Arbeitsblatt: Der Hirt schläft ruhig

Material-Details

Text und Fragen
Deutsch
Textverständnis
8. Schuljahr
6 Seiten

Statistik

4711
1146
23
23.02.2007

Autor/in

Olivier Vogel
Devin 16
3960 Sierre
0274556384
0793757513
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Name Klasse Datum Thema TEXTVERSTÄNDNIS Der Hirte schläft ruhig. Ohne Schafe zu zählen. Im Rahmen des «Luchsprojekts Schweiz» verbringt der Temporär-Schäfer Urs Kunz einen Sommer auf einer improvisierten Alp; die Alp liegt im Freiburgerland und im Luchs-Land. Gibt es wirklich ein Luchs-Problem? Und ist der teure Versuch gerechtfertigt? «My Home is Container» Urs Kunz ist noch immer dabei, sich einzurichten und sich einzuleben auf dieser kleinen Geländeterrasse, auf der ein metallener Bürocontainer von 3,64 Lange und 2,44 Breite steht; Kürze statt Länge und Enge statt Breite wäre eher gerechtfertigt. Urs Kunz ist sonst in der Bau- und in der Tourismusbranche tätig, nun verbringt er hier oben den Sommer. Zusammen mit einem Bordercollie betreut er 271 Schafe eines Schafhalters aus dem Unterland, im Auftrag des Büros für «Koordinierte Forschungsprojekte zur Erhaltung und zum Management der Raubtiere in der Schweiz» (vgl. «Zweimai Kora»). Es war ein Zufall, der Urs Kunz und die Kora zusammenbrachte; der Zufall hat zwar keinen Namen, aber eine Website «www.zalp.ch»; dort hatte Kora jemanden gesucht, der gewillt war, befristet Präventionsmassnahmen zu testen. Urs Kunz, der früher schon Alp-Erfahrung gemacht hatte, schien dem Projektleiter klar geeigneter als jenes Paar mit dem zwei Monate alten Baby, das sich für die Arbeit auch noch gemeldet hatte. Aber es ist kein Zufall, dass der Container des Temporärhirten nun auf der AIp Hautaudon, auf 1640 m, etwas nordwestlich der Rochers de Naye, steht. Diese Alp und die dazugehörende Alp Chenaussanne 400 Höhenmeter tiefer gelten sozusagen ais Bermuda-Dreieck der Luchsproblematik wenigstens für jene, die in der Schweiz eine Luchsproblematik vermuten. Der erste legale Abschuss Nicht Ruinen, sondern nur mehr Reste von Ruinen zeugen davon, dass die beiden Alpen vor Jahrzehnten noch mit Rindern bestossen worden waren. Danach war es sehr ruhig geworden hier oben, auch ein Wanderweg führt nicht vorbei, der Pfad verliert sich da und dort. Nur ein (professioneller) Schafhalter aus dem Unterland nutzt seit rund zehn Jahren die beiden Weiden noch für seine Tiere. Kein Mensch, kein Hund, keine Massnahme schützte sie. Das bekam den Schafen insbesondere auf der untern Alp nicht gut; diese ist rundum von Waid umgeben, und da der Luchs Schafe nur selten weiter als 80 bis 100 Meter weit vom Waldrand weg jagt, konnte er sich hier vergleichsweise leicht bedienen. Das tat ein Weibchen im Jahr 1997; der Halter meinte, es fehlten ihm 30 Tiere, 17 wurden ihm entschädigt; darauf wurde auf dieser Alp, nach massivstem Druck des Besitzers und anderer Schafhalter, die erste LuchsAbschussbewilligung des Bundes erteilt und am Tag nach dem Abschuss wurde ein weiterer Riss festgestellt. 1999, der Hoch-Zeit der Luchse in den Kantonen Bern, Freiburg, Waadt, rissen Luchse hier wieder etwa ein Dutzend Tiere. Im TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -1legov vergangenen Jahr versuchte Kora, für den Halter und seine Tiere eine andere Alp zu finden; um dem Vorwurf zu entgegnen, Kora wollte ja ohnehin nur die Schafhaltung reduzieren, einigten sich alle beteiligten Kreise schliesslich darauf, auf eben diesen Alpen den Menschen einzusetzen. Er soll den Beweis erbringen, dass es den wirksamen Schutz für Schafe gibt. Der Bund bezahlt den Versuch, der Halter braucht sich einen Sommer lang um gar nichts zu kümmern. Von Morgen bis Abend Der Tag von Urs Kunz beginnt dann, wenn der Tag beginnt. Mit dem ersten Licht steht er auf, geht zur Koppel aus Flexinet, wie der leichte, handliche und rasch zu versetzende Kunststoffzaun heisst, und lässt die Schafe auf die Weide; auch diese grenzt er ein, zum einen, um die Schafe am Abend wieder rasch eintreiben zu können, zum zweiten, damit sie sich nicht auf der ganzen Alp verteilen und überall nur die leckersten Gräser wegfressen. Gegen zehn werden die Tiere sich zum Wiederkäuen zusammenfinden, am Nachmittag gehen sie wieder fressen, vor dem Einnachten wird Urs Kunz sie mit Hilfe des energischen Treibhundes wieder zurückholen zur Koppel. Das hört sich an, als sei der Tag des Schafhirten nicht eben ausgefüllt gefehlt: Zäune kontrollieren, entflechten, versetzen, mit dem Stemmeisen den Container wieder ins Lot bringen, damit die Tür nicht klemmt, ein Schaf befreien, das sich mit einem Lauf im Zaun hoffnungslos verheddert hat, endlich den Steinboden rund um den