Arbeitsblatt: Ablasshandel

Material-Details

Ablasshandel
Geschichte
Neuzeit
7. Schuljahr
2 Seiten

Statistik

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1219
12
06.11.2010

Autor/in

Magdalena Myslewska
Land: Deutschland
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Unterrichtsentwurf zum Thema Der Ablasshandel: Geschäfte mit der Seele. im Rahmen des Moduls Geschichte LiV: Magdalena Myslewska Schule: Georg-August-Zinn-Schule Mattenbergstr. 52, 34132 Kassel Schulleiter: Herr Koch Mentor: Herr Nentwich Datum: 05.11.2010 Zeit: 10:55 11:40 Uhr Lerngruppe: 8c Raum: 109 Unterrichtsfach: Gesellschaftslehre Modul: Geschichte Ausbilderin: Frau Reitz Thema der Unterrichtseinheit: Kampf um die Wahrheit. Thema der Unterrichtsstunde: Der Ablasshandel: Geschäfte mit der Seele. Inhaltsverzeichnis 1. Stellung der Stunde in der Unterrichtseinheit 2 2. Lernvoraussetzungen .3 2.1 Allgemeine Lernvoraussetzungen 3 2.2 Spezielle Lernvoraussetzungen 4 3. Sachstrukturanalyse .5 4. Didaktische Überlegungen6 5. Methodische Überlegungen8 6. Zielsetzung – Angestrebter Kompetenzzuwachs10 7. Verlaufsplanung10 8. Literatur- und Quellenangaben.12 9. Anhang12 1 1. Stellung der Stunde in der Unterrichtseinheit erkennen Stunde 1 2 3/4 5 6/7 Thema der Stunde Am Vorabend der Reformation. Höllenangst und Todesfurcht Inhalt und Zielsetzung der Stunde Die Schülerinnen und Schüler beschreiben anhand der Kunstbilder „Vorzeichen des Jüngsten Gerichts die Stimmungslage in der Gesellschaft am Anfang des 16. Jahrhunderts. Die Lernenden stellen fest, dass für den Menschen in der frühen Neuzeit, der in der ständigen Bedrohung von Hunger und Seuchen lebte, der Tod allgegenwärtig war. Sie erkennen, dass man über den Sinn des Lebens eher wenig nachdachte. Im Mittelpunkt der Überlegungen standen der Tod mit dem Gericht Gottes und die entsprechenden Strafen. Die Lerngruppe untersucht die Situation der Am Vorabend der Reformation. Missstände in katholischen Kirche zur Zeit Luthers. Sie benennt die Kritikpunkte in der mittelalterlichen Kirche, z.B. der Kirche. Geistliche vernachlässigten ihre Aufgaben, sie sorgten sich mehr um ihr eigenes Wohlergehen etc. Die Lernenden stellen die Vermutungen an, dass viele Menschen anfingen zu zweifeln und nach Reformen an der Kirche verlangten. Die Wittenberger Thesen: Die Lernenden benennen die inhaltlichen Luther greift die Kirche an. Unterschiede zwischen Luthers Lehre und der Auffassung der katholischen Kirche. Sie setzen sich Eine neue Lehre entsteht. mit den Hintergründen der Reformation auseinander, die zu ihrem Erfolg führten, z.B. Erfindung der Buchdruckerkunst, Herstellung und Druck der Bibel, Humanismus, Modernisierung im Zuge der Renaissance (Alphabetisierung breiter Gesellschaftsschichten). Die Schülerinnen und Schüler sammeln Pro- und Der Ablasshandel: Geschäfte mit der Seele. Contra- Argumente für die Verbesserung eigener Noten mit entsprechenden Geldbeträgen und diskutieren darüber. Sie analysieren den Ablasshandel im 16. Jahrhundert und erkennen, dass die Ablasspraxis als Ziel die Bereicherung der Kirche hatte und zu der Vorstellung führte, dass man sich von eigener Sündenschuld loskaufen könne, was im Widerspruch zum religiösen Glauben steht. Von der Reformation zum Die Lerngruppe beschreibt die Lage der Bauern zur Zeit der Reformation. Sie erarbeitet die Bauernkrieg. unterschiedlichen Aussagen Luthers zur Freiheitsbewegungen der Bauernschaft. Die Lernenden erklären die unterschiedlichen Aussagen Luthers. 