Arbeitsblatt: Interview Luftbrücke
Material-Details
Zeitzeugeninterview zur Berliner Luftbrücke
Geschichte
Neuzeit
9. Schuljahr
2 Seiten
Statistik
65843
856
3
20.08.2010
Autor/in
Doris Heuer
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Die Berliner Blockade: Zeitzeugeninterview mit Frau Grau (Das Interview führte Doris Hellwig, Enkeltochter der Frau Grau.) Wie alt warst du damals? „Ich war 22 Jahre alt und lebte noch im Haus meiner Eltern in Berlin-Tempelhof. Tempelhof lag im amerikanischen Sektor. Die Stadt glich noch immer einem Trümmerfeld. Wir gehörten aber zu den Glücklichen, deren Haus nicht ausgebombt worden war. Wie hast du den Anfang der Blockade erlebt? „Begonnen hat die Blockade eigentlich mit der Währungsreform. Am 24.6.1948 erhielt jeder in West-Berlin für 60 RM 60 DM. Das war einen Tag, nachdem die Ostmark in Ost-Berlin in Umlauf kam. Die DM durfte nur in West-Berlin gebraucht werden, andersherum durfte man mit der Ostmark auch in den Westsektoren bezahlen. Außerdem war die Blockade eine Zeitperiode, in der wir nur sehr unregelmäßig Strom erhielten. Oft konnten wir das Essen nur halb fertig kochen, da der Strom plötzlich wieder abgestellt wurde. Wie bekam man denn ab jetzt die Lebensmittel, da alle Zufahrtswege für WestBerlin verschlossen waren? „Wir bekamen immer noch Lebensmittelkarten. Je nach Abschnitt, den man im Geschäft abgab, erhielt man Waren. Es gab aber fast nur noch pulverisierte Lebensmittel, leichtes Gemüse und Dörrobst. Wir haben gehungert, aber manchmal hatte ich sogar gar keine Lust zu essen, da es jeden Tag das gleiche, geschmacklose, fade Essen gab. Aber damit konnte man immerhin 300-1000 kcal pro Tag zu sich nehmen. Viel schlimmer als das Hungern war das Frieren in dem kalten Winter von 1948/49. Den Hunger konnte man aushalten oder vergessen aber die fürchterliche Kälte nicht. Man konnte sich praktisch nie richtig aufwärmen, da selbst das Haus und das Bett kalt waren. Wir konnten gerade mal einen kleinen Raum notdürftig mit Kohle heizen, die wir mit Marken vom Händler geholt hatten. Wie erlebtest du die Hilfe der West-Alliierten durch die Luftbrücke? „Ich wusste, dass die West-Alliierten im Drei-Minuten-Takt Flugzeuge auf unseren Flughäfen landen ließen. Wir Berliner nannten die Flugzeuge „Rosinenbomber, weil sie die Stadt mit Nahrung versorgten. Einmal haben wir auch ein Care-Paket bekommen. Das war etwas ganz Besonderes. Wie war die Verbindung zum Ostsektor? Konnte man dort frische Lebensmittel kaufen? „Ja, aber viel Auswahl gab es dort auch nicht. Man konnte drüben als West-Berliner mit der Ostmark einkaufen. Eine kommunistisch gesinnte Familie aus unserer Straße hat das auch getan, wurde dafür aber von allen verachtet. Es gehörte sich nicht, im Osten Lebensmittel einzukaufen, das galt als Verrat. Wie hast du während der Blockade die Zukunft eingeschätzt? „Irgendwie war uns klar, dass die Blockade nicht sehr lange dauern kann. Doch für den Fall, dass die West-Alliierten die Luftbrücke nicht bis zum Ende würden halten können, stand immer ein fertig gepackter Koffer in der Ecke, da wir auf keinen Fall in die Hände der Russen fallen wollten. Wir wären nach Hannover gefahren, soviel stand für uns fest. Wie, das wussten wir nicht, aber irgendwie wäre auch das gegangen. Das wäre unsere Notlösung gewesen. Nur wegen der Blockade wären wir jedoch nie aus Berlin weggegangen, da hätte es schon viel schlimmer kommen müssen. Was lässt sich über den Zusammenhalt der Bevölkerung zu dieser Zeit sagen? Die ständige Bedrohung West-Berlins durch die Sowjets hat dazu geführt, dass der Drang nach Freiheit bei den Berlinern der Westsektoren immer größer wurde. Misstrauen erzeugte jede Aktion der Russen, aus der eine Beeinträchtigung unserer Freiheitsrechte zu befürchten war. Deshalb haben z. B. auch 300.000 Berliner an einer Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude teilgenommen, bei der Ernst Reuter1 an die Völker der Welt appellierte, dieses Volk nicht preiszugeben. Hat die Blockade das Verhältnis der Berliner zu den West-Alliierten verändert? „Ich glaube, dass die Blockade für die weitere Beziehung zu den West-Alliierten von großer Bedeutung war. Aus Besatzern wurden Beschützer. 1 Berliner Bürgermeister