Arbeitsblatt: Nachts schlafen die Ratten doch

Material-Details

Dieser Text von Borchert ist vereinfacht (umschrieben) für Schüler mit Verständins- und/oder Leseproblemen.
Deutsch
Leseförderung / Literatur
5. Schuljahr
3 Seiten

Statistik

25070
953
5
10.09.2008

Autor/in

Erich Bortsch
Land: Österreich
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Nachts schlafen die Ratten doch (Wolfgang Borchert) (vereinfachter Text) Durch das Fenster in der Mauer sah man die Abendsonne. Staub flimmerte zwischen den Schornsteinresten. Überall Schutt Er hatte die Augen zu. Er merkte, dass jemand gekommen war und nun vor ihm stand, dunkel, leise. Jetzt haben sie mich! dachte er. Aber als er ein bisschen blinzelte, sah er nur zwei Beine in einer alten Hose. Die standen ziemlich krumm vor ihm, dass er zwischen ihnen hindurchsehen konnte. Er blinzelte an den Hosenbeinen hoch und erkannte einen älteren Mann. Der hatte ein Messer und einen Korb in der Hand. Und etwas Erde an den Fingerspitzen. Du schläfst hier wohl, was? fragte der Mann und sah von oben auf das Haargestrüpp herunter. Jürgen blinzelte zwischen den Beinen des Mannes hindurch in die Sonne und sagte: „Nein, ich schlafe nicht. Ich muss hier aufpassen. Der Mann nickte: „Aha, dafür hast du den großen Stock da. Ja, antwortete Jürgen mutig und hielt den Stock fest. Worauf passt du denn auf? Das kann ich nicht sagen. Er hielt die Hände fest um den Stock. Passt du auf Geld auf Der Mann stellte den Korb auf den Boden und wischte das Messer an seinen Hosenbeinen hin und her. Nein, nicht auf Geld sagte Jürgen verächtlich. „Auf ganz etwas anderes. „Na, was denn? Ich kann es nicht sagen. Was anderes eben. Okay, dann sage ich dir auch nicht, was ich hier im Korb habe. Der Mann stieß mit dem Fuß an den Korb und klappte das Messer zu. Pah, kann mir denken, was in dem Korb ist, sagte Jürgen. „Ich glaube, Kaninchenfutter. „Super, stimmt!, sagte der Mann verwundert, „bist ja ein gescheiter Kerl. Wie alt bist du denn? Neun. „Aha Dann weißt du ja auch, wie viel drei mal neun sind, oder? Klar, sagte Jürgen. Er sah durch die Beine des Mannes hindurch. „Dreimal neun, ? fragte er noch einmal. „Siebenundzwanzig „Stimmt!, sagte der Mann. „Soviel Kaninchen habe ich. Jürgen machte einen runden Mund: „Siebenundzwanzig? Du kannst sie sehen. Viele sind noch ganz jung. Willst du? Ich kann doch nicht. Ich muss doch aufpassen, sagte Jürgen. „Immer? fragte der Mann, „Nachts auch? Nachts auch. Immer. Immer. Jürgen sah an den krummen Beinen hoch. „Seit Sonntag schon, flüsterte er. Aber gehst du denn gar nicht nach Hause? Du musst doch essen. Jürgen hob einen Stein hoch. Da lag ein halbes Brot und eine Blechschachtel. „Du rauchst? fragte der Mann, hast du denn eine Pfeife? Jürgen sagte leise: „Ich drehe. Pfeife mag ich nicht. Schade, der Mann bückte sich zu seinem Korb. „Die Kaninchen hättest du sehen können. Die Babys. Eines hätte ich dir geschenkt. Aber du kannst hier ja nicht weg. Nein, sagte Jürgen traurig. Wenn du mich nicht verrätst, sag ich dir warum ich hier aufpasse. sagte Jürgen schnell. „Es ist wegen den Ratten. Der alte Mann kam zurück: „Wegen den Ratten? Ja, die essen doch von Toten. Von Menschen. Wer sagt das? Unser Lehrer. Und du passt nun auf die Ratten auf? fragte der Mann. Er sagte ganz leise: „Mein Bruder, der liegt nämlich da unten. Jürgen zeigte mit dem Stock auf die eingestürzten Mauern. „Unser Haus. Eine Bombe. Er war viel kleiner als ich. Erst vier. Er muss hier ja noch sein. Er ist doch viel kleiner als ich. Der Mann sah von oben auf das Haargestrüpp. Aber dann sagte er plötzlich: „Ja, hat euer Lehrer euch denn nicht gesagt, dass die Ratten nachts schlafen? Nein, flüsterte Jürgen und sah mit einmal ganz müde aus, „das hat er nicht gesagt. „Das ist aber ein Lehrer, wenn er das nicht mal weiß. sagte der Mann. „Nachts schlafen die Ratten doch. Nachts kannst du ruhig nach Hause gehen. Nachts schlafen sie immer. Wenn es dunkel wird, schon. Jürgen machte mit seinem Stock kleine Gruben in den Sand. Kleine Betten sind das, dachte er, alles kleine Betten. Da sagte der Mann (und seine krummen Beine waren ganz unruhig dabei): „Weißt du was? Jetzt füttere ich schnell meine Kaninchen und wenn es dunkel wird, hole ich dich ab. Vielleicht kann ich eins mitbringen. Ein kleines oder, was meinst du? Jürgen machte kleine Gruben in den Sand. Viele kleine Kaninchen. Weiße, graue, weißgraue. „Ich weiß nicht, sagte er leise und sah auf die krummen Beine. „Wenn sie wirklich nachts schlafen. Der Mann stieg über die Mauerreste weg auf die Straße. „Natürlich, sagte er. „Euer Lehrer soll einpacken, wenn er das nicht mal weiß. Da stand Jürgen auf und fragte: „Wenn ich eins kriegen kann? Ein weißes vielleicht? Vielleicht, rief der Mann im Gehen, „aber du musst hier warten. Ich gehe dann mit dir nach Hause, weißt du? Ich muss deinem Vater doch sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut wird. Denn das müsst ihr ja wissen. „Ja, rief Jürgen. „Ich warte. Ich muss ja noch aufpassen, bis es dunkel wird. Ich warte bestimmt. Und er rief: „Wir haben auch noch Bretter zu Hause. Kistenbretter, rief er. Aber das hörte der Mann nicht mehr. Er lief mit seinen krummen Beinen auf die Sonne zu. Die war schon rot vom Abend, und Jürgen konnte sehen, wie sie durch die Beine hindurchschien, so krumm waren sie. Und der Korb schwenkte aufgeregt hin und her. Kaninchenfutter war da drin. Grünes Kaninchenfutter, das war etwas grau vom Schutt.