2 2. Lernvoraussetzungen 2.1 Allgemeine Lernvoraussetzungen Die Klasse 8c der Georg-August-Zinn-Schule in Kassel setzt sich aus zwölf Mädchen und dreizehn Jungen zusammen. Die Schülerinnen und Schüler sind zwischen 14 und 16 Jahre alt. Diese Schule ist eine Europaschule, die sich zurzeit in der Umwandlungsphase von einer kooperativen in eine integrierte Gesamtschule befindet. Die achten Klassen in der Schule folgen bereits den Prinzipien der integrierten Gesamtschule. Die Georg-August-Zinn-Schule liegt im Stadtteil Oberzwehren an der südlichen Peripherie Kassels. Der Anteil von Kindern mit anderer Staatsangehörigkeit liegt bei ca. 25%, der Anteil der Kinder von deutschen Aussiedlern, die nicht in Deutschland geboren sind, liegt bei 50%. Da sich zusätzlich die Existenzbedingungen der großen Mehrheit dieser Familien infolge der wirtschaftlichen Entwicklung und der geänderten Anforderungen an die Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt extrem verschlechtert haben, hat sich dieses Wohnviertel zum sozialen Brennpunkt in der Stadt Kassel entwickelt 1. Ich habe die Klasse 8c mit Beginn des zweiten Halbjahres im Schuljahr 2009/10 kennen gelernt und dann auch mit dem Unterricht angefangen. In diesem Schuljahr 2010/2011 bin ich in der Klasse doppeltgesteckt. Die zweite Lehrperson in dieser Lerngruppe ist die Klassenlehrerin, die aufgrund der Struktur der integrativen Gesamtschule zu wenige Unterrichtsstunden in ihrer Klasse im achten Jahrgang hatte und somit den Unterricht im Fach Gesellschaftslehre mit übernehmen musste. Bis zu dieser Zeit haben sich die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des GL-Unterrichts mit dem Thema „Neues Weltbild und Handelsinteressen beschäftigt. Im Schulcurriculum für das Fach Gesellschaftslehre ist das genannte Thema für den siebten Jahrgang vorgesehen. Leider ist es uns (den GL-Lehrern im Jahrgang) nicht gelungen, dieses Thema abzuschließen. Im Zuge der gemeinsamen Überlegungen haben wir uns entschieden, das Thema in der Klasse 8 fortzusetzen. Die einflussreichste Person in dieser Klasse ist die Klassenlehrerin, Frau Penkert. Sie ist ihren Schülerinnen und Schülern gegenüber sehr konsequent und anspruchsvoll, aber gleichzeitig auch verständnis- und liebevoll. Sie kümmert sich sehr intensiv um die Lernfortschritte in der Klasse sowie um das Schicksal „ihrer Kinder, was die Lernenden auch spüren. Dementsprechend kommen schwerwiegende Disziplinprobleme in dieser Lerngruppe eher selten vor. Im Unterricht herrscht im Gegensatz zum letzten Schuljahr eine weniger lernfreudige Atmosphäre, was sich durch die intensive Phase der Pubertät begründen lässt. Vor allem die Schülerinnen (außer 1 Schulprogramm: Georg-August-Zinn-Schule, Europaschule in Kassel, 2007, S. 7 ff. 3 Biljana und Sara) empfinden Schamgefühl (Ellina, Katharina, Alina, Julia, Kristina, Anna), wenn sie zu einer mündlichen Äußerung aufgefordert werden. Das Interesse am Fach GL ist geteilt: Einige Schülerinnen und Schüler zeigen sich sehr interessiert, arbeiten motiviert mit und sind in der Lage, qualifizierte Beiträge zu liefern. Dazu gehören die Schüler Bastian, Benjamin, Biljana, Dennis, Furkan, Kaan und Soleiman. Die genannten Lernenden unterscheiden sich auch von den anderen durch ihre Leistungsstärke in allen anderen Fächern. Eher passiv bleiben im Unterricht die bereits erwähnten Mädchen. Sie melden sich selten und antworten ungern auf gestellte Fragen. Oft reagieren sie verzweifelt und formulieren leise