Arbeitsblatt: Didaktische Highlights
Material-Details
Erziehungswissenschaftliches Projekt 2003
Mit einer Kernidee werden Lerninhalte lebendig und fassbar. Sie fesselt den Schüler und weckt in ihm den Entdeckergeist.
Jede Lehrperson hat ein mehr oder weniger reiches Repertoire an Kernideen. Die Idee unserer Arbeit ist hauptsächlich eine Sammlung solcher Kernideen für diejenigen Inhalte, welche gemäss Zürcher Lehrplan in den Fächern Mathematik, Geometrie und Physik der Sekundarschule 1 vorgesehen sind.
Im Weiteren ist ein Theorieteil und eine Art Anleitung zum Finden eigener Kernideen geplant.
Diverses / Fächerübergreifend
Gemischte Themen
klassenübergreifend
32 Seiten
Statistik
453
2232
35
02.02.2006
Autor/in
paede (Spitzname)
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
I. Einleitung 2 II. Kernideen – Eine kurze Theorie 2 II.1 Was ist eine Kernidee? II.2 Wie erhalte ich Kernideen? II.3 Was ist die Aufgabe des Lehrers beim Unterricht mit Kernideen? II.4 Wie baut sich Unterricht mit Kernideen auf? II.5 Einige Anmerkungen zur Theorie Ruf Gallins II.6 Woher kommen Kernideen – Ein Widerspruch II.7 Relevante Themen für den Unterricht mit Kernideen II.7.a Kernideen und Stoffdruck II.7.b Das Reisetagebuch 2 3 4 5 7 8 9 9 10 III. Exemplarisches oder Genetisches Lehren aus der Sicht von Wagenschein 12 III.1 3 Tugenden, welche ,gerade heute, von den Gebildeten erwarten werden sollen 14 III.2 Heutige Lehrerbildung 15 III.3 Motivation 15 III.4 Ist ein genetischer Lehrgang programmierbar? 16 III.5 Exposition 17 III.6 Was kann der einzelne Lehrer heute tun, um annähernd Genetisch zu unterrichten? 17 III.6.a erster Weg 18 III.6.b Zweiter und weniger harter Weg, sich dem Genetische Lehren wenigstens anzunähern 19 III.7 Konsequenzen für unsere Projektarbeit 22 IV. Sammlung 23 Arithmetik Algebra 1 Arithmetik Algebra 2 Arithmetik Algebra 3 Geometrie 1 Geometrie 2 Geometrie 3 Physik 23 24 24 25 26 27 27 V. Fazit 29 VI. Literaturverzeichnis 31 EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 1/31 I. Einleitung Für unsere Arbeit haben wir eher ein didaktisches Thema gewählt: Didaktische Highlights. Unsere ursprüngliche Absicht war, Kernideen (nach Ruf/Gallin) zu sammeln. Aber wie man sehen wird, ist es gar nicht so einfach sie zu finden. Genauso schwierig umzusetzen ist auch der exemplarische Unterricht von Wagenschein. Deshalb dieser ungewöhnliche Titel unserer Arbeit. Wir haben uns darum für dieses Thema entschieden, weil es immer schwieriger wird in unserem Beruf die Schüler zu motivieren und für den Unterricht zu begeistern. Insofern hat dies auch mit Erziehungswissenschaft zu tun. Wir wollen doch alle dasselbe. Die Schüler nicht nur extrinsisch (Noten), sondern vor allem auch intrinsisch zu motivieren. Um möglichst nahe an den Charakter von Kernideen beziehungsweise exemplarische Beispiele für den Unterricht zu kommen, haben wir Hilfe von erfahrenen Lehrern benötigt. Wir haben unsere Ideen mit den Ihren ergänzt und so eine Sammlung erhalten, die den Mathematik- und den Physikunterricht abdeckt. An dieser Stelle schon mal einen herzlichen Dank an alle. II. Kernideen – Eine kurze Theorie (vgl. Ruf Gallin Sprache und Mathematik in der Schule (1990),Verlag Lehrerinnen und Lehrer Schweiz) II.1 Was ist eine Kernidee? Ein neues Stoffgebiet erscheint dem Schüler vorerst als unstrukturiertes endloses Niemandsland. Er braucht eine Orientierungshilfe, die eine Vorschau auf das reguläre Gebiet ermöglicht und ihn zum Handeln motiviert. Diese Orientierungshilfe nennt man Kernidee. Im Ausblick auf ein neues Stoffgebiet spielen nicht die Antworten die zentrale Rolle für das Verständnis des Stoffes. Die Fragen sind zentral im Zugang zu einem neuen Stoff. Die Fragen können auch nicht von einer Person vorgegeben werden. Fragen können auch nicht vermittelt werden, sie müssen sich aus dem Stoff stellen. Mit dem Fragen beginnt das Verstehen. In der singulären Welt des Schülers müssen sich Fragen einstellen, auf die der Schulstoff Antwort sein kann. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 2/31 Kernideen müssen so beschaffen sein, dass sie in der singulären Welt der Schülerin oder des Schülers Fragen wecken, welche die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Sachgebiet des Unterrichts lenken. Kernideen machen den Schüler also aufmerksam auf Unstimmigkeiten im Horizont seiner singulären Welt. Sie öffnen ihm seine Augen für neue Zusammenhänge und fordern ihn so heraus, seine eigenen Meinungen mit Hilfe des Schulstoffes neu zu überdenken und neu zu ordnen. II.2 Wie erhalte ich Kernideen? Kernideen wecken Fragen. Sie verweisen den Lernenden an den Schulstoff. Sie stellen sich spontan ein, wenn Menschen partnerschaftlich miteinander sprechen. In einer Kernidee verschmelzen objektive Momente eines allgemein bekannten Sachverhalts mit subjektiven Momenten einer aktuellen, affektgeladenen und parteiischen Wahrnehmung dieses Sachverhalts. In einer Kernidee steckt also nicht nur die Sache, sondern auch der Mensch der sie formuliert. Eine Kernidee muss authentisch sein, wenn sie die Schüler in ihrem Personenzentrum ansprechen, wenn sie Energien wecken soll. Streng genommen lassen sich Kernideen nur funktional bestimmen: aus ihrer Wirkung. Ob ein Einfall etwas taugt oder nicht, lässt sich erst im nachhinein – in der Rückschau – ermitteln. Erst wenn ein Schüler beginnt, aus eigenem Antrieb Fragen zu formulieren, kann man sagen: Hier ist eine Kernidee am Werk. Der Funke hat gezündet: Die Kernidee des Lehrers hat sich in eine Kernidee des Schülers verwandelt. Jetzt beginnt der Schüler aus eigenen Motiven zu handeln. Kernideen sind selten übertragbar. Sie haben den Charakter von Einfällen, die sich spontan einstellen und die in der aktuellen Situation ihre grösste Wirksamkeit entfalten. Natürlich ist der Lehrer versucht, bewährte Kernideen zu perfektionieren und mehrmals einzusetzen. Das führt aber, soweit wir das aus unserer Erfahrung beurteilen können, selten zum Erfolg. Präparierte Kernideen nehmen schnell den Geruch von Lehrstoff an. Es fehlt der richtige Zeitpunkt, die richtige Erwartungshaltung, das richtige Klima. Die Schüler merken die Absicht und sind zu recht verstimmt. Es ist nicht der Wissende, dem Kernideen zufallen, es ist der Suchende, der unvermittelt auf sie stösst. Wer in der gesicherten Optik der Rückschau verharrt, hat Kernideen gar nicht nötig. Wer hingegen versucht, einer vielleicht schon längst EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 3/31 bekannten Sache aus der Optik der Vorschau eine neue Ansicht abzugewinnen, wer im Gespräch mit seinen Schülern versucht eine Sache neu zur Sprache zu bringen, wird ohne Kernideen nicht auskommen. Sie mögen, aus dem Moment heraus geboren, noch so unvollkommen und vielleicht sogar mangelhaft sein – bei denen, die am Gespräch beteiligt sind, können sie Wunder bewirken. Eingebettet in des Klima des Fragens und des Suchens, greifen sie ein in die singuläre Welt der Lernenden und öffnen ihnen die Augen für neue, ansprechende Sachbereiche. Aus diesen Fakten wird stellt sich also weniger die Herstellung von Kernideen in den Vordergrund, sondern deren Entdeckung beim Auftauchen in der singulären Welt des Schülers und deren Pflege, um sie fruchtbar nutzen zu können. Wir fassen