Arbeitsblatt: Märchen Werkstatt 17
Material-Details
Herr Moritz Arbeit 2
Deutsch
Anderes Thema
8. Schuljahr
3 Seiten
Statistik
44719
626
11
25.08.2009
Autor/in
Rudi Ruppen
Unnerdorf 10
3940 Steg
3940 Steg
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Deutsch Blatt 17 Das Märchen vom kleinen Herrn Moritz, der eine Glatze kriegte. (Arbeit 2) Name: Datum:_ Es war einmal ein kleiner älterer Herr, der hiess Herr Moritz und hatte sehr grosse Schuhe, einen schwarzen Mantel dazu und einen langen schwarzen Regenschirmstock, und damit ging er oft spazieren. Als nun der lange Winter kam, der längste Winter auf der Welt in Berlin, da wurden die Menschen allmählich böse. Die Autofahrer schimpften, weil die Strassen so glatt waren, dass die Autos ausrutschten. Die Verkehrspolizisten schimpften, weil sie immer auf der kalten Strasse herumstehen mussten. Die Verkäuferinnen schimpften, weil ihre Verkaufsläden so kalt waren. Die Männer von der Müllabfuhr schimpften, weil der Schnee gar nicht alle wurde. Der Milchmann schimpfte, weil ihm die Milch in den Milchkannen zu Eis gefror. Die Kinder schimpften, weil ihnen die Ohren ganz rot gefroren waren, und die Hunde bellten vor Wut über die Kälte schon gar nicht mehr, sondern zitterten nur noch und klapperten mit den Zähnen vor Kälte, und das sah auch sehr böse aus. An einem solchen kalten Schneetag ging Herr Moritz mit seinem blauen Hut spazieren, und er dachte: »Wie böse die Menschen alle sind, es wird höchste Zeit, dass wieder Sommer wird und Blumen wachsen. « Und als er so durch die schimpfenden Leute in der Markthalle ging, wuchsen ganz schnell und ganz viel Krokusse, Tulpen und Maiglöckchen und Rosen und Nelken, auch Löwenzahn und Margeriten. Er merkte es aber erst gar nicht, und dabei war schon längst sein Hut vom Kopf hochgegangen, weil die Blumen immer mehr wurden und auch immer länger. Da blieb vor ihm eine Frau stehen und sagte: »Oh, Ihnen wachsen aber schöne Blumen auf dem Kopf! « »Mir Blumen auf dem Kopf! «, sagte Herr Moritz, »so was gibt es gar nicht! « »Doch! Schauen Sie hier in das Schaufenster, Sie können sich darin spiegeln. Darf ich eine Blume abpflücken? « Und Herr Moritz sah im Schaufensterspiegelbild, dass wirklich Blumen auf seinem Kopf wuchsen, bunte und grosse, vielerlei Art, und er sagte: »Aber bitte, wenn Sie eine wollen.« »Ich möchte gerne eine kleine Rose«, sagte die Frau und pflückte sich eine. »Und ich eine Nelke für meinen Bruder«, sagte ein kleines Mädchen, und Herr Moritz bückte sich, damit das Mädchen ihm auf den Kopf langen konnte. Er brauchte sich aber nicht so sehr tief zu bücken, denn er war etwas kleiner als andere Männer. Und viele Leute kamen und brachen sich Blumen vom Kopf des kleinen Herrn Moritz, und es tat ihm nicht weh, und die Blumen wuchsen immer gleich nach, und es kribbelte so schön am Kopf, als ob ihn jemand freundlich streichelte, und Herr Moritz war froh, dass er den Leuten mitten im kalten Winter Blumen geben konnte. Immer mehr Menschen kamen zusammen und lachten und wunderten sich und brachen sich Blumen vom Kopf des kleinen Herrn Moritz, und keiner, der eine Blume erwischt hatte, sagte an diesem Tag noch ein böses Wort. Aber da kam auf einmal auch der Polizist Max Kunkel. Max Kunkel war schon seit zehn Jahren in der Markthalle als Markthallenpolizist tätig, aber so was hatte er noch nicht gesehen! Mann mit Blumen auf dem Kopf! Er drängelte sich durch die vielen lauten Menschen, und als er vor dem kleinen Herrn Moritz stand, schrie er: »Wo gibt denn so was! Blumen auf dem Kopf, mein Herr! Zeigen Sie doch mal bitte sofort Ihren Personalausweis! « Und der kleine Herr Moritz suchte und suchte und sagte verzweifelt: »Ich habe ihn doch immer bei mir gehabt, ich hab ihn doch in der Tasche gehabt! « Und je mehr er suchte, umso mehr verschwanden die Blumen auf seinem Kopf. »Aha«, sagte der Polizist Max Kunkel, »Blumen auf dem Kopf haben Sie, aber keinen Ausweis in der Tasche! « Und Herr Moritz suchte immer ängstlicher seinen Ausweis und war ganz rot vor Verlegenheit, und je mehr er suchte, auch im Jackenfutter, um so mehr schrumpften die Blumen zusammen, und der Hut ging allmählich wieder runter auf den Kopf! In seiner Verzweiflung nahm Herr Moritz seinen Hut ab, und siehe da, unter dem Hut lag in der abgegriffenen Gummihülle der Personalausweis. Aber was noch!? Die Haare waren alle weg! Kein Haar mehr auf dem Kopf hatte der kleine Herr Moritz. Er strich sich verlegen über den kahlen Kopf und setzte dann schnell den Hut drauf. »Na, da ist ja der Ausweis«, sagte der Polizist Max Kunkel freundlich, »und Blumen haben Sie ja wohl auch nicht mehr auf dem Kopf, wie?!