Arbeitsblatt: verschiedene Weihnachtsgedichte
Material-Details
Auswahl von versch. Weihnachtsgedichten
Deutsch
Leseförderung / Literatur
6. Schuljahr
5 Seiten
Statistik
27158
1198
31
16.10.2008
Autor/in
Aglaia Gallmann Josty
Land: Schweiz
Registriert vor 2006
Textauszüge aus dem Inhalt:
Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt, und manche Tanne ahnt, wie balde sie fromm und lichterheilig wird, und lauscht hinaus. Den weissen Wegen streckt sie die Zweige hin – bereit, und wehrt dem Wind und wächst entgegen der einen Nacht der Herrlichkeit. Rainer Maria Rilke WEIHNACHTEN Markt und Strassen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus, sinnend geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus. An den Fenstern haben Frauen buntes Spielzeug fromm geschmückt; tausend Kindlein stehn und schauen, sind so wunderstill beglückt. Und ich wandre aus den Mauern bis hinaus ins freie Feld, hehres Glänzen, heilges Schauern! Wie so weit und still die Welt! Sterne hoch die Kreise schlingen, aus des Schnees Einsamkeit steigts wie wunderbares Singen – du gnadenreiche Zeit! Joseph Freiherr von Eichendorff LOBGESANG VON DER GEBURT CHRISTI Gelobet seist du, Jesu Christ, dass du Mensch geboren bist von einer Jungfrau, das ist wahr, des freuet sich der Engel Schar. Des ewgen Vaters einig Kind jetzt man in der Krippen findt, in unser armes Fleisch und Blut verkleidet sich das ewig Gut. Den aller Weltkreis nie beschloss, der lieget in Marien Schoss, er ist ein Kindlein worden klein, der alle Ding erhält allein. Er ist auf Erden kommen arm, dass er unser sich erbarm und in dem Himmel mache reich und seinen lieben Engeln gleich. Das hat er alles uns getan, sein gross Lieb zu zeigen an. Des freu sich alle Christenheit Und dank ihm des in Ewigkeit! Martin Luther WEIHNACHTSLIED Vom Himmel in die tiefsten Klüfte ein milder Stern herniederlacht; vom Tannenwalde steigen Düfte und hauchen durch die Winterlüfte, und kerzenhelle wird die Nacht. Mir ist das Herz so froh erschrocken, das ist die liebe Weihnachtszeit! Ich höre fernher Kirchenglocken mich lieblich heimatlich verlocken in märchenstille Herrlichkeit. Ein frommer Zauber hält mich wieder, anbetend, staunend muss ich stehn; es sinkt auf meine Augenlider ein goldner Kindertraum hernieder, ich fühls, ein Wunder ist geschehn. Theodor Storm ADVENT Hebet zum Himmel die dunklen Gesichter und bittet den Herrn um das ewige Licht, in dem er herabkommt als gnädiger Richter ins ewige Reich nach dem letzten Gericht. Siehe, schon naht uns auf rauschendem Flügel der Engel und bringt uns das Wort und den Gruss, die lärmenden Täler und brennenden Hügel durchstösst wie ein Blitz sein beflügelter Fuss. Siehe, schon greifen die Hirten zum Stabe und sind von dem dröhnenden Lichte erwacht, verlassen die Herde, das Haus und die Habe und laufen hinein in die Wunder der Nacht. Siehe, die Könige kommen zu spenden und ziehen herbei mit gewaltigem Schall, sie bringen die Weisheit aus allen vier Enden und knien wie Völker im brennenden Stall. So rufen die Menschen den Grossen und Einen, der alles in mächtigen Händen erhält – und in der Krippe bei Tieren und Steinen, da liegt ein Kindlein und weint um die Welt. Georg Thurmair WEIHNACHTSGESCHICHTE Als Joseph von des Hügels Rand das Städtlein liegen sah, drückt er Marien still die Hand und sprach; „Dein Ziel ist nah. Komm, lehn dich, gleitest mir sonst aus. – Behutsam gings zu Tal. War vor der Stadt ein Herbergshaus; daneben lag ein Stall. Der Wirt erschien, war wenig froh: „Ihr kommt zu guter Letzt. Im Stall gibts eine Schütte Stroh; die Betten sind besetzt. Doch seid ihr drüben ganz allein, euch stört kein fremder Gast. Beim Ochsen und beim Eselein ist warm die Winterrast. Sprach Joseph: „Nun, wir wollen sehn. Da bat Maria: „Lass! Ich darf nicht länger draussen stehn: Mir deucht, ich läge bass. Der Wirt schloss auf, schlug Licht und gab dem Mann den Schlüsselbund. Maria warf den Mantel ab und legte sich zur Stund. Sprach Joseph: „In der Dämmerung wie funkelt dein Gesicht; und hast der Sorgen doch genung! Sie sprach: „Ich fürcht mich nicht. Ich fühl im voraus alle Pein verschwunden und versüsst. Und sollt es hier im Stalle sein, dass ich ihn bündeln müsst, und hiessen Ochs und Esel mir willkommen meinen Gast, noch dünkt mich diese Hütte hier so schön wie kein Palast. Lass, Lieber, mich ein Weilchen ruhn; wenns Zeit ist, ruf ich dir. – Und Joseph ging auf leisen Schuhn und horchte vor der Tür. Rudolf Alexander Schröder DER ENGEL Des Nachts flog ein Engel dem Himmel entlang, Und leise erklang sein Gesang; Und Mond, und Gestirn, und Gewölk, das da zieht, Sie lauschten dem heiligen Lied. Er sang von glückseligen Geistern im Grün Der Gärten, die ewiglich blühn, Er pries auch den Herrn, und sein Lobgesang war Voll Innigkeit, offen und klar. Er trug eine werdende Seele im Arm, Zum Leben in Tränen und Harm. Der Klang seiner Stimme im jungen Gemüt Lebt fort als ein wortloses Lied. Und lange hat sie sich auf Erden gequält, Von heimlicher Sehnsucht beseelt. Und niemals ersetzte den himmlischen Klang Ein irdischer schaler Gesang. Michail Lermontov deutsch von Th. Erismann