Arbeitsblatt: Benimmunterricht in der Schule
Material-Details
Mit der Klasse die allgemeinen Benimm- und Anstandsregeln reflektieren anhand von Knigge
Lebenskunde
Persönlichkeitsentwicklung
10. Schuljahr
8 Seiten
Statistik
93028
1364
27
27.01.2012
Autor/in
Andreas Stricker
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Benimm-Unterricht an Schulen Knigge wer war denn das? Benimm-Unterricht – Einige Kultusminister überlegen, an den Schulen Anstand und gute Sitten zu unterrichten. Eine Ortsbesichtigung in Berlin: Was denken Schüler und Lehrer? Von Susanne Rost BERLIN, 29. August. Die 13-jährige Karoline dreht und wendet ihren Kaugummi im Mund – genüsslich, aber nicht massiv auffällig. In einer Freistunde sitzt das Mädchen mit Klassenkameraden in einem Raum der Walter-Gropius-Schule im Berliner Stadtteil Neukölln zusammen. Benimm-Unterricht, sagt Karoline und bläst den Kaugummi vor ihrem Mund zu einer Blase auf und lässt sie platzen, Benimm-Unterricht wäre schon eine gute Idee. Schließlich sei es wichtig, dass man sich gut benimmt. Doch dazu müsse man wissen, wie das geht. Dann hält ihr Unterkiefer in den malmenden Bewegungen inne. Oh, das mit dem Kaugummi hätte ich wohl lassen sollen. Die anderen Mädchen kichern. Konflikt mit den Eltern Schulleiter Detlef Skrok hört sich wenig später die Episode amüsiert an. Er sitzt mit einer Hand voll Kollegen an dem achteckigen Tisch in seinem Zimmer. Auch sie sprechen über den Benimm-Unterricht, den das Saarland einführen will. Gute Sitten versuche man den 1200 Schülerinnen und Schülern im Alltag beizubringen, sagen die Pädagogen der Berliner Gesamtschule. Während des Unterrichts beispielsweise seien Essen und Trinken nicht erlaubt. Eben auch deshalb, weil man mit vollem Mund nicht spricht. Unter dieses Verbot fallen auch Kaugummis. Doch was nützt es, das im Klassenraum zu praktizieren, wenn im Elternhaus ganz andere Maßstäbe gelten? Der Schulleiter erzählt von dem Vater eines Knigge – wer war denn das? Kindes, der ihm bei einem Gespräch Kaugummi kauend gegenübersaß. Jeden weiteren Kommentar dieser Situation erspart sich der Leiter der Schule, die am Rande der Hochhaussiedlung Gropiusstadt liegt. Es gibt keine Übereinkunft zwischen Schule und Elternhaus, was gutes Benehmen ist, sagt eine Lehrerin. In der Schule versuche man, bestimmte Regeln zu etablieren: Beispielsweise, dass man sich in den Fluren grüßt. Die Lehrer versuchten, Vorbild zu sein. Wenn mich ein Schüler nicht zurückgrüßt und die Situation entsprechend ist, dann reagiere ich beispielsweise in dem ich provokant noch einmal ,Guten Morgen sage. Das genügt im Normalfall, sagt der Schulleiter. Selbst so einfache Dinge wie das Grüßen sind nicht mehr selbstverständlich, sagt Viktor Ohorn, der ein nur wenige Kilometer von der Schule entfernt gelegenes Möbelhaus leitet. Der Unternehmer klingt verzweifelt. Wir geben Geld für Kurse aus, in denen unsere Mitarbeiter lernen, ,Guten Tag und ,Auf Wiedersehen zu sagen. Alter, was hast du zu bieten? Auf einige junge Leute, die sich bei ihm um einen Ausbildungsplatz beworben haben, ist er nicht gut zu sprechen: In einem Extremfall kam einer mit zerrissener Jeans und nicht zugeschnürten Turnschuhen zum Vorstellungsgespräch, er lehnte sich im Sessel zurück und sagte: ,Hey, Alter, was hast du zu bieten? Die Ausdrucksweise, die Sprache ist es oft, die den Unternehmer entsetzt. Bei Schulabgängern von der nahen Walter-Gropius-Schule sollte ihm das eigentlich nicht passieren. Denn sie werden in speziellen Seminaren auf Vorstellungsgespräche vorbereitet, sagt der Schulleiter. Das