Container verlegen, Wasser holen in der Zisterne zehn Minuten oberhalb des Containers, der Haushalt, selbst wenns ein kleiner ist, gibt viel zu tun; und nicht zuletzt will Urs Kunz auch gut zu sich selber schauen, er will ja in diesem Vierteljahr hier oben nicht zum Sonderling werden. Zu dieser Pflege seiner selbst gehört der allwöchentliche Abstieg ins Tal, die kurze Bahnfahrt nach Montbovon, ein Schwatz in der Beiz, der Einkauf im Lädeli, keine Konserven, viel frische Ware, zweimal täglich richtig kochen, richtig essen; viel Kontakt nach «aussen» ist ja nicht, vielleicht mal ein Freund zu Besuch oder ein Journalist, gelegentlich geht ein «Essemm» ein und aus, aber lange reichts nicht, Strom ist hier oben ja keiner und nachgeladen wird erst wieder unten in Montbovon. Als seinen wichtigsten Ausrüstungsgegenstand aber bezeichnet Urs Kunz seine zweiteilige Kanne, in der der so köstliche Espresso hochblubbert. Zynische Rechnung Der Helitransport des Containers, die Kosten der Ausrostung, der Lohn für den Hirten Christof Angst, Projektleiter von Kora, beziffert die Auslagen des Versuchs auf insgesamt rund 20OOO Franken. «Klar, dass sich das nicht rechnet», sagt Christof Angst, für eine Herde unter 500 Tieren rentiere ein Hirte nicht. Werde ein Schaf von einem Luchs gerissen, so zahle der Bund im Durchschnitt eine Entschädigung von gut 300 Franken pro Tier; bringe der Halter das Tier hingegen ins Schlachthaus, erhalte er dafür nur mehr zwischen 200 und 250 Franken, sagt Christof Angst. Bei dieser Rechnung ist man geradezu versucht, diesen Schluss zu ziehen (der allerdings ein unzulässiger Zynismus wäre): Soll der Halter doch froh sein, wenn ihm der Luchs möglichst viele Tiere holt, er fährt ja besser. Unzulässig deshalb, weil sich Schafhaltung ja (meist) nicht auf eine Rechnung nach Franken und Gewinn reduzieren Iässt. In der Tat sind aber auch die andern als die finanziellen Verluste, die Schafhalter durch den Luchs erleiden, marginal. im Jahr 1999, dem Jahr mit den meisten Rissen, wurden in den drei Kantonen TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -2legov Bern, Freiburg und Waadt 221 Risse gemeldet; 157 davon wurden tatsächlich als Luchsrisse identifiziert; das sind nur gerade 13 Prozent aller Schafe, die im genannten Gebiet umgekommen sind, sei es durch Stein- oder Blitzschlag, Absturz, Wetterumschwung, Lawinen oder Hunde. 450OOO Schafe gibts in der Schweiz, 250OOO davon werden auf Alpen gesömmert. Der Abend zwischen den Tagen Der Tag von Urs Kunz ist noch nicht zu Ende, wenn der Tag zu enden beginnt. Vor dem letzten Licht geht er mit Rex, der kein Hütehund, sondern ein Treibhund ist, die Schafe holen, treibt sie oder lässt sie vom Hund in den Nachtkorral treiben, schliesst den Zaun, schliesst diesen an die kleine sonnenbetriebene Elektroanlage an, prüft den Zustand des Korrals, wird ihn demnächst verschieben müssen, weil sich die Tiere anstecken könnten an dem, was sie selbst dort haben liegen lassen. Dann schaut Urs Kunz noch einmal für sich, kocht sich noch einmal ein gutes Essen. Kann sein, dass in der Zeit des Kochens oder Geniessens noch einmal ein paar Schafe blöken oder ganz spät mal auch nur ein einziges. Die begleitet er dann noch in den Korral, hofft, dass nun endlich all die 271 da sind, weiss es nicht, unmöglich, sie im Gewusel zu zählen, weiss auch nicht, ob nicht schon mal eines abgestürzt ist in den vergangenen Tagen, Wochen. Dann hat die Nacht das Einnachten abgelöst, und es ist Zeit, um Schlafen zu gehen. Denn schon bald wieder sickert der nächste Morgen über die Alp. Urs Kunz schläft sehr gut hier oben. Ist noch immer rasch eingeschlafen. Hat noch nie Schäfchen zählen müssen. Freddy Widmer BaZ 23. 6. 2001 Fragen zum Zeitungsartikel Übersetze wörtlich «My Home is Container» Was bedeutet die Abkürzung Kora? TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -3legov Was ist ein Temporärhirt? Nenne drei Gründe, wieso auf dieser Alp so viele Schafe gerissen werden? Wieso gab der Bund die erste Luchs-Abschussbewilligung? Was bewirkte dieser Abschuss? Was will Kora mit der Arbeit von Urs Kunz beweisen? TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -4legov Erkläre den Begriff Koppel aus Flexinet! Woher bekommt Urs Kunz sein Trinkwasser? „Essemm, was ist das? Wie viel zahlt der Bund, wenn ein Schaf von einem Luchs gerissen wird? Welche anderen Todesarten von Schafen kommen auf der Alp vor? Nenne fünf! TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -5legov Was bedeutet das Verb sömmern? Was ist ein Nachtkorral? Warum muss Urs Kunz den Korral immer wieder verschieben? Warum muss Urs Kunz nie Schäfchen zählen? TEXTVERSTÄNDNIS/2OS -6legov