Arbeitsblatt: Das gefrorene Herz
Material-Details
Film: Begräbnis eines Schirmflickers von Meinrad Inglin.
Deutsch
Gemischte Themen
9. Schuljahr
6 Seiten
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18
18.02.2012
Autor/in
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Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach Meinrad Inglin Zwei Landstreicher, die sich noch nie gesehen hatten, schlossen beim ersten Zusammentreffen im winterlich verschneiten Vorderau Freundschaft und zogen schnapsend von einer Wirtschaft zur andern. Beide wollten nach Hinterau. Sie schwankten noch am selben Abend betrunken auf dem knirschenden Schnee zum Dorfe hinaus und schlugen einen schmalen Feldweg ein, der die Strasse abkürzte. Der pfiffigere, ein Korbflicker, ein magerer Mann in einem zu weiten, ältlichen Überzieher, der nicht immer ihm gehört hatte, hielt auf einen Gaden zu, fand dort eine offene Tür, deckte sich mit Streue und schlief ein. Der andere, ein Schirmflicker, wollte aber unbedingt noch an diesem Abend nach Hinterau und schwankte weiter. Er kam in den Tannenwald, wo keine Spur mehr lief, und beschrieb mit Schleifen und Haken seinen weiten Weg im Schnee nun selber, ohne allzu sehr vom richtigen Fusspfad abzuweichen. Nachdem er mitten im Wald die Grenze zwischen den beiden Gemeinden überschritten hatte, stolperte er über einen Wurzelstock und fiel hin; er wollte nur einen Augenblick liegen bleiben, doch er lag so bequem im weichen Schnee, dass er rasch einschlief. Eine eiskalte, klare Januarnacht brach an, die kein eingeschlafener Schnapser im Freien lebend über stehen konnte. Am andern Morgen verliess der Korbflicker den Gaden und setzte seinen Weg fort. Er las die Schrift seines Kameraden im Schnee und lächelte über besonders schwung volle Schnörkel. Plötzlich aber lag der Mann selber vor ihm, er lag steifgefroren neben einem Wurzelstock, liess sich nicht wecken und erwachte auch nicht, nachdem er eine halbe Stunde lang kräftig bewegt, geknetet und gerüttelt worden war. „Fertig, sagte der Korber. „Nach meiner Berechnung hast du dich hier etwa um neun Uhr abends hingelegt, jetzt ist es acht Uhr morgens, das macht elf Stunden Schlaf bei fünfzehn bis zwanzig Grad unter Null. Tut mir leid, aber ich kann dir nicht mehr helfen. Ich kann nur noch dafür sorgen, dass du mit dem kirchlichen Segen als Christenmensch begraben wirst; du hast gestern, soviel ich mich erinnere, die Herrschaften im Himmel verlästert wie ein alter Heide, und ohne Pass kommst du dort oben nicht so leicht über die Grenze wie hier. Er schob ihm den Rucksack unter den Kopf, verschränkte ihm die kalten Hände auf der Brust und ging weiter. /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc 18.02.12 1 von 6 Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach Er ging nach Hinterau und kam mit drei Gemeinderäten zurück, die sich selber von dem Vorfall überzeugen wollten, statt den erfrorenen Schirmflicker einfach abholen zu lassen. Die Herren steckten beratend die Köpfe zusammen, dann erklärten sie dem Korber, der Grund und Boden hier gehöre doch zur Nachbargemeinde, es sei daher am besten, wenn er das Unglück melde, damit man sich in Vorderau des Toten annehme. Der Korber war einverstanden und sah dabei ganz ahnungslos aus, er marschierte ab und ging hundert Schritte in die Nachbargemeinde hinein, dann wich er mit einem Hasensprung vom Pfade ab und kehrte auf einem Umweg hurtig zur Grenze zurück. Kaum hatte er sich hinter ein paar Tanngrotzen verborgen, da sah er auch schon, wie die Herren Gemeinderäte mit dem erfrorenen Mann daherkamen und ihn über die Grenze trugen. Grinsend blickte er dem