den Satz: „Ich weiß nicht. Die Gründe für ihre schwachen mündlichen Leistungen sind vielfältig. Erstens besteht u.a. der Grund dafür in der Pubertät und der Angst vor der Blamage. Des Weiteren haben viele Schülerinnen, u.a. Elina, Jana, Anna, Chantal, ein Problem mit mangelndem Selbstbewusstsein und kämpfen oft mit ihrem Schamgefühl. Es lässt sich, was den psychischen Entwicklungsstand betrifft, eine deutliche Heterogenität feststellen. Einige der Schüler, z.B. Sara und Andre, benötigen aus unterschiedlichen Gründen besonders viel Aufmerksamkeit. Sara hat einen dominanten Charakter und übernimmt während der Gruppenarbeiten eine führende Rolle, was Vorteile hat, wenn sie die Gruppe zur Arbeit motiviert, aber auch Nachteile haben kann, wenn sie die Gruppe mit anderen, für die Pubertät typischen Themen ablenkt. Andre gehört zu den Schülern, die im handwerklichen Bereich sehr gut mitarbeiten können und erreicht auf diesem Gebiet die besten Ergebnisse. Im Frontalunterricht bleibt er immer wieder passiv und lässt das Unterrichtsthema an sich „vorbeirauschen. Zu den Sorgenkindern in der Klasse zählt auch Marcus, der nicht in die neunte Klasse versetzt wurde. Hier ist mit massiven Disziplinproblemen zu rechnen, deren Gründe in der familiären Umgebung des Schülers zu suchen sind. Der Raum, in dem der Unterricht stattfindet, ist der Klassenraum der Schüler und kein spezieller Geschichtsraum. 2.2 Spezielle Lernvoraussetzungen Aus den Erfahrungen, die ich mit der Gruppe in den Phasen der Gruppen- und Einzelarbeit, z.B. bei der Erstellung von Lernplakaten, Bearbeitung von Arbeitsblättern, der selbstständigen Arbeit mit Atlanten, der Arbeit in Expertengruppen gesammelt habe, gehe ich davon aus, dass der große Teil der Lernenden die Anforderungen des Unterrichts (Diskussion Lawinengespräch) bezüglich des Arbeitsverhaltens (Sorgfalt, Selbstständigkeit) erfüllen wird. Zur Klasse gehören jedoch auch Schülerinnen und Schüler, z.B. Katharina, Anna, Kristina, Julia, Jana, Olga, Behnan und Andre, 4 denen in Form von detaillierten Anleitungen und durch Unterstützung sowohl der Klassenkameraden als auch des Lehrers geholfen werden muss. Da die Schülerinnen und Schüler in gewohnten Gruppen arbeiten, die meistens geschlechtshomogen sind, rechne ich mit einer guten Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit in den Arbeitsgruppen. Im Bereich des Sozialverhaltens im Unterricht erwarte ich keine schwerwiegenden Probleme, außer von Sara, die eventuell durch ihr Verhalten und ihren Drang zur Führungs- und Entscheidungsrolle innerhalb der Gruppe für Konflikte sorgen kann. Im Bezug auf die fachlichen, auf den Stundeninhalt bezogenen Kompetenzen werden die Schülerinnen und Schüler durch die Aufgabenformulierung aufgefordert, Informationen, die sie bis zum Zeitpunkt dieses Unterrichts erworben haben, in Bezug zu den neuen Inhalten zu setzen, so dass sie die Sichtweise des Menschen und die der Kirche zu Beginn des 16. Jahrhunderts miteinander in Verbindung setzen und Schlussfolgerungen ziehen können. Durch die Parallele zu ihrem Schulleben werden sie dazu angeleitet, das Empfinden des Menschen, der vor 500 Jahren gelebt hat, nachvollzuziehen und sein Verlangen nach Veränderung und Reformation der Kirche zu erkennen und zu verstehen. Für dieses Ziel ist es von höchster Relevanz, dass die Lerngruppe den bearbeiteten Stoff relativ sicher beherrscht und sich aktiv an der Diskussion beteiligt, die Argumentation der beiden Seiten verarbeitet und Schlüsse zieht. 