Arbeitsblatt: der Vorleser

Material-Details

Komplette Interpretation von "der Vorleser" von Bernhard Schlink. Aus "Königs Erläuterungen" und dem Internet entnommene Informationen
Deutsch
Leseförderung / Literatur
12. Schuljahr
17 Seiten

Statistik

7751
4750
53
21.06.2007

Autor/in

Jolanda Wittweiler
Land: Schweiz
Registriert vor 2006

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Textauszüge aus dem Inhalt:

Der Vorleser Bernhard Schlink Inhaltsverzeichnis 1 Erste Orientierung 1 1.1 Biographie des Autors . 1 1.2 Bibliographie und Preise 1 1.3 Zeit, in der die Geschichte spielt 2 1.4 Zeit, in der die Geschichte geschrieben wurde 2 1.5 Ort, wo die Geschichte spielt . 2 1.6 Weitere Angaben des Verlages 3 2 Personen und Handlungsverlauf 4 2.1 Hauptpersonen . 4 2.1.1 Michael Berg 4 2.1.2 Hanna Schmitz . 4 2.1.3 Familie Berg 5 2.1.4 Vater Berg und seine Beziehung zu seinem Sohn . 6 2.2 Beziehung Hanna-Michael . 7 2.2.1 Sexualität mit Hanna als Initiation . 8 2.3 Charakterisierung und Entwicklung der Figuren im Verlaufe der Geschichte 9 2.3.1 Hanna 9 2.3.1.1 Hannas Leben im Gefängnis .9 2.3.2 Michael 9 2.3.3 Gefängniswärterin: . 10 2.3.4 Gertrud: 10 2.4 Themen der Geschichte. 10 2.4.1 Vergangenheitsbewältigung (Holocaust) . 10 2.4.2 Die Frage nach der Schuld . 12 2.4.3 Analphabetismus und Ohnmacht 12 2.4.4 Stark ungleichaltrige Beziehung, Sexualität und Zu-Hause-Sein 14 2.4.5 Wasser in seiner reinigenden Wirkung . 14 2.5 Stationen der Handlung, Spannung 15 2.5.1 Zusammenfassung 15 3 Mensch und Umwelt . 16 3.1 Historischer Zusammenhang des Textes . 16 4 Erzählstruktur . 16 4.1 Erzählperspektive 16 4.2 Zeitgestaltung . 16 4.3 Bedeutung von Titel, Anfang und Schluss . 16 5 Sprachliche Mittel 16 5.1 Charakterisierung des Stils des Textes . 16 5.1.1 Die Sprache . 16 5.1.2 Fragestellung . 17 5.1.3 Sentenzen . 17 5.1.4 Ambivalenz 17 6 Quellen 17 1 Erste Orientierung 1.1 Biographie des Autors • 1944 geboren in Bielefeld; als Sohn des Professors Edmund Schlink • 1945 Familie wechselt nach Heidelberg; Geschwister: Johanna, Dorothea und Wilhelm • 1975 Promotion: Abwägung im Verfassungsrecht • 1981 Habilitation Professor an der Berliner Humboldt-Universität Verfassungsrichter in Nordrhein-Westfalen Herausgabe juristischer Fach- und Lehrbücher • 1987 Veröffentlichung seines 1. Kriminalromans Selbst Justiz (gemeinsam verfasst mir Walter Popp) • Ab 1987: Richter des Verfassungsgerichtshofs NRW in Münster 1.2 Bibliographie und Preise • 1989 Auszeichnung mit dem Glauser Preis des Syndikats (Autorenpreis deutschsprachiger Kriminalliteratur) • 1991 Verfilmung des Kriminalromans „Selbs Jusitz unter dem Titel „Der Tod kam als Freund für das ZDF (Regie: Nico Hofmann) • 1992 Veröffentlichung von Selbs Betrug • 1993 Verleihung des Deutschen Krim-Preises des Bochumer Krimiarchivs für „Selbs Betrug • 1995 Erscheinen des Romans Der Vorleser Verleihung des „Stern des Jahres der „Abendzeitung (München) für „Der Vorleser • 1997 Erhalt des Grinzane-Cavour-Preis in Italien für Der Vorleser Verleihung des Fallada-Preises der Stadt Neumünster Prix Laure Batallion für „Der Vorleser in Frankreich Erscheinen der englischen Ausgabe (The Reader) von „der Vorleser • 1999 „The Reader auf Platz eins der Bestsellerlisten Verkauf der Filmrechte an Hollywood Literaturpreis der Tageszeitung „die Welt für „der Vorleser Übersetzung in 26 Sprachen von „der Vorleser • 2000 erscheinen der Erzählungen Liebesfluchten Ehrengabe der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Gesellschaft Erhalt des evangelischen Buchpreises für Der Vorleser Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 1/20 1.3 Zeit, in der die Geschichte spielt 1.4 Zeit, in der die Geschichte geschrieben wurde 1995 1.5 Ort, wo die Geschichte spielt Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 2/20 1.6 Weitere Angaben des Verlages keine Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 3/20 2 Personen und Handlungsverlauf 2.1 Hauptpersonen 2.1.1 Michael Berg Der 15-Jährige Michael Berg wird als dahinträumender, durchschnittlicher Jugendlicher beschrieben, der keine besonderen Ziele verfolgt. Der Widerspruch zwischen anerzogenen moralischen Werten und erwachendem sexuellen Verlangen beherrscht ihn (ein Phänomen, das oft als typisch für die 1950er angesehen wird), sodass er zum Beispiel versucht, seine Sexualität zu rationalisieren. Gegenüber seinen Altersgenossen versucht Michael, Souveränität und Überlegenheit auszustrahlen, die jedoch nur seine Gefühlsunsicherheit kaschieren sollen. Die Beziehung zu Hanna bedeutet für ihn einen deutlichen Einschnitt und trennt ihn emotional von den bisherigen Lebenswelten (Familie, Schule). In der Beziehung zu Hanna neigt er zu Unterordnung und Anpassung. Die Erfahrung, von Hanna auf Distanz gehalten zu werden und eine weitere, von Michael gewollte Vertiefung zu verweigern, verstärkt noch seine Hörigkeit und Unsicherheit gegenüber Hannas Dominanz. Die Schwierigkeit der Beziehung zu Hanna führt gegen Ende zu einer schleichenden Abwendung von ihr; das bald darauf folgende Verschwinden Hannas verursacht in ihm große Schuldgefühle, weil er sie verraten zu haben glaubt. Das Gefühl der eigenen Schuld und die nicht bewältigte, sich fortsetzende Abhängigkeit von Hanna führt bei Michael in der Folgezeit zu einer Bindungsunfähigkeit und einer Abweisung anderer Menschen. Die erneute Begegnung mit Hanna geschieht für den Studenten Michael Berg enorm plötzlich und überwindet die von Michael über die Zwischenzeit aufgebauten Verdrängungsmechanismen und Abwehrtaktiken. Dies führt Michael auf seine innere Leere und Ohnmacht zurück. Ihm entstehen neue Schuldgefühle, und das Gefühl, von Hanna entfremdet zu sein, verstärkt sich. Hinzu kommt die Unmöglichkeit, mit Hanna im Gerichtssaal zu kommunizieren. Weiterhin lähmt Michael das moralische Dilemma, um entlastende Hinweise über Hannas Schuld zu wissen. Versuche der Kontaktaufnahme zum Richter scheitern. Die folgenden Jahre des erwachsenen Michaels werden weiter bestimmt durch die Distanz zu seinen Mitmenschen und die Vermeidung möglicher Verletzungen durch Gefühllosigkeit