kleinen Leichenzug nach, aber als die gemeinderätliche Kommission nach wenigen Minuten ohne ihre traurige Last aus der Nachbargemeinde zurückkam, trat er hervor, klopfte mit der Hand an den Grenzstein und sagte freundlich: „Bleib nur so stehen, bleib nur schön stehen! Die verblüfften Herren umringten den Landstreicher nach kurzer Beratung, der Präsident spielte mit einem Fünffrankenstück in der Rechten und erklärte: „Wir sind den Vorderauern mit dem Toten etwas entgegengegangen, wir können ihn aber auch bei uns beerdigen, es kommt auf Sie an. „Mir kommt nicht so drauf an, antwortete der Korber. „Jedenfalls liegt er jetzt in Vorderau. „Eben ja!, bestätigte der Präsident und drückte ihm das Geldstück in die Hand. „Und sonst wissen Sie von nichts! Es würde Ihnen auch niemand etwas anderes glauben, denn wir unsererseits wissen rein gar nichts. Sie gehen jetzt nach Vorderau, und wenn die Sache in Ordnung ist, kommen Sie und trinken bei mir im ‚Sternen zu einem ordentlichen Nachtessen einen halben Liter. Nachdem die Deputation ihren Auftrag so erledigt und den Heimweg angetreten hatte, suchte der Korber nachdenk lich seinen toten Freund auf, der neben dem Weg im Schnee lag, und sagte zu ihm: „Fünf Franken, ein Nachtessen und einen halben Liter bist du ihnen wert, mehr nicht. Jetzt will ich noch wissen, was du den Vorderauern wert bist, je nachdem wirst du da vorn oder da hinten bestattet, aber ein christliches Begräbnis bekommst du! Er kehrte also nach Vorderau zurück, kaufte da einen billigen Briefbogen und zwei verschiedene Umschläge, ging ins Wirtshaus zur „Sonne und nahm in der warmen Stube ein Mittagessen ein, dann erkundigte er sich nach dem Gemeindepräsidenten. Der Sonnenwirt selber war Gemeindepräsident. „Grad recht!, sagte der Korber und meldete, dass sein Kamerad erfroren im Walde liege. Der Präsident fragte: „Wo liegt er genau? „Auf der Vorderauer Seite, nahe beim Grenzstein, antwortete der Korber. „Zuerst ging er in seinem Rausch noch über die Gemeindegrenze hinaus, kehrte dann aber zurück. „Schade!, sagte der Präsident. „Von uns aus hätte er drüben bleiben können. Der Korber meinte nachdenklich: „Wenn man ihm helfen würde, wäre er bald wieder drüben. „Helfen Sie ihm!, rief der Präsident. „Hinterau ist eine reichere Gemeinde als Vorderau, er bekäme dort hinten ein besseres Begräbnis. Sie als sein Kamerad werden ihm doch diesen letzten Dienst erweisen wollen. „Mir kommt nicht so drauf an, antwortete der Korber. „Da er jetzt in Vorderau liegt, wird er wohl hier bestattet werden müssen. Ich bin ja darum hierher gekommen und habe hier zu Mittag gegessen. Wenn ich nun wieder nach Hinterau gehen und dort übernachten müsste, hätte ich nur unnütze Kosten. „Kosten sollen Sie keine haben, nicht einmal für das Mittagessen hier. In Hinterau werden Sie sagen wir für zehn Franken ordentlich übernachten und zweimal essen können. Eine gute Tat ist uns hier soviel wert, nur müsste sie freilich getan sein, bevor sie belohnt werden könnte. „Das sehe ich ein, Herr Präsident, und will es versuchen, entschied der Korber. „Ich brauche dazu jetzt nur noch Tinte und Feder, etwas Siegellack und einen Schoppen Wein. Er bekam, was er wünschte. Nun faltete er die Papierserviette, die er beim Essen in die Rocktasche geschoben hatte, sorgfältig anders zusammen und steckte sie in einen Umschlag, den er versiegelte. Drauf schrieb er einen Brief, legte ihn zum Trocknen auf den geheizten Kachelofen und schob ihn zusammen mit dem versiegelten Umschlag in einen grösseren, gelben Umschlag; auch den versiegelte er, schrieb so etwas wie eine Adresse darauf, die er ebenfalls auf dem Ofen gründlich trocknen liess, und kehrte damit in den Wald zurück. Lies den Text zuerst ganz genau durch. Schlage in den verschiedenen DUDEN unbekannte Wörter nach. Beantworte nachher folgende Fragen schriftlich auf ein neues Blatt Papier: 1. Wie weit ging der Korber erstmals in die Nachbargemeinde hinein? (1 Schritt 0,75 m) 2. Erkläre in einem Satz das Wort Hasensprung. 