geht bis hin zur Kleiderordnung. Manche Lehrer sind richtig überrascht, wenn sie ihre Schüler im Anzug sehen. Aber selbst im Kollegium gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, was korrektes Benehmen sei. Folglich fordere jeder Lehrer etwas Anderes von den Klassen. Bei dem einen müssen die Schülerinnen und Schüler aufstehen, wenn er zum Unterrichtsbeginn den Raum betritt. Anderen genüge, Stützkurs 2011/12, Andreas Stricker 2/8 Knigge – wer war denn das? dass der Guten-Morgen-Gruß erwidert wird. An einer einheitlichen Festlegung werde gearbeitet. Die Lehrerin mit rot gefärbtem Haar und lilafarbenem Sweatshirt sitzt auf der Fensterbank im Klassenzimmer, ihre verschränkten Beine schwingen leicht hin und her. Trotz ihrer lässigen Haltung herrscht eine disziplinierte Atmosphäre in dem Raum. Die Schülerinnen und Schüler der 13. Klasse arbeiten konzentriert mit – es geht um Gesellschaftsformen, um Imperialismus, Kapitalismus, Sozialismus. Als einer der Abiturienten den Kopf auf den Tisch sinken lässt, spricht ihn die Lehrerin sofort an. Er richtet sich wieder auf. Ein anderer Schüler verzettelt sich bei der Antwort. Die Lehrerin unterbricht ihn in jugendlichem Slang: Du vergurkst dich gerade. Verrohung der Sprache Am anderen Ende der Schule lernen Drittklässler gerade im Englisch-Unterricht den Unterschied zwischen Who und Where. Die junge Lehrerin erklärt den Mädchen und Jungen gerade, dass sie sich nicht verwirren lassen dürfen von der Ähnlichkeit mit den deutschen Wörtern Wo und Wer. Ein Junge, der ganz hinten sitzt, grummelt: Das ist doch Scheiße. Er sagt es leise. Die Lehrerin hat es wohl nicht gehört. Zumindest reagiert sie nicht. Die Verrohung der Sprache falle ihm als Erstes ein, wenn er über schlechtes Benehmen nachdenke, sagt der Schulleiter die unflätigen Ausdrücke, die vielen Jugendlichen so leicht von den Lippen gingen. Aber was verstehen die Kinder unter gutem Benehmen? Lieb, nett und hilfsbereit sein, ist der erste Definitionsversuch einer Gruppe von Achtklässlern in der Gropius-Schule. Nicht provozieren, nicht rumzicken oder im Unterricht einfach rausgehen – der zweite Ansatz. Dann geht die Diskussion wild durcheinander. Das halbe Dutzend Jugendlicher fällt sich gegenseitig ins Wort, vor allem die Jungs versuchen, durch Lautstärke zu überzeugen. Eine Lehrkraft und ein pädagogischer Mitarbeiter, die in der Runde sitzen, verfolgen das Geschehen kurze Zeit schweigend, ein wenig schmunzelnd. Dann bittet die Lehrerin die Kinder, dass sie sich gegenseitig ausreden lassen sollen. Auch das gehöre zum guten Stützkurs 2011/12, Andreas Stricker 3/8 Knigge – wer war denn das? Benehmen also jenem Verhaltenscodex, als dessen Urvater Adolph Freiherr von Knigge gilt. Doch der Name Knigge sagt den Neuköllner Jugendlichen nichts. Murat, der sich mit weit von sich gestreckten Beinen im Sessel zurücklehnt, fragt: Knigge, wer war denn das? Umfragen 77 Prozent der Bevölkerung sprechen sich für Benimm-Unterricht an deutschen Schulen aus. Das ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Umfrage. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap hatte dafür 550 Menschen befragt. Nur jeder fünfte Befragte hielt Lehrinhalte wie gutes Benehmen, Höflichkeit und Ordnung für nicht notwendig. Knapper fiel die Umfrage des Telekommunikationsunternehmens zedTM aus, das eigenen Angaben zufolge 10 000 Jugendliche per SMS um ihre Meinung zum Thema Benimm-Unterricht befragte. 49 Prozent derjenigen, die sich beteiligten, sprachen sich eindeutig für den Schul-Knigge aus. Begründung: Vielen mangele es an Respekt und Anstand. 