« »Nein . «, sagte Herr Moritz und steckte schnell seinen Ausweis ein und lief, so schnell man auf den glatten Strassen laufen konnte, nach Hause. Dort stand er lange vor dem Spiegel und sagte zu sich: »Jetzt hast du eine Glatze, Herr Moritz! « Auftrag 1: Auftrag 2: 1. Der Inhalt lässt sich in drei grosse Abschnitte aufteilen. Nenne sie jeweils in einem Satz (Untertitel). A: B: C: 2. Lies den Text gut durch. Beantworte folgende Fragen. Schreibe aus dem Text heraus den Satz, durch den das Blumenwunder hervorgerufen wird. 3. Was wird durch das Blumenwunder verändert? 4. Stelle das Verhalten der Leute vor und während des Blumenwunders einander gegenüber. vor dem Blumenwunder während des Blumenwunders 5. Warum schrumpfen deiner Meinung nach die Blumen auf dem Kopf des Herrn Moritz? 6. Ist daran auch der Herr Moritz schuld? Begründe deine Meinung! 7. Kannst du erklären, warum der Polizist so empört auf das Blumenwunder reagiert und den Ausweis verlangt. 8. Der Autor Biermann lebte in Ostberlin (DDR), war Kommunist und bekam Schreibverbot, nachdem er die Zustände in der DDR kritisiert hatte. a) Was will Biermann deiner Meinung nach mit diesem Märchen sagen? b) Versuche zu erklären, warum er Schreibverbot von den Behörden bekam. 9. Wie kann, nach Bierbaum, das Gute erreicht oder erhalten werden? 10. Versuche zu erklären, was Biermann über das Zusammenleben der Menschen sagen will. 11. Wie urteilt Biermann über die Vertreter der Macht und der Obrigkeit in seinem Staate? Verbesserungen: Kontrollblatt Das Märchen vom kleinen Herrn Moritz, der eine Glatze kriegte. 1. B Mit zunehmender Kälte werden die Menschen immer böser. Die Blumen auf dem Kopf des kleinen Herrn Moritz erfreuen die Menschen. Das Unverständnis des Polizisten zerstört das Glück der Menschen. 2. Zeile 16/17: Wie böse die Menschen alle sind, es wird höchste Zeit, dass wieder Sommer wird und Blumen wachsen. 3. Das Böse in den Menschen verschwindet allmählich. Sie beginnen wieder zu lachen. Sie sind wieder freundlich, glücklich. 4. vor dem Blumenwunder während des Blumenwunders böse lachen wieder lachen nicht sind freundlich, sind gesprächig schimpfen über alles sind gesprächig verwundern sich, reden wieder miteinander 5. Gründe: 6. Herr Moritz ist dabei unschuldig. Er gehorcht dem Polizisten, dem Vertreter des Staates. Er gehorcht dem Staatsbeamten. Er tut seine Pflicht (die der Staat von ihm verlangt. 7. Der Polizist kann sich die Blumen auf dem Kopf des Herrn Moritz nicht erklären. Das erscheint ihm verdächtig. Die Leute lachen wieder. Auch das scheint ihm verdächtig zu sein. Damit stört Herr Moritz den normalen Tagesablauf in Berlin. Ein solcher Ruhestörer passt nicht in einen solchen Staat und wird deshalb genauestens überprüft in seinen Tätigkeiten. 8, a) b) verständnisloser Polizist Staatsgewalt Intoleranz Herr Moritz verstösst gegen die allgemeine Ordnung. Biermann wollte auf Missstände hinweisen, unter denen die Leute in der DDR zu leiden hatten: Zensur, keine freie Meinungsbildung. In seinen Schriften prangert er diese Missstände an. Er zeigt das allgegenwärtige Staatsbeamtentum, klagt gegen die Unfreiheit der Bewohner. 9. Der Mensch soll ohne Furcht vor den Staatsbehörden leben können. Sobald die Menschen nicht mehr frei leben können, bricht Winter (Kälte) herein. Damit hört das Lachen der Menschen auf, das Glücklichsein stirbt. ab. 10. Ein jeder soll dem andern Freude bereiten, zum andern freundlich sein, mit dem Mitmenschen reden. Dann kehrt das Glück ein, dann lachen die Leute wieder. Dann ist nicht mehr Winter, nicht mehr Kälte auf der Welt. 11. Sie sind Spitzel des Staates (z.B. der Polizist Kunkel). So gesehen, ist ihre Aufgabe falsch, da sie überall ihre Untergebenen beschatten. In diesem Sinne schaffen sie ein Klima der Angst, der Unsicherheit. Sie verbreiten Angst und Schrecken, anstatt Diener des Volkes zu sein. Biermann wendet sich somit auch gegen das Beamtentum im Staat, dagegen, dass man in eine Masse hineingedrängt wird, wo sich der einzelne nicht freimachen kann, da er sich damit verdächtig macht als „Feind des Volkes.