zusammen. Kernideen stellen Verbindungen her zwischen der singulären Welt eines Lernenden und der regulären Welt des Stoffes. Sie machen den Schüler aufmerksam auf Defizite in seiner singulären Welt und deuten ihm zugleich die Richtung an, die er auf der Suche nach einem Ausgleich dieser Defizite einschlagen muss. Für die Herstellung von Kernideen gibt es keine Rezepte. Kernideen sind Produkte von Gesprächen, in denen sich die singulären Welten der Schüler und die reguläre Welt des Stoffes als gleichberechtigte Pole gegenüberstehen. Nur wenn sich der Lernende von einer Kernidee persönlich ansprechen lässt, dringt sie ein ins Gefüge seiner singulären Welt und veranlasst ihn, Meinungen zu überprüfen, zu revidieren und zu ergänzen. II.3 Was ist die Aufgabe des Lehrers beim Unterricht mit Kernideen? Um eine Kernidee zu formulieren muss man das ganze Gebiet bereits in der Rückschau überblicken können und dennoch den Blick des Vorschauenden einnehmen können. Diese Fähigkeit, das Fachgebiet im steten Wechsel zwischen Vorschau und Rückschau zu durchforsten, wird dadurch zur elementaren Basis des Lehrerberufs. Auch der Schüler wechselt zwischen Vor- und Rückschau hin und her, wenn er seine singulären Erkenntnisse mit denen seines Nachbarn vergleicht, wagt er eine Vorschau auf ein ihm noch nicht bekanntes Gebiet. Zugleich betreibt er eine Rückschau auf seine bisherigen Erkenntnisse. Dem Lehrer fällt dabei die Aufgabe zu, zwischen den Polen (singuläre Welt des Schülers und reguläre Welt des Stoffes) zu vermitteln. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 4/31 Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss der Lehrer sich in beiden Welten auskennen. Es genügt nicht wenn der Lehrer die Antworten kennt, die in seinem Fachgebiet wichtig sind. Er muss auch die Fragen kennen, die zu diesen Antworten geführt haben. Mehr noch: Er muss Wege und Irrwege, denen diese antworten zu verdanken sind, aus eigener Erfahrung kennen. Nur wenn er sein Fachgebiet auch als Suchender und Fragender durchforscht hat, erscheint ihm sein Wissen sinnvoll. II.4 Wie baut sich Unterricht mit Kernideen auf? Der Lebensraum für das Entdecken und Entwickeln von Kernideen ist das Gespräch. Kernideen erzeugen die Spannung, die das Gespräch vorantreibt, und sie weisen die Richtung, in der es sich entwickeln kann. Nimmt das Gespräch einen glücklichen Verlauf, so verdichtet sich das Gewebe zu einem Stoff. Der Stoff ist nichts anderes als die sprachliche Gestalt, in der die Sache für alle Gesprächsteilnehmer fassbar wird. Sie verstehen die Sache, weil sie den Stoff selber gewoben haben. Dieser Weg vom Sprechen zum Verstehen ist das Grundmuster für einen Unterricht, der sich an Kernideen orientiert. Stoff wird nicht als Ware vermittelt, er muss stets neu gewoben werden. Nicht ein Lehrmittel das den Stoff bereits als festgefügtes Gewebe vorgibt, steht im Zentrum des Unterrichts, sondern das Gespräch. Im Gespräch zwischen Schüler und Lehrer nimmt der Stoff langsam eine Gestalt an, in der er für alle Teilnehmer zum dialogfähigen Partner wird. Sobald sich im Gespräch mit einer grösseren Gruppe von Schülern entwicklungsfähige Kernideen herausgebildet haben, muss es zu einer Individualisierung des Unterrichts kommen. Jeder Schüler muss Gelegenheit erhalten, beim Ausdifferenzieren von Kernideen seine eigenen Wege zu beschreiten. Für eine Didaktik der Kernideen sind solche Gespräche Ausgangspunkt und erste Gegebenheit. Wenn man akzeptiert, dass Lernprozesse individuell verlaufen, ist Nachdenken über den Unterricht nur sinnvoll, wenn es auf tatsächlichen Lernereignissen basiert. Berichte über authentische Situationen, in denen in Gesprächen zwischen Lehrer und Schüler fachliche Sachverhalte auf eine singuläre Weise zur Sprache gekommen sind, können als Modelle für die Planung von Unterricht benützt werden. Die Modelle zeigen, wie in einer bestimmten Situation Inhalte aus dem Lehrplan durch sprachliche Leistungen von Schülern und Lehrern EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 5/31 in verstandenen Stoff verwandelt worden sind. Aber solche Vorgänge sind nicht wiederholbar, sie dürfen nicht in Unterrichtseinheiten umfunktioniert werden. Kopierbar ist weder der Verstehensprozess noch sein Produkt. Ein Lehrer wird also nicht mehr die Planung seines Unterrichts beschäftigen, sondern die individuelle Vertiefung und Strukturierung seines Fachwissens das zur Basis für das Erkennen von Kernideen wird. Seine privaten Kernideen erlauben es, die zufällig auftretenden Momente zu erkennen, in denen die Kinder ihre Bereitschaft für einen wichtigen Lernschritt signalisieren. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 6/31 II.5 Einige Anmerkungen zur Theorie Ruf Gallins Aus dem Studium der bisher aufgeführten Theorie stellten sich für uns einige Bedenken über das Weiterführen unseres Projektes ein. Ich werde im folgenden Abschnitt einige Sätze aus der oben aufgeführten Theorie zitieren und die sich stellenden Fragen und Widersprüche anführen. In einem späteren Abschnitt werde ich erläutern weshalb wir trotzdem zum Entschluss kamen unser Projekt weiterzuführen. „Kernideen sind selten übertragbar. [.] Natürlich ist der Lehrer versucht, bewährte Kernideen zu perfektionieren [.] das führt aber, wie wir aus unserer Erfahrung beurteilen können selten zum Erfolg. Präparierte Kernideen nehmen schnell den Geruch von Lehrstoff an. Aus dem obigen Abschnitt kann ich die Sammlung von Kernideen (oder Didaktischen Highlights, was im Grunde auch nicht viel anderes ist, als ein anderer Begriff, der jedoch die gleiche Grundlage hat) nicht als sinnvoll erachten. Unsere Idee für die Umsetzung im Unterricht, war ja das wir ein Thema an einem solchen Didaktischen Highlight erarbeiten lassen können. Die didaktischen Highlights sind jedoch meist nicht authentische Kernideen, wie sie die Schüler entwickeln. Sie berücksichtigen die singuläre Welt der Jugendlichen nur in einzelnen Glücksfällen. Was sich jedoch sofort in den Vordergrund drängt, geht man einmal davon aus, dass Kernideen nicht an Schüler herangetragen werden können, ist die Frage wie man erreichen kann, dass sich Kernideen bei den Schülern ergeben. „Kernideen sind Produkte von Gesprächen, in denen sich die singulären Welten der Schüler und die reguläre Welt des Stoffes als gleichberechtigte Pole gegenüberstehen. Kernideen sind also das Produkt von Gesprächen. Wie sieht so ein Gespräch aus? Wie startet man ein solches Gespräch? Aus dem Text erhalten wir einige Hinweise, wie sich die Lehrperson in einem solchen Gespräch zu verhalten hat: „Dem Lehrer fällt dabei die Aufgabe zu, zwischen diesen Polen zu vermitteln. Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss der Lehrer sich in beiden Welten auskennen. Leider übersteigt der Weg wie ein solches Gespräch gestartet werden kann meine Vorstellungskraft. Die Suche nach Kernideen ist also eine Suche nach Gesprächen oder nach Modellen von Gesprächen die zur Entwicklung von Kernideen geführt haben. „Berichte über authentische Situationen, in denen in Gesprächen zwischen Lehrer und Schüler fachliche Sachverhalte auf eine singuläre Weise zu Sprache gekommen sind, können als Modelle für die Planung von Unterricht benützt werden. Die Modelle zeigen, wie in einer EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 7/31 bestimmten Situation Inhalte aus dem Lehrplan durch sprachliche Leistungen von Schülern und Lehrern in verstandenen Stoff verwandelt worden sind. Dies würde nun dazu führen, dass wir nicht mehr die didaktischen Highlights sammeln, sondern die Situationen analysieren in welchen die Kernideen geboren werden, um den eigenen Unterricht so anpassen zu können, das ähnliche Situationen auftauchen können und um diese gezielt zu fördern. Eine weitere Textstelle wirft in mir eine These auf; „Aber solche Vorgänge sind nicht wiederholbar, sie dürfen nicht in Unterrichtseinheiten umfunktioniert werden. Kopierbar ist weder der Verstehensprozess noch sein Produkt – Wenn weder der Verstehensprozess noch das Produkt kopierbar sind, wäre es möglich den Ausgangspunkt des Gesprächs zu kopieren und von diesem den situativen Weg zu beschreiten? Dann könnte sich diese Arbeit der Suche nach den Ausgangspunkten von solchen Gesprächen über Kernideen widmen. Wie ich zu Beginn dieses Abschnittes geschrieben habe, müsste man aufgrund dieser Erkenntnisse die Ziele der Projektarbeit nochmals überdenken. Studiert man jedoch die Beispiele aus der Unterrichtspraxis von Ruf Gallin, so merkt man schnell, dass sie widersprüchlich zu ihrer Theorie handeln. Doch dazu mehr im nächsten Abschnitt. II.6 Woher kommen Kernideen – Ein Widerspruch Nach sorgfältigem Studieren der Beispiele aus realen Situationen stellt sich ein fundamentaler Widerspruch in den Vordergrund. In den Theoretischen Beschreibungen von Kernideen wird immer wieder mit Nachdruck erwähnt, dass sich Kernideen spontan einstellen müssen. Worauf ich mich natürlich auf die Suche nach Situationen in denen sich die Kernideen einstellen begab. Studiert man die angefügten Beispiele wird die Kernidee vom Lehrer entwickelt und den Schülern präsentiert. So schreiben Ruf Gallin „Dieser mechanistischen Unterrichtspraxis (gemeint ist das klassische Vermitteln des Stoffes) stellen wir das Arbeiten mit Kernideen gegenüber. Auch hier spielt das Segmentieren des Stoffs eine wichtige Rolle: Sie dient dem Lehrer aber bloss zur privaten Klärung und wird den Schülern nicht als Lerninhalt vorgelegt. Aus seiner Rückschau auf sein geordnetes und gegliedertes Wissensgebiet entwickelt der Lehrer Kernideen, die das Ganze in vagen Umrissen andeuten. Diese Kernideen sind es, die den Schülern in den Lektionen vorgestellt werden. Sie sind knapp und prägnant, dass sie das Gedächtnis der Lernenden nicht belasten. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 8/31 Das Vorstellen der Kernideen hat mit „Beibringen und „Einprägen nicht das geringste zu tun. II.7 Relevante Themen für den Unterricht mit Kernideen II.7.a Kernideen und Stoffdruck Von einigen interviewten Lehrpersonen hörten wir, dass der Unterricht mit Kernideen viel Zeit in Anspruch nimmt, vor allem wenn man die Schüler tatsächlich ihren singulären Weg beschreiten lässt. Ruf/Gallin halten diesen Stoffdruck als ein von der Lehrperson selbst auferlegter Druck, der aus der Spannung zwischen der Segmentierung des zu vermittelnden Stoffes und dem individuellem Lerntempo der Schüler ergibt. Stoffdruck ist das Produkt einer verkehrten Didaktik, die den Lehrpersonen alles und den Unterrichtsgegenständen nichts zutraut. Wenn der Gegenstand im Zentrum steht können Schüler selbst entscheiden wo sie ein wenig länger verweilen wollen oder müssen um näher ins Zentrum vorrücken zu können. Zudem Lernen die Schüler im Unterricht mit Kernideen nicht nur den eigentlichen Stoff, sondern diverse Arbeitsmittel, Strategien und Möglichkeiten der Sprache die sie immer schneller zum Kern vordringen lassen. So ist ein auf Kernideen ausgerichteter Unterricht nicht nur am Stoff selbst orientiert, sondern setzt zum Beispiel das schriftliche Festhalten von Lernschritten in den Vordergrund. In den Worten von Ruf/Gallin heisst das: In einem Unterricht, der sich an Kernideen orientiert wird der Zeitaufwand für Einführungslektionen drastisch reduziert. Das individuelle Forschen und Entdecken dagegen nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Die Schüler arbeiten nach ihren eigenen Programmen. Und sie kommen nur sehr langsam vorwärts, weil sie parallel zur Sachkompetenz auch die individuelle Sprachkompetenz aufbauen müssen. Umständlich und unbeholfen tasten sie sich in neue Stoffgebiete vor, vom spontanen Gekritzel führt oft ein langer Weg über viele Zwischenstufen zu einer vorläufig akzeptablen Schlussformulierung. Dieser abschliessende Text, der das Begriffene präsentiert, ist für die Schüler kein toter Lehrstoff, weil die Geschichte seiner Entstehung in ihnen lebendig ist. Erarbeiten und Üben fallen in eins. Weil man den individuellen Verstehensprozessen der Schüler so viel Zeit einräumt, wird der Lehrer frei für die Beratung seiner zwanzig Schüler. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 9/31 II.7.b Das Reisetagebuch Umgehen mit der Herausforderung Mathematik ist grundlegender als die Beherrschung der Mathematik. Wer nie gelernt hat, der Welt einer Erzählung die eigene Welt entgegenzusetzen, wird nie verstehen was Dichtung ist. Was die Schüler nun auf ihren singulären Wegen durchmachen müssen, wie sie mit Rückschlägen umgehen, welche Fragen sie sich stellen und welche Erkenntnisse sie erlangen, wird im Reisetagebuch festgehalten. Vier Aspekte sind Ruf/Gallin besonders wichtig: 1. Reflektieren Es genügt nicht, wenn die Schüler bloss mitmachen im Unterricht, sie müssen auch erkennen was sich im Unterricht abspielt. Sie müssen die Fähigkeit erwerben sich in die Metaebene zu begeben um ihre Lernwege beobachten und beurteilen zu können. Als hilfreich erweist sich dabei ein einfacher Raster, der jeden Eintrag im Reisetagebuch grob gliedert. • Datum (Zu welchem Zeitpunkt habe ich diesen Abschnitt meines Lernwegs beschritten?) • Thema (Was für ein Titel passt zu dieser Lernsequenz?) • Fragestellung oder Auftrag (Was will ich herausfinden? Warum will ich das wissen?) • Prozess (Wie kann ich die Spuren meiner Arbeit sicher und nachvollziehbar darstellen?) • Ergebnisse (Lässt sich das, was ich herausgefunden habe, in einem prägnanten Merksatz oder einer formelhaften Wendung zusammenfassen und verdichten? Welche Probleme sind noch ungelöst?) 2. Assoziieren Die Schüler prüfen, wie das neue auf sie wirkt und wie und wo es sie anspricht. Sie notieren die Assoziationen, die ein Text oder eine Rechenaufgabe in ihnen auslösen. Dabei entsteht eine unstrukturierte Ansammlung von Ideen, Empfindungen, Wertungen, Fragen, Behauptungen und Urteilen, vergleichbar mit Schutt und Humus, der zum Nährboden neuer, persönlich fundierter Erkenntnis wird. 3. Verarbeiten Hat der Schüler einmal festgehalten was der Stoff in ihm ausgelöst hat, wird er sich dem Stoff auf seine Weise nähern. Er versucht das, was ihm der Lehrer vorgesetzt hat, in seine EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 10/31 eigene Sprache zu übersetzen und so für sich fassbar zu machen. Erst wenn es ihm klar ist, worum es eigentlich geht, kann eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dem Stoff beginnen. 