3. Sachstrukturanalyse Die Kirche zu Luthers Zeit im 16. Jahrhundert ähnelte einem Staat, obwohl sie über kein eigenes Gebiet verfügte. Die weitreichenden Befugnisse der Kirche basierten auf einer jahrhundertealten Tradition, die jedoch viele Kritiker hatte. Einerseits waren dies Könige und Herrscher, die sich der Einmischung der Kirche in staatliche Interessen widersetzten, andererseits waren es Gelehrte, die immer wieder die dogmatische Lehre der Kirche in Frage stellten. Nicht zu vergessen die Menschen aller Schichten, die seit Langem unter der kirchlichen Steuererhebung litten. Am lautesten wurde über die kirchliche Anhäufung von Reichtümern geklagt. Unter allen Einkommensquellen der Kirche nahm der Ablasshandel dabei einen besonderen Platz ein2. Unter Ablass verstand man das Erlassen „zeitlicher Sündenstrafen durch die Kirche3 Diese Strafen mussten entweder auf der Erde abgebüßt oder im Fegefeuer gesühnt werden. Der Sündenerlass war möglich durch eine Gegenleistung, z.B. eine Wallfahrt nach Rom, Teilnahme an den Kreuzzügen oder durch Geldgaben für die Armen. Wer sich entschied, einen Ablassbrief zu kaufen, erhielt 2 Simon, E.: Zeitalter der Menschheit. Die Reformation, 1967, S. 35. 3 Geiger, U.: Martin Luther und die Reformation, 2010, S. 36. 5 ebenfalls einen Sündenerlass. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, einen Ablassbrief für bereits Verstorbene zu kaufen, um diesen damit die Zeit des Fegefeuers zu verkürzen. Dieses Vorgehen führte auf Dauer dazu, dass viele Menschen fest davon überzeugt waren, sich von ihren Sünden loskaufen zu können. Die Kirche selbst erkannte klar die Kluft zwischen Ideal (biblische Lehre) und Wirklichkeit (Kirche als von der Korruption angeschlagene Institution) dennoch war sie nicht bereit zwecks Reformierung, die Hilfe einer fremden Macht anzunehmen, in der Hoffnung, dass diese dazu beitragen könne, die Kirche von innen zu reformieren. Die Unterstützer der Kirchenreform teilten sich in drei Gruppen. Die erste Gruppe setzte sich aus geistlichen Reformern zusammen, die der Ansicht waren, dass ausschließlich die Rückkehr zu einfacher Frömmigkeit der einzig wahre Weg der Reformation sei. Die Anhänger der Konzilbewegung, also weltliche und geistliche Staatsmänner, zählten zur zweiten Gruppe. Ihr Ziel war es, die Ingerenz der Kirche in die nationale Politik zu unterbinden; ferner strebten sie eine internationale und nicht nur italienische Zusammensetzung der Mitglieder der Kurie an. Die Humanisten bildeten die dritte Gruppe. Diese glaubten, dass vor allem die Kenntnis der Bibel die ursprüngliche Reinheit, die die Kirche besessen hatte, wiederherstellen könne. Die humanistische Bewegung hatte ihre Wurzel in der Renaissance, der Zeit der Entdeckungen, Modernisierung und der Erneuerung der Ideale der Antike. Im Zuge dessen strebten die Humanisten die Alphabetisierung des Volkes an, sodass dieses auch die deutsche Übersetzung der Bibel (zuerst des Neuen Testaments) lesen konnte. Obwohl Martin Luther kein Humanist war, waren seine Ideen vom Humanismus doch indirekt beeinflusst. Er nahm als Priester die Beichte ab und war empört darüber, wie wenig Reue die Menschen über ihre Sünden empfanden. Seine Empörung, aber auch die tiefen Überlegungen bezüglich der Institution Kirche und der Lehre der Bibel fanden in seinen 95 Thesen ihren Ausdruck, die er am 31.10.1517 in Form eines Plakats an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg anschlug und die zum eigentlichen Anstoß der Reformation wurden. 