Arbeitsblatt: Schreibauftrag
Material-Details
Wenn Schüler stören, bietet sich diese Seite zum Schreiben an.
Lebenskunde
Gemischte Themen
klassenübergreifend
1 Seiten
Statistik
73827
802
4
05.01.2011
Autor/in
Christianne Christianne Böhm
Land: Deutschland
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Warum muss ich diese Seite schreiben? Ich sitze da und schreibe diese Seite ab. Die ganze Seite. Ich ärgere mich, weil die anderen, meine Mitschüler, die ja auch den Unterricht gestört haben. Stattdessen sitze ich hier am Tisch und muss schreiben. Schmieren oder unleserlich schreiben, um möglichst schnell fertig zu werden, ist zwecklos, denn dann muss ich die Seite noch einmal schreiben. Genauso darf ich nicht zu viele Rechtschreibfehler machen! Sollte ich auf die Idee kommen, Worte oder sogar ganze Sätze wegzulassen, nützt mir das noch weniger, denn auch dann darf ich mit dieser Seite nochmalige Bekanntschaft machen. Ist mein Lehrer vielleicht ein kleiner Sadist, der gerne Schüler quält? Oder steckt er mit dem Schreibwarenhändler unter einer Decke und teilt sich mit ihm den Gewinn für Schreibpapier und verbrauchte Tinte, das ich hier „verschwende? Oder muss ich den Grund dafür, dass ich diese Seite schreiben muss, doch bei mir suchen? Wollte ich nicht schon lange einmal wissen, wann endlich der Geduldsfaden meines Lehrers reißt? Wollte ich nicht schon lange wissen, wie lange ich noch ungestraft davon komme? Wollte ich nicht wissen, was mir passiert, wenn ich trotz vieler Ermahnungen des Lehrers die Sticheleien gegenüber Mitschüler nicht bleiben lasse? Wollte ich nicht wissen, wie viele Unterrichtsstörungen ungestraft bleiben? War mir eigentlich klar, dass irgendwann das Maß voll ist? Wollte ich nicht genau diesen Punkt erreichen, den Punkt, an dem ich für mein Verhalten bestraft werde? Warum belässt der Lehrer es dieses Mal nicht bei der knappen Ermahnung, die es sonst immer gab? Warum kann er nicht einfach sagen: „Beim nächsten Mal gibt es eine Nacharbeit? Warum kann er mich nicht einfach an einen anderen Platz setzen, damit ich nicht immer denselben schikaniere? Warum kann er mich nicht einfach nach der Stunde zu sich holen und mich eindringlich verwarnen, dass er ein solches Verhalten nicht hinnimmt? Warum kann er sich nicht in meine Lage versetzen? Warum zeigt er so wenig Verständnis für mich? Warum kann er nicht begreifen, dass das Problem in diesem Augenblick nicht anders zu lösen war? Warum redet der Lehrer nicht einfach mit mir? Ich bin doch eigentlich gar nicht so schlimm, wie er denkt. Eine peinliche Minute musste ich mir eine (kleine) Strafpredigt anhören. Dann war dieser ganze Spuk vorüber. Dachte ich zumindest. Jetzt sitze ich hier und die Seite, die ich abschreiben muss, findet einfach kein Ende. Was muss dieser Text auch so lang sein! Was hat dieser blödsinnige Text überhaupt mit meinem Verhalten zu tun? Wenn es wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung wäre! Ganz egal, ob Matheaufgaben, Vokabeln oder ein Aufsatz. Dann würde ich wenigstens irgendeinen Sinn in dieser Schreibveranstaltung sehen. Aber so werde ich mich und mein Verhalten ganz bestimmt nicht ändern, denn das ist doch keine Erziehung! Während ich so dasitze und schreibe, kreisen meine Gedanken. Und mir wird klar: Der Lehrer will überhaupt nicht mehr erziehen. Er hat bereits aufgegeben. Denn ansonsten hätte er mir eine sinnvolle Aufgabe gegeben, die ich erledigen muss. Stattdessen glaubt er, dass Erziehung bei mir überhaupt keinen Sinn mehr hat. Er glaubt, dass ich ihn nicht verstehen kann und auch gar nicht verstehen will! Eigentlich ist das wie im Zirkus: Der Tiger, der nicht gehorchen will, bekommt vom Dompteur, der das Tier zu einem bestimmten Verhalten erziehen möchte, eins auf die Pfoten. Wenn der Tiger schlau ist und ein gutes Gedächtnis hat, merkt er sich für die Zukunft, was passiert, wenn er ein falsches Verhalten zeigt. Und was hat das nun wieder mit dieser endlosen Seite zu tun? Na klar! Jede Zeile ist eine Art Bestrafung vom Dompteur. Jede einzelne Zeile tut mir weh und ärgert mich. Eigentlich will ich einfach nur fertig werden. Ich habe schließlich Wichtigeres zu tun, als die Zeit hier abzusitzen. Vielleicht endet der ganze Ärger ja mit einem positiven Vorsatz von meiner Seite: Ich nehme mir vor, in Zukunft besser aufzupassen, Hausaufgaben sorgfältig zu erledigen, Störungen im Unterricht zu unterlassen und vor allem keine Mitschüler zu beleidigen oder zu schlagen. Ich tue das natürlich nicht, weil ich einsehe, dass das nicht in Ordnung ist, wenn ich mich so verhalte, sondern einfach nur aus dem Grund, weil ich diese dämliche Seite nicht noch öfter schreiben möchte. So langsam komme ich allerdings ins Grübeln. Komisch, dass ich mich wie ein schlecht dressierter Tiger verhalte und der Lehrer sich wie ein Dompteur aufführen muss. Eigentlich peinlich für beide Seiten. Vielleicht könnten es beide in Zukunft anders probieren. Dann kann diese unangenehme Seite in der Tasche bleiben. Jetzt sind es nur noch wenige Zeilen, dann habe ich diese Seite mit den seltsamen Themen „Erziehung und „Dressur endlich hinter mich gebracht. Das wurde auch Zeit! Der Lehrer „tickt doch nicht mehr richtig, mich so viel schreiben zu lassen! Außerdem habe ich von diesem ganzen Geschwafel so gut wie nichts verstanden. Macht (fast) nichts! Auf jeden Fall war diese Seite eine gute Rechtschreibübung, eine Schönschreibübung, eine Übung für ruhiges und konzentriertes Abschreiben und vor allem ein äußerst sinnvoller Zeitvertreib. Ich werde garantiert einiges dafür tun, dass ich mit diesem Text so bald nicht noch einmal Bekanntschaft machen muss. Folgendes nehme ich mir also für die Zukunft vor: Vor- und Nachname (Schüler) Datum Fach/Klasse