln erhellt. Wie der Blitz fuhr er mit einem Lichtlein in der Burg umher. Bald war er hier, bald dort in den Sälen und zuletzt zuoberst im Turm. Da stand gerade eine Anzahl Männer auf der Schlossbrücke und pochte donnernd an das Tor. Jener der klopfte, war ein grosser Mann in einer Bärenhaut. Entsetzt floh der Narr wieder zurück, denn er glaubte, die ganze Hölle sei vor der Türe. Da wurde das Tor mit einer alten Geländerstange von der Brücke eingestossen und der Bär drang hinein, um den Narren einzufangen. Zu gleicher Zeit schleuderte auf einer andern Seite der Burg ein Unbesonnener seine Fackel in ein Fenster. Unglücklicherweise fiel sie in das Innere des Gemaches auf das warme Heulager des Narren und entzündete es. Da eben ein starker Föhnwind blies, stand die alte Burg bald in Flammen. Der Narr irrte mit erbärmlichem Geschrei zwischen dem Feuer und dem Bären hin und her. Immer aber schleppte er das gestohlene Buch mit sich und umklammerte es krampfhaft. Mit grosser Mühe brachte ein mutiger und gewandter junger Mann den Narren samt dem Buche aus der brennenden Burg. Doch – der Narr war tot! In einer grossen Runde sassen und tranken die Gesellen schweigend ihren Wein und betrachteten den Untergang der Burg, die jetzt in vollen Flammen zum Himmel loderte. Die Buchen auf der Manegg Zur Zeit der Ritter hatte man auf der Manegg der holden Minne wohl nicht nur in kunstvollen Liedern gehuldigt; in der Burg waren nicht nur frohe Liebesweisen erklungen, sondern auch das Wehklagen einer um ihre Liebe Betrogene hallte einst von ihren Mauern. Trotz höfisch feiner Sitten und der in der Welt der Ritter beliebten Verherrlichung von treuer Liebe und Mannestugend, gab es unter den Edelleuten auch solche, die es mit er Ritterehre nicht so genau nahmen. So soll einer der Schlossherren von Manegg nicht als ehrenhafter Minnesänger, sondern als gewissenloser Verführer ein unschuldiges Mädchen betört haben. Dieses Mädchen war eine Bauerntochter und wohnte auf einem Hof am Hang des Üetlibergs. Oft tat sie Botengänge in die Stadt, und ihr Weg führte sie daher bei der Manegg vorbei. Dort begegnete sie einmal dem Schlossherrn, der ein junger, ansehnlicher Edelmann war. Dem Ritter gefiel das junge Mädchen und es gelüstete ihn, sie zu verführen. Indem er vorgab, sich der Jagd zu widmen, wusste er es so einzurichten, dass er der lieblichen Jungfrau immer wieder begegnete. Er sprach sie an und wusste sie mit einschmeichelnden Reden für sich einzunehmen. Schliesslich vertraute sie ihm, und es gelang ihm, sie zu einem heimlichen Stelldichein bei den drei Buchen, in der Nähe der Burg Manegg zu überreden. Dort gewann er mit trügerischen Treueschwüren vollends ihr Herz. Doch kaum hatte er das Mädchen für sich gewonnen, zeigte der Verführer sein wahres Gesicht und stiess die Geliebte von sich. In ihrer Verzweiflung schleppte sich das betrogene Mädchen eines Abends vor das Tor der Burg und rief den Geliebten. Sie hoffte, ihre Tränen würden ihn an seine Schuld erinnern und sein Mitleid erregen. Doch der Schlossherr liess seine Hunde auf das Mädchen hetzen und jagte seine einstige Geliebte wie eine Verbrecherin von seines Hauses Schwelle. Die Verstossene floh bis zu den drei Buchen. Dort, wo sie in glückseliger Verwirrung den Treueschwüren des Geliebten Glauben geschenkt hatte, klagte sie jetzt um ihre verratene Liebe. Die Grausamkeit des Geliebten hatte ihr das Herz gebrochen. Noch in jener Nacht machte sie unter den drei Buchen mit eigener Hand ihrem jungen Leben ein Ende. Doch es war, als ob die Unglückliche auch im Tode noch keinen Frieden hatte finden können. Wenn jeweils ein Gewitter über die Manegg niederging, soll im zuckenden Licht der Blitze unter den Buchen ein flackernder Feuerschein und eine weisse Gestalt mit zum Himmel erhobenen Armen zu sehen gewesen sein. Es schien dann, als vernehme man im Donnergrollen das Wehklagen einer menschlichen Stimme. Erst als lange Zeit später die drei Buchen gefällt wurden, ist wohl die arme Mädchenseele zur Ruhe gekommen. Seit die stummen Zeugen dieser unglücklichen Liebesgeschichte verschwunden sind, ist in Gewitternächten von der Manegg nichts mehr zu sehen als zuckende Blitze und sturmgepeitscher Wald wie anderswo. Baldern Sie ist womöglich die