4. Didaktische Überlegungen Das Unterrichtsthema Reformation und Ablasshandel, das ein Bestandteil der Unterrichtseinheit „Umgang mit Fremden und Andersdenkenden: Kampf um Wahrheit ist, ist im hessischen Lehrplan im Bildungsgang Realschule für das Fach Geschichte in der Klasse 8 vorgesehen4 An der Georg- 4 Vgl. Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Geschichte, Bildungsgang Realschule. Jahrgangsstufen 5 bis 10. Wiesbaden, S. 16. 6 August-Zinn-Schule wird jedoch ab der fünften Klasse das Fach Gesellschaftslehre mit den Fächern Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde (im achten Jahrgang mit vier Stunden in der Woche) unterrichtet. In der integrierten Gesamtschule wird für einige Schülerinnen und Schüler die neunte Klasse die letzte in ihrer schulischen Karriere sein. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass diese Lernenden die in der Klasse 9 obligatorischen Themen Nationalsozialismus und Mauerfall bearbeiten; daher findet die Themenreihe zur Reformation im schulischen Curriculum normalerweise in der Jahrgangsstufe sieben ihren Platz. Meine Überlegungen bezüglich des Aufbaus der Einheit wurden einerseits konstant von Gedanken zur Heterogenität der Gruppe begleitet, was vor allem den kulturellen Hintergrund und die Konfession angeht, andererseits hat mich die größte Schwierigkeit der Lerngruppe die mündliche Teilnahme am Unterrichtsgeschehen beschäftigt. Die Unterrichtseinheit „Kampf um Wahrheit und das Thema Reformation werden bereits in den Geschichtslehrwerken aus didaktischen Gründen vereinfacht und reduziert. Es wird sowohl auf die umfangreiche Vorgeschichte der Reformation als auch auf die detaillierte Darstellung der Reformation in ihrer räumlichen und zeitlichen Abfolge verzichtet. Der Schwerpunkt wurde auf die Veränderung der Lebenssituationen der Menschen bezüglich ihrer Gefühle (Angst vor dem „Fegefeuer) wie auch der neuen Verhältnisse in Staat und Gesellschaft zu Beginn der Neuzeit gelegt 5. Diese Zielsetzung entspricht der Situation und der Zusammenstellung in der Klasse. Die meisten in der Klasse gehören der evangelischen Kirche an, vier Lernende sind Muslime, zwei Personen sind katholisch und einige beteiligen sich überhaupt nicht am kirchlichen Leben. Den Schülern fehlen Bezugspunkte und Vorwissen, die es ihnen ermöglichen würden, die Unterschiede zwischen dem evangelischen und katholischen Glauben zu erkennen. In dieser Situation halte ich es für wenig sinnvoll, diese Unterschiede zu thematisieren. Es ist wesentlich wichtiger, dass alle Schülerinnen und Schüler eine Grundvorstellung von der Zeit der Reformation, vom Lebensgefühl der Menschen und den Veränderungen in der Denkweise des Menschen im Hinblick auf die Rolle der Institution der Kirche erwerben. In Bezug darauf habe ich mich entschieden dem Thema Ablasshandel die ganze Unterrichtsstunde zu widmen. Der Ablasshandel wurde zum Stein des Anstoßes der Reformation, indem in der ersten Phase die Menschen vereinzelt merkten, dass sie gegen Unrecht protestieren konnten. Es wurde ihnen bewusst, dass sogar Priester, die das Wort Gottes auf Erde repräsentieren, Fehler machen, die Vgl. Entdecken und Verstehen. Handreichungen für den Unterricht. (Hrsg.) Dr. T. Berger-v.d.Heide; Prof. Dr. H.G. Oomen, 2006, S. 84. 