und Abstand. Auch wenn diese Phänomene mit der Zeit abnehmen, scheitert Michaels 5-jährige Ehe mit der ehemaligen Studienkollegin Gertrud. Als Michael den Kassettenkontakt mit Hanna im Gefängnis aufnimmt, beginnt ein langsamer, selbsttherapeutischer Prozess für Michael. Er hält jedoch weiterhin Distanz zu Hanna, ihrer bevorstehenden Entlassung sieht er widerwillig entgegen; zwar fühlt er sich für Hanna verantwortlich, doch kann er sich eine gemeinsame Zukunft nicht vorstellen. Der ältere (autobiographisch erzählende) Michael Berg zeigt schließlich ein hohes Maß an Schuldbewusstsein und Reflexion. Das Schreiben bezeichnet er an verschiedenen Stellen als Konfliktbewältigung. Michael hat zu einer gewissen moralischen Läuterung gefunden, die in der unbeschönigten Beschreibung seiner Lebensgeschichte ihren Höhepunkt findet. Bedeutend für diese Entwicklung scheint der Besuch der Tochter einer der betroffenen Häftlinge während der NS-Zeit zu sein, mit der er erstmalig offen über die Beziehung zu Hanna spricht. (siehe auch: Königs Erläuterungen und Materialien: S. 44ff) 2.1.2 Hanna Schmitz Hanna Schmitz ist ein sehr widersprüchlicher Charakter. Zu den Werten ihrer Sozialisation in den 1930ern gehören ein gesteigertes Pflichtgefühl und eine starke Arbeitsmoral, hierarchische Unterordnung und ein Sinn für Ordnung. Dem entgegen spricht ihre beständige Angst vor Aufdeckung ihrer Schwäche, dem Analphabetismus. Ihre Reaktionen schwanken hier zwischen Anpassung, Flucht und Aggression. Auch eine gesteigerte Brutalität in ihrem Verhalten lässt sich nachweisen. Hanna besitzt zwar eine durchschnittliche Intelligenz, doch sie hat nie Verständnis für Spielregeln des Alltags und der Gesellschaft erlernt. Die Öffentlichkeit, Kultur, gesellschaftliche Kommunikation und der Gerichtssaal sind ihr fremde Räume, die zu deuten sie keine Muster besitzt. Das zeigt sich auch in dem nicht vorhandenen Vermögen, moralisch ihr Handeln zu abstrahieren. Es lässt sich demnach eine partielle möglicherweise selbst verschuldete Unmündigkeit Hannas nachweisen, deren Ausdruck oder Ursache ihr Analphabetismus ist. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 4/20 Ähnlich wie Michael hält sie die Menschen auf Distanz und lebt das Leben einer Einzelgängerin (Angst vor Kontrollverlust). Zeit ihres Lebens baut sie keine tieferen sozialen Bindungen auf. Allgemein erfahren wir über Hanna nur durch die Sicht Michaels, was für eine direkte Interpretation problematisch ist. Das Verhalten Hannas wird durch Michael gedeutet und vorgefiltert: Michael interpretiert Hannas Biographie als fortwährenden Versuch, ihren Analphabetismus zu verheimlichen; dem entspricht seine Deutung des Gerichtsprozesses als Kampf Hannas um ihre Gerechtigkeit, mit einer einhergehenden unterschwelligen Bewunderung. Neben diesen Deutungsmustern lässt sich festhalten, dass eine wirkliche Charakteränderung Hannas erst in der Zeit der Haft geschieht. Vorher scheint ihre Charakterstruktur nahezu starr, auch wenn sie sich in unterschiedlichen Milieus unterschiedlich verhält. Während ihrer Haftzeit geschieht eine Auseinandersetzung mit den historischen Fakten und moralischen Problemen des Nationalsozialismus. Dies zeigt eine deutliche Änderung ihrer Denkweise an. Auch ihre Härte gegen sich selbst und andere gibt sie laut Beschreibung der Gefängniswärterin auf. Die Gründe für den Suizid sind vielfältig und stellen eine der Kernfragen der Interpretation dar. Grundsätzlich lässt sich Hannas erstmals entwickeltes Schuldbewusstsein betonen, das ihr eine Einordnung ihrer Taten erlaubt. Zudem hat sich ihre ursprüngliche Betonung äußerer Stärke nun in Ohnmacht und Abhängigkeit von Michael gewandelt. Und nicht zuletzt muss es ihr als eine unschaffbare Aufgabe erscheinen, sich in die Außenwelt zu reintegrieren, in der sie keinen Platz besitzt, weder von ihrer beruflichen Stellung, ihrer moralischen Beurteilung und ihrer materiellen Zukunft. 2.1.3 Familie Berg Die Familie Michaels wird nur am Rand beschrieben, liefert aber wichtige Hinweise auf die Sozialisation Michaels. Es handelt sich um eine sechsköpfige Familie (Michael hat drei Geschwister) des gehobenen Bürgertums, die eine klassische Rollenverteilung für die 1950er Jahre aufweist. Der Vater taucht in zwei wesentlicheren Szenen auf. Er ist von Beruf Philosophieprofessor, spezialisiert auf Kant und Hegel. Innerhalb der Familie spielt er die Rolle eines gemäßigt agierenden Patriarchen. Er hält seine Kinder stark auf emotionale und körperliche Distanz und plant sie genau wie seine Studenten in den täglichen Terminplan ein. Sein Verhalten wird als (unterbewusstes) Vorbild für Michaels Entwicklung gedeutet. Die Mutter ist eine durchaus positiv dargestellte Figur, zu der Michael aber anscheinend keinen genügenden Bezug aufbauen kann. Sie vermittelt ihm das Gefühl von Nähe, ohne Michael restlos mit diesem Gefühl befriedigen zu können. Nach der ersten Nacht mit Hanna erinnert sich Michael an eine Szene aus seiner frühen Kindheit: Vor dem wärmenden Herd hatte ihn die Mutter gewaschen und angekleidet. Diese Szene mütterlicher Verwöhnung wird zum Muster für die Badeszenen mit Hanna, die eine prägende Rolle für ihre Beziehung spielen, gleichzeitig aber auch für die damit verbundenen Schuldgefühle: ., ich mich fragte, warum meine Mutter mich so verwöhnt hat. War ich krank? Die Geschwister spielen nur eine untergeordnete Rolle. Zu ihnen befindet sich Michael in einem Verhältnis gegenseitiger Rivalität und Distanz. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 5/20 2.1.4 Vater Berg und seine Beziehung zu seinem Sohn Das Verhältnis von Michael Berg zu seinem Vater ist von einer grundlegenden Ambivalenz gekennzeichnet. Der Vater ist Professor der Philosophie und beschäftigt sich vor allem mit den beiden Philosophen Immanuel Kant (1724- 1804) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Während der Zeit des Nationalsozialismus verliert er seine Stelle als Dozent für Philosophie, weil er eine Vorlesung über den niederländischen jüdischen Philosophen Spinoza (1632-1677) halten wollte. Während des Krieges ernährt er seine Familie als Lektor eines Verlags für Wanderkarten und -bücher. (vgl. S.88) Für die Alltagsbelange seiner Familie zeigt der Vater kaum Interesse, und wenn er von seiner Frau einmal auf Kinder oder Haushalt angesprochen wird, schweigt er gewöhnlich und sieht nur nachdenklich drein. Er redet nicht über sich und schon gar nicht über die Vergangenheit und wirkt auf den Ich-Erzähler als ganz und gar verschlossen. Unfähig, seinen Kindern gegenüber Gefühle zu zeigen oder etwas mit deren Gefühlen für ihn etwas anfangen zu können (vgl. S. 134), gibt er sich vollkommen dem hin, was ihn wirklich beschäftigt: das Denken als Philosoph (vgl. S. 31) Damit entspricht er bis zu einem gewissen Grade der Vaterfigur, die in der familientherapeutischen Literatur als konturloser Vater bezeichnet wird. Mit seinen Attributen (randständig, emotional schwach und wenig beteiligt) ist der konturlose Vater zwar nicht wirklich konturlos, er hat nur nicht die Eigenschaften, die in seiner Familie gebraucht werden. (Schnack/Neutzling 1990, S.85) Sein emotionsloses bis abweisendes Verhalten gegenüber den eigenen Kindern verletzt den Ich-Erzähler sehr, der beklagt, dass er manchmal das Gefühl gehabt habe, die Mitglieder seiner Familie seien für den Vater lediglich Haustiere. Und so klingt es wie ein verspäteter Aufschrei des Erzählers, wenn er wenn auch fast beiläufig notiert: Ich hätte gerne gehabt, dass wir, seine Familie, sein Leben gewesen wären. (S.31) Zwischen dem Ich-Erzähler und seinem Vater herrscht eine Distanz, die auf der Unnahbarkeit und der unbestrittenen intellektuellen Autorität des Vaters beruht. Die emotionale Distanzierung des Vaters findet ihren Ausdruck in der räumlichen. Abgeschottet vom Familienleben und der Außenwelt führt er sein Leben in seinem Arbeitszimmer, einem Gehäuse das selbst die eigenen Kinder nur nach Vereinbarung eines Termins und nach Anklopfen betreten dürfen. (vgl. S.135) Das Vorbild, das der vollends verkopfte Vater seinem Sohn gibt, ist orientiert an einem Bild von Männlichkeit, in dem echte Gefühle keinen Platz haben, rationales Denken aber alles bestimmt. Aus diesem Grunde ist ein offenes Gespräch von Vater und Sohn wegen des Prozesses von Hanna nicht möglich und wird vom Ich-Erzähler auch überhaupt nicht in Erwägung gezogen, als er sich im Zwiespalt nach seiner Entdeckung von Hannas Analphabetismus befindet. Da der Ich-Erzähler wie sein Vater auch die gleichen Schwierigkeiten hat über seine Gefühle zu sprechen, sieht er gerade darin die Chance mit dem Vater sein Problem rein abstrakt zu erörtern. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 6/20 2.2 Beziehung Hanna-Michael Der Leser begleitet Michael durch mehrere Entwicklungsphasen seines Lebens: 1. Sexuelle Initiation und Ablösung von den Eltern, 2. Studienzeit, 3. Berufliche und familiäre Existenzgründung. Jede dieser Phasen ist mit Hanna verknüpft sexuelle Bindung, Konfrontation mit der NS-Vergangenheit und der persönlichen Verstrickung darin, Unfähigkeit zur langfristigen familiären Bindung). Selbst nach ihrem Tod hat Michael ihre „Geschichte nicht abgeschlossen. Vielfach ist die ungleiche Beziehung kommentiert und diskutiert worden. Leser der verschiedensten Gruppierungen fragen (im Internet, in Schulen, bei Diskussionen etc.) nach den Gründen für die ungewöhnliche Bindung. Eine Untersuchung der Verhaltensweisen und Eigenschaften der beiden zeigt, dass beide „gemischte Charaktere sind, d. h. nicht einseitig gut oder schlecht. Bei beiden ist das Fehlverhalten jeweils begründet: bei Hanna ist es die Angst vor der Aufdeckung ihrer dunklen Vergangenheit und ihres Analphabetismus, bei Michael ist es die Sehnsucht nach Hanna, die Angst, sie zu verlieren, und später die Furcht vor Verletzung. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Michael als Erzähler auch die Facetten des eigenen und des Charakters von Hanna vermittelt und dabei zu Beschönigungen und Entschuldigungen neigt. Die Darstellung anderer Personen (Tochter: Was ist diese Frau brutal gewesen. 5. 202) macht einen Blick auf eine andere mögliche Charakterisierung Hannas frei. Im gesamten Text zeigt sich die ausgeprägte Neigung Michaels, sich schuldig zu fühlen. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 7/20 2.2.1 Sexualität mit Hanna als Initiation Die sexuellen Erfahrungen, die Michael Berg mit Hanna Schmitz im 1. Teil des Romans »Der Vorleser« von Bernhard Schlink macht, können als Initiation aufgefasst werden. Initiationsriten gibt es in allen Weltreligionen. Sie werden werden zum Teil sehr feierlich begangen. Im Judentum kennt man die Beschneidung, im Christentum Taufe, Kommunion und Konfirmation und im Islam Namengebung und Beschneidung. Initiation (lat. Einführung, Einweihung) ist eine Bezeichnung für bestimmte, vorgeschriebene Riten, .a. Kasteiungen, Bewährungsproben, Beschneidung, Tätowierungen, Fasten u. moral. u. rel. Unterweisungen, die eine radikale Änderung des sozialen oder rel. Lebensstandards bewirken. Bei zahlr. Naturvölkern beim Übergang vom Jugend- in das Erwachsenenstadium, gleichzeitig als Ausdruck der Geschlechtsreife u. Ehefähigkeit, u. bei der Aufnahme als vollberechtigtes Mitgl. in die (Stammes)Gemeinschaft in sog. Pubertäts-, Stammes- und Altersklassen-I. vollzogen (aus: Herder Lexikon Pädagogik.1976, S.93) In dem für den Vorleser verwendeten Sinn handelt es sich um die Initiation von Michael Berg, der über die Sexualität mit Hanna das Gefühl hat, den Übergang in die Welt der Erwachsenen vollzogen zu haben. Ausdruck dafür ist sein Empfinden nach seinem ersten sexuellen Verkehr mit Hanna, das er als das Erwachen seiner Männlichkeit erlebt.(S.29) Verstärkt wird der Eindruck der Initiation durch den Verlauf der Treffen zwischen Hanna und Michael, die, wie der Erzähler berichtet, den Charakter eines Rituals (vorlesen, duschen, lieben und noch ein bisschen beieinander liegen) annehmen. (vg. S.43) Unterstützt wird der rituelle Charakter der Treffen noch durch das Motiv des Wassers, dem über dessen schlicht säubernde und erfrischende Wirkung eine metaphysische, kultische Wirkung zugesprochen wird, die sich in zahlreichen religiösen Riten findet. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 8/20 2.3 Charakterisierung und Entwicklung der Figuren im Verlaufe der Geschichte 2.3.1 Hanna • unsensibel grob konsequent bei erster Begegnung S.6) • Pflichtbewusst, weil sie Michael nach Hause bringt, aber nicht aus humanistischen, ethischen, moralischen und sozialen Gründen. • Keine Hemmungen unpersönlich, weil sie ihre Unterwäsche in Michaels Anwesenheit bügelt. S.1314) • Sorgfältig/ gewissenhaft (langsam, konzentriertes Bügeln S.14) • Nicht sehr nachtragend (S.24) • Empfindlich praktisch (Staub S.25) • Hat starken Willen/völlig schamlos (S.26) • Dominante Persönlichkeit (hat vor „Nichts Angst) • Pingelig gepflegt (Sauberkeitsfanatikerin S.33/196) • Egoistisch im sexuellen Bereich (S.33/34) • Misstrauisch (S.35) • Hat Mutterinstinkt (will nicht das Michael Schule schwänzt S.36) • Verarbeitet ihre Ängste Unsicherheiten mit Gewalt (Frühstück) • Leicht reizbar • Nicht sesshaft (sie flüchtet/ ständiger Ortswechsel S.93) • Ist Analphabetin (versucht es zu vertuschen S.130) • Beim Gericht kämpft Hanna zuerst, gibt aber dann auf (S.131) • Im Gefängnis: freundlich zu Mitinhaftierten, aber distanziert (S.196) • Ist sehr geschickt(in ihrer Art perfekt. Analphabetismus passt nicht dazu) • Hat Angst vor Michaels Überlegenheit (er kann Lesen) 2.3.1.1 Hannas Leben im Gefängnis • • • • • • • • informiert sich über Konzentratinslager ist stolz auf sich, lesen und schreiben gelernt zu haben engagiert sich für blinde Strafgefangene engagiert sich für die Bibliothek lebt zurückgezogen wie in einem Kloster (meditiert) freundlich, aber distanziert ist autoritär, bis sie sich aufgibt erst noch schlank, doch dann dick und dreckig vernachlässigt Erscheinung 2.3.2 Michael • • • • • • • • • • • • • • schamhaft (sehr schüchtern S.6/16) neugierig schwelgt oft in Erinnerungen (besonders an Hanna S.17ff.) phantasievoll (S.19-21) lässt sich unterwerfen und kommandieren (S.26) hat Minderwertigkeitskomplexe (Zweifel und Angst plagen ihn oft S.27) will in Beziehung mit Hanna viel investieren (Gefahr des Sitzenbleibens S.36) wird von Hanna stark beeinflusst besessen süchtig nach Hanna (abhängig) ist sehr sensibel in Bezug auf Hanna (weint S.47) kann keine Beziehung aufrechterhalten (vergleicht alle Frauen mit Hanna) ist in Bezug auf seine Familie gefühlskalt ihm ist alles gleichgültig (Großvater vor Tod/ Sophie nach langer Krankheit S.84/85) baut eine „Mauer um sich, die aus Arroganz und Gefühlskälte besteht Sein ganzes Leben wird von Hanna bestimmt! Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 9/20 2.3.3 Gefängniswärterin: • • • • • • • herzlicher Mensch sehr besorgt (um Hannas Zukunft) persönlich sozial veranlagt mitfühlend hat gute Menschenkenntnisse hat Überzeugungskraft 2.3.4 Gertrud: • • • • • • Frau von Michael (lernen sich beim Skifahren kennen) Juristin gescheit tüchtig loyal hat mit Michael gemeinsame Tochter Julia • Scheidung, als Julia 5 Jahre alt ist Michael hatte außer Gertrud noch weitere Beziehungen zu anderen Frauen, wie z.B. Sophie (Schulkammeradin) 2.4 Themen der Geschichte 2.4.1 Vergangenheitsbewältigung (Holocaust) Schlink wählt für die Betrachtung der Judenvernichtung eine ungewöhnliche Perspektive. Während er auf eine realistische, dokumentarische Nachzeichnung der Ereignisse im Großen verzichtet, gibt er dennoch ein – durch den Ich-Erzähler gefiltertes – Bild wieder, indem er Hanna auftreten lässt. Damit wird kein summarisches Faktenwissen als Darstellung des Dritten Reiches benutzt, sondern die Menschlichkeit eines individuellen Schicksals – das eines Täters und Opfers zugleich! Gerade in jüngster Zeit findet weltweit eine Auseinandersetzung mit dem Thema vom Zweiten Weltkrieg und dem Thema Holocaust auf verschiedenen Ebenen statt. Das als bahnbrechend bezeichnete Schuldbekenntnis der katholischen Kirche in Hinblick auf Verfehlungen im vergangenen Jahrtausend bezieht auch Versäumnisse gegenüber den Juden ein Entscheidungen hinsichtlich der Entschädigung von Zwangsarbeitern im Dritten Reich müssen gefällt werden. Im Fernsehen, in Ausstellungen, in Filmen, in anderen Medien, auch in der Literatur wird dieses Thema behandelt. Schlink mit seinem Vorleser gehört dazu. Dieses weltweite Interesse mag darauf zurückzuführen sein, dass die letzten Zeitzeugen und Opfer jetzt alt sind. Authentische Berichte, Befragungen von Betroffenen werden bald nicht mehr möglich sein. Und Schuldbekenntnisse und vor allem Entschädigungen von Opfern haben nur einen Sinn, wenn die Betroffenen noch am Leben sind. Gleichzeitig ist feststellbar, dass durch die gewachsene zeitliche Distanz zu den Geschehnissen sich auch der Umgang damit ändert. Auch in der Literatur ist erkennbar, dass sich diese Generation der „Nachgeborenen in einer anderen Weise als bisher dem Stoff nähert. Es sind nicht mehr der Massenmord und die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges selbst, um die es unmittelbar geht, vielmehr wird die Verarbeitung dieser Geschehnisse von Seiten der Täter und Opferkinder bzw. der Enkel beschrieben. Schlink selbst weist darauf hin, dass schon drei Generationen mit der Schuld des Dritten Reiches und des Holocaust umgehen müssen. en. Alle drei Generationen tauchen in seinem Roman auf: Vertreter der ersten Generation (unmittelbar in die Ereignisse verstrickt): Hanna, die Eltern und unmittelbaren Verwandten, die überlebende Mutter mit ihrer Tochter Täter, Opfer, Widerstand Leistende, passiv Duldende Vertreter der zweiten Generation (Kinder, haben Holocaust selbst nicht erlebt): Michael und seine Mitschüler, Kommilitonen kritisch Fragende, Anklagende, in Generationskonflikt Verstrickte Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 10/20 Vertreter der dritten Generation (Enkel, kennen Holocaust nur aus Filmen, Dokumentationen, Berichten): Leser des Romans, Bewohner des neuen, erst in den siebziger oder achtziger Jahren gebauten Hauses in der Bahnhofstraße, aufgeklärte Zeitgenossen (vgl. Der Vorleser, 5. 