4. Spuren sichern Sobald ein Stoff im Ich des Lernenden Fuss gefasst hat, sobald also eine Kernidee wirksam wird, kann die Reise auf eigenen Wegen des Lernens beginnen. Jetzt kann man den Schüler ganz sich selbst überlassen. Wir verlangen einzig von ihm, dass er, ähnlich wie Hänsel und Gretel im Märchen, seine Spuren sichert, damit er den Rückweg wieder findet und damit der Lehrer ihn nicht aus den Augen verliert. Je genauer der Schüler angeben kann wo er steht und was ihm unklar ist, desto gezielter kann der Lehrer ihn beraten und ihm helfen Zielsetzungen zu überdenken, Aufträge zu modifizieren und Hilfsmittel zu beschaffen. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 11/31 III. Exemplarisches oder Genetisches Lehren aus der Sicht von Wagenschein (vgl. Wagenschein M., Verstehen Lernen. (1968), Beltz Verlag Wagenschein gibt seinem Lehren den Namen Genetisches oder Exemplarisches Lehren. Im Folgenden werden wir es Genetisches Lehren nennen. Dieses Genetische Lehren wird mit drei Begriffen definiert. Genetisch genetisch-sokratisch-exemplarisch Zuerst müssen wir die drei Begriffe kurz erklären um zu zeigen, was Wagenschein damit meint. Genetisch bedeutet von Anfang an und meint damit, dass die Schüler den Stoff selber entdecken, wie die Gelehrten damals. Es hat den Charakter von Entdeckendem Lernen. Sokratisch bedeutet im Gespräch. Diese Methode gehört dazu, weil das Werden, das Erwachen geistiger Kräfte, sich am wirksamsten im Gespräch vollzieht. Exemplarisch wird vielfach mit stellvertretend, abbildend, repräsentativ, Modellfall oder beispielhaft erklärt. Die drei Begriffe von oben hängen alle miteinander eng zusammen. Denn Genetisch Lehren geht nicht ohne Gespräche (sokratisch) mit den Schülern. Die Schüler werden so nämlich aufgefordert selber mit zu denken und zu entdecken. Dieses Verfahren braucht Zeit, es ist „musse-fordernd. Deshalb ist es nötig, dass dieses Verfahren sich auf einen exemplarischen Themenkreis beschränkt. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 12/31 Das Sprichwort „Mut zur Lücke wird in diesem Zusammenhang oft gebraucht. Wagenschein meinte damit aber: Mut zur Gründlichkeit, Mut zum Ursprünglichen. Schon andere Pädagogen haben gesagt, sie wären froh, wenn jeder Schüler einige wenige mathematische oder naturwissenschaftliche Entdeckungen sozusagen miterlebt hätte. Es ist deshalb völlig falsch, wenn die Schüler immer nur Tatsachen aus zweiter Hand lernen müssen. Wie zum Bespiel, dass Ascorbinsäure gut für die Abwehr von Infektionen ist, was ins Gebiet der Biochemie fällt und wohl auch nicht sonderlich bildungsträchtig ist. Ein anderes Beispiel wäre die Herleitung der periodischen Eigenschaften der chemischen Elemente aus dem verfrüht dargebotenen, physikalisch noch nicht fundierten Atommodell. Wer erfahren hat, wie man ein physikalisches oder mathematisches Gesetz findet, der kann dann ohne Missverständnis andere Gesetze fertig zur Kenntnis nehmen. Der Stoff, den wir als Lehrer auswählen, sollte also eine Art Schwerpunkt sein. Dieser Stoff hat dann die Funktion eines Bildungs-Pfeilers, denn dieser Stoff wird gründlich nach dem Prinzip den Genetischen Lehrens angepackt. So wird der Stoff ein Teil der Lernenden und dieser Bildungs-Pfeiler steht auf einem soliden Sockel. Mit der Zeit ist dann die Lehr- und Lernlandschaft gespickt mit solchen Pfeilern. Jetzt kann man diese Pfeiler auch miteinander verbinden. Entweder geschieht das auch wieder genetisch, oder nur durch reine Information und Orientierung. Dies kann verglichen werden mit weit, sparsam und straff geführten Bögen zwischen diesen Pfeilern. (Mittel dazu sind zum Beispiel: Bücher, Vorträge, aber auch mit allen Mitteln moderner technisierter Information.) Wichtig ist, dass diese Verbindungsbögen an den Pfeilern befestigt werden. Das heisst, dass in den Bögen nur Dinge vorkommen, welche in den Pfeilern schon genetisch eingebaut ist. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 13/31 III.1 3 Tugenden, welche ,gerade heute, von den Gebildeten erwarten werden sollen (Was wir also unseren Schülern beibringen sollten) 1. Produktive Findigkeit: „Sagen sie uns bitte, was wir tun sollen! Dies ist häufig der Satz, welchen in den Köpfen der Schüler steckt. Sie wollen, dass man ihnen die Aufgaben zeigt, welche sie dann mit ihren bisherigen Kenntnissen lösen können. Das Ziel ist aber, dass die Schüler nicht einfach stur nach dem Widerfinden mitgebrachter Schemata suchen, sondern einen wachen Blick für das Ganze einer, auch ungewohnten, Situation. Wir brauchen Menschen, denen vor neuen Aufgaben etwas Klärendes einfällt, und gerade auch vor Aufgaben, die sie selber entdecken. Schüler sollen sich auch selbständig Aufgaben für sich entdecken und sie als Ganzes behandeln und nicht nur in Schemata aufteilen, die sie bereits kennen. 2. Einwurzelung: Oftmals plappern Menschen, auch gebildete Menschen, einfach nur das nach, was sie gelernt haben, ohne es selber gesehen oder verstanden zu haben. Wir „wissen zwar, dass sich die Erde um die Sonne dreht, aber haben wir es auch selber schon bewusst erlebt, geschweige denn selbst bewiesen? In Wirklichkeit betrachten wir nicht einmal mehr die Gestirne. Und die Sonne, von welcher im Unterricht die Rede ist, hat nichts mehr zu tun mit der sonne, die wir sehen. Man reisst den Schüler aus seinen Umwelterfahrungen heraus. Deshalb können wir Einwurzelung auch verstehen, als den uns bekannten Satz: Den Schüler bei seinen Alltagsvorstellungen abholen. Das heisst für uns, „die Natur als Anschauungsobjekt zu nehmen. 3. Kritisches Vermögen: „Ja stimmt denn das wirklich? „Das ist doch zu schön um wahr zu sein! Das sind Fragen, die Aufkommen sollten. In unserer Gesellschaft heute ist es wichtig, dass die Kinder zu selbständig und kritisch denkenden Menschen werden. Nicht nur die Eltern haben diese Aufgabe der Erziehung, sondern auch wir Lehrer. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 14/31 Die Schüler sollen kritisch sein gegenüber was ihnen geboten wird und das Ganze in der Rückschau nochmals durchgehen und prüfen. III.2 Heutige Lehrerbildung Wagenschein meint, dass Genetischer Unterricht eine veränderte Lehrerbildung voraussetzt. 1968 hat er diesen Aufsatz geschrieben und meinte, es brauche etwa 10 Jahre Zeit, bis sich auch die Lehrerbildung angepasst hätte. Ist das eigentlich schon passiert? Wagenschein kritisiert die Lehrerbildung indem er sagt, dass sie die Lehrer immer zuerst zu Mathematikern ausbilden ohne an seine spätere „inner-mathematische Aufgabe zu denken. Damit meint er, dass Lehrer schon früh auch genetisch bestimmte Fachvorlesungen und Übungen hätten. Dies soll dazu dienen, dass die Lehrer erstens genetisches Lernen selber kennen damit sie dann zweitens auch genetisch Lehren können. Die „reinen Wissenschaftler nämlich, müssen sich nicht mehr umblicken auf die Hürden, die sie schon längst überwunden haben. Lehrer aber schon und da drin liegt das Problem. Da die Lehrer mehr Wissenschaftler werden, als dass sie auch genetisch gelehrt würden, ist es schwierig sich auf den Rückweg zu machen, wenn alle Schiffe hinter ihm verbrannt sind, sobald er das Ufer der modernen Forschung gewonnen hat. Heutzutage fehlt dem künftigen Lehrer die genetische Metamorphose des Stoffes. Ich denke aber, dass sich die Lehrerbildung seit 1968 sicher gewandelt hat. Aber kaum zur vollständigen Zufriedenheit Wagenscheins. III.3 Motivation Wagenschein verlässt sich darauf, dass uns die Betrachtung der