5 7 man jedoch nicht tolerieren musste und gegen die man vorgehen konnte. Der Mensch wird gut, wenn er Gutes tut, und nicht, wenn er sich mit Geld von seinen Sünden freikaufen kann, wie die Kirche zu dieser Zeit predigte. Ich zeige während der ganzen Unterrichtseinheit und besonders in dieser Unterrichtsstunde (Einführungsphase) immer wieder zeitgenössische Bilder. Sie sollen der Lerngruppe eine gewisse Hilfestellung beim Vorstellen und im besten Fall beim Hineinversetzen in die Gefühlswelt des Menschen zu Beginn des 16. Jahrhunderts leisten. Im weiteren Verlauf werden die Schülerinnen und Schüler mit Texten arbeiten, die die Situation des Ablasshandels in ihrem Alltagsleben darstellen, und dies schließlich untereinander diskutieren. Da die Geschichte der Reformation und des Ablasshandels über 500 Jahre alt ist, halte ich es für notwendig, ein Beispiel aus der heutigen Welt zu finden, das den Lernenden ermöglicht, sich die damalige Welt vorzustellen und die damals herrschenden Verhältnisse nachzuempfinden. Wie bereits erwähnt, haben die meisten Lernenden in dieser Klasse Probleme mit der mündlichen Mitarbeit. Aus diesem Grund habe ich mich zum wiederholten Mal für die Diskussion als Form der Erarbeitung entschieden. Das Lawinengespräch hat die Lerngruppe zwar noch nie durchgeführt, aber ich erwarte im Hinblick auf seine Struktur, dass die meisten Schüler in Gruppengesprächen mehr Selbstbewusstsein haben und sich daher mehr beteiligen als im Plenum. Die Schülerinnen und Schüler erhalten im Lawinengespräch die Gelegenheit, zu einem Thema eigene Vorstellungen zu entwickeln und diese in immer größeren Gruppen zu vertreten und weiterzuentwickeln6. Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Reformation im Unterricht geht es weniger um Daten, Fakten und Unterschiede zwischen der katholischen und evangelischen Auffassung der Bibel. Vielmehr geht es um den Symbolcharakter der Reformation, der besagt, dass der Mensch durch seine Taten Vergebung bekommt und nicht für sein Geld. Dem Glauben liegt die Heilige Schrift zugrunde und nicht das Wort der Priester. Letztendlich darf Unrecht nicht toleriert werden, auch wenn man Angst hat, öffentlich dagegen aufzubegehren. 5. Methodische Überlegungen In der Einstiegphase wird abschnittsweise ein Bild an die Wand projiziert. Das Bild stammt vom Regensburger Altar und wurde um 1480 angefertigt. Es stellt das von Menschen nach dem Tod befürchtete Fegefeuer dar. Auf dem Bild werden begleitet von vielen Details, Nebenfiguren und Gegenständen zwei Beispiele der zu sühnenden Sünden (Eitelkeit und Geiz bzw. Habsucht) gezeigt. Aufgrund der Komplexität des Kunstbildes wird es den Lernenden in Abschnitten gezeigt. Die 6 Brenner, G.; Brenner, K.: Fundgrube Methoden Für alle Fächer, 2007, S. 214. 8 Schülerinnen und Schüler äußern spontan ihre Bemerkungen zum Gesehenen und versuchen anschließend, den Bildinhalt zu deuten. Die Lehrerin stellt, falls die Gruppe gravierende Schwierigkeiten mit der Bilddeutung hat, Zusatzfragen: „Was/Welche Vorstellung zeigt das Bild? In welchem Zusammenhang zueinander stehen das Bild und der Mensch zu Beginn des 16. Jahrhunderts? Welche Absicht hat der Maler verfolgt? Ich hoffe, dass die Lerngruppe auf ihr Vorwissen zurückgreift und in der Einstellung des Menschen im 16. Jahrhundert zu Leben und Tod auch die Begründung für die Vorstellung vom Leben nach dem Tod findet. Das Ziel dieser Phase ist es, die Lernenden zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, dass die Vorstellung von der Welt und die Lebensgrundsätze vor 500 Jahren sich grundsätzlich von denen der heutigen Gesellschaft unterscheiden. Im weiteren Verlauf der Stunde (Erarbeitung) werden den Schülerinnen und Schülern abwechselnd zwei Arbeitsblätter ausgeteilt, und zwar so, dass jeder zweite Schüler das gleiche Blatt bekommt. Während die eine Hälfte der Lernenden auf ihrem Blatt eine kleine Szene in Form eines Cartoons findet, der ihnen einen Einblick in die Vorstellungen und Erwartungen der Menschen über den Ablass gibt, wird sich die andere Hälfte der Kinder mit einer Situation auseinandersetzen, in der ein Schulleiter in einem Brief die Schülerinnen und Schüler informiert, dass ab jetzt in der Schule gute Noten käuflich zu erwerben sind. Die Lehrerin erklärt vor der Verteilung der Arbeitsblätter die Methode anhand grafischer Symbole an der Tafel. Zunächst denkt jeder Schüler für sich über die Textaussage und Fragestellung nach und notiert seine Antworten und Bemerkungen(in diesem Augenblick erfolgt die erste Phase der Ergebnissicherung). Dann tauschen alle Schüler in der Partnerarbeit ihre Meinung dazu aus. Anschließend setzen sich je zwei Zweiergruppen zu Vierergruppen zusammen. In dieser werden die Ergebnisse der beiden Ausgangsgruppen ausgetauscht und evtl. ergänzt. Dann schließen sich jeweils Achtergruppen zusammen und verfahren ebenso. Die Achtergruppen stellen ihre Ergebnisse schließlich dem Plenum vor. Das Signal zur wiederholten neuen Gruppenbildung gibt immer wieder die Lehrkraft. Die Antworten der Arbeitsgruppen auf die letzte Frage schreibt die Lehrerin stichwortartig links an die Tafel. Da diese Phase sehr zeitaufwändig ist, werden die Lernenden nicht zum Abschreiben von der Tafel aufgefordert. Dies tut die Lehrkraft nach dem Unterricht und verteilt die fertigen Notizen im Rahmen der Ergebnissicherung in der darauffolgenden Stunde. Im weiteren Schritt (Vertiefung) präsentiert die Lehrperson auf dem OHP einen Quellentext (die Wittenberger Thesen; Thesen Nr. 21, 27, 32, 36, 43)7. Die Lernenden äußern sich darüber, wie Martin Luther den Ablasshandel verurteilt und welche Ratschläge er den Menschen gibt. Sie 7 Vgl. Entdecken und Verstehen 2. Schülerbuch (Hrsg.) Dr. T. Berger-v.d.Heide; Prof. Dr. H. G. Oomen, 2009, S. 156. 9 versuchen, Parallelen zu den eigenen, an der Tafel gesammelten Formulierungen zu finden. Die Schülerinnen und Schüler reflektieren nach der Betrachtung der Aussagen die Frage „Inwieweit hat die Veröffentlichung und Verbreitung dieser Thesen die Gesellschaft zu Beginn des 16. Jahrhunderts beeinflusst? Als Hausaufgabe werden in der Klasse Arbeitsblätter mit einer Karikatur ausgeteilt, die die Schülerinnen und Schüler deuten sollen. Die Aufgabe hat zum Ziel, die Informationen der Stunde zusammenzufassen und zu sichern. 6. Zielsetzung Angestrebter Kompetenzzuwachs Die Schülerinnen und Schüler gewinnen einen Eindruck von der Lebenseinstellung des Menschen der Frühen Neuzeit, indem sie das Altarbild (Fegefeuer) deuten. Die Schülerinnen und Schüler erkennen in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit die wahren Absichten das Ablasshandels und die Gefahren, die dabei entstehen, indem sie sich mit dem Cartoon bzw. Schulleiterbrief auseinandersetzen und die Ergebnisse in kurzen Beiträgen präsentieren. Dabei üben sie ihre Gesprächstechnik (im Lawinengespräch) und entwickeln ihre Diskussionsfähigkeit weiter. Die Schülerinnen und Schüler nehmen den Bruch in der Einstellung zur Kirche und zum Leben und Tod des Menschen am Anfang des 16. Jahrhunderts wahr. 7. Verlaufsplanung Zeit 5 Min. Phase/Inhalt Methode, Sozialform Einstieg: Einzelarbeit/Plenum Flügelbild aus dem Regensburger Altar „Fegefeuer Stummer Impuls, Die Lerngruppe äußert ihre vermutete Schüleräußerungen: Vermutungen im Plenum. Teufel, Satan, Sünden (z.B. Eitelkeit, Geiz), Hölle, Himmel, Strafe, Jüngstes Gericht, Fegefeuer, Schmerz, Angst, Tod, etc. Zusatz-, Hilfsfragen: Medien Bild OHP Was/Welche Vorstellung zeigt das Bild dar? In welchem Zusammenhang stehen das Bild und der Mensch zu Beginn des 16. Jahrhunderts zueinander? Welche Absicht hat der Maler verfolgt? 