142) Die dieser dritten Generation angehörenden oder zumindest in ihrer Zeit schreibenden Schriftsteller gehen schwerpunktmäßig anders als die vorangegangenen mit den schrecklichen Ereignissen um. Schlink beschreibt in seiner Rede zur Verleihung des Fallada-Preises die 1. Auseinandersetzung als durch einerseits Verdrängung, andererseits Offenlegung zur Bewältigung der Vergangenheit geprägt. Sie ist seiner Ansicht nach weitgehend dokumentarischer Art. Diese Form der Auseinandersetzung bezieht er in seinen Roman ein, wenn er von dem Buch der überlebenden Tochter spricht. Auch die 2. Generation, die der Söhne und Töchter, kommt in seinem Roman zu Wort. Es ist die Generation derjenigen, die sich als „Avantgarde der Aufarbeitung (S. 87) sehen. Zu ihr gehört Michael. Selbstkritisch erinnert dieser sich später an den fast fanatischen Eifer und die festen Vorstellungen von Schuld und Sühne, die ihre Haltung prägte. Hier deckt sich die Einstellung des Protagonisten und Erzählers mit der des Autors. Schlink sieht in dem moralischen „Anklagen, Verurteilen und Ausstoßen der Täter, Mittäter und Zuschauer der ersten Generation den Versuch der 68-Generation, sich aus der eigenen individuellen und kollektiven Verstrickung zu befreien. Michael ist vor allem durch seine Beziehung zu Hanna persönlich verstrickt mit der ersten Generation. Seine Form der Auseinandersetzung ist die der rückblickend kritischen Aufarbeitung in Form eines Buches. Für die 3. Generation konstatiert Schlink das Ende eines Schuldzusammenhanges auf einer solchen persönlichen Ebene. Gleichwohl „gibt es ein Vermächtnis der Furchtbarkeiten des Dritten Reiches auch für die dritte und die folgenden Generationen und gleichermaßen drängende Fragen. Literatur muss Schlinks Meinung zufolge den individuellen Zugang dazu immer wieder neu herstellen und dabei zugleich universeller sein. Mit seinem Roman gelingt ihm offenbar genau dies. In seiner „Liebesgeschichte mit der jähen Wende entsteht ein verblüffender und überraschender Bezug zum Holocaust, dem sich kaum ein Leser, gleich welcher Generation, entziehen kann. Die Betroffenheit der Leser drückt sich nicht nur in den Zahlen der weltweit verkauften Exemplare seines Romans aus, sondern auch in der Fülle von Kommentaren und anderen Dokumenten der Beschäftigung damit. Schlink vermeidet eindeutige Festschreibungen von Schuld und Unschuld, Täter und Opfer, Böse und Gut. Eindeutige Werturteile und Verurteilungen lassen sich nicht vornehmen. Wer einerseits — wie Hanna brutal und herrisch ist, kann andererseits zart und einfühlsam, empfindlich sein. Ihre Schwäche, ihr Analphabetismus, liefert die Erklärungsmöglichkeit für eine Vielzahl von Entscheidungen und Verhaltensweisen. So vollzieht der Leser nach, wie durch überraschende Erkenntnisse und Zusatzinformationen das Bild von einem Menschen ständig neu überdacht und revidiert werden muss. Er wird genötigt, sich über die Verbrechen und das eigene Verhältnis dazu Gedanken zu machen. Und er lernt, dass sowohl individuelle Geschichte als auch historische Vergangenheit, in die er durch Gruppenzugehörigkeit verwickelt ist, Teile seines Lebens sind. Sie lassen sich nicht abschütteln, verdrängen oder ignorieren. Im Vorleser gehen die Menschen auf verschiedene Art mit dem Holocaust um Da ist die Tätergeneration, deren Motive für ihr Handeln im Verbergen von Defiziten (Hanna), in der Ausführung von Befehlen und Erledigen von Alltagsaufgaben (Autofahrer auf dem Weg ins Konzentrationslager) und in gedankenlosem Mitläufertum begründet sind. Es sind im weitesten Sinne der Egoismus und die fehlende Bereitschaft zur bewussten aktiven Auseinandersetzung oder zum Widerstand, die dem Tun zu Grunde liegen. Eine weitere, für Betroffene und Beobachter übereinstimmende Haltung ist die der Betäubung. Fühllosigkeit, innerliches Unbeteiligtsein, Erstarrtheit in einem Zustand der Betäubung angesichts der ertragenen oder geschilderten Gräueltaten lähmt alle. Diese Haltung wird einerseits als notwendiger Mechanismus zum Überleben des Schreckens dargestellt, gleichzeitig wird aber am Beispiel Michaels und der Tochter verdeutlicht, wie wichtig es ist, nicht in dieser Betäubung zu verharren, sondern zu registrieren, zu analysieren, literarisch zu gestalten und damit persönliche Betroffenheit zu erreichen und eine selbstkritische Einstellung zu ermöglichen. Am Beispiel Hannas, die erst mit der Überwindung ihres Analphabetismus in die Phase der Aufarbeitung gehen kann, wird die wichtige Funktion der Literatur noch einmal herausgestrichen. Alle Menschen, gleich welcher Generation sie angehören, sind in eine individuelle Lebenssituation eingebunden, die ihre individuellen Wünsche und Ziele bestimmt. Alle gehören in einen zu bewältigenden Alltag. Innerhalb dieses Alttags werden einige Menschen zu Mördern, andere sind Richter oder Aufklärer. Es scheint eine Frage des Zufalls, des Glückes der späten Geburt, von einer Vielzahl von Konstellationen abhängig, ob ein Mensch schuldig wird oder nicht. Nicht nur die „Tätergeneration, sondern auch die Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 11/20 Nachgeborenen handeln vielfach aus egoistischen Motiven. Dem jungen Anwalt Hannas liegt offenbar mehr an seiner Selbstdarstellung und seiner Karriere als an Hanna. Der Studentenalltag der zweiten Generation schließt die Besuche von Prozessen ein. Hier bewältigen die eifrigen Studenten ihren Generationskonflikt und ihren persönlichen Anteil an Schuld durch Vorwürfe gegenüber der Elterngeneration und deren Verurteilung zur Scham. Auch die Reisefreude des Richters und der Staatsanwälte, die justizielle und touristische Angelegenheiten bei der Fahrt nach Israel miteinander verknüpfen, wird von Michael (und vom Leser des Romans) skeptisch aufgenommen. Michael entzieht sich einem persönlichen Kontakt zu Hanna nach der Verurteilung ebenfalls aus egoistischen Motiven. Indem Schlink den Menschen seines Romans ähnliche Grundtendenzen unterstellt, macht er deutlich, wie schwierig es ist und zu allen Zeiten sein wird, nicht schuldig zu werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ausgerechnet die angeklagte Hanna einen jüdischen Mädchennamen hat. 2.4.2 Die Frage nach der Schuld Die Schuldfrage – sowohl die allgemeine als auch die individuelle – wird damit keinesfalls aufgelöst, aber differenziert. Der spezifische Mensch Hanna besitzt spezifische Schwächen, die bei Hanna sogar besonders schwer wiegen. Die von ihr ausgeübten Taten geschehen nicht aus einem luftleeren, grundsätzlich moralisch verurteilbarem Raum, sondern besitzen eine Vorgeschichte, die das Individuum zu seiner persönlichen Schuld führt. So wird die Eigenverantwortlichkeit und die Schuldfähigkeit des Einzelnen hinterfragt; das scheinbar Böse, das hinter den Taten steht und ihre Täter stigmatisiert wird jedenfalls entmystifiziert. Durch die Kenntnis, dass Hanna weder Lesen noch Schreiben kann, sie sich stets deshalb versteckt hat hinter ihrem eigenen Horizont, wird die Frage aufgeworfen, ob nicht auch sie ein Opfer des Genozid geworden ist. Die Tatsache, dass ihr Leben statt mit der Entlassung mit dem Freitod endet, entspricht diesem. Wäre sie nicht Opfer gewesen, so hätte ein neues Leben begonnen. Schlink hat einige Anregungen für die Figur der Hanna der Biographie der KZ-Aufseherin Hermine Braunsteiner-Ryan entnommen, die er in spezifischer Weise umgestaltet. 2.4.3 Analphabetismus und Ohnmacht Schlink zeigt die Ohnmacht in Alltag und Gesellschaft, welche die Opfer von Analphabetismus betrifft. Die moderne Gesellschaft beruht auf der Schrift als einem Zeichensystem und gemeinsamen Kommunikationscode. Hannas Unvermögen zu schreiben stellt sie außerhalb dieser Gesellschaft und hindert sie, an Großteilen der gesellschaftlichen Kommunikation teilzunehmen. Dies führt in der Darstellung Schlinks auch teilweise zur Schuld, die Hanna auf sich lädt (siehe oben). Die psychologische Konstellation des Sich-Versteckens, der Scham, der Angst und der Aggression wird von Schlink in vielen Details gezeigt. Gründe oder die Vorgeschichte von Hannas Analphabetismus werden allerdings nicht beschrieben; Hannas Analphabetismus ist ein allgemeines Symbol für ihre Unmündigkeit, die wesentlich ihr Leben bestimmt. Im Zusammenhang mit dem Vorleser sind die persönlichen Konsequenzen für einen Analphabeten von großer Bedeutung. Lese- und Schreibunfähigkeit • führt zu großen Problemen in der Wahrnehmung von Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft • erschwert den Lebens- und Arbeitsalltag (besonders in einer durch technologische Fortschritte bestimmten Gesellschaft): Lesen von Anweisungen, Rezepten, Ankündigungen, Anforderungen, Zeitungen u. v. m. • behindert die geistige Entwicklung und Persönlichkeitsbildung (Sprache als Voraussetzung der Selbstvergewisserung des Einzelnen, der Selbstreflexion, der Weiterbildung) und die Teilnahme an Kulturleistungen • verhindert die Vermittlung von Informationen und Gedankenaustausch auf schriftlicher Ebene bedingt häufig niedrigen sozialen Status (Arbeitslosigkeit, Weiterbildungsmöglichkeiten etc.) • verhindert schöpferische Leistungen auf sprachlichem Gebiet • macht in gewisser Weise sprachlos (keine Teilnahme an schriftlichen Meinungsäußerungen, keine Selbsthilfegruppen oder andere Organisationsformen in der Öffentlichkeit), vereinzelt • macht abhängig von anderen (bei gleichzeitiger Ablehnung von Hilfe, um seine Schwäche nicht sichtbar werden zu lassen) • fordert viel Kraft und Konzentration für die Entwicklung und Anwendung von Strategien zur Vertuschung der Schwäche • beschämt, führt zu Minderwertigkeitsgefühlen, die kompensiert werden müssen. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 12/20 Die Ursache für Hannas Schwäche wird nicht konkret angegeben. Es kann vermutet werden, dass die schulischen Zielsetzungen in ihrer Jugend zu stark auf die Vermittlung bestimmter Ideologien ausgerichtet war. Es bleibt dennoch die Frage, ob bzw. wieweit ihr Analphabetismus schuldmindernd ist. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 13/20 2.4.4 Stark ungleichaltrige Beziehung, Sexualität und Zu-Hause-Sein Auf besonders starke Rezeption vor allem in den USA stieß die Beziehung zwischen dem 15-jährigen Michael und der 36-jährigen Hanna; nach deutschem Recht ist eine solche Beziehung zwar jedenfalls nicht mehr widerrechtlich, gesellschaftliche Akzeptanz bliebe ihr aber auch heute verwehrt. Hanna ist als grenzwertige Pädophile zu beurteilen, sexuell neigt sie zu Sadismus. Die asymmetrische Beziehung, die sich aus einem so großen Altersunterschied ergibt, wird von Schlink gezeigt. Deutlich wird die tief einschneidende psychologische Wirkung einer solchen Beziehung. Hätte sich der Autor dazu entschieden, ein 15-jähriges Mädchen durch einen 36 Jahre alten Analphabeten in die Kunst der Liebe einführen zu lassen, wäre die Diskussion sicher anders ausgefallen, vor allem wenn dieser alternde Straßenbahnschaffner mit Tendenzen zur Brutalität sich als erbarmungsloser KZ-Aufseher erwiesen hätte. So liegt aber über der Debatte ein seltsamer, rosaroter Nebel. Reflektiert wird nicht nur vom Erzähler vor allem, ob der Junge seiner Liebe wirklich gerecht geworden sei, ob er Hanna die Treue gehalten, ob er sie vor Freunden und Familie verleugnet habe. Aus der Täterin wird so ein Opfer. Die harte Verurteilung vor Gericht beruht ebenso auf Hannas verheimlichtem Analphabetismus wie ihrer Entscheidung, zur KZ-Aufseherin zu werden. Auch die Trennung von Michael und die wilde Flucht aus ihrem Lebensumfeld beruht auf dem festen Willen, ihren Analphabetismus zu verschleiern. Körperliches spielt eine wichtige Rolle. Bei allen Texten Schlinks — so auch beim Vorleser — ist geradezu eine „Obsession für den Liebesakt auffällig. Das, was den pubertierenden Michael an Hanna fesselt, ist etwas, was er erst später verbalisieren kann: Die Weltvergessenheit ihrer Haltungen und Bewegungen, der Rückzug in das Innere des eigenen Körpers und für Michael die „Einladung, im Innern des Körpers die Welt zu vergessen (S. 18). In seiner Vorstellung vervollkommnet sie sogar noch diese Form des In- sichRuhens. Sie erscheint ihm im Traum noch schöner als früher, „als noch mehr in ihrem Körper zu Hause (5. 