Arbeitsblatt: Geschichte zu Weihnachten
Material-Details
Diese Geschichte der Kerzen eignet sich gut zum Vorlesen. Die verschiedenen Farben erleichtern beim Vorlesen das varieren der Stimmen für die einzelnen Kerzen.
Diverses / Fächerübergreifend
Anderes Thema
klassenübergreifend
3 Seiten
Statistik
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378
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24.01.2010
Autor/in
Karin Näf
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Die Erwartung der Weihnachtskerzen (Leicht abgeänderte Fassung der Geschichte von Erich Georg Gagesch) Die Geschichte handelt von einer alten Kerzenschachtel in einem Estrich. Wir hören nun, was da vor sich ging. „He aufgewacht! rief plötzlich eine Kerze. „Habt Ihr schon gespürt, dass es ziemlich kalt geworden ist? und sie klopfte dabei laut an die Wand der Kerzenschachtel. „Tatsächlich, antwortete eine andere noch ganz verschlafen und zog die Luft schnuppernd durch die Nase. „Es riecht schon nach Schnee! Sie rüttelte ihre Nachbarin so kräftig, dass diese erschrocken aufsprang und sich den Kopf am Schachteldeckel anschlug. „Was ist, was ist los? fragte sie noch ganz verwirrt und rieb sich die schmerzende Beule. „Es geht wieder auf Weihnachten zu! „Wird ja auch langsam Zeit, ich halte diese Enge bald nicht mehr aus, sagte eine kleine rote Kerze und versuchte ihre Beine auszustrecken. „Nun mach dich mal nicht so breit! rief die Gelbe aus dem Hintergrund und drehte sich um etwas mehr Luft zu kriegen. „Aua, tritt mir gefälligst nicht auf den Fuss! Du siehst doch, dass ich beim letzten Weihnachtsfest beschädigt wurde, sonst kann es mir passieren, dass mich die Menschen in diesem Jahr nicht mehr für den Weihnachtsbaum nehmen und sie zog vorsichtshalber ihren Fuss ein.Ach was, du warst eh schon dreimal dran, sagte die hellblaue mit dem schönen Wachstropfen am Hals.Na und, ich will trotzdem wieder Licht verbreiten und mich in strahlenden Kinderaugen wiederspiegeln. „Nun gebt doch endlich Ruhe, jammerte die dickste unter ihnen. „Dieses Herumschreien und Stossen ist ja zum verzweifeln. Ich bin völlig eingeklemmt und kann mich nicht bewegen. „Das kommt davon, weil du den meisten Platz in Anspruch nimmst, und dies nur deshalb, weil du gar keine Weihnachtskerze, sondern eine verirrte Adventskerze bist. „Ja, das bin ich und darauf bin ich stolz. Wenn es keine Adventskerzen gäbe, würde es auch keine Weihnachtskerzen geben. Denn was ist schon ein Fest ohne Erwartung. „Meint ihr wirklich, dass bald Weihnachten ist? piepste die rosarote mit heller Stimme. „Bestimmt, lange kann es nicht mehr dauern! „Ob ich wieder ganz oben von der Tannenspitze leuchten darf? fragte die hellrote mit eitlem Unterton. „Schliesslich bin ich noch fast wie neu. An ihrer Länge konnte man tatsächlich erkennen, dass sie noch nicht so oft gebrannt hatte. „Ach was nützt es dir, wenn du immer ganz oben stehst und so selten angezündet wirst, weil kein Mensch bis zu dir hochreichen kann? Sieh mich an, ich stand immer ganz unten bei der Krippe, da durfte ich immer wieder leuchten, „ und den schönen goldenen Stern zum glänzen bringen, riefen alle anderen Kerzen im Chor, denn diesen Satz hatten sie schon so oft gehört, dass sie ihn auswendig kannten. „Ihr seid doch nur neidisch, sagte sie etwas beleidigt