Arbeitsblatt: Markttreiben im Mittelalter
Material-Details
Informationsblatt zum Thema "Markt im Mittelalter"
Geschichte
Mittelalter
6. Schuljahr
2 Seiten
Statistik
47527
1528
44
19.10.2009
Autor/in
Andrea Gamper
Land: andere Länder
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Markttreiben im Mittelalter Es riecht nach flüssigem Wachs, Schafwolle und feuchtem Leder. Fliegende Händler preisen lautstark ihre Waren an; wieder andere hocken auf einem Holzschemel und gehen still ihrer Arbeit nach. Ein Schreiber zeichnet mit höchster Konzentration ein goldfarbenes Initial auf ein Blatt handgeschöpften Papiers. Vor stehen mehrere Fläschchen verschiedenfarbiger Tinte. Für sein Meisterwerk braucht er Geduld und eine ebenso ruhige Hand der Barbier nebenan, der an einem Ritter mit widerspenstigem Bartwuchs herumschabt. Die Bademagd läuft herum und schrubbt Gästen die Füße. ihm wie Ein paar Schritte weiter wird Seegras gebündelt und versponnen, in der Bäckerei geht eine Ladung Brotlaibe in den Ofen. Aus einer anderen Richtung duftet es nach Gebratenem, Gesottenem, Geröstetem. Betriebe, die Artikel rund ums Pferd herstellten, hatten immer gut gefüllte Auftragsbücher. Für den Hausrat, der kaputt ging, sorgten Drechsler, Töpfer, Holzschindelmacher. Und auch die Bekleidung kaufte man direkt auf dem Markt. Dafür gab es die Spinnerin und Filzerin, den Gerber und den Färber. Vieles, was man fürs tägliche Leben brauchte, stellten die Menschen bis zum 12. Jahrhundert aber auch zu Hause her. Flachs spinnen, Bier brauen, Wachs ziehen. Ein Markttag im Mittelalter war ein aufregendes Spektakel. So wie heute, war fast jede Kleinigkeit gesetzlich geregelt. Nur zu bestimmten Tagen und an festgesetzten Orten kamen die Kaufleute, Handwerker und Käufer zusammen, um zu handeln. Ein Gesetz bestimmte, dass an Markttagen Frieden in der Stadt zu herrschen habe. Sicherlich keine überflüssige Vorschrift, denn in jenen Zeiten gab es viele Überfälle, wurden private Streitigkeiten gewaltsam ausgetragen. Für den Frieden garantierte der König. Nun ja, nicht immer nahm er diese Aufgabe selbst wahr. Seit der Mitte des 10. Jahrhunderts hatten manchmal auch hochgestellte geistliche und weltliche Persönlichkeiten wie Grafen und Herzöge das Privileg, Märkte abhalten zu dürfen. Dafür mussten sie für den ordnungsgemäßen und sicheren Ablauf der Veranstaltung gerade stehen. Der Marktherr verdiente natürlich auch an der Veranstaltung: Er durfte von jedem Besucher, der durchs Stadttor ritt, Marktzölle kassieren, er konnte das Stapeln bestimmter Waren vorschreiben oder auch verbieten, er konnte die Händler zwingen, bestimmte Straßen und Wege zu benutzen oder zu meiden, und vieles mehr. Praktischerweise beinhaltete das Marktrecht auch gleich das Münzrecht. Bis zum 10. Jahrhundert hatte Geld allerdings keine große Bedeutung. Man handelte lieber mit Naturalien. Seit dem 11. Jahrhundert gibt es Wochenmärkte. Auf diesen Umschlagplätzen wurden Waren des täglichen Lebens gehandelt. Bei wohlhabenden Äbten oder Fürsten, auf der Burg eines angesehenen Ritters, waren aber nicht nur Filzdecken und neue Regenrinnen, sondern auch Luxusgüter gefragt. Die wurden auf Jahrmärkten verkauft, die wie der Name schon sagt nur einmal im Jahr stattfanden. Dort war die Auswahl groß an feinen Stoffen, Schmuck, Gewürzen aus dem Orient, edlen Metallen, seltenen Handarbeiten. Übrigens waren nicht alle Gewerbetreibende gleich gut angesehen. Hirten, Schäfer und Müller galten als unehrlich, Leineweber, Barbiere und Ärzte wurden verachtet. Bericht des Händlers Andrea de Tolomei aus dem Jahr 1265: Den wenigsten Umsatz habe man mit Pfeffer gemacht, klagte er. Beim Ingwer waren die Käufer sehr auf Qualität bedacht, nur Safran habe sich erstaunlich gut verkauft. Die Pleite mit dem Pfeffer war ziemlich schlimm, denn Pfeffer wurde damals überall in großem Stil umgesetzt. Fast alle Speisen wurden gepfeffert, sogar die Lebkuchen, die daher auch heute noch in einigen Landstrichen Pfefferkuchen heißen. Das größte Problem eines Händlers wie Tolomei waren aber die vielen, verschiedenen Währungen, zwischen denen hin- und hergerechnet werden musste: Silbermünzen, Gulden, Sterling, Goldmünzen. Die Wechselkurse änderten sich dauernd. Tolomei und die von ihm gegründete Handelsgesellschaft war dennoch auf lange Sicht erfolgreich: Im 14. Jahrhundert sind die Tolomei eine der führenden Familien Sienas. Ihr Palazzo steht heute noch. Aber schließlich waren es die italienischen Kaufleute, die Buchführung, Bankwesen und den Wechselverkehr erfunden haben. Und das alles hatte seinen Ursprung in den Märkten des Mittelalters.