Natur zum Denken auffordert. Dies braucht am Anfang eine weittragende Frage, die sich dem unbefangenen, aber wachen Menschen aufdrängt. Die soll nicht von Vorkenntnissen geleitet und belastet werden. Diese Frage müssen die Schüler selber finden und darf nicht vom Lehrer ausgesprochen werden (Kernidee?!?). EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 15/31 Der Lehrer muss also am Anfang etwas bringen, das bei den Schülern Fragen aufwirft. Etwas, was den Schüler betrifft, denn ohne Emotion gibt es keine Motivation. Auch in der Wissenschaft gilt dasselbe Prinzip. Der Lehrer braucht also nur für die sachliche Motivation des Fragens und damit des Lernens zu sorgen. (Aber wie macht man das?) III.4 Ist ein genetischer Lehrgang programmierbar? Grundsätzlich ist er nicht programmierbar. Ein Programm kann sich zwar auf mehrere vorgeplante Wege verzweigen, aber es kann nie die vielen unvorhersehbaren Möglichkeiten erahnen, die ein streng sokratisches Gespräch bringt. Die Voraussetzung dafür ist aber eine wache und in sich koordinierte Gruppe. Der Lehrer kann also versuchen alle etwaigen Verzweigungen vorauszuahnen, aber er weiss vorher nie, wann und an welchen Weg-Wendungen er etwas sagen wird. Denn Kinder, wenn ihr denken erwacht ist, denken überraschend und meist auch überraschend gut. Dazu kommt: Ein Programm zerlegt den Weg in kleinste Lernschritte. Der Anspruch des Genetischen Lehrens dagegen, muss ein Sog von möglichst langem Atmen einleiten, so dass er in die „Dunkelheit eines wochenlangen Lehrgangs hinein- uns hindurchsaugt. Was heisst das nun? Erstens mal betrachtet man beim Genetischen Lehren immer etwas Ganzes, egal ob es fächerübergreifend oder sogar ziemlich kompliziert ist. Zweitens dieser Sog: Als Lehrer muss man am Anfang einen ziemlichen Eindruck auf die Schüler machen mit dem, was man bringt. Die Schüler müssen auf den Stoff aufmerksam werden und Fragen stellen. Diese Ergriffenheit am Anfang, muss möglichst durch den ganzen Lehrgang hindurch anhalten. Es ist wie ein Schubs am Anfang, und die Schüler beginnen zu arbeiten, bis dieser Anfangsschubs aufhört zu wirken. Die Wirksamkeit sollte möglichst bis zum Ende des Lehrgangs anhalten. Wir sehen also, dass der Anfang einer solchen Sequenz ziemlich bedeutsam ist. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 16/31 III.5 Exposition Das ist der Begriff, den Wagenschein häufig benutzt wenn es um den Anfang eines Lehrgans geht. Exposition bedeutet laut Duden: Ausstellung, Schau, etwas zur Schau stellen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wie schon gesagt (weiter oben), braucht es am Anfang eine weitreichende Frage, die sich einstellt, einen Sog der die Schüler gleich in den Stoff hinein- und hindurchsaugt. Aber wie müssen das die Lehrer bewerkstelligen? Was ist ihre Aufgabe? Die Aufgabe des Lehrers ist, ein Fragen und auch Begriffe provozierendes ursprüngliches Material (also Körper, Figuren, Mengen von Gegenständen) zu exponieren und möglichst wenig zu sagen. Vor allem sollte es etwas aus der Natur und der Umwelt der Schüler sein, damit es sie packt. Man darf sie auch ruhig mit seltsamen Dingen zum staunen bringen. Bei solchen seltsamen Dingen nämlich, ist ihre Ordnung, wie sie es sich gewohnt sind, gestört. Dann wollen die Schüler ihre Ordnung wieder herstellen, wollen alles verstehen und beginnen zu arbeiten, was der Lehrer ja will. III.6 Was kann der einzelne Lehrer heute tun, um annähernd Genetisch zu unterrichten? In unseren Schulen fehlt der Epochenunterricht (bei uns Blockunterricht). Wir haben einen Stundenplan, der alle einzelnen Fächer auf die ganze Woche verteilt. Also haben wir vielleicht in einem Fach zwei Stunden in einer Woche und bis zum nächsten Mal vergeht wieder eine ganze Woche. Es kommt so leider kaum zu der intensiven inneren (auch unbewussten) Fühlung zwischen den Schülern und der Sache, was ja das Ziel sein sollte. Die Doppelstunden bringen eine gewisse Erleichterung und wir können wenigstens in der Richtung des Genetischen Lehrens Erfahrungen machen. Der Wirkungsgrad ist zwar viel geringen als beim Epochenunterricht, aber dennoch grösser als der des zur Zeit herrschenden Verfahrens; wenn man die Nachhaltigkeit betrachtet. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 17/31 III.6.a erster Weg Tipps: 1. nicht mit allen Klassen, die man in dem Fach unterrichtet, gleichzeitig beginnen, sondern, mit der, welcher man am besten vertraut ist. 2. nur eine Zeitlang versuchen (einige Wochen) und mit Einverständnis der Behörde. Sonst aber möglichst unauffällig! 3. Themenwahl: Es soll ein Thema sein, das auch den Lehrer immer wieder anzieht. Er muss hier auch selber etwas Lernen wollen. Nicht im Sinne der Weiterbildung, sondern im Sinne der ihm noch immer nicht genügenden Grundbildung. 4. Wichtigstes und wohl Schwierigstes: Mit der Methodik brechen, welche durch die Kurzstunden erzeugt wird. Also gegen die „Stunde und für die kommenden Wochen arbeiten, damit ein richtiger Sog durchs Thema entstehen kann. Soviel Zeit wie nötig nehmen für das Aufkommen eines Genetischen Unterrichts, ohne an das Klingelzeichen zu denken. Es wird also nicht ein Ziel, ein Ergebnis der Stunde geplant. Erstes und lange Zeit einziges Ziel: die gelingende „Exposition. Also etwas in die Runde bringen, was die „Aufmerksamkeit der Schüler erregt. Wenn es in der zweiten Stunde (vielleicht nach einer Woche) aussieht, als sei man keinen Schritt vorwärts gekommen: Nicht verrückt machen lassen, denn nichts ist umsonst. Da muss man eben noch mal von Vorne beginnen, als sei es das erst Mal: wieder „exponieren, nicht reden! Vielleicht kehrt die Nachdenklichkeit diesmal schon nach 30 Minuten zurück. Diese Nachdenklichkeit wird immer früher zurückkommen. Es ist deshalb nicht alles umsonst. Man kommt zwar nicht weiter in der scheinhaften Erledigung von Lehrbuchseiten, aber der „Denkdruck steigt. Obwohl der Stoffpegel zu stehen scheint, wird irgendwann der Augenblick gekommen sein, in welchem der Aggregatszustand der Gruppe sich ändert. Die Oberfläche lässt Strömungen erkennen. Geduld haben! Die Ursache der „Verzögerung ist die zeitliche Verstückelung des Unterrichts. Der Lehrer soll den Fehler also nicht bei sich oder den Schülern suchen. Man muss dann (nach Überwindung der ersten Phase) nicht mehr fragen: EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 18/31 „Weiss irgend jemand noch irgend etwas von der vorherigen Stunde? Der Lehrer fragt nur noch: „Was nun? um das Gespräch beginnen zu lassen. Im Epochenunterricht wird es immer so weit kommen, im KurzstundenNotstand wenigstens bei einigen Schülern, welche dann andere anstecken können. 