199). Tatsächlich entwickelt sie — so die Darstellung der Gefängnisleiterin eine andere Form des Rückzugs in ihren Körper. Sie lässt sich gehen und ist weniger attraktiv, d. h. nicht mehr als Sexualpartnerin interessant. Ihr Körper ist nur noch für sie selbst da (Es ist auffällig, dass im Zusammenhang mit dem Sexualakt häufig die Formel vom Besitzergreifen verwendet wird). Der fünfzehnjährige, unerfahrene Michael leidet unter Sehnsüchten, Lüsten und Fantasien nach dem ersten Kontakt mit Hanna in ihrer Küche. Sein Körper verlangt nach Hanna; er verwirft alle moralischen Bedenken, konstruiert Argumente, um einem schlechten Gewissen entgegenzuwirken. Er schafft sieh eine Rechtfertigung für seine Beziehung zu Hanna, die vor allem erst einmal eine Beziehung der Körper ist (vgl. Kapitel Kommunikation). Die sexuellen Erfahrungen führen dazu, dass er sicherer wird, sich in seinem „Körper wohl (S. 41) fühlt. Als Hanna plötzlich verschwunden ist, wird nicht die Sehnsucht nach dem Menschen, sondern seines Körpers nach dem Hannas in den Vordergrund gestellt (,‚Es dauerte eine Weile, bis mein Körper sich nicht mehr nach ihrem sehnte. 5. 83). Dieses Verlangen der Körper nacheinander wird auch von anderen Protagonisten Schlinks formuliert. Jedoch gibt sich Hanna nie „rückhaltlos (5. 77) hin. Nur einmal, am ersten Tag der Fahrradtour, wird etwas von der Verheißung, die Hanna ausstrahlt, Wirklichkeit, denn sie nimmt Michael „in sich auf und hält ihn „in ihren Armen (5. 53). Allerdings legen ihre geflüsterten Worte („Mein Jungchen, mein Jungchen) nahe, dass sie eher an ein Kind als an einen ebenbürtigen Sexualpartner denkt. Gegebene und empfangene Lust soll als „Siegel auf die gegenseitige „Liebe verstanden werden. Was mit dem Begriff „Liebe abgedeckt ist, bleibt allerdings unklar. Selbst wenn Michael von seiner „Liebe zu Hanna spricht, mutmaßt er, dass sie als Preis dafür anzusehen sei, dass Hanna mit ihm geschlafen habe (5. 28), diese Liebe also von seiner Seite aus einem Gefühl der Entgeltung entstehe. Sie ist überdies von vornherein zum Scheitern verurteilt. Von Hannas Liebe zu ihm weiß er nichts (5. 67) und auch der Leser ist vorwiegend auf Vermutungen angewiesen. Wohl ist es möglich, sich gegenseitig zu „Empfindungen jenseits alles bisher Empfundenen (S. 77) zu treiben. Unglück und Verzweiflung kann mit Sex kompensiert werden. Tatsächlich gelingt es aber keinem von Schlinks Protagonisten, den anderen wirklich zu erreichen lind zu erschüttern‘14 (ähnlich wie es in den Träumen nie möglich ist, ins Innere der Häuser vorzudringen, wirklich nach 1-lause zu kommen). Für Michael ist die Beziehung zu Hanna neben der Erinnerung von glücklichen Momenten vor allem Quelle von Scham, Schuldgefühl, Verwirrung. 2.4.5 Wasser in seiner reinigenden Wirkung Dem Wasser, als ein reinigendes Element, wird im gesamten Buch eine zentrale Rolle zugewiesen. Schon zu Beginn der Handlung wäscht Hanna Michael mit Wasser. Während der Zeit ihrer Beziehung ist das gegenseitige Waschen bzw. das Duschen als Steigerung dazu immer wieder ein fester Bestandteil ihres fast täglich praktizierten Rituals. Beide Partner versuchen dadurch dem Alltagsgeschehen ein Stück weit zu entkommen, sich vom Stress zu erholen, sich zu entspannen, sich näher zu kommen und sich völlig auf sich selbst bzw. ihre Hingabe zu konzentrieren. Dies spielt einerseits auf das religiöse Sakrament der Taufe an, kann aber auch als Reinwaschen von Schuld gedeutet werden, um bereit für den Tod zu sein. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 14/20 2.5 Stationen der Handlung, Spannung 2.5.1 Zusammenfassung Das Buch der Vorleser von Bernhard Schlink handelt von einem jungen Mann namens Michael, der in seinem fünfzehnten Lebensjahr die Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz kennen lernt und mit dieser 21 Jahre älteren Frau eine Beziehung anfängt. Die Beziehung basiert anfangs nur auf dem Geschlechtsverkehr und wird später durch das Ritual des Duschens, Vorlesens von Michael für Hanna und anschließendem Sex bestimmt. Als Hanna ihn im selben Jahr noch schlagartig verlässt macht er sich anfangs dafür verantwortlich, weil er glaubt, Hanna zu verleumdet zu haben. Anschließend beendet er seine Schule und beginnt sein Jurastudium. Während seiner Studienzeit wohnt er mehreren Sitzungen vor Gericht bei und trifft dabei Hanna wieder, die angeklagt wird unterlassene Hilfestellung und mehrfache Beihilfe zum Mord als eine Aufseherin in einem KZ in Auschwitz und später in Krakau begangen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt begreift Michael, dass Hanna Analphabetin ist, sagt es dem Richter jedoch aus Gewissenskonflikten nicht, als sie angeklagt wird ein bestimmtes Protokoll geschrieben zu haben. Hanna wird daraufhin zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Michael beendet sein Studium und heiratet die Juristin Gertrud und die beiden bekommen ein Kind, das sie Julia nennen. Doch nach sechs Jahren Ehe lassen sie sich wieder scheiden und Julia bleibt bei ihrer Mutter. Nach seinem Referendariat beginnt Michael als Rechtshistoriker und fängt ab dem Zeitpunkt an Hanna Kassetten zu schicken auf denen er Hanna vorliest. In vier Jahren lernt Hanna dann ohne das Wissen von Michael das Lesen und Schreiben. Als sie ihm einen Brief sendet ist er sehr überrascht und erfreut. Fünf Jahre später wird Michael ihre Entlassung angekündigt und er wird von der Gefängnisdirektorin gebeten sich nach der Entlassung um Hanna zu kümmern. Nach langem Zögern überwindet er sie und besucht Hanna außerdem auf Wunsch der Direktorin kurz vor ihrer Entlassung im Gefängnis. Einen Tag vor ihrer Entlassung bringt sich Hanna jedoch aus unerklärlichen Gründen um. Sie hinterlässt Michael eine Botschaft in der sie ihn darum bittet, ihr gespartes Geld von rund 7000 Deutschen Mark der überlebenden Tochter des Todeszuges aus Krakau nach New York zu überbringen, was er daraufhin auch tut. Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 15/20 3 Mensch und Umwelt 3.1 Historischer Zusammenhang des Textes Siehe Thema (Holocaust etc.) Schlink hat einige Anregungen für die Figur der Hanna der Biographie der KZ-Aufseherin Hermine Braunsteiner-Ryan entnommen, die er in spezifischer Weise umgestaltet. Parallelen der Prozesse von Hermine Ryan und Hanna beide verhalten sich anfangs ruhig im Gerichtssaal, später widersprechen sie dann dem Richter in beiden Prozessen gibt es Mitangeklagte; bei Ryan 9, bei Hanna 5 es gibt keine genauen Zeugenaussagen beide bekommen lebenslänglich beide kapseln sich im Gefängnis von den Mitgefangenen ab und haben wenig Kontakt zur Außenwelt 4 Erzählstruktur 4.1 Erzählperspektive Ich-Erzählung aus Sicht von Matthias Berg 4.2 Zeitgestaltung Siehe 1.3 4.3 Bedeutung von Titel, Anfang und Schluss Michael ist der Vorleser von Hanna. Die Geschichte endet in sich geschlossen. Aufgrund der Gelbsucht lernte Michael Hanna kenne. Am Schluss steht er an ihrem Grab. 5 Sprachliche Mittel 5.1 Charakterisierung des Stils des Textes 5.1.1 Die Sprache Bernhard Schlink schreibt nicht für die Kritiker sondern für die Leser. Diesem Motto entsprechend arbeitet er mit einer einfachen, leicht verständlichen Sprache, die sich inhaltlich auf das Wesentliche konzentriert und niemals vom Thema abschweift. Auf diese Weise behandelt er diese an sich schwierige Thematik überaus fesselnd auf nur 200 Seiten und erreicht damit eine ungeahnt große Leserschaft. Obwohl gerade die Knappheit seiner Sprache mehrmals von Kritikern negativ beurteilt worden ist und manchmal auch von einem knochentrockenen Deutsch die Rede ist, so liegt gerade darin ein großer Vorzug. Durch die Erzählperspektive und die Einfachheit der Sprache wird der Leser in Michaels Rolle versetzt. Gemeinsam mit ihm erlebt man die Geschehnisse, sodass die Identifikation mit dem Protagonisten möglich wird. Weiters erzeugt er mit diesen Mitteln den Eindruck von Authentizität und erreicht damit ein überraschendes Ergebnis. Die meisten Leser des Vorlesers wollten schwören, dass es sich dabei um eine wahre Geschichte handele. Schlink wird der Thematik auch mit einfachen Mitteln gerecht und erreicht bei vielen Passagen eine große emotionale Wirkung, welche den Leser unmittelbar an das Geschehen heranzuführen vermag. Aus diesem Grund überwiegt auch zum Aspekt der Sprache das positive Echo: Das Unfaßbare verbietet den Vergleich. Mit kurzen Sätzen, in sprachlicher Selbstbescheidung, nüchtern und doch nicht ohne Poesie formuliert der Autor ein schonungsloses Gefühlsprotokoll, ein analytisches Selbstgericht, die aufrührende Geschichte einer Liebe. Bernhard Schlinks Stil im „Vorleser ist in den erzählenden Passagen schlicht und präzise. Es herrschen parataktische oder syntaktisch einfache Sätze vor. Ein Stilmittel sind Kapiteleröffnungen, die in einem Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 16/20 lapidaren Satz wichtige oder überraschende Informationen vermitteln, der Handlung eine Wende geben: „Am nächsten Morgen war Hanna tot. In reflektierenden Passagen wird die Sprache poetisch. Vor allem das Spiel mit Gegensätzen („Ich habe nichts offenbart, was ich hätte verschweigen müssen. Ich habe verschwiegen, was ich hätte offenbaren müssen Kap. 15) und Versuche, komplexe Erinnerungen in einprägsame Bilder zu fassen, sind bestimmend („.Bilder von Hanna, die mir geblieben sind. Ich habe sie gespeichert, kann sie auf eine innere Leinwand projizieren und auf ihr betrachten, unverändert, unverbraucht. Kap.12). Das Sprachniveau ist durchgehend hochsprachlich. Zugleich benutzt Schlink viele durchgehende Bilder und Motive, etwa bei der Beschreibung des Bade-Rituals. Die Beschreibung ist geprägt durch die teilweise schon reflektierte (vorgebliche) Schreibhaltung des Ich-Erzählers, die emotionale Nähe ist dennoch an den meisten Stellen spürbar. 5.1.2 Fragestellung Ein besonders auffallendes Stilmittel stellt die Verwendung von zahlreichen Fragesätzen dar. Durch sie führt der Autor den Leser nahe an die jeweilige Situation heran und verdeutlicht die Unsicherheit des Protagonisten. So werden die Gedankengänge des 15-jährigen Michaels in für ihn unverständlichen Situationen durch Fragestellungen offenbar, die jedoch zumeist unbeantwortet bleiben. Ich begriff die Situation nicht. War es ihr um mich zu tun? Oder um sich? Wenn meine Arbeit blöd ist, dann ist ihre erst recht blöd hat sie das gekränkt? (S.37). Die gestellten Fragen vermitteln eine starke Dringlichkeit, die eine drängende, keinen Abgründen ausweichende Introspektion zulässt. Sie bilden den Kern, treiben es voran, machen sein Wesen aus. Dabei findet Michael weder Lösung noch Erlösung. 5.1.3 Sentenzen Ein weiteres charakteristisches Stilmittel bilden Sentenzen, in welchen Michaels Erlebnisse verallgemeinert darstellt werden und daraus Lebensweisheiten gezogen werden. Die scheinbar einfachen Begebenheiten werden dadurch in einen komplexen Zusammenhang gestellt und erhalten so eine philosophische Dimension. Anschliessend einige Beispiele: Weil die Wahrheit dessen, was man redet, das ist, was man tut, kann man das Reden auch lassen. (S.166). Und der Beziehung entzieht das Verleugnen ebenso den Boden wie die spektakulären Varianten des Verrats. (S.72). 5.1.4 Ambivalenz Dem Autor scheint es ein besonderes Bedürfnis zu sein, das Denken in Kategorien von Gut und Böse kritisch zu hinterfragen. Er verurteilt die aus diesem Denken resultierende Schwarz-Weiß-Malerei und will dem Leser zu erkennen geben, dass das Thema Holocaust viel zu komplex und zu kompliziert ist, um sich ein unumstößlich richtiges Urteil bilden zu können. Um die Ambivalenz der Sachverhalte auszudrücken, beschreibt er seine Charaktere mit sich teilweise widersprechenden Attributen. So präsentiert sich Michael als arroganter Teenager, der sich durch nichts beeindrucken lässt, der jedoch bei liebevollen Gesten einen Kloß in Hals spürt (vgl. S.84-85). Hanna ist einerseits eine liebevolle Liebhaberin, kann jedoch im nächsten Moment aggressiv werden (vgl. S.35). Nach der Urteilsverkündung schaut sie mit hochmütigen, jedoch auch verletzten und verlorenen Blicken (vgl. S.156). Der Vater ist sich zwar seiner Versäumnisse gegenüber seinen Kindern bewusst, trotzdem bleibt er unnahbar (vgl. S.136). 6 Quellen Königs Erläuterungen und Materialien, Bernhard Schlink, der Vorleser, Bd.403 Der Vorleser von Bernhard Schlink Seite 17/20