älteste Burgstelle am Albis und auch jene, die zuerst wieder verschwand. Mit ihr verband sich ein Verwaltungssitz des Königsguts (vom Zugerland (Cham) über das, Reppischtal, Sihlgebiet, Zimmerberg, linkes Seeufer bis nach) in der Mitte des 9. Jahrhunderts. Ludwig der Deutsche war (im Teilungsvertrag von Verdun!) für das östliche Karolingische (Deutsche) Reich zuständig. Er errichtete 853 in Zürich die Abtei Fraumünster und ein Neubau der Pfalz auf dem Lindenhof. Einer der Reichsvögte verwaltete von Baldern aus vielleicht den Albisforst, ein zweiter vom Lindenhof aus die Wasserwege zu den Bündnerpässen. Das ganze Gebiet wurde aus dem Grafschaftsverband herausgelöst und erhielt königliche Immunität, das hiess juristische und steuerliche Reichsunmittelbarkeit (Reichsfreiheit). Reichsvögte waren unter anderem die Grafen von Lenzburg (976). Sie war um das Jahr 1000 die mächtigste Adelsfamilie unserer Gegend (Grafschaft Aargau und Zürichgau). Die Burg mag wohl der Zeit entsprechend sehr rudimentär ausgesehen haben. Sie verfügte kaum über eine Ringmauer, höchstens Palisaden und Wälle. Inmitten des Burgplatzes standen auf losen Steinsockeln einzelne Holzbauten. Der leuchtende Hirsch Mit der Burg Baldern verbunden ist die Legende von den Königstöchters Hildegard und Berta. Gerne hielten sie sich in der Abgeschiedenheit und Stille des Waldschlosses auf. Mitten in der Nacht verliessen sie jeweils die Burg, um im Morgengrauen in einer Kapelle der Stadt zu beten – vielleicht dort, wo der von Karl der Grosse gejagte Hirsch plötzlich niederkniete, beim Grab der späteren Stadtheiligen Felix und Regula und Exuperantius. Furchtlos legten die frommen Schwestern den abenteuerlichen Weg durch die Dunkelheit zurück. Da sandte ihnen Gott einen Hirsch, der zwei brennende Kerzen auf seinem Geweih trug. Jedes Mal trat nun der wundersame Begleiter aus dem dunklen Wald und leuchtete ihnen auf dem schmalen Pfad hinunter zum Waldfluss (Sihl) voran. Er führte sie bis zur einer Au in der Nähe des Sees. Immer blieb er an derselben Stelle stehen und wartete auf die Königstöchter. Ennet der Limmat – beim heutigen Grossmünster besuchten die Pilgerinnen die Frühmesse (Rorate). Danach geleitete er sie wieder zurück auf die Baldern, wo er zwischen den Stämmen der Bäume verschwand. Hildegard und Berta sannen viele Stunden über das Wunder nach. Sie hielten es für ein Zeichen des Himmels und wünschten, dass an jener Stelle, wo der Hirsch jeweils wartete, ein Gotteshaus gebaut werde. Als der König von den nächtlichen Wanderungen seiner Töchter erfuhr, folgte er ihnen heimlich und erlebte ebenfalls das «Wunder». Er rief die beiden zu sich und fragte nach dem Sinn der Geschichte. Doch dem König gefiel der Platz auf der Au, um dort ein Gotteshaus zu bauen. Da erflehten die Schwestern von Gott ein Zeichen. Er solle zeigen, wo das Gotteshaus erbaut werden sollte. Tag und Nacht vertieften sie sich in ihre Gebete, bis er sie erhörte und ein grünes Seil vom Himmel auf die Au herab sandte. Da erkannte der König, dass seine Töchter richtig gewählt hatten. Also liess er auf jenem Platze eine prächtige Kirche und ein Kloster für adlige Frauen errichten. Hildegard, seine Tochter, wurde zur ersten Vorsteherin der neuen Abtei (Fraumünster). Dem Kloster vergab er zwischen Zürich und dem Urnerland am Gotthard reiche Ländereien Auffahrtstag und Bannritt Am Auffahrtstag war es üblich, dass die Knabenschaften der Stadt Zürich auf ihren Hausberg «pilgerten». Manchmal aber kam es auch wegen ihrem Übermut und den damit verbundenen Unfug der jungen Leute zu Klagen. So verbot das Zürcher Ratsmandat von 1628 das «Laufen uff den Hüettliberg» an Auffahrtstagen. Dieses Laufen oder Wandern oder Pilgern hat folgenden Zusammenhang: Über das Mittelalter hinaus war es üblich (in Beromünster und andern Orten heute noch) Flur und Bann einer Ortschaft einmal im Jahr zu begehen, um die Grenzen für allen Beteiligten in Erinnerung zu rufen. Folgendes Beispiel stammt aus Basel: «Item, es sollen auch alle Jahre die Bannwarten, auf den heiligen Auffahrtsabend, allen Klöstern, Gotteshäusern, dem Spital, der Elenden Herberge, allen Ackersleuten und Bauleuten, Reichen und Armen, Jungen und Alten, allen die das Feld bauen und zu dem Bau gewohnt