3. Warum ist der Präsident von Hinterau so sicher, dass dem Korber niemand glauben würde? 4. Wie heisst das Restaurant in Vorderau, dessen Wirt Gemeindepräsident ist? 5. Zähle 10 häufige Namen von Restaurants auf! 6. Warum wollen eigentlich beide Gemeinden den Toten nicht? 7. Suche andere Wörter für „Begräbnis. 8. Wie gross ist ein „Schoppen Wein? 9. Was hat der Korber wohl im Brief geschrieben? Was vermutest Du? Schreibe diesen Brief! 10. Schliesse mit Siegellack ein Kuvert! Drücke einen geeigneten Stempel in den Lack hinein! /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc 18.02.12 2 von 6 Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach Er trat zu seinem gefrorenen Kameraden, der noch immer auf dem Vorderauer Gemeindeboden lag, und sagte: „Du bist im Preise leicht gestiegen. Zehn Franken bist du jetzt wert, jedoch leider unter der Bedingung, dass man dich in Hinterau bestattet. Du musst deshalb mit mir über die Grenze zurück. Ich habe dir hier einen Pass mitgebracht, der dir wahrscheinlich zur dauernden Niederlassung dort drüben verhelfen wird. Er öffnete den Rucksack des Verstorbenen und verbarg unter der schmutzigen Wäsche den gelben Umschlag, dann schleppte er den steifen Mann über die Grenze, legte ihn in den Schnee und setzte seinen Weg fort. In Hinterau ging er zuerst zum Herrn Pfarrer und erzählte ihm alles, was geschehen war, wobei er nur sich selber schonte. „Die Herren Vorderauer, schloss er, „haben also meinen verstorbenen armen Freund auch nicht behalten wollen, sondern ihn auf den Hinterauer Boden zurückschaffen lassen, wo er ja zuerst schon lag. Was ich nun tun soll, weiss ich nicht, es ist schon dunkel draussen, ich bin hier fremd, und wenn man den Toten nicht beerdigt, fressen ihn die Füchse. Der eifrige junge Pfarrer war entrüstet über die unwürdigen Machenschaften. „Bitte kommen Sie!, sagte er und ging mit dem Korber in die Wirtschaft zum „Sternen, wo die drei beteiligten Gemeinderäte beim Abendschoppen sassen. „Herr Präsident, es ist ein Unglück geschehen, begann er, „da draussen im Walde ist ein Mensch erfroren, ein Kamerad dieses Mannes hier. Bitte veranlassen Sie doch, dass er sogleich hierher geschafft wird! Der Präsident und Sternenwirt, ein wohlgenährter, breitschultriger Mann, stand langsam auf und erklärte: „Das stimmt, Herr Pfarrer, aber der Erfrorene liegt auf Vorderauer Gebiet, und dieser Mann hier hatte den Auftrag, das in Vorderau zu melden. „Ich habe es gemeldet, Herr Präsident, aber die Vorderauer wollten ihn auch nicht, sagte der Korber. „Was, wollten ihn auch nicht? Das fehlte noch! „Streiten wir nicht!, rief der Pfarrer. „Es ist meine Pflicht, mich um den Abgeschiedenen zu kümmern, ich bitte Sie, meine Herren, mich zu begleiten! Nachdem sie dennoch eine Weile gestritten hatten, brachen der Präsident und der Armenpfleger auf und wanderten mit dem Pfarrherrn und dem Landstreicher durch die schneebleiche Januarnacht abermals dem Walde zu. Der Totengräber der Gemeinde zog auf die Veranlassung des Pfarrers einen Hornschlitten hinter ihnen her. Der Armenpfleger ging im Walde mit der brennenden Laterne voraus. „Wahrhaftig, rief er, als sie den toten Schirmflicker fanden, „da liegt er. „.wieder!, ergänzte der Korber laut. Der Präsident blickte den Landstreicher aus nächster Nähe