5. Gespräch: Das Gespräch wird sokratisch geführt. Das heisst der Lehrer verhält sich möglichst schweigend und zuhörend; geduldig wartend, nicht passiv und nicht hart, sondern mit vertrauender stützender Geduld, mit (unsichtbarem) „Harren. Man muss zuerst erreichen, dass die Schüler miteinander reden und nicht immer auf den Lehrer schielen, wenn sie was gesagt haben. Wichtig: Allen muss klar sein, worüber gedacht und geredet wird. Dies kann der Lehrer erreichen durch das immer wieder Fragen folgender Fragen bis fast alle verstanden haben: „Worüber sprechen wir jetzt? Was wollen wir eigentlich herausbringen? Sind wir weiter gekommen? Wer ist einverstanden mit dem, was er eben gesagt hat? Hast du selbst verstanden, was du eben gesagt hast? Sag es nochmal anders. Miteinander Arbeiten: Den Kindern kann man den Konurrenz-Wahn schnell abgewöhnen, bei den Eltern leider nicht. Sie begreifen nicht, dass ein „guter Schüler auch profitiert, wenn er einem „schlechtem hilft. Kein Ehrgeiz und keine Notenfurcht mehr, sondern aus sachlicher Motivation arbeiten! Mag das Ziel so unerreichbar scheinen wie der Weltfriede, so sollte der Unterricht wenigstens dahin seine Richtung nehmen, dass jeder einzelne Schüler sich mitverantwortlich fühle dafür, dass alle verstehen. III.6.b Zweiter und weniger harter Weg, sich dem Genetische Lehren wenigstens anzunähern Dieser Weg verzichtet auf den Epochenunterricht und kann im Rahmen unseres gegenwärtigen Stundenplansystes gut umgesetzt werden. Es müssen aber leider das exemplarische Prinzip und die sokratische Methode etwas zurücktreten. Wagenschein hat einige genetische Faustregeln für die zeitliche Reihenfolge formuliert, welche alle die Form „Erst dies – dann jenes haben. Sie tönen manchmal etwas komisch, deshalb werden sie auch gleich noch etwas erläutert. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 19/31 1. Regel (die wichtigste und für alle Fächer geltend): Nicht immer: Erst das Selbstverständliche, Einfache (und Langweilige), dann allmählich das Schwierigere, sondern oft: Erst etwas Erstaunliches, also schon (aber nicht allzusehr) Kompliziertes, Problematisches vor den Schülern ausbreiten, dann in diesem Problematischen in produktivem Denken ein Verständlicheres, Gewohntes erkennen lassen, auf dem es Beruht (im Fremden einen alten Bekannten wiedererkennen). Der Lehrer kann den Schülern das Verstehen nicht abnehmen oder vormachen. Jeder muss und will auch selber da durch, vorausgesetzt die Schüler sind sachlich motiviert, das heisst sie werden von einem Problem herausgefordert. 2. Regel (für Naturwissenschaften): Erst das Naturphänomen, dann das Laborphänomen. 3. Regel (für Naturwissenschaften): Erst qualitativ, dann quantitativ. 4. Regel (für Naturwissenschaften): Erst das Phänomen, dann die Theorie und die Modellvorstellung. 5. Regel (für die Technik): Entweder: Erst die Entdeckung, dann die Erfindung, oder: Erst der fertige (aber gerade noch durchschaubare) Apparat, dann das „Ausgraben des „Natürlichen in ihm. 6. Regel (für alle Fächer, in denen „Denk-Automatismen (zum Beispiel: Kalküle, allgemeine Prinzipien, Gesetze, Formeln) auftreten) EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 20/31 Erst den Einzelfall betrachten und mit den einfachsten „Denk-Mitteln (gesunder Menschenverstand) verstehen und dann ihn, falls nötig, mit allgemeinen Schemata (Werkzeugen) anschauen. 7. Regel (für alle Fächer; verwandt mit Regel 6): Erst die Muttersprache, dann die Fachsprache (und immer wieder zurück zur Muttersprache). Man soll die Muttersprache nicht verschwinden lassen. Sie soll neben und unter der Fachsprache bestehen bleiben, denn die Muttersprache ist die Sprache des Verstehens. Die Fachsprache in einem letzten Arbeitsgang sichert (nur) das allgemeine Verständnis untereinander. 8. Regel (für alle Fächer): Nicht: Erst die Schnellen (die „Zugpferde) gewinnen, dann die Langsamen Nachschleppen. Denn die Schnellen sind ebenso wenig immer die Klugen wie die Langsamen immer die Dummen sind. Sondern: Erst die Langsamen, dann die Schnellen. Das soll keineswegs falsch verstanden werden. Als Lehrer soll man nicht nur mit den Langsamen arbeiten und die Schnellen damit langweilen. Es bedeutet, das Gespräch aller miteinander so zu führen, dass das Verständnis der Schnellen (es ist vielfach voreilig und oberflächlich) sich mit der Nachdenklichkeit der Langsamen (oft sind die einfach bedächtig und besonnen) misst. 9. Regel (besonders für die Naturwissenschaften): Erst die Mädchen, dann die Jungen. Auch diese Regel soll nicht missverstanden werden. Es heisst nämlich nicht langsam, damit die Mädchen auch mitkommen, sondern die Mädchen dafür sorgen lassen, dass die Jungen die Abstraktionen nicht abspalten (vom Verständnis der Mädchen weg) satt sie anwachsen (gemeinsam) zu lassen. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 21/31 III.7 Konsequenzen für unsere Projektarbeit Wir suchen nach didaktischen Highlights. Nach Wagenschein, wären das Phänomene, Körper, Figuren oder Gegenstände aus der Natur und der Umwelt der Schüler, welche exponiert werden können. Es müssten Dinge sein, die bei der Exposition keiner weiteren Worte bedürften. Es soll für sich selbst sprechen: „Hier bin ich. Suche die Lösung! In der Physik ist das ja vielleicht noch gut möglich, aber in der Mathematik? In vielen Fällen, wenigstens in der Geometrie, scheint der beste Auslöser eine mit Zweifel gemischte Bewunderung für eine auffallende Vollkommenheit zu sein; als fragte man: Ist das nicht „zu schön um wahr zu sein? Einige Beispiele von Wagenschein: • • • Die drei Mittellote eines jeden Dreiecks streben rätselhaft auf denselben Punkt. Auch die drei Winkel im Dreieck „wissen anscheinend voneinander. Der Radius eines Kreises lässt sich, wie es scheint, gerade sechsmal in der Peripherie herumspannen. Der Anspruch an die Lehrer, welche wir befragen, wird sein, dass sie uns didaktische Highlights liefern, welche dann die Schüler auch wirklich motivieren. Diese didaktischen Highlights sollen die Schüler anregen Fragen zu stellen. Diese Fragen sind dann so quasi der „Aufhänger des Lehrgangs. Klar ist auch, dass wir die Fragen nicht einfach den Schülern stellen können, sie müssen die selbst herausfinden. Somit können wir nur Dinge suchen, welche sich zum Exponieren eignen. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 22/31 IV. Sammlung Arithmetik Algebra 1 mit der eigenen Klasse Mengen bilden gute Gelegenheit, um sich gegenseitig kennen zu lernen! Mengen, Zahlen und Diagramme Die Grundoperationen in IN0 Rund um den Taschenrechner Die Grundoperationen in der Menge (Koordinatensysteme) Rechnen mit Zahlvariablen EW-Projekt „Didaktische Highlights Tetrapackungen aufschichten bis zu einem Kubikmeter: die Schüler bringen von zuhause leere 1l-Tetrapackungen mit. Diese werden dann gesammelt und aufgeschichtet, bis 1000 solche Packungen zusammen sind. So können sich die Schüler eine Vorstellung machen, welches Ausmass 1Kubikmeter hat. Das bleibt viel eher, als wenn man sagt: ein Würfel mit 1m Kantenlänge. vertauschen von Operatoren mit Hilfe von Eisenbahnwagen anschaulich machen Operatoren als Maschinen Die Schüler erhalten ein Blatt mit vielen stupiden Rechnungen, welche immer wieder dieselben Terme enthalten. Die Schüler sollen herausfinden, wie sie beim Ausrechnen Zeit sparen können, um sich den Auftrag zu erleichtern. Mit den Schülern einkaufen spielen (Taschengeld, .) Schulden ausgeglichenes Konto Guthaben Untergewicht Normalgewicht Übergewicht unter Gefrierpunkt Gefrierpunkt über Gefrierpunkt unter Meeresspiegel (z.B. totes Meer) Meeresspiegel über Meeresspiegel Untergeschoss Erdgeschoss Obergeschoss Zahlengerade kann man abschreiten Die Lehrperson stellt den Schülern Zahlenrätseln, und die Schüler müssen versuchen, hinter die Rechnungen zu kommen. Sobald ein Schüler „den Trick herausgefunden hat, wir er zum Verbündeten der Lehrperson Wenn es mit pröbeln