sind, bey einer Buss von zehn Schilling Stäbler, unablässig verkünden und gebieten, zu Rosse seyn, und nebst dem Meyer und den Schiedsleuten, mit dem Sacrament (Allerheiligste geweihte und verwandelte Hostie Leib Christi) und dem Leutpriester, um Zwing und Bann reiten sollen, züchtiglich und ehrbarlich, so weit, lang und breit, als Zwing und Bann ist, damit dessen männiglich unterrichtet, und was auch auf diesem Tage argwöhnisch und strafbar erfunden wird, wie Recht und von altem her gewesen, gestraft werde.» Soweit Peter Ochs in seiner Geschichte der Stadt und Landschaft Basel im Jahre 1821. Chindlistein oder Kindlistein Steinkult und Heilige Berge stehen in engem Zusammenhang. Oft sind sie reich an Sagen und mit geheimnisvollen Geschichten umgeben. Für Menschen sind solche Stätten seit Jahrhunderten Orte der Mystik. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Höhenzüge und ihre unerreichbaren Gipfel als Wohnstätte der Göttern und Göttinnen angesehen wurden. So ist es kaum ein Zufall, dass auf dem Üetliberg ein keltisches Fürstengrab zu finden ist (Vgl. auch die Höhenzuge zwischen Reppisch- und Reusstal und und Seetal: Steinzeitliche resp. keltische Hügelgräber sind heute noch sichtbar. Oder dann eben der Kindlistein auf dem Üetliberg. Solche Steine sind im ganzen Alpen- und Voralpengebiet sehr zahlreich. In den Sagen werden sie auch als Hexensteine, Hexenbank oder Rutschsteine beschrieben. Mit solchen Kindlisteinen sind Frauen-Geschichten über die Fruchtbarkeit verbunden (Fruchtbarkeitskult). Frauen hatten auf diesen Steinen mit entblösstem Hinter hinunter zu rutschen oder unter dem Stein durch zu kriechen. In Calsterfeder (Oe) heisst ein solcher Stein heute noch «Befruchtungsstein». Unser Üetliberger Chindlistein lässt grüssen Im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens steht über Kindersteine (Titisteine) weiter: «Ein alter, verbreiteter Aberglaube ist, dass die Kinder aus Felsen kommen. In Heubach sagt man, dass die Hebamme die kleinen Kinder aus einer Höhle des Rosensteins hole, dort sei eine weisse Frau, die sie der Hebamme darreiche.» In vielen Dörfern des Aargaus gelten erratische Blöcke, Felsen, Bergwände als Titi, d.h. Kleinkindersteine Auf einem Herdmännlistein bei Wohlen hatten die Erdmännchen ihre Stuben und die Hebamme von Wohlen holte dort die neugeborenen Kinder. Wenn der Name des gewaltigen Berges Titlis rhätischer Herkunft wäre/ist, dann wäre er der grösste Titistein. Wenn Steine und Höhlen Kinder bergen so muss sich darin das göttliche Urmeer befinden (Wasser als Voraussetzung des Lebens). So sammelt sich in anderen Sagen der Gewitterregen bei den Gebirgsfelsen, ebendort, wo die Kleinkindertröge stehen. Quellen und Waldbäche fahren in einem berühmten Märchen zu Tale, bilden die Teiche und Brunnen, in denen Frau Holle wohnt – ein märchenhafter Kleinkinderbrunnen, ein Ort der Verwandlung zur Pech- oder Goldmarie. Auch unter den schönen Seen des hohen Schwarzwaldes, wo nach dem schwäbischen Volksglauben der Ort der Ungeborenen ist, ist der Titisee – der grösste Kleinkinderbunnen. Redensarten • Mir fällt ein Stein vom Herzen • steinreich • steinalt • steinhart • versteinert • mit versteinerter Miene • einen Stein ins Rollen bringen • jemandem Steine in den Weg legen • einen Stein im Brett haben • Stein und Bein schwören • wie ein Tropfen auf den heissen Stein • da beiss ich auf Granit • steter Tropfen höhlt den Stein • Wer im Glashaus sitz, soll nicht mit Steinen werfen Gelände- und Flurnamen Der Üetliberg verdankt seinen Namen der Burg, welche einst auf seiner Kuppe stand und vor 1218 erstmals als Uotelenburh erwähnt wird. Literaturhinweise/Quellen Sagen aus dem Kanton Zürich, 1987 Kantonalbank Zürich Walter Oberholzer, Heimatkunde der Stadt Zürich, 1978 Renfer/Widmer, Schlösser und Landsitze der Schweiz, Zürich 1985 Leo Zehnder, Volkskundliches in der älteren schweizerischen Chronistik Hans Haid, Mythos und Kult in den Alpen, Rosenheim 2002 Grüttner/Wrede, Lernangebot: Steine, Leipzig 1996 Drack u.a., Der Üetliberg, Zürich 1984 Drack/Schneider, Der Üetliberg. Archäologische Führer der Schweiz 10, Zürich 1977 Hugo Schneider, Die Burgruine Alt-Regensberg, Olten 1979 Boxler/Meyer, Burgen der Schweiz, Band 5, Zürich 1982