10 Zeit Phase/Inhalt 20 Min. Erarbeitungsphase: Arbeitsblätter mit Cartoon und Brief der Schulleitung Vermutete Schülerergebnisse: Angst vor der Hölle bzw. vor den schlechten schulischen Leistungen, Angst vor Gott bzw. vor den Eltern, die Kirche bzw. die Schulleitung will finanzielle Gewinne erzielen, etc. 5 Min. Vertiefungsphase I: Die Lernenden formulieren ihre Äußerungen auf die Lehrerfrage: Was würdet ihr einer Person sagen, die versucht, ihre Fehler/Sünden und Schwächen mit Geld auszugleichen? Vermutete Schüleräußerungen: härter arbeiten, ehrlich sein, etwas Gutes tun, . 10 Min. Vertiefungsphase II: Quellentext auf der OHP Folie. Der Text wird gemeinsam gelesen. Die Lerngruppe versucht, Parallelen zwischen dem Text und ihren eigenen (an der Tafel gesammelten) Aussagen zu finden. 5 Min. Methode, Sozialform Medien Einzelarbeit/Partnerarbeit/ Gruppenarbeit/Plenum Arbeitsblätter Lawinengespräch: Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten die Aufgaben, tragen ihre Antworten stichpunktartig ein, besprechen sie in Gruppen zunehmender Größe und präsentieren sie schließlich im Plenum. Lehreraktivität: Die Lehrkraft erklärt die Aufgabe und moderiert die Phase des Lawinengesprächs. Plenum Unterrichtsgespräch Tafel Lehreraktivität Die Lehrkraft stellt Fragen und dokumentiert die Schüleraussagen an der Tafel. Einzelarbeit Plenum: Unterrichtsgespräch OHP Folie Die Lernenden besprechen ihre Bemerkungen und Vorschläge im Plenum. Reflexion: Unterrichtsgespräch Tafel Die Schülerinnen und Schüler äußern Die Lehrkraft stellt Fragen und ihre Meinung zu der Frage: lässt sie die Lernenden im „In wieweit kann die Veröffentlichung und Rückblick auf die Stunde Ve b e t n d e e T e e d e beantworten. Gesellschaft zu Beginn des 16. Jahrhunderts beeinflusst haben? vermutete Schüleräußerungen: Revolutionsgedanken, Individualisierung, Spaltung der Gesellschaft, Krieg, Konflikte mit der Kirche, . 1 Min. Hausaufgabe: Die Lerngruppe bekommt ein Arbeitsblatt mit einer Hausaufgabe. Arbeitsblatt 11 8. Literatur- und Quellenangaben Ausbüttel, F.: Grundwissen Geschichte: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Aachen 2006. Brenner, G.; Brenner, K.: Fundgrube Methoden Für alle Fächer, 2007. Geiger, U.: Martin Luther und die Reformation, 2010. Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Geschichte, Bildungsgang Realschule. Jahrgangsstufen 5 bis 10. Wiesbaden Schulprogramm: Georg-August-Zinn-Schule, Europaschule in Kassel, 2007. Simon, E.: Zeitalter der Menschheit. Die Reformation, Amsterdam 1967. Wunderer, H.: Thema Geschichte: Europa bricht auf Kultur, Staat und Wirtschaft in der Frühen Neuzeit, Braunschweig 2004. Schulwerke: Berger-v.d.Heide, T, Dr.; Oomen, H. G. Prof. Dr. (Hrsg.): Entdecken und Verstehen 2. Schülerbuch, 2009. Berger-v.d.Heide, T, Dr.; Oomen, H. G. Prof. Dr. (Hrsg.): Entdecken und Verstehen. Handreichungen für den Unterricht, 2006. Brückner, D.; Focke, H. (Hrsg.): Das waren Zeiten: Zwischen Antike und Renaissance, Bamberg 2007. 12