scharf an und sagte darauf: „Der Polizist hätte mitkommen sollen, schade, dass er nicht hier ist. Wir haben es offenbar mit schriftenlosen Leuten zu tun, die voneinander nicht einmal den Namen kannten. Herr Pfarrer, wir werden uns in Ihrer Gegenwart hier an Ort und Stelle überzeugen, ob dieser Verstorbene Schriften besitzt, wie er heisst und ob er alles bei sich hat, was er gestern vielleicht noch hatte. Wir wollen uns nachträglich nichts vorwerfen lassen. Der Armenpfleger untersuchte die Habe des Toten und fand im Rucksack unter der schmutzigen Wäsche, die er bei der ersten Untersuchung am Morgen nicht angerührt hatte, einen versiegelten gelben Umschlag. „Da ist etwas!, rief er und las. „Dem Herrn Pfarrer der Gemeinde zu übergeben, in der mein Ableben erfolgt. Der Pfarrer nahm den Umschlag entgegen und öffnete ihn, der Totengräber hielt die Laterne hoch, und die Herren steckten über einem beschriebenen Briefbogen die Köpfe zusammen. „Herr Präsident, sagte der Pfarrer und trat einen Schritt zurück, „ich will es in Ihrer Gegenwart hier an Ort und Stelle vorlesen, damit alle Anwesenden es hören und niemand uns nachträglich etwas vorwerfen kann. Und er las leise, mit bewegter Stimme: „Für den Fall meines Ablebens stifte ich 500 Franken. Damit will ich ein kirchliches Begräbnis in einem Friedhof haben. Auch soll dazu die Glocke geläutet werden, wie bei jedem verstorbenen Bürger, und soll eine Messe gelesen werden zum Heil meiner armen Seele. Allen, die mich zur letzten Ruhe begleiten, soll man nachher recht zu essen und zu trinken geben. Was vom Geld übrigbleibt, soll in die Armenkasse. Hier ist ein versiegeltes Couvert, darin ist das Geld in Banknoten. Es muss beim Herrn Pfarrer deponiert werden. Es darf erst am Tag nach meinem Begräbnis aufgemacht werden, dass kein Missbrauch entsteht. Der Herr Gemeindepräsident und zwei Gemeinderäte sollen es dann auf dem Pfarramt abholen. Ich verfüge es. Der Herr sei mir gnädig! Alexander Huser. Der Korber, der schon während der Verlesung fluchend sein Erstaunen ausgedrückt hatte, rief jetzt: „So ein abgefeimter alter Fuchs! Behauptet, keinen Rappen bei sich zu haben, und lässt mich den Schnaps zahlen, den er säuft. Da hört doch alles auf! /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc 18.02.12 3 von 6 Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach „Unter diesen Umständen, sagte der Gemeindepräsident, „müssen wir ihn im Polizeianzeiger ausschreiben. Das Datum. darf ich noch einmal sehen, Herr Pfarrer! Das Datum geht auf zwei Jahre zurück, der Ort ist mir nicht bekannt. Und nun das Geldkuvert. „Oha! rief der Korber. „Es ist alles klar, entschied der Herr Pfarrer, steckte das Geldkuvert zusammen mit dem Schriftstück in den gelben Umschlag und wandte sich an den hinterbliebenen Landstreicher: „Ich werde dafür sorgen, dass alles nach dem letzten Willen Ihres verstorbenen Kameraden vollzogen wird und nichts Unrechtes geschieht. Das verspreche ich Ihnen. Und jetzt legt ihn auf den Schlitten! Der erfrorene Schirmflicker wurde aufgeladen, der Armenpfleger ging mit der Laterne voraus, der Totengräber zog den Schlitten, die übrigen folgten schweigend. In Hinterau begleiteten trotz der späten Stunde noch ein paar Neugierige den traurigen Zug zum Friedhof, wo die Leiche in der Kapelle aufgebahrt wurde. Der Korber erhielt ein Dachzimmer im „Sternen. Den folgenden Tag verbrachte er als Gast des Hauses, und die Trauer war ihm vom Gesicht abzulesen. Auf einem Spaziergang durch das Dorf lernte er eine alte Lumpensammlerin und andere armselige Leute kennen und forderte sie alle auf, seinem heimatlosen toten Kameraden morgen das letzte Geleite