Arbeitsblatt: Völkermord an den Herero
Material-Details
Text zum Leben der Herero und deren Vernichtung durch die Kolonisten Afrikas
Geschichte
Neuzeit
9. Schuljahr
5 Seiten
Statistik
51747
755
10
04.01.2010
Autor/in
Sarah Hauswirth
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Das Volk der Herero in Deutscher Hand Ursachen und Hintergründe des HereroAufstandes Ab 1883 erwirbt der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz, mit häufig fragwürdigen bis betrügerischen Mitteln, große Landstriche Namibias. Nach beharrlichem Drängen stellt 1884 Reichskanzler Bismarck Südwestafrika unter den Schutz des Deutschen Reiches. Die Kolonialisierung nimmt ihren Lauf, aus Südwestafrika wird ‚Deutsch Südwestafrika. Die Erfahrung von zwanzig Jahren deutscher Schutzherrschaft lässt bei den einheimischen Stämmen die Hoffnung auf menschenwürdiges Zusammenleben mit den deutschen Siedlern und der Militärregierung als furchtbaren Irrtum erkennen. Das Vertrauen, dass die Ausbreitung der Deutschen einmal Halt machen würde und die Menschen Südwestafrikas wieder ein eigenbestimmtes und unabhängiges Leben würden führen können, haben sie gänzlich verloren. In Deutschland machten derweilen unzählige Erzählungen und Gerüchte die Runde, die vielfach nichts mit der Wahrheit und den tatsächlichen Geschehnissen in Afrika zu tun hatten. So hielt sich hartnäckig die Mär von den wilden Schwarzen, die wehrlose Frauen und Kinder überfielen. Grausame Darstellungen und Bilder untermalten diese absichtsvollen Berichte. In einem Leserbrief 1904 im Reichsboten nimmt Missionar Jakob Irle Stellung zu den Hetzkampagnen in der Heimat. Sein Bericht ist gegründet auf über 30jähriger Missionsarbeit in Südwestafrika und auf eigenen Anschauungen und Erlebnissen: Nun schreibt man in gewissen Zeitungen von den Gräueltaten der Herero, dass sie die Frauen der Ansiedler abgeschlachtet, und dort auch Männer kastriert hätten. Was Letzteres anbetrifft, so haben gewisse Herero das getan an Weissen, die sich an ihren Frauen und Mädchen schändlich vergriffen hatten. Und was die Frauen anbelangt, die man hier als abgeschlachtet, den Bauch aufgeschnitten bezeichnete, so ist das als unrichtig erwiesen. Sowohl die Frau Pilet und ihre Schwester, Frau Külbel mit ihren Kindern, Frau Lange mit ihrer Schwester, Frau Bremen mit ihren fünf Kindern, Frau Kronewitter, die alle hingeschlachtet sein sollten, leben noch. Verhandlungen der Kolonialmacht über die Einrichtung von Reservaten für die namibischen Stämme, erkennen die Eingeborenen als Vorbereitung zur Enteignung ihrer letzten traditionellen Siedlungs und Weidegebiete und damit zur endgültigen Versklavung. Rechtlosigkeit, Betrug und Beraubung durch Händler und Farmer sowie drohender Landverlust sind die Hauptgründe, die 1904 überall im Hereroland zu Zusammenkünften und geheimen Beratungen der Grossleute und Häuptlinge der Herero führen. In seinem Brief vom 6. März 1904 also bereits nach Ausbruch des Krieges an Gouverneur Theodor Leutwein schreibt der Oberhäuptling Samuel Maharero: An den grossen Gesandten des Kaisers, Gouverneur Leutwein. Deinen Brief habe ich erhalten, und ich habe gut verstanden, was Du mir und meinen Leuten geschrieben hast. Ich und meine Leute antworten folgendermaßen: Der Anfang des Krieges ist nicht jetzt in diesem Jahr durch mich begonnen worden, sondern er ist begonnen worden von den Weissen. Du selbst weisst am Besten, wie viele Hereros durch die weißen Leute besonders Händler mit Gewehren und in den Gefängnissen getötet sind Der Aufstand 1904 bis 1907 sind die Jahre der großen afrikanischen Freiheitskämpfe in Namibia gegen die deutsche Kolonialmacht. Herero, Nama und verbündete Stämme treten im Namen von Freiheit und Menschenwürde in einen Kampf auf Leben und Tod. Ihre Führer sind Samuel Maharero, Hendrik Witbooi, Jakob Marengo. Am 12. Januar 1904 bricht der Krieg der Herero unter Oberhäuptling Maharero gegen die Deutschen aus. Überall in Hereroland dringen bewaffnete Einheimische in die Farmhäuser ein und töten deutsche Männer. Sie brennen die Farmgebäude auf ihrem Land nieder, treiben das Vieh ab, überfallen Stationsbesatzungen, unterbrechen Telegrafenverbindungen, zerstören die Eisenbahnlinie. Mit einem Schlag fällt die ganze, von Hereros bewohnte Region in ihre Hände. Mehr als hundert deutsche Männer, Siedler und Stationssoldaten werden in diesen Tagen getötet. Ein Volk ist geschlossen mit Frauen und Kindern in den Kampf getreten. Es ist ein Verzweiflungskampf, denn die Herero haben kaum Hoffnung, dass sie der militärischen Überlegenheit der Deutschen standhalten können. Dabei sind die Häuptlinge der Hereros bemüht, in diesem Kampf Menschlichkeit und Menschenwürde soweit als möglich zu wahren: das Leben deutscher Frauen und Kinder soll ausdrücklich geschont werden. Auch den Engländern, Buren sowie den Missionaren soll nichts geschehen. Der Krieg der Herero ist kein Krieg gegen die weisse Rasse. Es ist ein Befreiungskampf gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Vertreibung Mit der Ernennung Von Trothas ist das Ende des Befreiungskampfs bereits vorbestimmt, noch ehe das Gefecht militärisch entscheiden ist. Er hat eine geniale taktische Idee: Völkermord durch Vertreibung. Die wasserlose Halbwüste im Norden Namibias, die Omaheke, ist sein mörderisches Werkzeug. Am 2. Oktober 1904 erließ er eine Proklamation an das Volk der Herero, die später als „Vernichtungsbefehl bekannt wurde: „Ich, der große General der Deutschen Soldaten, sende diesen Brief an das Volk der Herero. Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten, und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage meinem Volk: Jeder, der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangenen abliefert, erhält tausend Mark, wer Samuel Maharero bringt, erhält fünftausend Mark. Das Volk der Herero muss jedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der Deutschen Grenzen wird jeder Herero mit und ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber oder Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück, oder lasse auf sie schießen. Das Schiessen auf Weiber und Kinder ist so zu verstehen, dass über sie hinweggeschossen wird, um sie zum Laufen zu zwingen. Ich nehme mit Bestimmtheit an, dass dieser Erlass nicht zu Grausamkeiten gegen Weiber und Kinder ausartet. Diese werden schon fortlaufen, wenn zweimal über sie hinweggeschossen wird. Die Truppe wird sich des guten Rufes der deutschen Soldaten bewusst bleiben. Dies sind meine Worte an das Volk der Herero. Der große General des mächtigen Deutschen Kaisers. Der Völkermord an den Herero Am Waterberg wurden die Hereros schliesslich so umzingelt, dass ihnen nur ein Fluchtweg offen blieb: die Wüste Omaheke. Zehntausende der fliehenden Herero wurden in die Wüste abgedrängt und eingekesselt. Für mehr als 80 Prozent des einst mächtigen und reichen Volkes war diese Kriegstaktik das Todesurteil. Verarmt, erschöpft und hungernd zogen die Herero im Land umher, versteckten sich und wurden nach Ergreifung entweder erschossen, gehängt oder in die Konzentrationslager gebracht. Die ersten dieser Lager wurden in den Jahren 1904/05 errichtet. Durch ständige Überbelegung, jämmerliche klimatische Bedingungen, schlechtes Trinkwasser und einseitige Ernährung breiteten sich Krankheiten wie Skorbut, Typhus und Ruhr in den Lagern schnell aus und forderten tausende Todesopfer. Gesunde Gefangene wurden zur Zwangsarbeit im Straßen, Wege und Bahnbau eingesetzt. Die Bedingungen waren dermaßen hart, dass nicht einmal die Hälfte der Gefangenen die Strapazen überlebten. Kinder, Frauen und Männer die in die Wüste geflohen waren, erlitten mit ihrem Vieh den grauenvollen Tod des Verdurstens. Nach Beendigung des Kampfes der Herero im November 1904 wurden von ursprünglich etwa 80.000 Volksangehörigen nur noch knapp 12‘000 Überlebende gezählt. Noch während die Kämpfe im Norden gegen die Herero andauerten, erhebte sich überraschend im Süden des Landes der Häuptling der Nama, gegen die deutsche Schutzmacht. Anders als die den Deutschen in offenem Entscheidungskampf gegenüber tretenden Hereros, wendet Marengo die neue und ungewohnte Taktik des Guerillakampfes an. Mit ihrer Taktik der sporadischen, überraschenden Angriffe wurde der Freiheitskampf der Nama für die Deutschen zur militärischen Blamage: anfangs zwei bis dreitausend, später nur wenige hundert kämpfende Nama erforderten eine Militärmacht von 15.000 deutschen Soldaten. Das halbes Dutzend NamaEinheiten mit mehr als 300 Kämpfern widersetzten sich länger als zwei Jahre der deutschen ‚Schutzmacht. Am 31. März 1907 erklärte der deutsche Generalstab die Aufhebung des Kriegszustandes in Namibia. Der dreijährige Guerillakampf hat mehr als die Hälfte des NamaVolkes vernichtet. Auf deutscher Seite werden die Verluste mit 179 Offizieren und 2.169 Unteroffizieren angegeben, denen zivilen Opfer hinzuzurechnen sind. Als Enkel einer überlebenden Hererofrau berichtet der Namibier Kautu von der Vertreibung des Hererovolkes in die Sandwüste Omaheke und dem dort erfahrenen unsäglichen Leid: Die Flucht selbst war eine sehr traurige Begebenheit. Mir hat meine Grossmutter, die jetzt 92 Jahre alt ist und die selbst dabei war, erzählt, wie bitter schwer die Herero gelitten haben. Das Wasser wurde immer knapper. .Wenn sie an einen Sandbrunnen kamen, und es gab Wasser, dann tranken die Krieger. Die Frauen tranken nicht, damit die Krieger Kraft hätten zu kämpfen. Und wenn sie Hunger hatten, sagten die Männer zu den Frauen: Das Kind kann ruhig sterben. Ich muss aus deiner Brust die Milch saugen, denn ich kann nicht anders, damit ich kämpfen kann. Das ist was meine eigene Mutter selbst gesehen hat.Wenn sie vielleicht an einen Sandbrunnen kamen, und der hatte kein Wasser mehr, und es lag ein Toter dort, dann schnitten sie ihrem Freunde den Magen auf, um das Wasser zu trinken. Sie konnten nicht anders.