43 Prozent der Antworten war zu entnehmen, dass sie Benimm-Unterricht für nicht notwendig halten. Begründung: Für die Erziehung zu guten Manieren seien die Eltern zuständig. Würde ein solches Schulfach geführt, ginge Zeit für anderen Lernstoff verloren. Copyright 2011 Berliner Zeitung Stützkurs 2011/12, Andreas Stricker 4/8 Knigge – wer war denn das? Fragen zum Text Hast du den Namen Knigge vor der Lektüre dieses Textes schon mal gehört? Wenn ja, in welchem Zusammenhang? Findest du Karoline (erster Abschnitt) eine höfliche Schülerin oder nicht? Warum? Was müssen die Mitarbeiter von Viktor Ohorn in ihren Kursen unter anderem lernen? Was ist ein Grund, weshalb in der Walter-Gropius-Schule Essen und Trinken während des Unterrichts nicht erlaubt ist? Was könnten weitere Gründe sein, Essen und Trinken während des Unterrichts zu verbieten? Knigge – wer war denn das? Fragen zum Thema Was ist für dich korrektes Benehmen? Was ist für dich unkorrektes Benehmen? Warum ist es anständig, einander zu grüssen? Würdest du die Einführung des Benimm-Unterrichts an dieser Schule begrüssen? Warum/Warum nicht? In welchen Situationen ist unsere Klasse anständig? In welchen Situationen ist unsere Klasse nicht so anständig? Gibt es auch Situationen, in denen sich die Lehrperson nicht korrekt verhält? Stützkurs 2011/12, Andreas Stricker 6/8 Knigge – wer war denn das? Knigge in der Schule Überlege dir, wie du dich in folgenden Situationen anständig und korrekt verhalten kannst. Du kommst ohne eigenes Verschulden zu spät in den Unterricht. Du regst dich über die Lehrperson auf, weil sie so viele Hausaufgaben gibt. Dein Zug fährt in 5 Minuten ab. Es ist kurz vor Lektionsende, doch die Lehrperson scheint dies nicht gemerkt zu haben. Stützkurs 2011/12, Andreas Stricker 7/8 Über den Umgang mit Menschen 1788 erschien die erste Ausgabe von Knigges wohl bekanntesten Werk Über den Umgang mit Menschen (heute einfach kurz als „Knigge bekannt). Knigge beabsichtigte damit eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen, Charakteren, die einem auch Enttäuschungen ersparen sollte. Man kann seine durchdachten und weltkundigen Erläuterungen sehr wohl als angewandte Soziologie würdigen, was in Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig den Abschnitten Über den Umgang mit Knigge (* 16. Oktober 1752 in Bredenbeck bei Kindern, Über den Umgang mit Ärzten, Hannover; † 6. Mai 1796 in Bremen) war ein Über den Umgang mit Jähzornigen, Über wurde er vor allem durch seine Schrift Über den den Umgang mit Schurken und nicht deutscher Schriftsteller und Aufklärer. Bekannt Umgang mit Menschen. Sein Name steht heute stellvertretend, aber irrtümlich für Benimmratge- zuletzt Über den Umgang mit sich selbst ber, die mit Knigges eher soziologisch ausge- deutlich wird. gemein haben. richtetem Werk im Sinne der Aufklärung nichts Irrtümlicherweise wurde dieses Buch späterhin als Benimmbuch missverstanden, oft nur nach Hörensagen. Dieses Missverständnis verstärkte bereits der Verlag, indem er nach dem Tode von Knigge das Werk um Benimmregeln erweiterte. Außerdem ist bekannt, dass etwa alle zehn Jahre eine neue Ausgabe herausgegeben wurde – hauptsächlich mit Kleiderregeln. Heute erwartet man von einem „Knigge meist Hinweise, wie man Rot- zu Weißweingläsern beim gedeckten Tisch zueinander gruppiert; derlei überging Knigge selbst jedoch völlig. Der Nachfahre Moritz Freiherr Knigge gab im Jahre 2004 eine moderne Fassung des bekanntesten Werkes unter dem Titel Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten heraus. Quelle: Wikipedia.de