nicht mehr geht Variabeln verwenden Ein Term ist ein Eisenbahnwagen M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 23/31 Arithmetik Algebra 2 Die Schüler werden in Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe erhält eine Anzahl Guetzli. Natürlich gerade eine Anzahl, die nicht gerecht unter den Schülern verteilt werden kann. ggT Brüche bildlich darstellen (Kuchen, .) Bretter in lauter gleichlange, möglichst grosse Stücke zersägen Beispiele aus der Botanik verwenden: Hasenvermehrung, Fliegenvermehrung, . Die Grundoperationen in der Menge Potenzen und 2. Wurzel Wie schnell? – Wie weit? – In welcher Zeit? Proportionalität – umgekehrte Proportionalität (Verhältnisse) Prozentrechnung Geschwindigkeitskontrollen durchführen im Dorf (Achtung, nicht alle Autofahrer verstehen Spass!) Schüler fragen welches Material dazu nötig ist. Variante: Schüler fahren mit Velo/Töffli Geschwindigkeit berechnen, mit Tacho vergleichen Steile Strasse mit Velo hinunterrasen; Wer erreicht das höchste Tempo? Sportlektion (Helm tragen, Strasse absichern!) Verbindung Physik: Mechanik Geld (ausländische Währungen): Tauschen zwischendurch stupide Aufgaben, die keinen Sinn machen: Bsp. ein 3 Monate alter Säugling hat drei Zähne. Wie viele Zähne hat ein 70 jähriger Mann? Den Promille-Wert der SchülerInnen berechnen, den sie hätten, wenn sie den vom Lehrer „mitgebrachten Alkohol konsumieren würden. In Zeitungen, Zeitschriften, statistischen Jahrbüchern und im Internet lassen sich vielfältige Informationen mit Prozentangaben zu ganz verschiedenen Themen in Form von Illustrationen, Diagrammen, Tabellen oder Texten finden. Arithmetik Algebra 3 Angewandtes Rechnen Strassenkarte, evt. Preise vergleichen (Prospekte) Steigung Bergbahnen Im Dorf die Steigung einer steilen Strasse berechnen Schüler sollen begreifen, was man z.B. unter eine 100% Steigung versteht. Höhenmesser, Messband Die lineare Funktion EW-Projekt „Didaktische Highlights Beispiel Handy-Kosten Grundtarife Funktion ist eine Maschine Für Jasser: Jeder Karte können verschiedene Punkte zugeordnet werden. M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 24/31 Rund ums Geld Spielgeld: Echte Geldnoten farbkopieren oder Aktien beobachten (Schüler sollen auch selbständig in der Zeitung nachschauen) Spiel innerhalb der Klasse machen: wer hat am meisten Glück? Online Simulationsspiele „Börse, Wertschriftenkauf Bankauszüge Beispiele aus dem Alltag: Töfflikaufen, . Aufgaben konkret mit Spielgeld durchspielen (Rollenspiele) Monopoly-Geld Geometrie 1 Symmetrien in der Ebene Würfel und Quader Punktmengen und Dreiecke Flächenberechnung EW-Projekt „Didaktische Highlights Fotos von Bergseen (Im Wasser spiegeln sich z.B. die Berge Symmetrieachse) Drehfolien, Klappfolien herstellen Bilder von M.C. Escher Blatt falten, mit Nadel Punkte durchstechen Spiegelung an „Faltachse ist sichtbar Achsensymmetrie: der kürzeste Weg von einem Punkt zum anderen (Reflexionsgesetz) Scherenschnitte machen: komplexe Formen ausschneiden. Variante: den Schülern Scherenschnittmuster abgeben. Die Schüler müssen versuchen, genau dieses Muster durch geschicktes Falten und schneiden herzustellen optische Täuschungen bzgl. Symmetrien dm3-Würfel basteln lassen Für Netze: Schachteln zerschneiden, selber Schachteln basteln Rubiks Cube: kann für die verschieden farbigen Oberflächen von Quadern, welche aus mehreren kleinen Würfelchen zusammengesetzt sind, als Anschauungsmittel dienen: 1, 2 bzw. 3 farbige Flächen (Bezugsquelle: Das ist ein JUMBO Spiel; diesen Würfel erhält man in jedem guten Spielwarengeschäft) Übungen mit den Schülern machen: Bsp: alle stellen sich näher bei Tanja als bei Philipp auf, oder alle stellen sich 2m entfernt von Bea auf, mit Hilfe einer gespannten Schnur, welche an den beiden Enden einer Strecke (entspr. Kreisdurchmesser) befestigt ist, lauter rechtwinklige Dreiecke bilden ergibt Kreis Bsp. Schnur hat eine Länge von 70cm, und die beiden Schnurenden werden im Abstand von 50cm befestigt. Alle Berechnungen anhand des Rechtecks erklären M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 25/31 Formen aufs Rechteck zurückführen: Da für die Berechnung einer Fläche immer rechte Winkel vorhanden sein müssen, ist es für die Schüler einfacher, wenn sie das am Rechteck sehen können. Rechtecksberechnungen können sie schon seit der Primarschule, die anderen Flächenberechnungen bauen darauf auf. Die Dreiecksfläche beispielsweise kann immer auf eine Rechteckfläche ergänzt werden, eine Trapezfläche kann auch ganz einfach auf eine Rechtsecksfläche zurückgeführt werden. Durch diese Art verstehen die Schüler auch die Art der Berechnung, und wenden nicht einfach eine Formel an. 7 Rechteck 5 statt 7 mal 5 (dann ist die Idee des Multiplikationsrechteckes immer vorhanden) Dreiecksfläche halbes Rechteck (7 Rechteck 5) Geometrie 2 Die Schüler stellen aus Styropor Prismen und Schnitte davon her. Aus Papier senkrechte Prismen basteln Senkrechte Prismen Satz des Pythagoras Einstieg: Schüler müssen Längen herausfinden, welche schwierig zu Schnur messen sind. Messbänder z.B. Diagonale einer Schulzimmerwand Distanz quer über den Schulhausweiher Diagonale eines Türrahmens (Problem: grosses Brett muss ins Schulzimmer. Wie lang darf es sein?) Wie lang muss die Feuerwehrleiter sein, mit welcher die Feuerwehrmänner die Klasse aus dem brennenden Schulzimmer (2. Stockwerk) rettet? Sie sollte 5m Abstand von der Mauer haben, damit sie stabil ist. Die Schüler beginnen vielleicht zu messen, je nachdem kennen einzelne aber bereits den S. d. P. und versuchen die Distanzen zu errechnen. Die Schüler sind zum ersten Mal in der Lage, eine unbekannte Länge zu berechnen und nicht nur zu messen. EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 26/31 Satz des Pythagoras Schnur Gliedermeter/Messband Klebstreifen Equerre Vorgehen: Im Schulzimmer oder auf einem Platz muss eine Gartenanlage (verschiedene Beete) mit rechteckigem Muster angelegt werden (mit Klebstreifen). Ausser Massstäbe (Gliedermeter oder Messband) und verschieden langen Schnüren haben die Schüler keine Hilfsmittel. Die Schüler erhalten Hinweise, dass durch geeignete Aufteilung der Schnurlänge in drei Teile, zusammengefügt zu einem Dreieck automatisch rechte Winkel entstehen. Sie suchen solche Verhältnisse und überprüfen sie mit einer vorhandenen Equerre. In einer Tabelle stellen sie die funktionierenden Zahlentripel zusammen. Zentrische Streckung Vergleich mit einem Ballon: Strecken verkleinern Ballon schrumpft; Strecken vergrössern Ballon wächst Kreis 1 (Berechnung, als Zylinder Alltagsmaterialien wie Büchsen oder WCRollen verwenden. Letztere können einfach aufgeschnitten werden Mantel 6-Eck, 12-Eck, 24-Eck: In- und Um-Eck des Kreises Zylinder) Geometrie 3 Ähnlichkeit (Strahlensatz) Pyramide und Kegel Pfaditrick mit Daumen: Distanz schätzen. Das ist eine altbekannte Variante, um Strecken zu schätzen. Man kann bereits bekannte Gegenstände oder Strecken mit Hilfe des Daumens mit anderen Strecken mit ungefähr gleicher Entfernung vergleichen, und so abschätzen, wie lang diese Strecken sind. Die Schüler basteln eine Pyramide und/oder einen Kegel als Hausaufgabe, bevor mit dem Thema eingestiegen wird lustige Modelle sind Ausgangslage für Diskussion und Thema-Einstieg Physik Magnetismus Bauen eines