zu geben. Am Morgen darauf wurde der erfrorene Landstreicher in einem schwarzen Sarge von zwei Totengräbern aus der Kapelle getragen. Dem Sarge folgten der Korber mit dem hölzernen Grabkreuz, der Gemeindeschreiber mit einem grünen Tannreiskranz, der Herr Pfarrer im weissen Chorhemd, der Sigrist, eine Abordnung des Gemeinderates und verschiedene arme Leute. Feierlich klang die Glocke durch die kalte, klare Frühe. Der Zug bewegte sich zum nahen Grabe, wo der Abgeschiedene mit dem kirchlichen Segen würdig zur ewigen Ruhe bestattet wurde. Dem Korber rannen die Tränen in die Bartstoppeln, und als er zum Abschied Weihwasser in die Grube auf den Sarg hinabspritzte, murmelte er gerührt: „Prost, alter Gauner! Nachdem die Trauergemeinde in der Dorfkirche auch noch der heiligen Messe für die arme Seele beigewohnt hatte, geriet sie während des testamentarisch verfügten Mahls im „Sternen bald in eine fröhlichere Stimmung. Der hinterbliebene Freund des Verstorbenen tat sich im Essen und Trinken besonders hervor; der Gemeindepräsident hatte aber nicht im Sinn, diesen hergelaufenen Gast noch weiter zu beherbergen und gratis zu füttern, er übergab ihm rechtzeitig die Habe des Seligen samt einer Belohnung von zwanzig Franken. Unauffällig verliess der Korber das gastliche Hinterau schon am Vormittag und begab sich in die Nachbargemeinde, wo er noch eine Prämie einzog; gleich darauf verliess er auch Vorderau. Er bedauerte nur, dass er die Eröffnung des versiegelten Geldbriefes durch den Hinterauer Gemeindepräsidenten im Pfarr haus nicht noch miterleben durfte, sonst aber war er sehr zufrieden und verschwand auf Nimmerwiedersehen aus der Gegend dieser beiden Gemeinden. /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc 18.02.12 4 von 6 Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach Lebenslauf von Meinrad Inglin Für das Album der Ehrendoktoren der Universität Zürich verfasste Meinrad Inglin 1948 diesen kurzen Lebenslauf: Mein Vater war Uhrmacher, meine Mutter stammte aus den Hotelierkreisen der Eberle vom Axenstein. Ich wurde als der ältere von zwei Söhnen am 28. Juli 1893 in Schwyz geboren. Dort besuchte ich die Primarschule, dann nacheinander die kaufmännische und die technische Abteilung am Kollegium „Maria Hilf. In meinem dreizehnten Jahre verlor ich den Vater, der, ein leidenschaftlicher Jäger und Bergsteiger, in den Glarner Alpen tödlich abstürzte. Drei Jahre später starb mir die Mutter. Die beiden Schläge trafen mich tief und nachhaltig. Als vierzehnjähriger Realschüler beschloss ich, Schriftsteller zu werden, begann auch gleich zu schreiben und sah zu meinem Glück und Unglück schon eine meiner ersten Erzählungen in der Lokalzeitung abgedruckt. Meine Erzieher erklärten dagegen, ich müsse einen rechten bürgerlichen Beruf erlernen, was ich nun jahrelang notgedrungen versuchte, ohne einen Augenblick auf meinen Entschluss zu verzichten. Ich ging zu einem Uhrmacher in die Lehre, kehrte in die Realschule zurück, besuchte die Hotelfachschule in Luzern, war Saalkellner im Caux Palace bei Montreux und im Hotel BeauRivage in Luzern, flüchtete zu einem mir wohlgesinnten Professor nach Schwyz, verschlang unter seiner Leitung in sechs Wochen den Stoff von zwei Gymnasialjahren und wurde am Kollegium in die dritte Klasse des Gymnasiums aufgenommen. Ich konnte nur in den humanistischen Fächern Schritt halten, versagte in der Mathematik völlig und versuchte nach zwei Jahren kurzweg, mich ohne Maturitätszeugnis an einer Universität immatrikulieren zu lassen. Das gelang mir zunächst in Neuenburg, dann in Genf, und mit dem Genfer Certificat dexmatriculation gelang es auch in Bern. Ich