und drehte den andern den Rücken zu.Streitet euch nicht, denn nicht darin liegt eure Bestimmung. Wir Kerzen sollen leuchten, Flackern und Wärme verbreiten, sagte die Violette welche nun schon seit zwei Jahren nicht mehr am Weihnachtsfest mitleuchten durfte, da sie durch ein Missgeschick mittendurch gebrochen war. Sie war zur tragenden Geduldssäule in der Kerzenschachtel geworden. Jede hörte auf ihr Wort und befolgte ihren Rat. „Ich bin froh, dass ich im meinem Leben bereits leuchten durfte und dass man mich nun nicht schon längst weggeworfen hat. Ich darf hier unter euch weilen und noch so vieles mit euch erleben. „Mit mir geht es auch bald zu Ende, sagte die Kleinste unter ihnen, die wirklich nur noch ein kleiner Stummel war. „Aber das Leben einer Kerze besteht nun mal darin, zu leuchten und sich dabei zu verzehren bis man alles gegeben hat, was man besitzt „Alles Quatsch, meldete sich die weisse Kerze, die ganz unten am Schachtelboden lag.Wie dumm und einfältig ihr seid! Schaut euch doch an, wie armselig und verbraucht ihr aussieht. Rabenschwarz ist euer Docht und euer Kleid bekleckert. Ich habe noch meinen unverbrauchten Docht, meinen ganzen Wachs und mein schneeweisses Kleid. „Na ja sagte die Hellblaue, „dich kennen wir zur Genüge. Jedes Jahr das Gleiche. Versteckst dich in der hintersten Ecke und klammerst dich mit all deinen Kräften am Schachtelboden fest, damit dich ja kein Mensch herausnehmen kann. „Tu ich auch, antwortete die Weisse schnippisch. „Ich sehe doch auch entsprechend schön aus! Oder? „Was nützt dir deine Schönheit, wenn dir jede Erfahrung des Leuchtens fehlt, wenn du ganz gegen deine Bestimmung als Kerze dein Dasein fristest und nie die Erfüllung deines Wesens erleben darfst? Was nützt dir da dein Leben? „Ich soll mich verzehren für andere, etwas von meinem ich abgeben? Nein danke! „Halte nur an deinem Starrsinn fest. Vielleicht wird man dich dann eines Tages verwerfen, einfach weil du schon zu alt bist. Dann wirst du im Abfall enden, ohne je erfahren zu haben, was es bedeutet, in der Finsternis zu Leuchten, in der Dunkelheit dieser Welt Licht und Wärme zu verbreiten! In der Kerzenschachtel war es still geworden. Alle dachten über diese Worte nach. Sie waren glücklich, die Erfahrung des Leuchtens bereits gemacht zu haben und warteten voller Spannung auf den Augenblick, wo Kinderhände den Deckel der Schachtel öffnen würden um sie heraus zu nehmen. In der hintersten Ecke aber lag die ungebrauchte weisse Kerze und dacht nach: „Mein Leben muss doch mehr sein, als nur hier zu liegen und die Zeit vorüberziehen zu lassen. Soll ich es wagen, dieses Jahr zu brennen? Soll ich Jemanden bitten, mit mir den Platz zu tauschen, damit ich weiter oben liegen kann? Auf jeden Fall, festklammern will ich mich dieses Jahr nicht mehr. Glücklich über ihre Entscheidung, schloss sie die Augen und Träumte in die wiederkehrende Stille der Schachtel hinein, nicht davon, wie sie sich wehren und schützen würde. Nein, sie träumte zum ersten Mal vom Leuchten und Strahlen, von Licht und Wärme. Sie träumte von Weihnachten. Bevor ihr /Sie nach Hause gehen darf jeder eine Kerze aus der Schachtel nehmen. Die Kerzen freuen sich, wenn sie bei euch zu Hause etwas Licht und Wärme verbreiten dürfen In diesem Sinne auch von unserer Seite fröhliche Festtage.