Lautsprechers Elektrizitätslehre EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 27/31 Material Lautsprecher: 1 leere Tetrapackung Alu-Becher einer Rechaudkerze Ca. 7m lackierter Kupferdraht 1 Alnicomagnet Klebstreifen Feuerzeug Die Schüler sollen mit diesen Materialien einen Lautsprecher basteln, welcher die elektrischen Signale eines Kassettengeräts wiedergibt. Ausser den Klebestreifen brauchen sie nichts zu zerschneiden. Schülern welche auf keine Idee kommen, kann die Lehrperson einen aufgeschnittenen „echten Lautsprecher zeigen, damit sie das Prinzip ersehen können. Voraussetzung Die Schüler wissen, dass Strom ein Magnetfeld erzeugt. Fingerblitz Mechanik Kräfte Wärmelehre Temperatur Die Schüler bauen selber Kraftmesser zuhause zuerst ein paar Beispiele zeigen als Anregung evtl. Ein Thermometer selber einteilen: bei Eis einen Strich machen, bei siedendem Wasser einen Strich machen gleichmässig unterteilen wo ein Strich machen? Welches Gefäss? Optik Ausbreitung des Lichts EW-Projekt „Didaktische Highlights Spiegel- Spiel: M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 28/31 Laserlichtquellen Klasse aufteilen: Eine Hälfte der Schüler in 2- er bis 5 – er Spiegel Gruppen einteilen, die andere arbeitet an etwas Schriftlichem Fotozelle mit Sirene zum Thema. gekoppelt Folgendes Problem ist zu lösen: Im verdunkelten Raum ist an einem dem Schüler bekannten Ort eine Fotozelle montiert, welche mit einer Alarmanlage (Sirene) verbunden ist. Der Raum ist nun abgedunkelt oder verdunkelt an einem bekannten Ort stehen 2 –3 Laserlichtquellen (mit schwacher Leistung! gefährlich bei Augenkontakt!) oder andere punktförmige Lichtquellen, deren Strahlen gebündelt werden können. Die Aufgabe der Schüler ist es nun, durch Umlenken des Lichtstrahls mit Spiegeln die Fotozelle zu treffen, so dass die Sirene aufheult. Wer gewonnen hat, ist klar! Die Schüler müssen beim Aufheulen in ihrer Position verharren. Nach erfolgreichem Resultat werden die Standorte von Lichtquelle (n), Spiegel (-n) in der richtigen Lage und Fotozelle auf einem Blatt festgehalten. Nach erfolgter Tat wird die andere Klassenhälfte zum Versuch gebeten. Akustik Flaschenklavier Hoch-tief Leere, verschieden grosse Glasflaschen Löffel V. Fazit Als ich mit der Arbeit begann hatte ich zwar schon eine Idee was Kernideen sind, jedoch war dieser Begriff noch sehr schwammig. Also wollte ich zuerst genau wissen was Kernideen sind, wie sie gefunden werden und wie man mit ihnen arbeitet. Ich begann Ruf Gallins „Sprache und Mathematik in der Schule zu lesen und war nach einigen Passagen völlig verunsichert, ob unsere Sammlung überhaupt Sinn macht. Da Ruf EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 29/31 Gallin immer davon ausgehen, dass sich die Kernideen im Unterrichtspontan ergeben müssen. Zum Glück löste sich diese Verunsicherung im Studium der praktischen Beispiele von Ruf Gallin, da dort sichtbar wird, dass auch sie Kernideen den Schülern vorgeben (ähnlich wie die Exposition bei Wagenschein). Im Interview habe ich realisiert, dass Kernideen viel trivialer sein können, als ich Anfangs gedacht habe. Da mit dieser Unterrichtsmethode nicht nur mathematische Inhalte gelernt werden, sondern auch z.Bsp. Sprachkompetenz, Metakognition und selbständiges Arbeiten gefördert wird, was auch den grösseren Zeitaufwand rechtfertigt. Als ich diese Arbeit begann, wusste ich noch nicht sehr viel über Ruf/Gallin oder Wagenschein. Die Begriffe Kernidee und exemplarisches Lernen waren mir zwar bekannt, aber genaueres nicht. Auch bin ich nicht aus den gleichen Gründen zu dieser Gruppe gestossen, wie die anderen Mitglieder. Meine Absicht war, bei dieser Arbeit etwas über Motivation zu lernen, da es meiner Meinung nach immer schwieriger wird die Schüler zum Arbeiten und zum Mitdenken zu bewegen. Ich habe eigentlich nur zwei Punkte, die mich aber noch lange beschäftigen werden: Zeit und Theorie. Mit Zeit meine ich, dass diese Methoden, die wir angeschaut haben sehr zeitintensiv sind. Wie uns auch erfahrene Lehrer berichtet haben, wäre es zwar super so zu arbeiten, aber es fehlt einfach die Zeit dazu. Vielleicht sollte man sich die Zeit einfach mal nehmen, denn bei solchen Methoden werden auch noch ganz andere Ziele des Lehrplans erreicht. Zum Beispiel selbständiges Lernen und Sprachkompetenz, um mal zwei zu nennen. Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Ich bin gespannt, ob es klappt, denn um so zu arbeiten muss möglichst jeder einzelne Schüler der Klasse sich trauen zu sprechen, zu intervenieren und zu fragen. Zum zweiten Punkt: Theorie und Praxis sind eben doch manchmal zwei Paar Schuhe. Beispiel Wagenschein: Er sagt einem ziemlich genau was man tun muss, aber für das wie gibt es nur sehr wenige Anhaltspunkte. Ich weiss jetzt, dass ich am Anfang etwas exponieren und möglichst wenig dazu sagen soll. Diese Exposition soll „die Welt der Schüler berühren und sie so zum Nachdenken anregen. Aber woher weiss ich, auf was die Schüler ansprechen? Wie finde ich geeignete Exponate? EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 30/31 Wir haben zwar versucht einige aufzulisten, aber ich denke, dass es immer auf die jeweilige Klasse ankommt, die man gerade unterrichtet. Die einen sprechen auf das an, die anderen nicht. Es ist also etwas Kreativität und Spontaneität gefragt, was ja auch nicht übel ist und unseren Beruf nur noch spannender machen. • Obwohl wir im Informationsbrief an unsere Interviewpartner festgelegt haben, was wir unter einem didaktischen Highlight verstehen, hatten wir z.T. grosse Unterschiede im „Umfang dieser Ideen! Einige waren kleine Inputs, deren Inhalte auch sofort klar sind, andere waren komplizierter und tiefgründiger, und mussten deshalb auch ausführlicher beschrieben werden. Eine noch präzisere Beschreibung des erwarteten Produktes wäre also angebracht. • Die Kernideen sind oft trivialer als erwartet! • Wären alle Interviews von einer oder höchstens zwei Personen durchgeführt worden, wäre es wahrscheinlich auch einfacher gewesen, die Ideen einheitlich zusammenzutragen. • Der Unterricht mit Kernideen ist wenig planbar, weil jede Schulklasse wieder anders auf den Input reagiert, und die Lehrperson deshalb spontan aufgrund der Gedanken der Klasse weiterfahren muss. Es ist eine grosse Spontaneität der Lehrperson notwendig • Da es in der Praxis nicht so üblich ist, mit Kernideen zu arbeiten, weil der Unterricht dadurch oft viel tiefgründiger und somit detaillierter wird waren die Erwartungen von uns an die didaktischen Highlights der Lehrpersonen zum Teil zu hoch. • Um zu jedem Mathe- bzw. Geometrie-Thema tolle Ideen zu finden, wäre eine unverhältnismässig grosse Anzahl von Interviews nötig gewesen. Jede Lehrperson hat ihre „Lieblingskapitel, zu welchen sie super Ideen hat, und andere, welche ihr weniger liegen. Meistens sind das bei vielen Lehrpersonen immer etwa die gleichen. VI. Literaturverzeichnis • Ruf Gallin „Sprache und Mathematik in der Schule (1990),Verlag Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (ISBN: 3-85809-071-9A) • Wagenschein M., Verstehen Lernen. (1968), Beltz Verlag (ISBN: 3407220227) • Didaktikskript F.Keller • Didaktikskript U.Fraefel EW-Projekt „Didaktische Highlights M.Frei, K.Blickensdorfer, A.Betschart, P.Schärer Seite 31/31