studierte vor allem deutsche, französische und englische Literaturgeschichte, Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte. Am meisten gewann ich in Bern bei den Vorlesungen Paul Häberlins über Psychologie. Dieses Studium musste ich zeitweilig unterbrechen und schliesslich abbrechen, um Militärdienst zu leisten und meinen Unterhalt zu verdienen. Ich arbeitete als Volontär auf einer Redaktion in Bern, dann, mit zunehmendem Widerwillen gegen den Journalismus, als Redaktor an einer Tageszeitung in Zürich. Der Militärdienst als Offizier und Zugführer bei der Infanterie, bis heute zusammengerechnet nahezu vier Jahre, war für mich besonders während der Grenzbesetzung 1914 1918 von starker erzieherischer Wirkung. Ein längerer Aufenthalt in Berlin förderte mich in mancher Beziehung. Nach fast ununterbrochenen, mehr oder weniger erfolglosen schriftstellerischen Bemühungen erschien 1922 mein erstes Buch. Von diesem Jahre an blieb ich mit wechselnden äusseren Erfolgen, immer ohne genügendes Einkommen, unter einigen Entbehrungen, aber mit gutem Gewissen ausschliesslich bei der Arbeit, die ich als die mir aufgetragene empfand. Zu der stillen Rechtfertigung dieses Daseins vor mir selber kam 1948 die öffentliche meines Werkes durch die Verleihung des grossen Schillerpreises der Schweizerischen Schillerstiftung und die Promotion zum Ehrendoktor der Universität Zürich. Die Jahre bis zu seinem Tod 1971 verbrachte Meinrad Inglin weiterhin schreibend in Schwyz, das er seit der Flucht nach dem Skandal um „Ingoldau 1922 nie mehr für längere Zeit verlassen hatte; zunehmend wurde er auch an seinem Heimatort anerkannt, war aber zum Überleben nach wie vor auf den Verdienst seiner Frau Bettina aus Violinstunden angewiesen. Ihren Tod nach dreissigjähriger Ehe und einem halben Jahrhundert partnerschaftlicher Verbundenheit hat er nur um zwei Jahre überlebt. /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc 18.02.12 5 von 6 Begräbnis eines Schirmflickers Name Datum Fach Das gefrorene Herz 1979 CH 108 Minuten /Spielfilm In einer verschneiten Berglandschaft in der Innerschweiz zwischen den Dörfern Hinterau und Vorderau, begegnen sich zwei Landstreicher, ein Schirmflicker und ein Korbmacher. Trotz Kälte und Sturm will der Schirmflicker unbedingt heute noch Hinterau erreichen. Am nächsten Morgen findet der Korbmacher den Schirmflicker erfroren in der Nähe des Grenzsteines zwischen Vorderau und Hinterau. Um den Kollegen wenigstens ein anständiges Begräbnis zu verschaffen, meldet der Korbmacher den Todesfall beim Gemeindepräsidenten von Hinterau. Er stösst auf wenig Begeisterung, ja, der Gemeindepräsident und sein Vize schleppen den Toten mühsam über die Gemeindegrenze hinüber auf das Gebiet von Vorderau. So beginnt ein Handel um den Toten mit dörflichen Intrigen, turbulenten Verwechslungen und einem listigen Korbmacher, der zwei Dörfer zum Narren hält. Basis: Nach der Erzählung „Begräbnis eines Schirmflickers von Meinrad Inglin Kritik: Verfilmung einer Kurzgeschichte: eine fast barocke, saftigvitale, schlitzohrige Komödie als Parabel über die Solidarität von Aussenseitern gegenüber einem gesellschaftlichen Machtgefüge (Lex. des Internat. Films). Schauspielerinnen und Schauspieler Sigfrit Steiner Emilia Krakowska Paul Bühlmann Otto Mächtlinger Heinz Bühlmann Erwin Kohlund Giovanni Früh spielt Korber spielt Rosi spielt Schirmflicker spielt Reichmuth spielt Betschart spielt Pfarrer spielt Uerech /home/bildpf/UMT/201202/UMT_DE_9_094567_Das-gefrorene-Herz.doc Regie Xavier Koller Drehbuch Xavier Koller Kamera Hans Liechti Musik Hardy Hepp Schnitt Fee Liechti Produzent Manuel Schilling 18.02.12 6 von 6